Einer hängt für alle!: U.H. Wilken 5 – Western
Von U.H. Wilken
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Über dieses E-Book
Er versteht es besonders plastisch spannende Revolverduelle zu schildern und den ewigen Kampf zwischen einem gesetzestreuen Sheriff und einem Outlaw zu gestalten.
U. H. Wilken ist zugleich einer der bestinformierten Autoren und kennt sich genau in der Historie des Wilden Westens aus. Was er schreibt, lässt sich hautnah belegen. Ein Meister seines Fachs, der mit Leidenschaft und Herzblut die großen Geschichten nachzeichnet, die sich in der Gründerzeit ereigneten.
Grauenvoll ist diese Nacht in San Cuero. Schemenhaft ziehen sich Rojas mörderische Yaqui-Indianer lautlos in das Dunkel zwischen den Häusern zurück. Dumpf beginnt es zu dröhnen. Viele Hufe trommeln näher. Eine große Horde tobt über den Hügelrücken hinweg, schwärmt aus. Reiter unter riesigen rauchgeschwärzten Sombreros fallen über die kleine Stadt her. Allen voraus El Loco. Bleichgesichtig. Mit flatternden blonden Haaren. Heftig schlägt der lange Staubmantel. Wiehernd rast der Rappe die Straße hinauf. In kalten blauen Augen ist Mordlust. Herrschsüchtig wie einst Cortez bewegt er die Hand, scheucht seine Bandoleros in alle Richtungen. Sie wüten in den Häusern. Sie töten, rauben und plündern. Werfen lodernde Fackeln auf die Dächer, legen überall Feuer. Die Schreie der Einwohner gellen durch die Nacht. Auch dann noch, als El Loco mit seiner Horde und den Yaquis verschwindet. Aufgewirbelter Staub treibt in den Sternenhimmel empor. Wieder einmal lässt El Loco Tod und Tränen zurück.
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Einer hängt für alle! - U.H. Wilken
U.H. Wilken
– 5 –
Einer hängt für alle!
U.H. Wilken
Grauenvoll ist diese Nacht in San Cuero.
Schemenhaft ziehen sich Rojas mörderische Yaqui-Indianer lautlos in das Dunkel zwischen den Häusern zurück.
Dumpf beginnt es zu dröhnen. Viele Hufe trommeln näher. Eine große Horde tobt über den Hügelrücken hinweg, schwärmt aus.
Reiter unter riesigen rauchgeschwärzten Sombreros fallen über die kleine Stadt her.
Allen voraus El Loco. Bleichgesichtig. Mit flatternden blonden Haaren.
Heftig schlägt der lange Staubmantel. Wiehernd rast der Rappe die Straße hinauf.
In kalten blauen Augen ist Mordlust. Herrschsüchtig wie einst Cortez bewegt er die Hand, scheucht seine Bandoleros in alle Richtungen.
Sie wüten in den Häusern. Sie töten, rauben und plündern. Werfen lodernde Fackeln auf die Dächer, legen überall Feuer.
Die Schreie der Einwohner gellen durch die Nacht.
Auch dann noch, als El Loco mit seiner Horde und den Yaquis verschwindet. Aufgewirbelter Staub treibt in den Sternenhimmel empor.
Wieder einmal lässt El Loco Tod und Tränen zurück.
Es ist so gut wie unmöglich, ihn zu fassen. Und doch wird es versucht. Es gilt, El Locos Vertrauen zu gewinnen!
Seltsame Dinge geschehen. Im fernen Steinbruch von Yuma wird ein Mann ganz überraschend freigelassen. Rick Hudson, Sprengexperte, darf das Zuchthaus verlassen.
In einer anderen Stadt wird von Unbekannten ein dicker Mann aus der Zelle geholt. Josie Siddle. Ebenfalls ein Spezialist für Sprengladungen. Die Befreier sprengen zu seinem Empfang gleich die ganze Wand des Zellentrakts weg.
In Laredo wird der Henker von einem Fremden des gleichen Handwerks abgelöst. In einem Fort, nicht weit vom Rio Grande entfernt, überrascht der Commander seine Kavallerie mit einer jäh ausgebrochenen Liebe zu Federvieh. Die Besatzung quält sich Tag für Tag Hühnereier runter.
Bronson und Cayuse werden steckbrieflich gesucht.
El Loco, »der Wahnsinnige«, und Amigo Oscar, sein Vertreter, morden weiter. Das Land schreit unter blutigem Terror.
