Fülle des Lebens: Gedichte aus 60 Lebensjahren geprägt von zwei Weltkriegen
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Über dieses E-Book
Unser Ruf ist: Unendlich!
Bäume, ihr ewigen,
Ich bewundere euch.
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Herz der Nacht
Wehe deinen stillen Schleier
Um das arme Herz der Nacht:
Deiner waldumhüllten Leier
Hat ein Kind des Lichts gedacht!
Zarter Seidenfinger rührt
An das wehe Herz der Nacht;
Milden Harfenklang entführt
Lind und leicht der Wind:
Selig ist das Herz der Nacht!
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Buchvorschau
Fülle des Lebens - Hellmuth Sudheimer
I
ERLEBNIS NATUR
Spruch
Oh Mensch, trink ein die blaue Himmelsseele!
Lass Sonne aus den Wolkenschächten stürzen,
In Feuergarben, trunken dir ins Herz!
Die Berge blauen; Wiesen goldengrün
Umfunkeln dich, oh Mensch, mit weitem Licht
Und durch den hellen Glanz der Erde schreiten
Die Menschenbrüder dir und winken.
Berlin, 1942
In Licht getaucht
Wolkenspiel und Melodie,
Schwalbentanz und Wiesensang,
Türme blinken tief im Licht,
Dass ein Gott zur Erde schwang.
Wasser funkelt, Himmel schwillt,
Vogel singt ein Silberlied,
Wald veratmet, und ein Boot
Zieht wie Traum vom Uferried.
Erde ist in Licht getaucht,
Weißen Wind und Geigenton,
Der wie Blumen leis’ verhaucht
Hier vorm Feld von rotem Mohn.
Blinkender Tag
Im Morgenwind ruft
Aus dem blinkenden Tag
Himmel und blaues Licht.
Wolken schreiten stark und riesengleich
Durch Himmel und Erde,
Und der dunkle Gesang der Tiefe
Donnert um unsere Füße.
Licht, oh Licht!
Dein glänzender Atem
Tränke die Seele!
Wie kränzt die Erde sich rings mit Seligkeit!
Oh, in den geweihten Schauern der Frühe
Fühl ich, wie kalt und fröstelnd und groß
Das Antlitz der Welt sich erhebt,
Feierlich und gewaltig,
Und leuchtet und segnet.
In den 1920er Jahren
Flug in den Tag
Tag liegt glänzend auf den Dächern,
Masten, Segel hat er aufgestellt.
Morgenwind hat sie geschwellt,
Und sein gold’ner Nachen fährt zur Welt.
Und wir fahrn gleich sel’gen Zechern
Trunken durch des Meers Azur;
Rauschend gleißt die Wogenspur,
Und wir fühlen riesenhaft Natur!
Wolken schäumen uns zu Füßen,
Rings umschwillt uns weites Licht;
Hoch aus Himmelsfernen dämmert
Uns ein blaues Geistgesicht.
Der Morgen
Baum, du steil in das Grauen gereckt,
Moos, du kühl über Stein gewölbt,
Hang wider bergige Massen gestemmt:
Rufe, du Tal! Rufe, du Tal!
Nackte Brust, in den Himmel, Arm:
Leuchte, du Tag! Leuchte, du Tag,
Über brennende Berge gestellt:
ICH BIN WELT!
1925
Mittag
Der Mittag schaukelt leis, in blaue Seide eingehüllt,
Im Spiel auf sanft berauschten Buchenzweigen …
Der Glast um uns, von Spiel und Lust erfüllt,
Verschillert farbig, schwillt in Riesenweiten
Und atmet auf …
Des Mittags bernsteinhelles Auge fabelt
Und fantasiert von märchenhaften Dingen,
Die still durch seine große Stunde schwingen:
Im Traume haben wir die Welt umfahren,
Von allen Ländern lockten bunte Wimpel,
Von allen Wolken stürzten Feuerwinde:
Die hockten vorher lauernd hoch im Blauen –,
Und Mädchenleiber blühten auf in grüner Flut.
Da sind wir blutlebendig aufgeloht
Und brachen unter sie. Der Mittag lachte
Und rief den Pferden zu von weißem Schaum,
Uns zu den Lustgaleeren hinzutragen …
Am Ende strandeten die leichten Schiffe
An einer nebelüberwölbten Insel.
Die weißen Pferde sprengten über uns,
Und alle, alle wir ertranken …
Der Mittag nur … schwang sich im Seidenblauen
Auf eine Silberwolke hoch … und lachte …
Vor 1930
Auf den Bergen
Dämm’rung sinkt ins weite Tal,
Grillen zirpen hin und wieder –
Leise sing ich meine Lieder
In die Wälder nieder.
Alle Lust und alle Qual
Trag ich in das Abendrot,
Träume über Berg und Tal,
Träum vom Leben, träum vom Tod.
1923
Nächtliches Weltgebet
Wir sind schwer von Licht.
Seliger Gebärden voll
Tönt uns der zarte
Wind aus den Abendbüschen,
Und unsere Füße
Am grünen Ufer
Bespült der dunklen Stimmen Strom.
Blütenkränze
Und würziger Honigruch
Wiegen auf unseren Schultern
Das nächtliche Weltgebet …
Und Lieder voll süßerer Stimmen
Wachsen und wandeln über die große Erde.
1925
Abendblume
Im Tal der guten Lieder träumt der Wald.
Die Sense schweigt. Und weite Flötentöne
Umhüllen uns mit feinem Lebensspiel.
Wir wandern sacht zum Rand der Welt, und wieder
Zurück zum Herzen hier. Und wie auf Wolken
Ist unser Gang. Wir leben in der milden,
Ereignisreichen Luft in süßer Einheit
Mit aller Kreatur: Und in uns klingt
Die Stimme, die zur Abendblume hier
»Du liebe Schwester!« sagt.
1940
Still an Gottes Saum
Und ein Boot im Zwielichtschein
Auf der roten Flut,
Wald hüllt blau in Flaum sich ein,
Silberwiese ruht.
Nebelbetten liegen rings
Für die zarten Fraun;
In den Lüften rechts und links
Sie aus Fenstern schaun.
Abendeichen dunkeln auf,
Eine Seele singt,
Sterne glitzern sacht herauf,
Und ein Herz zerspringt.
Große weiße Vögel ziehn
Überm Fluss vorbei.
Wie die Städte uns entfliehn!
In den Lüften hängt ein Schrei.
Ein und Alles, träumt das Land.
Wir vergehen schon,
Eine blaue Schattenhand
Träuft den Himmelsmohn.
Erde schwimmt, der dunkle Kahn,
Sacht im Riesenraum,
Treiben unbekannte Bahn
Still an Gottes Saum.
1944
Nächtlich auf den Feldern
Feuer und ein weißer Blütenbaum –
Meine Hände wandern durch das Dunkel weit,
Meine Augen sind von mir entzweit,
Blicken fremd aus samt’nem Wolkenflaum …
Seen spiegeln, nächtlich, schief und schräg,
Durch die Lüfte führt ein Silbersteg,
Und ein roter Vogel schwebt im Raum.
Ach, ich ahne seine Andacht kaum.
Ja, ich weine in die Furche nieder,
Dass ich sie nicht innig fassen kann,
Diese große Nacht und ihre Lieder,
Die der Mond uns rätselhaft ersann.
1944
Kiefernruch
Der saure Kiefernruch,
Würzig und schwer von Erde
Quillt und tropft und dringt ins Herz
Wie herber Edelwein,
Und bebend trägt die Seele den Abendsegen,
Der groß über der Schonung schwebt
Und leise die Flügel regt und