Leiche tiefgekühlt: Kriminalgeschichten aus den Städten der Fußballbundesliga
Von Walter Kuhnke
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Über dieses E-Book
Aber ich kann Sie beruhigen, betroff en sind keine bekannten
Persönlichkeiten oder Prominente, denn alle Geschichten und
Personen sind frei erfunden.
Walter Kuhnke
Walter Kuhnke ist ein Junge des Ruhrgebiets, 1948 in Dortmund (Hörde) geboren. Zunächst Ausbildung zum Finanzbeamten, danach Studium der Rechtswissenschaften in Hamburg, Bochum und Münster, über zwanzig Jahre als selbstständiger Rechtsanwalt tätig, unter anderem auch als Strafverteidiger. Seit Eintritt in den Ruhestand Seniorenstudierender an der TU Dortmund. Buchveröffentlichung von 49 Kurzgeschichten (Die sprechende Waschmaschine), schrieb daneben Kurzgeschichten für die Wochenendbeilagen von über zwanzig deutschen Tageszeitungen. Nach »Beruf: Killer« erscheint hiermit sein zweiter Band mit kriminellen und schwarzhumorigen Kurzkrimis aus den Städten der ersten Fußballbundesliga.
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Buchvorschau
Leiche tiefgekühlt - Walter Kuhnke
Vorwort
Das Verbrechen schläft nicht, sagt man. Und es stimmt. Es findet tagtäglich vom kleinsten Kuhdorf bis in die Metropolen statt. Dabei geht es quer durch das Strafgesetzbuch. Sachbeschädigung, Betrug, Raub, Erpressung, Herbeiführung einer Explosion, Zechprellerei, Geiselnahme, Mord und Totschlag bestimmen tagtäglich das Leben. Immer wieder sind auch die Städte der Fußball-Bundesliga betroffen. Und die kriminellen Aktivitäten reichen sogar bis hinauf in die Rathäuser.
Aber ich kann Sie beruhigen, betroffen sind keine bekannten Persönlichkeiten oder Prominente, denn alle Geschichten und Personen sind frei erfunden.
Inhalt:
Vorwort 3
Leiche tiefgekühlt (Hoffenheim) 5
Baron Franz Nikolaus von Fürstenberg (Köln) 23
Familie ist Familie (Freiburg) 37
Der Mann aus Steglitz (Berlin) 49
Alles Fisch (Bremen) 60
Aufruhr in St. Reinold (Dortmund) 76
Ein Häuschen mit Garten (Stuttgart) 90
Und es hat Klick gemacht (München) 103
Mafia light (Leverkusen) 113
Vom Winde verweht (Frankfurt) 124
Der Facility Manager (Schalke) 141
Das Geständnis des Phantoms (Mainz) 155
Falsch gelagert (Leipzig) 163
Jobwechsel (Wolfsburg) 178
Die Spur führt nach Holland
(Mönchengladbach) 197
Geiseldrama im Schnellimbiss (Bochum) 208
Schweigegeld (Augsburg) 222
Leiche tiefgekühlt (Hoffenheim)
Die kleine Tintenstation in der Nähe der Fußgängerzone, in der er günstige Toner verkaufte, Tintenpatronen der gängigen Marken wie HP, Epson, Canon und Kyocera und Wiederbefüllungen von Druckerpatronen anbot, brachte gerade mal so viel ein, dass er damit seine Unkosten decken konnte. Gunther Doelle hatte sich mehr von der Übernahme des Geschäftes erhofft, als er als gelernter Schlosser arbeitslos wurde. Und für die Übernahme des Warenbestandes war fast das gesamte Ersparte draufgegangen. Die meiste Zeit stand er sich die Beine in den Bauch und wartete auf Kunden.
Wenigstens war das Eigenheim in der Brunnenstraße abbezahlt und Ehefrau Elvira trug, nachdem man ihren pflegebedürftigen Schwiegervater ins Haus aufgenommen hatte, mit ihrem Gehalt als Krankenschwester in Teilzeitarbeit zum Lebensunterhalt bei. Und mit der Rente von Doelles Vater und dem Pflegegeld kam man gut über die Runden. Dass der alte Herr nicht der Einfachste war und seine Pflegebedürftigkeit sich in Grenzen hielt, musste man notgedrungen in Kauf nehmen. Deshalb blieben Konflikte natürlich nicht aus.