*
Das bedeutet nichts Gutes!
Fremde sind in Las Ruinas!
Sie gehen umher. Überall rasseln Radsporen an staubigen Stiefeln. Auf Straße, Plaza und Höfen. Im Schatten der Ruinen und Adobehütten. Hinter steingeschichteten hüfthohen Mauern.
Schweigsame Gringos.
Ihr Anblick lähmt, verbreitet Furcht unter den wenigen Einwohnern. Geisterhafte Stille lastet über der Ortschaft. Nur das Gerassel ist zu hören. Wie von gereizten Klapperschlangen.
Angst nistet sich in den Hütten ein. Niemand wagt sich hinaus. Alle beobachten durch staubblindes Fensterglas und schmutziges Ölpapier die Fremden.
Das sind Americanos. Männer von irgendwoher. – Schwerbewaffnet. Sie halten Gewehre bereit. Winchesters. Nur einer, fast einsneunzig groß, trägt geschultert ein Gewehr unbekannten Fabrikats.
Dieser große Gringo bleibt vor der Cantina stehen, kaut auf einem erkalteten Zigarillostummel.
Bronson!
Ein anderer geht auf ihn zu. Langsam. Schlendernd. Mit gleitenden Bewegungen. Wie eine Raubkatze. Ein schlanker Mann mit rabenschwarzem Haar und indianischen Gesichtszügen.
Cayuse!
Beide wechseln ein paar Worte. Niemand versteht, was sie sich zu sagen haben.
Auch nicht Catana.
Barfuß steht die frühreife junge Mexikanerin an der Tür der Cantina. Die rassige Schöne spitzt die Ohren. Enttäuscht schüttelt sie den verlausten Kopf, weicht zurück in das halbdunkle Innere der Cantina.
»Ich versteh’ nichts«, raunt sie dem Besitzer zu. »Verdammte Gringos! Hol sie der Teufel.«
Glutrot steht die Sonne über der Sierra. Über den schroffen Bergzügen verwehen allmählich die Hitzeschleier. Amberfarben kriecht die Dämmerung durch die Niederungen.
Vor Stunden kamen die Gringos nach Las Ruinas. Zogen auf ausgeruhten Pferden mehrere unbeladene Maultiere hinter sich her. Jetzt stehen alle Vierbeiner hinter der einsturzverdächtigen Kathedrale. Im langen Schattenfeld des alten Gemäuers, wo sie kaum zu entdecken sind.
Staub weht über die Hütten und Ruinen.
Die Türflügel der Cantina knarren. Bronson und Cayuse kommen herein, lassen Hitze und Staub hinter sich. Kurz heben sie sich vor der roten Sonne ab. Langsam bewegen sie sich in das kühle Halbdunkel hinein. Ihre Schritte hallen im riesigen Schankraum. An der steinernen langen Theke verstummt das Sporengerassel.
Nur das Mädchen Catana und der Besitzer harren aus, wittern beide ein Geschäft. Und beide nähern sich den Gringos. Catana vor der Theke, der Mexikaner dahinter.
Cayuse spürt die Hände des glutäugigen Mädchens am Arm. Catana blickt ihn freimütig an. Sie lockt, lehnt sich an ihn, reizt. Stumm verneint er. Da versucht sie es bei Bronson. Sie reicht ihm gerade bis zur Schulter, gibt sich anschmiegsam wie eine Katze, streichelt seinen Handrücken, schnurrt: »Hast du Lust? Ich tu alles für dich, Amigo mio.«
Er kratzt sich den Nacken, nimmt mit der Linken den Zigarillo aus dem Mundwinkel, lässt den zerkauten Stummel zwischen ihre Brüste fallen.
»Tu was gegen deine Läuse, Muchacha. Dann kannst du wiederkommen.«
»Maldito sea!« flucht sie, greift unter die weit geöffnete Bluse, holt den Stummel hervor und wirft ihn Bronson ins Gesicht. »Da! Friss ihn!«
Wütend läuft sie nach hinten, verschwindet hinter einem billigen Glasperlenvorhang.
Bronson lächelt, lauscht dem Klingeln der Glasperlen und langt zum Glas. Cayuse reibt sich erst einmal die Kopfhaut, bevor er nach seinem Glas greift.
»Worauf?« fragt er.
»Auf dass sie umfallen wie die Fliegen.«
Draußen ertönt ein kurzer scharfer Pfiff. Jemand kommt polternd über den ausgedörrten Gehsteig heran, stößt die Türflügel auf.
