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Nebenbei Antiquar: Antikenhandel ist seine Profession - eine hermaphroditisch schöne Frau seine große Liebe.
Nebenbei Antiquar: Antikenhandel ist seine Profession - eine hermaphroditisch schöne Frau seine große Liebe.
Nebenbei Antiquar: Antikenhandel ist seine Profession - eine hermaphroditisch schöne Frau seine große Liebe.
eBook440 Seiten6 Stunden

Nebenbei Antiquar: Antikenhandel ist seine Profession - eine hermaphroditisch schöne Frau seine große Liebe.

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Über dieses E-Book

Markus (33), in Altertumswissenschaften studiert, betreibt in Darmstadt mit seinem Vater einen internationalen Kunst- und Antiquitätenhandel. Im Februar 2000, auf der Autofahrt von Bad Homburg nach Hamburg zu einer Kundin, überdenkt er Teile seines ungewöhnlichen Lebens. Dessen Mittelpunkt sind Kunst, Antiquitäten, seine Familie, Freunde und Liebschaften zu Frauen. So begegnet er der hermaphroditisch schönen Melanie. Aber diese ist bereits mit einer bekannten Berliner Modedesignerin liiert. Dennoch kommt es zu einer für beide unvergesslichen Liebesepisode, welche aber Melanie trotzdem beendet - man bleibt aber in Freundschaft verbunden. Irrungen und Wirrungen, ein krimineller Akt, die Kanareninsel La Palma, erotische Liebeleien, großartige Kunst- und Antiquitäten, aber auch persönliche Verluste und Niederlagen füllen sein wahrlich ereignisreiches Leben in einer rasanten Zeit bundesdeutscher Wirklichkeit.
In seinem zweiten Roman lässt der Autor seinen Hauptprotagonisten Markus Scheithofer oft selbst erzählen. Er gibt diesem aber keine Personenbeschreibung mit, sondern fordert die Vorstellungskraft der Leserinnen und Leser heraus. Damit haben diese die Chance sich die Hauptfigur des Markus nach eigenen Vorlieben vorzustellen bzw. zu imaginieren. Nur die anderen Protagonisten lässt der Autor etwas über die Personalität der Hauptfigur aussagen.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum2. Dez. 2019
ISBN9783749750085
Nebenbei Antiquar: Antikenhandel ist seine Profession - eine hermaphroditisch schöne Frau seine große Liebe.

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    Buchvorschau

    Nebenbei Antiquar - Hans Oskar Peter Utaipan

    Wie ein Roman auch sein mag, er ist stets

    schöner als das Leben.

    Frei nach Jules Renard (1864-1910)

    französischer Romanautor

    Das erste Kapitel

    Ereignisreiche Autobahnfahrt in Geschäften nach Hamburg.

    >Düdel- Lüdel- Lüt, Düdel-Lüdel-Lüt, Düdel-Lüd …< und dann hatte ich dem Radiowecker den Garaus gemacht. Dessen Display zeigt 22. Feb. 2000 und 02:30 an diesem Morgen. Rasieren, Duschbad, Körperpflege und dazwischen die Espressomaschine mit Kaffeepulver gefüttert und den Schalter auf das Symbol >kleine Tasse< gestellt. Das rabenschwarze Gebräu aus einer exquisiten Kaffeesorte verströmte für mich dann auch schon den Duft mit Aufwacheffekt. Einkleiden mit weißem Hemd, Krefelder Seidenschlips mit klassisch- dunkelbraunem Fantasiemuster auf bordeauxrotem Grund. Dieser mit Windsor-Knoten in der Länge knapp oberhalb des Gürtels aus schwarzem Exoten-Leder gebracht. Schwarze Socken übergestreift. Mit Andacht von dem Espresso Genuss genommen, in die passend zum Gürtel ebenfalls schwarzen Schuhe geschlüpft. Die Siebensachen vom Schreibtisch in meinen bereits vorbereiteten Aktenkoffer gestopft, mein Laptop unter den Arm geklemmt. Durch das kurze Flurstück meines Apartments zum Ausgang gehastet. Hinter mir abgeschlossen. Auf dem Weg zum Fahrstuhl den Autoschlüssel gegriffen und nochmal in den Aktenkoffer geblickt, ob ich auch das oft nerviges Nokia 9000 dabeihabe. Dann in der Tiefgarage angekommen. Das zur oberen Mittelklasse gehörende Fahrzeug einer Nobelmarke hatte ich mir ausgeliehen. Denn der Besuch bei einem sehr wichtigen Kunden bzw. Kundin stand an und da war mein acht Jahre alter Kleinbus aus fernöstlicher Produktion wohl nicht das richtige Fahrzeug um bei Millionärs vorstellig zu werden. Dort ein hochwertiges Sammelobjekt >Kunst auf Papier< zu besichtigen, taxieren und ggf. anzukaufen. Dieses aber wahlweise auch als Einlieferung an das englische Auktionshaus zu vermitteln, für welches ich zeitweise auch Expertisen für Bibliophiles, Handschriften, aber auch Numismatik erstelle. Dies waren meine Pluspunkte gegenüber weiteren Interessenten und das englische Auktionshaus war ohnehin allererste Wahl für solch ein Objekt, welches ja im Detail aufgearbeitet werden musste. In Deutschland gab es für dieses durchaus Konkurrenz, aber ich hatte nur Respekt vor der immer kurz entschlossenen und kapitalstarken aus der Schweiz. Fuhr dann von der Aumühlen Straße über die Homburger Landstraße aus Oberursel in Richtung Bad Homburg zu der dort erreichbaren Auffahrt zur Autobahn A661 bis zum Autobahnkreuz Bad Homburg. Dann auf die A5 in Richtung Kassel um in deren Verlauf auf die A7 zu kommen mit dem Ziel Hamburg. Aktuell war es 03:15 Uhr als ich auf die A5 gewechselt. Schaltete den Verkehrsfunk an, denn es war doch reger LKW Verkehr, jedenfalls auf diesem Streckenabschnitt. Blick auch auf die Außentemperaturanzeige + 5.1° Celsius. Die Nacht war recht klar und so fuhr ich wohl ab der Rastanlage Wetterau doch teils mit 140 km/h. bei der guten Sicht und hier auch fast keinem PKW-Verkehr, nur einige Lastkraftwagen zu diesem Zeitpunkt.