Als Gunther Doelle abends nach Hause kam, saß seine Frau gedankenverloren am Küchentisch.
»Was ist mit dir?«, fragte Gunther Doelle.
»Dein Vater macht mich wahnsinnig«, antwortete seine Ehefrau.
»Was ist denn jetzt schon wieder?«
»Heute Morgen war ihm der Kaffee zu kalt und er wollte Erdbeer- und keine Kirschmarmelade. Der Gipfel war heute Mittag. Ich habe ihm Nudeln mit Sauce bolognese gekocht und was hat er gemacht? Er ist aufgestanden, hat den Teller genommen, ist zur Toilette gegangen und hat alles ins Klo geschüttet.«
»Warum das denn?«
»Weil die Nudeln ihm angeblich zu weich waren. Ich hätte sie matschig gekocht.«
Die Zornesröte stieg Gunther Doelle ins Gesicht. »Ist er in seinem Zimmer? Den nehme ich mir jetzt mal zur Brust. Der muss nicht meinen, der kann sich alles erlauben.«
»Gunther lass, du weißt, dass wir auf ihn angewiesen sind.«
Widerwillig ließ Doelle es nicht zur Konfrontation kommen.
Als Gunther und Elvira Doelle abends vor dem Fernseher saßen, kam der alte Herr, seinen Rollator vor sich her schiebend, dazu.
»Ich will den Jauch sehen«, polterte der Vater. »Wer wird Millionär.«
»Wir wollen uns heute einen Krimi anschauen«, antwortete Gunther Doelle. »Die Toten vom Bodensee.«
»Der wird bestimmt mal wiederholt, der Jauch nicht.«
»Du kannst doch in deinem Zimmer gucken.«
»Der Apparat ist zu klein, da kann ich nicht richtig sehen.«
Sprach es und setzte sich auf die Couch.
Doelles fügten sich und schalteten um auf RTL.
Während die Eheleute die Sendung eher gelangweilt verfolgten, hatte der alte Herr offenbar Spaß daran und hatte zu jeder Frage etwas zu sagen. Entweder fand er die Frage kinderleicht oder er amüsierte sich über die Kandidaten, weil sie seiner Meinung nach teilweise einfach nur doof waren.
Gunther Doelle platzte der Kragen. »Musst du zu jeder Frage deinen Kommentar abgeben? Das nervt.«
»Ach so, das nervt. Mich nervt etwas ganz anderes.«
»So? Und was?«
»Dass kein Bier mehr im Kühlschrank ist.«
»Bier ist gar nicht gut für dich, du bist Diabetiker.«
»Ich hab das im Griff, ich habe meine Spritzen.«
»Dann musst du dir was aus dem Keller holen.«
»Mit dem Rollator?«
»Heute Mittag konntest du doch auch zur Toilette gehen und das Essen ins Klo schütten, auch ohne Rollator.«
»Kann Elvira nicht …«
»Sie ist nicht dein Dienstmädchen.«
»Aber die Treppe.«
»Du kannst dich ja am Geländer festhalten.«
Doelles Vater machte keine Anstalten aufzustehen.
»Was ist?«, fragte sein Sohn. »Keinen Durst mehr?«
»Ich warte bis zur Werbung.«
Wie angekündigt, stand der alte Herr zu Beginn der Werbung auf, blieb einen Moment stehen, dann setzte er sich ohne Rollator in kleinen Schritten Richtung Kellertür in Bewegung. Man hörte, wie die Tür geöffnet wurde, die ein wenig quietschte, dann ein lautes Rumpeln verbunden mit einem lauten Schrei. Sofort sprangen die Eheleute Doelle auf und stürzten zur Kellertür. Sie schauten zum Keller hinunter und da lag er am Fuße der Kellertreppe. Er war hinuntergestürzt. Sie gingen die Stufen abwärts, um sich um den alten Herrn zu kümmern, der bäuchlings auf dem Kellerboden lag und sich nicht rührte. Gunther Doelle packte seinen Vater bei den Schultern, dreht ihn um und blickte in leere Augen.
Doelle schaute seine Frau an. »Der ist tot.«
»Nein«, stieß Elvira Doelle aus. »Das kann doch nicht sein.«
»Doch. Der ist tot.«
Einen Moment sahen sich die Eheleute sprachlos an.