»Sie kommen!« keucht er. »In ner halben Stunde sind sie hier!«
»Na, also«, brummt Bronson, zieht die Marlin vom Tresen und geht hinaus. »Komm, Cayuse. Taubenschießen.«
Cayuse grinst den Cantina-Besitzer an, nimmt seine Winchester und sagt im Hinausgehen: »Ist er nicht ein netter Kerl, dieser Bronson? Er freut sich immer wie ein kleiner Hühnerdieb, wenn er ein paar Hombres umlegen kann.«
Knarrend schlagen die Türflügel, pendeln quietschend aus. Catana kommt durch den Glasperlenvorhang. Lautlos läuft sie zur Theke.
»Ich hab’ es gehört, Jefe«, flüstert sie. »Die Gringos wollen Tauben schießen – aber hier gibt es keine!«
»Hast du dir die Namen gemerkt, Catana? Bronson und Cayuse! Die darfst du nicht vergessen. Die Gringos reden nicht von richtigen Tauben. Sie meinen die taubenblauen Uniformen der Soldaten! Hier kommt ein Transport durch, das weiß ich – und den wollen sie abfangen!«
»Dios mio!«
*
Sie kommen im Schein der Abendröte.
Kavallerie in taubenblauen Uniformen.
Im klirrenden Trab rücken sie näher. Unter den Rädern eines schwerbeladenen Planwagens zerplatzen Steine. Feiner Staub wallt auf, treibt in dünnen Schwaden vom Weg.
In Las Ruinas herrscht völlige Stille. So ist das ferne Klirren und Klappern schon eine Viertelstunde vor Eintreffen der Kavallerie zu hören.
Bronson und Cayuse gehen durch die Ortschaft. Zum letzten Mal machen sie die Runde. Reden mit den Männern, die zu zweit im Hinterhalt liegen.
Alles ist für den Feuerüberfall vorbereitet.
»Jetzt brauchen wir nur noch Musik«, sagt Bronson, blickt die leere Straße hinauf und runzelt die Stirn. »In so einem Drecksnest ist doch nicht alles tot. Das nehmen sie uns nie ab. Musik muss her.«
»Ich frag’ die Muchacha. Du bekommst bei ihr keinen Stich mehr. Hast sie vergrellt. Mit deinem Stummel.«
»Unterlaß diese Anspielungen, sonst fängst du dir eine.«
»Wenn es doch stimmt?« Cayuse grinst. »Wenn du sie umarmen solltest, mein lieber Bronson, dann wird sie sofort an deinen Stummel denken. Bei der Kleinen hast du keine Chance. Ausgespielt. Ausgestummelt.«
Cayuse macht, dass er aus der Reichweite von Bronsons Faust kommt. Bronson scheint arg verschnupft zu sein.
»Verschwinde, sonst hau’ ich dich zur Abwechslung mal grün und blau, du Rothaut. »
»Mannomann!« Cayuse entfernt sich bereits. »Darf man denn gar nichts mehr sagen? Kaum redet man von deinem Stummel, da bist du gleich verstimmt wie ’ne alte Geige.«
Als er die Cantina betritt, kommt der Besitzer gerade vom Hof. Das verlauste hübsche Mädchen sitzt mit untergeschlagenen Beinen auf der Theke und schlürft Pulque. Trotzig blickt es Cayuse entgegen. Als es merkt, dass Bronson nicht hinterherkommt, lächelt es.
Er bleibt an der Theke stehen, wirft einen schnellen Blick auf ihre schmalen und gebräunten Knie und sieht dann etwas verlegen zur Seite.
»Ich such’ einen Hombre, der Gitarre spielt.«
Catana drückt den weiten Rock zwischen die Beine und beugt sich so tief zu ihm hin, dass er glattweg ihren Bauchnabel sehen kann – wenn er möchte. Aber ihm reicht es schon, die festen kleinen Brüste zu sehen. Und er bemüht sich, indianisch zu denken: Brüste sind zum Stillen da. Und nachdem er den Kloß im Hals endlich runtergeschluckt hat, wiederholt er seine Worte.
Catana tippt daraufhin an ihren Busen und sagt: »Einen Burschen brauchst du nicht zu suchen. Ich kann Gitarre spielen. Was soll’s sein?«
»Du?«
»Ja – ich.« Sie lächelt weich und