    Wollte zuerst meinen Vater mitnehmen, denn wir Scheithofer sind eine Familie von Kunst- und Antiquitätenhändlern. Großvater und Vater waren Inhaber eines Antiquariats in Frankfurt am Main, auf der Sachsenhäuser Mainseite, Gemarkung Museumsufer. Beide waren studiert in Altertumswissenschaften, der Großvater war international beachteter Experte für Ostasiatika und pflegte Geschäftskontakte bis in die USA. Während der Bombennacht am 22. März 1944, ging Frankfurt in nicht einmal einer Stunde mit seiner Altstadt in einem Feuersturm unter. Die Bomber der Royal Airforce und alliierter Verbände warfen weit mehr als 1000 Sprengbomben und über 1 Mio. Stabbrandbomben über der Mainmetropole ab. Auch am gegenüberliegenden Mainufer fielen Bomben, trafen auch den Gebäudekomplex des großelterlichen Antiquariats nebst den Lagerräumen. Alles ging in Schutt und Asche unter. Nach dem II. Weltkrieg baute man zunächst ein zweigeschossiges Gebäude mit Flachdach. Parterre Verkaufsraum, Lager, Werkstatt für Restaurierungen und Fotostudio mit Labor. Im ersten Stock die Privatwohnung und Büro. Doch das Provisorium war nicht auf Dauer ausgelegt. Da die Nachbargrundstücke repräsentative Bauten aufwiesen, hat das doch wohl alles recht provisorisch ausgesehen. Aber für eine ordentliche Neubebauung im Stil zu den anderen Grundstücken war kein Geld vorhanden. Daher verkaufte die Großmutter das Anwesen nach dem Tod des Großvaters, welcher 1963 an den Folgen einer Kriegsverletzung verstorben war. Aus dem Erlös erwarb sie Grundbesitz mit großzügigem Anwesen in Darmstadt auf der Mathildenhöhe. Nach dem Tod ihres Mannes kränkelte die Großmutter, ihr Lebensmut war dahin. Einer Lungenentzündung standen keine Kräfte mehr entgegen und so entschlief sie fast genau ein Jahr später im Vaterländischen Krankenhaus Frankfurt.

    Jetzt, aus den Erinnerungen durch ein Fahrzeug aufgeschreckt, welches mit allem was an Scheinwerfern vorhanden aufgeblendet, im wahrsten Sinne des Wortes auf der linken Fahrbahnseite vorbeiraste. Der Silhouette nach, ein schwarzer Porsche, dessen rotes Licht der Rückleuchten in Sekundenschnelle von dem Dunkel der Nacht aufgezehrt wurde. 04:00 Uhr noch weniger Verkehr. Eine Rastanlage passierend, fast voll besetzt mit Lastkraftwagen, deren Fahrer ihre Ruhezeiten einzuhalten hatten.