Elvira Doelle fand als Erste wieder Worte. »Und was machen wir jetzt?«
Gunther Doelle zuckte mit den Schultern.
»Weißt du, was das bedeutet? Was das für uns bedeutet?«
»Scheiße.«
Beide wussten, dass dieser Tod einen gravierenden Einfluss für ihr Leben bedeutete.
»Wie sollen wir zurechtkommen, ohne seine Rente und ohne das Pflegegeld?«, sprach Elvira Doelle aus, was das für Konsequenzen haben würde.
»Ich weiß.« Gunther Doelle machte ein nachdenkliches Gesicht. »Wir müssen uns was einfallen lassen.«
»Und was? Sollen wir ihn ans Fenster stellen damit alle sehen, dass er noch da ist?«
»Ich muss überlegen. Jedenfalls können wir ihn nicht hier unten liegen lassen.«
Mit vereinten Kräften transportierten sie den alten Herrn aus dem Keller und legten ihn in seinem Zimmer auf das Bett. Dann zogen sie sich zur Beratung ins Wohnzimmer zurück. Der Fernseher, der noch immer die Sendung Wer wird Millionär zeigte, wurde ausgeschaltet.
»Ich brauche jetzt einen Schnaps«, sagte Gunther Doelle.
»Ich auch«, schloss sich Frau Elvira an, ging in die Küche und holte eine Flasche Grappa aus dem Kühlschrank.
Nach ein paar Schnäpsen war man sich einig, dass man den alten Herrn nicht auf ewig auf seinem Bett liegen lassen konnte.
»Wir müssen ihn verschwinden lassen«, sagte Gunther Doelle. »Wenigstens eine Zeit lang. Denke an die Rente und das Pflegegeld.«
»Wie stellst du dir das vor?«, fragte die Ehefrau.
»Ich habe da eine Idee.«
»Die wäre?«
»Die große Kühltruhe im Keller.«
»Das ist nicht dein Ernst.«
»Nur vorübergehend.«
»Ich weiß nicht …«
»Fällt dir was Besseres ein?«
»Die Truhe ist halb voll, da liegen die Kaninchen drin, die du von deinem früheren Kollegen hast. Wir können deinen Vater doch nicht da drauflegen, das passt nicht.«
»Wir müssen die Truhe leer räumen.«
»Und wohin damit?«
»Was weiß ich? Wir haben doch noch eine andere Truhe. Dann muss das eben da rein.«
»Das geht nicht.«
»Ende der Diskussion.«
Die beiden räumten die große Kühltruhe aus, verteilten etwas auf die kleinere, ein paar Sachen landeten im Kühlschrank und einiges Gefriergut wurde in den Abfalltonnen entsorgt. Dann schleppten sie den Toten von seinem Zimmer in den Keller.
»Der passt da nicht rein«, kommentierte Elvira Doelle als der Tote vor der Kühltruhe lag. »Die ist viel zu kurz.«
»Wir müssen seine Beine anwinkeln«, antwortete Gunther Doelle, »dann passt das schon.«
Gesagt, getan, schließlich fand der alte Herr eine Ruhestätte in der großen Kühltruhe im Keller. Bei ein paar weiteren Grappa überlegte man, wie es weitergehen sollte.
»Wichtig ist«, sagte Gunther Doelle, »dass wir alles so machen wie bisher, damit keiner misstrauisch wird.«
»Und wie lange soll das gehen?«, fragte die Ehefrau.
Darauf hatte Gunther Doelle keine Antwort.
Als Elvira Doelle nachts aufwachte, fand sie das Bett neben sich leer vor. Sie stand auf und fand ihren Mann vor dem Rechner.
»Was machst du da?«, fragte sie.
»Ich hatte heute Nacht einen Einfall. Ich habe mal was gelesen und im Fernsehen haben sie auch darüber berichtet«, antwortete er, »dass jeder Mensch, statistisch gesehen, auf der Welt sieben Doppelgänger hat.«
»Was soll das?«
»Denke nur an Michael Jackson und sogar Angela Merkel. Man kann im Netz nach Doppelgängern suchen. Man muss nur ein Bild hochladen.«
»Verstehe. Und du meinst, du findest einen Doppelgänger für deinen Vater.«
»Genau.«
»Und was versprichst du dir davon?«
»So für alle Fälle. Er kann mal aus dem Fenster schauen, dass die Leute ihn sehen, dass es ihn noch gibt, oder mit dem Rollator auf die Terrasse.«
»Das ist doch eine Schnapsidee.«
»So? Stell dir mal unsere Kontoauszüge ohne sein Geld vor.«
Das war ein Argument, dem die Ehefrau nichts entgegenzusetzen hatte.