    Ach ja …Vater heiratete 1966 meine Mutter Gerda Brauer, so kam ich 1967 auf die Welt. Die Gene meines Vaters ließen mich nach Abitur ein Studium der Altertumswissenschaften beginnen. Wollte in Berlin an der FU studieren, aber das war finanziell nicht zu stemmen. Mutter hatte zwar BWL studiert, aber nur einen Halbtagsjob vor Ort gefunden. Vater bereiste mit einem Kleinlastwagen Trödel- und Antikmärkte, aber auch Auktionshäuser, wenn deren Schwerpunkt Kunst. Machte aber keinen großen Schnitt, weil er einfach zu viel dessen was er erwarb selbst sammelte, oder darauf warten wollte, dass er die erworbenen Gegenstände mit höheren Gewinnen verkaufen konnte. Es gab aber finanziell keinen Mangel bei den Scheithofers. Mutter quengelte auch nie, aber ein Studium fernab von Zuhause finanzieren, das ging dann aber auch gar nicht. Dann hatte Vater die brillante Idee doch einen ehemaligen Studienfreund aus Köln anzurufen. Der war sofort bereit zu helfen. Quartier und Verpflegung hatte der spontan angeboten und in Aussicht gestellt, dass ich in dessen Nachbarschaft sicher mit einem für Studenten zumutbaren Nebenjob rechnen könne, eben des Taschengeldes wegen. Konnte mich für die Fachrichtung Papyrologie, Epigraphik und Numismatik bei dem dortigen Institut für Geldgeschichte einschreiben. Bekam schon während meiner Studienzeit eine Hilfsanstellung bei einem Kölner Kunst-Auktionshaus, welches auf die Verwertung von Nachlässen spezialisiert war. Schnell war ich fasziniert von der Vielfalt dessen was man dort als Auktionsware zur Versteigerung angeboten bekommen konnte. Zuerst zögerlich, dann aber mit vollem Einsatz ging ich allen Gelegenheiten nach, wenn etwas von Wert und Alter anzukaufen war. Zuerst durch Kleinanzeigen in den Tageszeitungen bekam ich auch oft Konglomerate und kleine Nachlässe angeboten, in deren Bestand sich auch Briefmarken befanden. Ich wertete das nicht großartig, bis mein Vater einmal darauf hinwies, dass ich doch eine recht wertvolle Sammlung Briefmarken Saar-Saarland ungebraucht und gebraucht mitgebracht hatte. Danach kam mein Interesse auch auf die Philatelie, im Fachjargon für das Sammeln von Briefmarken und zu Briefmarken gehörende Gegenstände. Nachdem das Studium Ende März 1991 beendet, zog es mich wieder nach Darmstadt. Dort begegnete ich im Frühsommer Melanie, der ersten wichtigen Frau meines Lebens. Bis 1994 hatte ich mich in der Kunstbranche etabliert und betrieb unter Vaters Kunsthandel den Versand von kleineren Kunstgegenständen, Münzen und Briefmarken nach Verkaufslisten. Das lockte auch Kunstkenner dazu, Vorort in der Verkaufshalle des Vaters nach Gelegenheiten zu stöbern. Nun florierten unsere beiden Geschäfte. Mutter kündigte dann ihre Anstellung um den kaufmännischen Bereich unserer Aktivitäten zu organisieren. So hatte sich auf meinem Konto bald das Kapital angesammelt um auch größeren Geschäften nachgehen zu können.

    Ein LKW mit Anhänger, welchen ich gerade überholden wollte, erforderte meine ganze Aufmerksamkeit, denn dessen Anhänger schlingerte in ungewöhnlicher Weise. War ich doch im Bereich der Kasseler Berge angekommen, wie man diesen Autobahnabschnitt bezeichnet. Im gleichen Augenblick piepste die Außentemperaturanzeige und auf dem Display musste ich – 3Grad° C. ablesen. Parallel auch noch der Verkehrsfunk mit der Warnung >Fahrbahnglätte im Bereich der Kasseler Berge und streckenweise in allen Höhenlagen<. Inzwischen hatte ich die Fahrgeschwindigkeit zu 100 km/h reduziert um den LKW sicher zu überholen. In Höhe des Anhängers angekommen, driftete dieser auf meine linke Fahrbahnseite-Überholspur zu. Blick in den Rückspiegel. Nur nicht abbremsen. Denn schnell wie ein gefräßiges Raubtier, schien ein Fahrzeug mit aufgeblendeten Scheinwerfern aus der Dunkelheit nahe zu kommen, nun Wechsellicht durch Lichthupe. Da musste es jemand ganz eilig haben. Der Anhänger kam bedenklich nahe auf meine Fahrbahnseite und ich entschied mich dennoch wegen der Fahrbahnglätte kein Gas zu geben, denn die Bremsleuchten des LKW signalisierten, dass dieser bereits seine Geschwindigkeit reduziert und ich dann auch haarscharf an der Zugmaschine vorbei, sanft nach rechts lenkend vor den LKW gekommen war. Wie ein Déjà-vu raste wiederum der schwarze Porsche vorbei. Schlingert plötzlich. Driftet seitwärts über die gesamte Fahrbahn. Dann dreht das Fahrzeug einige Kreise und schießt frontal auf die rechte Leitplanke der Fahrbahn zu. Autoteile fliegen durch die Luft als der Porsche wohl auftrifft. Das Heck stellt sich hoch und dann fliegt das Fahrzeug über die Leitplanke in das Nirgendwo. Als dann mit gemäßigter Geschwindigkeit die Unfallstelle passiert, bremse ich mein Fahrzeug erst auf dem Seitenstreifen gefühlvoll bis zum Ausrollen. Habe weiche Knie als ich aussteige. Es ist glatt! Rückwärts zu dem LKW blickend steht der quer zur Fahrbahn, doch bewegt sich dann langsam um wieder auf die äußere Fahrspur zu kommen. Dahinter werden einige PKW sichtbar, welche dann überholen. Die haben wohl nichts von dem Unfall des Porsches mitbekommen, denn die passieren in gemäßigtem Tempo die Unfallstelle, um sich dann etwas schneller werdend zu entfernen. Der Fahrer des LKW hat diesen mit eingeschalteter Warnblinklange auf dem Standstreifen zum Halt gebracht. Er ist ausgestiegen und kommt auf mich zu.

    »Mensch haben sie Glück gehabt«, keucht dieser erregt, reicht mir die Hand und versucht auszuspähen wo der Porsche abgeblieben ist.

    Der Händedruck erfolgt.

    »Sie aber auch! Das war für sie mehr als knapp. Übrigens ich bin der Markus «, stellte ich mich vor.

    »Bin der Ottmar und hole mal die große Batterieleuchte und den Verbandskasten. Sichere dann noch schnell die Unfallstelle mit Signalfackeln ab. Wir müssen zu dem Unfallwagen und erste Hilfe leisten, wenn es da noch etwas zu leisten gibt. Hoffentlich benachrichtig einer der Vorbeifahrenden die Autobahnpolizei«, ist dessen Sorge.

    »Wenn ich hier Netzt habe, kann ich das mit meinem Mobiltelefon erledigen«, gab ich meiner Hoffnung Ausdruck.

    Hatte dann zwar nur wenig Netz, doch der Notruf ging durch. Schilderte kurz die Situation welche sich kurz hinter der Autobahnauffahrt Hann. Münden in Richtung Göttingen ereignet hatte. Nicht ganz fünf Minuten später, folgte ich mit den Erste- Hilfeausrüstungen beider Fahrzeuge dem Ottmar mit seiner großen Batterieleuchte über die Leitplanke. Es ging die recht steile Böschung hinab zu einem Wiesenstück. Dort stand etwa 60 Meter weiter der verknautsche Porsche auf den Rädern. Die Frontscheibe war nicht mehr vorhanden und die der Tür zur Fahrerseite war zerborsten, die Airbags hatten ausgelöst. Im Lichtschein der Leuchte, saß eine Frau regungslos im Sicherheitsgurt auf dem Fahrersitz. Von außen ließen sich beide Türen nicht öffnen. Ottmar machte an der Fahrerseite einen weiteren Versuch, indem er zur Innenseite der Türe griff und es dann auch verstand deren Verriegelung zu lösen. Aber es bedurfte der gemeinsamen Kräfte die Türe dann durch heftiges Rucken fast ganz zu öffnen. Ottmar ertastete den Puls an der Halsschlagader der wie leblos Sitzenden.

    »Sie lebt, der Puls ist gut fühlbar, hoffentlich nur eine Ohnmacht. Wir bewegen sie nicht, lockern nur ein wenig den Sicherheitsgurt, aber nur so weit, dass sie noch in der angetroffenen Position sitzen bleibt. Ich probiere nur einen Riechkapsel«, erklärt er mir, aber es klang so als spreche er zu sich selbst. Er brach die Ampulle auf, welche sich in dem Erste-Hilfe-Set befunden und wedelte damit unter ihrer Nase. Prompt schlug die Verunglückte ihre Augen auf. Unverständnis in ihrem kalkweißen Gesicht. Sie stöhnte auf, während sie sich etwas zu uns wendet.

    »Bitte bleiben sie ganz ruhig sitzen. Es kommt gleich Hilfe. Sie sind von der Autobahn abgekommen, doch ihr Wagen steht noch auf den Rädern. Aber sie haben vielleicht einen Schock«, verniedlichte ich die ernste Situation und sah die Verunglückte mit gezwungenem Lächeln an, denn ich konnte diese, ihre Situation nicht einschätzen.

    Aber Ottmar.

    »Das haben sie noch gut hinbekommen«, begann er mit der Frau ein Gespräch und richtete den Schein der Batterieleuchte aus ihrem Gesicht etwas zu uns und auf die Umgebung.

    »Das ist der Markus und ich bin der Ottmar. Bis weitere Hilfe eintrifft leisten wir ihnen Gesellschaft«, war sichtlich eine beruhigende Ansprache.

    Erstaunt war ich, wie geschickt der Ottmar es verstand mit ihr nun in Konversation zu kommen, so dass sie entweder mit >Ja< oder >Nein< zu Antworten wusste. Es war recht kalt und wir froren. Ich sah mich in dem Porsche um und fand auf dem Rücksitzt ihren Mantel. Es gelang mir diesen zu greifen und sie damit in der Sitzposition vor der Kälte etwas zu schützen. Dann kam auch schon in direkter Reihenfolge Polizei und der Rettungswagen mit Arzt und zwei Sanitäter mit Bahre. Ottmar berichtete was wir getan und unterlassen hatten.