Der Hoffnung auf ein Ergebnis folgte Frust. Gunther Doelle hatte ein Foto seines Vaters hochgeladen, doch keine Reaktion erfolgte. Schließlich schlief er vor dem Rechner ein und musste am nächsten Morgen von seiner Frau geweckt werden. Aber Gunther Doelle gab nicht auf und als er abends aus seiner Tintenstation zurückkehrte, staunte er bei Einschalten seines Rechners nicht schlecht. Er hatte nicht die von der Statistik errechneten sieben Treffer gelandet, sondern siebzehn. Gunther Doelle druckte alles aus und sichtete bei Grappa mit seiner Frau die Ergebnisse, während der Vater in der Tiefkühltruhe ruhte. Bild für Bild wurde in Augenschein genommen.
»Das sollen Doppelgänger sein?«, zweifelte Elvira Doelle. »Bei den meisten gibt es doch gar keine Ähnlichkeit.«
»Was ist mit dem?«, zeigte Gunther Doelle auf ein Bild. »Der wäre doch was.«
Die Ehefrau schaute skeptisch. »Aber nur, wenn man den von weitem sieht.«
»Das reicht doch. Vater hat das Haus so gut wie nie verlassen. Den hat man auch nur von Weitem gesehen.«
»Der.« Elvira Doelle tippte mit dem Zeigefinger auf ein Bild. »Der käme eher in Frage.«
»Der hat einen Vollbart, Vater nicht.«
»Den kann er sich ja wachsen gelassen haben.«
Gunther Doelle betrachtete das Bild. »Jetzt, wo du es sagst. Das käme in der Tat hin.«
Auf die Suchanfragen hatte man zwar siebzehn Treffer gelandet, von denen aber lediglich ganze zwei in die nähere Auswahl kamen. Die anderen waren nur mit großem Wohlwollen zufriedenstellend. Michel Jackson und Angela Merkel hatten bessere Doppelgänger. Aber für ihre Zwecke sollte es ausreichen. Deshalb entschieden die Doelles, Kontakt zu den beiden aufzunehmen.
»Was willst du denen denn erzählen?«, fragte Elvira Doelle. »Dass wir einen Ersatz-Opa suchen, weil unserer in der Tiefkühltruhe liegt?«
»Ich habe mir schon eine Geschichte ausgedacht«, antwortete der Ehemann.
»Da bin ich aber mal gespannt.«
»Ich sage, dass mein Vater dement ist, aber immer von seinem Bruder spricht, der schon längst verstorben ist. Er möchte seinen Bruder vor seinem Tod noch einmal sehen. Und deshalb suchen wir jemanden, der seinem Bruder ähnlich sieht.«
»Das ist eine total bescheuerte Geschichte.«
»Ist ja nur, um die Kontaktaufnahme zu erklären.«
»Und wenn er dann deinen Vater sehen will. Gehst du mit ihm dann in den Keller?«
»Dann sage ich, dass er leider verstorben ist.«
»Und dann?«
»Das muss ich mir noch überlegen.«
Wenn die Ehefrau auch Bedenken hatte, vereinbarte Gunther Doelle mit beiden Kandidaten ein Treffen.
»Na, wie war’s?«, fragte Elvira Doelle nach Rückkehr ihres Mannes.
»Den Ersten können wir vergessen«, erstattete der Ehemann Bericht. »Hat Frau, Kinder, Enkelkinder und wohnt hier in der Nähe und war schon mal bei uns hier in Hoffenheim. Aber der Zweite passt. Er ist alleinstehend, hat keine Angehörigen, wohnt ziemlich beengt, hat eine kleine Rente, mit der er gerade so über die Runden kommt und wohnt in Mosbach.«
»Ist das der mit dem Vollbart?«
»Genau der. Das ist unser Mann.«
»Aber du musst ihm reinen Wein einschenken.«
»Der wird froh sein, aus seiner prekären Lage herauszukommen.«
Der Plan nahm Gestalt an.