    »Sie haben alles richtig gemacht. Geben sie der Polizei einen Bericht und ihre Personalien, wir kümmern uns um die Verunglückte«, wurden wir von dem Arzt weggeschickt. Bis alles erledigt war zeigte die Uhr 05:15 als ich in den Wagen stieg zur Weiterfahrt nach Hamburg, nicht ohne mit Ottmar die Adressen und Rufnummern ausgetauscht zu haben. Der fuhr täglich Speditionsgut von Frankfurt nach Hamburg. Inzwischen waren auch zwei Streufahrzeuge vom Winterdienst der Autobahnmeisterei an uns vorbeigefahren. Im Polizeifunk hörte ich von weiteren Unfällen kurz vor Göttingen. Die verlorene Zeit wollte ich nach dem Zwischenfall nicht mehr aufholen, sondern folgte dem fließenden Verkehr nach Hamburg, welcher sich mehr und mehr vor meinem Ziel verdichtete. Es war dann schon lichter Morgen, als ich gegen 08:30 in den Elbtunnel einfuhr. Seltsam, die verunglückte Frau beschäftigte meine Sinne. Nahm mir für den Rückweg vor, mich über den Ausgang des Unfalls bei der Polizeidienststelle Hann. Münden zu informieren. Schon kurz hinter dem Elbtunnel kam die Autobahnabfahrt Hamburg-Othmarschen. Reihte mich in den Verkehr nach Othmarschen ein und orientierte mich dann Richtung Elbchaussee, für die Adresse zu welcher ich angereist war. Es waren wenige Minuten nach 09:00 Uhr, als ich auf der Elbchaussee nähe Jenischpark nur wenige Meter von meinem Fahrziel den Wagen auf dem schmalen Randstreifen und halb Trottoir einparkte. Das Anwesen, wie mir beschrieben, lag auf der anderen Straßenseite. Hohe Hecken verwehrten den Einblick. Die Zufahrt gesichert durch ein schmiedeeisernes Tor, welches ich als antikes Original einordnen konnte. Meine Ankunft war für 10:00 avisiert und so verbrachte ich die Zeit mit warten und rekapitulierte den Zeitabschnitt ab meiner ersten Begegnung mit Melanie.

    Das zweite Kapitel

    Einsichten in Liebesrealitäten.

    Wie schon zuvor meine Gedanken an Melanie, lernte ich diese an einem herrlichen Frühsommertag 1991 kennen. Es war Nachmittag, welchen ich mit zwei meiner besten Freunde nach einer Radtour im Biergarten der Grohe Brauerei vor Ort verbrachte. Diese Darmstädter Institution war auch angesagter Treff für meist jüngeres Publikum. Dieses bestand aus Studenten und allen weiteren Gästen, welche die Vorzüge der Schankwirtschaft mit Biergarten in rustikalem Ambiente zu schätzen wussten. Man sitzt dort an üblichen, brauereieigenen Klapptischen auf dazu gehörigen Sitzbänken. Genug Komfort um eine Maß Bier zu genießen, wie dies in mehreren Sorten im Angebot ist. Dazu bürgerliche Kost. Angefangen von großen Scheiben Steinofenbrot mit Zwiebelschmalz bis über Wurstgerichte hin zum Rippchen mit Sauerkraut. Mit meinen besten Freunden Dieter Reisch und Heiko Küster, alles Nachbarsjungen, hatte ich bereits die Schulzeit bis zum Gymnasium verbracht. Der blonde Dieter mit sportlich gestählter Figur war schon im Gymnasium Schwarm der Mädels. Aktuell ist er als Filialleiter einer Großbank beliebter Ansprechpartner bei der Damenwelt. Heiko, welchen wir den >Katholischen< nennen, weil er keinen sonntäglichen Kirchgang versäumte, ist der Feinsinnigste unter uns und den schönen Künsten zugeneigt. Er spielte schon seit seinem fünften Lebensjahr Klavier und studierte an der Staatlichen Hochschule für Musik in Frankfurt. Hatte dort vom ersten Tag an eine obsessive Liaison mit einer zu ihm älteren Cellistin, welche bereits mehrere Jahre kinderlos verheiratet war. Doch dann guter Hoffnung, nachdem beide in einem Quartett mit Kammermusik auf Tournee waren. Das war der Stand der Dinge, als wir beim ersten Bier und um uns herum die Tische schon fast alle besetzt waren. Zwei junge Damen betraten die Szene. Deren feine Garderobe passte eigentlich nicht in das rustikale Ambiente eines Biergartens. Man schien zunächst unentschlossen bei der Platzwahl. Da unser Tisch nur von uns besetzt war, kamen die Damen beherzt auf uns zu. Ab dem ersten Moment von deren Wahrnehmung war ich in direktem Blickkontakt zu der Brünetten mit Kurzhaarfrisur. Diese war modisch als Franzen geschnitten, bedeckte partiell deren Ohren und die Stirn, wobei einige vorwitzige Haarfranzen bis über die Augenbrauenbogen reichten. Die Augen mit den nahezu schwarzbraunen Iriden blickten aus einer Mischung von Neugier und Sinnlichkeit, hielten meinen Blicken stand. Bei Annäherung zu unserem Tisch ging ein Anflug von Freude über das in der Gesamtheit als mädchenhaft schön zu beschreibendem Gesicht. Doch ihre frauliche Reife unterstrich das perfekte Augenmakeup. Passend zu dem Farbton ihrer Haare und den Augen, ließ es diese gewollt größer erscheinen. Das gab ihren feinen Gesichtszügen die Faszination, welche die ästhetische Form ihrer Nase unterstrich. Ihr Mund sinnlich geschwungen, wobei das aufgetragene, himbeerfarbene Rot ihrer Lippen diese dezent betonten und die gesamte Makeup-Kreation als Kunstwerk vollendeten. Jedenfalls für mich!