Wieder einmal half Grappa, eine Entscheidung zu treffen und die weitere Vorgehensweise in Angriff zu nehmen. Die Wahl war getroffen. Es war Albert, Single ohne Anhang und Vollbartträger aus Mosbach. Doch nun hieß es Butter bei die Fische, denn die Geschichte mit dem Besuch eines Bruders konnte nicht aufrecht erhalten bleiben. Man musste offen sein, ohne alles preiszugeben. Es musste für beide Seiten eine Win-win-Situation sein. Diesmal kamen die Geschichtsidee und die Vorgehensweise von Elvira Doelle. Man verabredete sich mit Albert, der mit Nachnamen Kreuzer hieß, in dessen Heimatstadt.
»Ich bin die Elvira«, wollte sie sofort eine vertraute Atmosphäre schaffen, »und du bist der Albert.«
»Angenehm«, war Albert Kreuzer überrascht, aber gleichzeitig gefiel ihm diese herzliche Begrüßung.
»Meinen Mann, den Gunther, kennst du ja schon«, fuhr sie fort. »Mein Schwiegervater ist verstorben.«
»Tut mir leid«, zeigte Albert Kreuzer Anteilnahme.
»Da haben wir uns gedacht, ob du nicht in das schöne Zimmer von ihm einziehen würdest. Ich weiß ja, dass du allein lebst, dann wäre das sozusagen mit Familienanschluss.«
»Wie kommt ihr denn auf so eine Idee?«
»Das Zimmer steht leer und du hättest Gesellschaft«, wich Elvira Doelle auf die Frage aus. »Wir stellen das Zimmer auch kostenlos zur Verfügung.«
»Da gibt es doch bestimmt einen Haken.«
»Nun, du solltest das Haus nicht verlassen, nur beim Müll raustragen, und dabei solltest du einen Rollator benutzen.«
Das kam Albert Kreuzer doch mehr als verdächtig vor.
»Das klingt sehr mysteriös. Habt ihr eine Leiche im Keller?«
»Wie?«, stand Gunther Doelle der Schreck ins Gesicht geschrieben. »Wie meinst du das?«
»Das sagt man doch so, wenn Leute was verheimlichen wollen.«
Man war jetzt an dem Punkt angelangt, dass man mit der Sprache herausrücken musste, ohne alles restlos preiszugeben.
»Okay.« Gunther Doelle übernahm die Aufklärung. »Mein Vater ist gestorben, aber wir haben seinen Tod bei der Rentenversicherung noch nicht angegeben. Wir sind auf das Geld angewiesen. Und da du unserem Vater ähnlich siehst, dachten wir, dass du seine Rolle übernimmst.«
»Und wir haben alle was davon«, sprach Elvira Doelle. »Wir bekommen weiter die Rente des Schwiegervaters, du sparst die Miete für deine Wohnung und zahlst nur ein kleines Kostgeld.«
Da die Miete mehr als ein Drittel seiner kleinen Rente ausmachte, war das Angebot für Albert Kreuzer nicht ohne Reiz. Außerdem hielt ihn nichts in Mosbach. Da er überdies einen Nachmieter für seine Wohnung stellen konnte, hatten Doelles nach nicht einmal zwei Wochen einen Mitbewohner.
Obwohl die drei sich erst seit kurzer Zeit kannten, schienen sie sich gesucht und gefunden zu haben. Albert Kreuzer entpuppte sich als wahre Leseratte und verbrachte die meiste Zeit mit Büchern in seinem Zimmer, unterbrochen nur von den Mahlzeiten. Selbstverständlich brachte er auch den Müll raus, damit man ihn sehen konnte, dass es ihn alias Vater Doelle noch gab, wobei er auch wie verabredet einen Rollator benutzte.
Doch bald gab es erste Risse in der Harmonie. Ein neuer Fernseher musste her mit größerem Bildschirm, was den Eheleuten Doelle bekannt vorkam, die Verpflegung sollte abwechslungsreicher gestaltet werden, Rindersteak wurde verlangt, eine neue Deckenlampe musste angebracht werden, weil die alte zu wenig Licht spendete, und morgens sollte zumindest ein Körnerbrötchen zum Frühstück gehören. Alles wurde zur Zufriedenheit von Albert Kreuzer erfüllt. Dass Albert jeden Abend einen Becher heißen Kakao als Schlummertrunk verlangte, daran hatte man sich inzwischen gewöhnt.
Eines Morgens erhielt Gunther Doelle