    »Hallo die Herren – sind die Plätze an diesem Tisch noch frei und wenn, ist Ihnen dann unsere Gesellschaft angenehm?«

    Die Brünette blickte bei dieser Frage direkt zu mir, Antwort erwartend. Doch ehe ich mich dazu sammeln konnte, kam mir Dieter zuvor. Doch der hatte die blonde Begleiterin der Brünetten im Blick und bemühte sich diese direkt anzusprechen, indem er sie für meine Empfindungen zu auffällig fixierte. Doch der schien das angenehm.

    »Hallo die Damen, bitte nehmen sie doch Platz. Wir freuen uns ohnehin mehr über Damengesellschaft, als wie die der oft lauten Studenten oder den besinnlichen älteren Herrschaften«, bot er stellvertretend für uns die freien Plätze an.

    Beide trugen leichte Sommermäntel und es kam ein belustigendes grienen von Heiko, weil wir beide zeitgleich aufgesprungen, um den Damen aus der eleganten Garderobe zu helfen. Heiko hatte sich inzwischen auch von seinem Platz erhoben.

    » Möchte uns vorstellen. Wir sind Freunde und rasten hier nach einer Radtour auf der frühlingshaften Bergstraße. Die Komposition von Vivaldis Frühling, aus dem Zyklus >Die vier Jahreszeiten< könnte nicht besser deren Frühlingsschönheit lobpreisen. Also … der sportliche Blonde ist der Dieter. Der schlanke mit Sonnenbrille ist der Markus und mein Name ist Heiko.«

    Die Mäntel und Handtaschen auf die zu uns gegenüberliegende Sitzbank gelegt, deutete die Blonde auf ihre Freundin, welche sich anschickte, mir gegenüber Platz zu nehmen.

    »Das ist Melanie und ich bin die Sabrina. Wir kommen mit dem Wagen aus dem Spessart, genauer von Mespelbrunn und wollen hier eine Pause einlegen, bevor wir nach Frankfurt zurückfahren. Man hat uns die Einkehr in diesen Biergarten empfohlen, obwohl wir ja nur eine Erfrischung ohne Alkohol nehmen können«, erklärte sie und schaute uns prüfend und den Heiko wohlwollend an.

    Sie blickte dann auf ihre Freundin.

    »Wir können es doch gerne bei den Vornamen belassen, nicht wahr Melanie?«

    »Ja … ja, bestätigt diese und blickt ebenfalls interessiert auf Heiko.

    »Es ist mir eine Ehre Herr Küster sie mit dem Vornamen ansprechen zu dürfen und natürlich auch die anderen Herren«, klingt melodisch ihre helle Stimme und es erfreut sie sichtlich, dass wir ihrer Ansprache nicht folgen können, denn woher kannte sie den Familiennamen von Heiko.

    »Für mich ist Herr Küster einer der begnadeten Pianisten«, begann sie als Erklärung.

    »Jedenfalls nachdem ich ihn in einem seiner Kammerkonzerte in Düsseldorf mit den Sonaten von Brahms op. 120/1 und 120/2 in der Besetzung mit Viola, zwei Violoncello und Piano Forte erstmals gehört habe. Dann im Frankfurter Opernhaus mit einem Werk von Beethoven, welches ich nicht kannte, aber Rachmaninows >Trio elegiaque<. Sein Pianospiel war die erzählenden Stimmungen zu dieser Komposition«, lobte sie Heiko mit abschließender Erklärung. Dieser wurde doch tatsächlich verlegen, so erfreute war er über die positive Kritik von Melanie.

    Doch damit blickt diese auch schon ganz explizit auf mich. So klar wie von ihr, war für mich nie zuvor das Erlebnis Augenflirt. Obwohl dies doch wirklich nur wenige Augenblicke lang, genügte dies sie begehrlich zu finden. Ich verstand das zuerst nicht, denn eigentlich war sie nicht der Frauentyp, welcher sinnliche Regungen bei mir auslösten. Viel zu schlank schien mir ihre Figur in dem weißen, elegant geschnittenen Jersey Kleid. Doch zugegeben, dessen Oberteil zeichnete kess und eindrucksvoll ihre Weiblichkeit ab. Als sie vor uns stand, war zudem meine Wahrnehmung, dass sie meine Körpergröße von eins achtundsiebzig fast um eine Handbreite überragen würde. Solche Größenunterschiede zu den Mädels, waren schon für mich in der Tanzschule störend und älter geworden blieb diese Phobie erhalten. Doch das alles an meinen Vorbehalten zählte wohl nicht mehr von dem Augenblick an als wir Blickkontakt hatten. Die Getränke waren gekommen. Den Damen mundete die von der Brauerei hergestellte Fassbrause und wir nahmen noch je eine Maß Märzen. Es wurden dann zwei sehr vergnügliche Stunden. Die Konversation blieb unterhaltend. Die blonde Sabrina mit der Figur alla Samantha Fox, nur mit größerer Oberweite, entpuppte sich als Inhaberin mehrerer Boutiquen mit eigenem Modelabel. Unterhielt sich mit Heiko und Dieter. Auch in dessen Eigenschaft als Bänker. Auch ich gab mir Mühe, nicht zu einseitig leichte Konversation mit Melanie zu machen. Doch nachdem klar wurde, dass sie eine Rechtsanwältin für Wirtschaftsrecht in einer Frankfurter Kanzlei, verlegte ich das Gespräch auf diese Schiene. Wir tauschen daraufhin die privaten Visitenkarten aus und damit war klar, dass wir diese Bekanntschaft fortsetzen, wenn nicht vertiefen wollten. Beide Damen verabschiedeten sich so gegen 18:00 Uhr mit dem gegenseitigen Versprechen, sich bei erster Gelegenheit wieder zu treffen. Na, wenn ich schon einmal früh zu Bett gegangen, weil der darauffolgende Tag dicht mit Geschäftsterminen besetzt, klingelte um Mitternacht das Telefon neben meinem Bett. Mürrische nahm ich den Hörer ab.

    »Hei … ich kann nicht einschlafen, denn ich denke an dich, mehr noch ich vermisse dich«, elektrisierte mich die Stimme von Melanie und alle meine Sinne waren sofort angespannt.

    »Mir geht es ähnlich Melanie, obwohl ich ausgeruht sein müsste, habe morgen einen stressigen Tag, aber den versüßt du mir ja gerade mit deinem Anruf. Auch ich vermisse dich «, ging ich sofort und jetzt hellwach auf ihren Anruf ein.

    »Danke dir für das Kompliment Markus. Können wir uns nicht schon morgen irgendwo sehen, vielleicht zum Abendessen, nur wir beide?«

    »Bin bis zum späten Nachmittag geschäftlich zuerst in Mainz und danach in Wiesbaden. Können wir uns dort treffen um zu entscheiden wo wir dinieren wollen. Vieleicht erst einmal im Café Maldaner, wenn du das kennst«, kam von mir der Vorschlag.

    »Das passt gut Markus, so gegen 18:00 Uhr?«

    »Ja …18:00 Uhr ist eine gute Zeit, freue mich schon sehr dich zu sehen«, gab ich meiner Freude Ausdruck.

    »Freue mich auch Markus, nun kann ich ja hoffentlich einschlafen«, klang ihre Stimme bereits vertraut und voller Zufriedenheit.

    Dann hatte sie auch schon aufgelegt, obwohl ich im Ergebnis noch auf weitere, auch vertraulichere Konversation gehofft hatte. Natürlich war ich in Liebesdingen nicht unbedarft, aber es blieben bis auf eine Ausnahme nur kurze Affären. Meine unkalkulierbaren Arbeitszeiten, die Einkaufsreisen zu Kunden und wichtige, andere Private Dinge waren zumeist der Grund. Zweimal versetzt, hatte die damalige Damenwelt nicht im Programm – die war verärgert und kündigte die Beziehung auf.

    Nun also ein erneuter Anlauf mit der reizenden Melanie. Dabei fühlte ich mich unsicher wie beim ersten Rendezvous und verstand nicht meine Begehrlichkeit an ihr, wo diese doch überhaupt nicht zu meinen bisherigen Vorlieben bei der Weiblichkeit korrespondierte. Freute mich dann aber, weil ich die Geschäftstermine doch sehr zeitig hinter mich bringen konnte. Nahe dem Treffpunkt auch noch einen Parkplatz gefunden und nun fünfzehn Minuten vor der Zeit die Drehtür in das Café ansteuerte. Mich umsehend erblickte ich einen freien Tisch an der Stirnwand gegenüber dem Kuchenbüffet. Die Bedienung kam sofort, grüßte freundlich und fragte nach meinem Begehren.

    »Bitte zunächst nur ein Mineralwasser, denn ich erwarte in den nächsten Minuten noch einen Gast. Dazu bitte ich, dass sie mir 500 g. ihrer Hausempfehlung an Schokotrüffel in eine Geschenkbox verpacken lassen. Sie haben da so goldfarbige Behältnisse. Erinnerlich ist mir, dass sie dazu auch ein weißes Spitzengeschenkband mit Schleife anbieten können«, artikulierte ich meinen Wunsch.

    Die ältere Bedienung lächelte verstehend. Ich sah, dass meine Bestellung sofort ausgeführt wurde. Was mir nur Minuten später die Bedienung neben meinem Mineralwasser noch brachte, war genau das Präsent, welches ich mir für Melanie vorgestellt habe. Man zahlte so etwas extra, weil aus der Verkaufstheke, das erledigte ich prompt. Rundete den geforderten Betrag als Trinkgeld verschwenderisch ab, was am Büffet wohlwollend registriert wurde. Das Café war um diese Zeit sehr gut besucht, dennoch brauchte ich den bei mir noch freien Sitzplatz nicht zu verteidigen. Denn kaum Genuss von dem Mineralwasser genommen, kreiste die Drehtür und schon stand Melanie vor mir, wobei ich von meinem Stuhl aufgestanden bin. Elegant gekleidet, zog sie nicht nur die Blicke der Männer auf sich. Das dunkelblaue Kostüm mit diskretem Nadelstreifen war Maßgeschneidert, denn es betonte perfekt ihre weibliche Silhouette. Farbtupfer war, wie ich später erkennen konnte, das Halstuch vom Hermès/Paris mit Pfingstrosenmotiven in Rosé- und Rottönen. Ihr Platinschmuck, bestehend aus Ohrclips, Collier und breitem Spangenarmband in welches eine Uhr eingearbeitet, war bekanntes dänisches Design, nicht zu übersehen, aber unaufdringlich. Ihr Makeup wiederum perfekt um ihre ohnehin schönen Augen noch sinnlicher und größer erscheinen zu lassen. Ihre Stimme fröhlich.

    »Hi … Markus schön, dass wir uns so schnell treffen konnten. Musste nur erst einen Parkplatz finden.«

    Dabei reichte sie mir die Hand, welche ich ergriff und schon das alleine war ein schönes Gefühl.

    »Ich freue mich sehr Melanie. Du siehst noch bezaubernder aus als gestern. Doch setzen wir uns doch«, forderte ich sie auf, kam um den Tisch herum um ihr den Stuhl anzubieten, vor welchem auf dem Tisch mein Präsent für sie platziert war.

    Ihr Parfüm umschmeichelte sie und gab mir eine Idee von Honig und Wildblüten und diese Kombination weckte mein Begehren sie zumindest zu küssen.

    Sie beäugte neugierig die Faltschachtel in Goldfarbe und mit dem weißen Geschenkband im Spitzenmuster.

    »Nur etwas zum Naschen, denn ich konnte mich im Blumenladen nicht entscheiden«, war meine Notlüge. Denn von Blumen, ausgenommen Rosen, verstand ich gar nichts, wohl aber von dem was man aus feinster Schokolade herstellen kann.

    Die Bedienung kam und sie bestellte ebenfalls ein Mineralwasser.

    »Habe in einem zu hier nahe gelegenen Restaurant Plätze dort reserviert, wo man sich ungestört unterhalten kann – wenn dies denn mit deinen Erwartungen einher geht«, lächelt sie.

    »Ja, natürlich, hier ist es irgendwie nicht mehr so bequem, zu viele Gäste vielleicht«, gab ich mein Einverständnis.

    Sie nimmt ihr Schokoladengeschenk auf und wiegt es demonstrativ auf der Hand.

    »Das sind sicherlich Schokokalorien und ruinieren hoffentlich nicht meine Figur, denn mein Chef hasst füllige Angestellte. Also musst du mir dabei helfen diese zu vertilgen«, witzelt sie und kramt in ihrer recht kleinen Handtasche, weil die Bedienung gerade ihr Mineralwasser an den Tisch gebracht.

    Sie gibt dieser einen Geldschein noch ehe ich einschreiten kann.

    »Wir haben es eilig, der Rest ist für sie«, ist ihre Erklärung und das freut die Bedienung.

    Dann nimmt sie hastig einen Schluck Mineralwasser und sieht mich an.

    »Komm Markus, sonst ist unser Tisch weg. Wir können das kurze Stück laufen«, fordert sie mich auf und ich fühle mich von ihr an die Hand genommen und regelrecht aus dem Café hinausgezogen.

    Noch vor dem Café dreht sie sich frontal zu mir und dann fühle ich zuerst ihre Lippen auf den meinen. Damit beginne ich mich mit atemberaubender Intensität ihren Lippen zu versichern. Noch nie so lange geküsst und so intim. Das Kosen ihres Mundes, das kurze Berühren unserer Zungen. Für mich wie die mit einer Himbeere, inspiriert wohl durch ihr Lippenrot, wobei ich nicht wusste, dass diesem Lippenrot der Geschmack von Himbeeren von den Designern mitgegeben. Wir suchten immer öfters diese Berührungen. Mich erregte nicht nur dies, sondern vielleicht mehr, wie sich Melanie so eng an mich gedrückt, damit ich die Wärme ihres Körpers fühlen konnte, anstatt ich sie dazu in die Arme zu nehmen. Hatte ich schon viel geküsst, war dies mit Melanie eine ganz andere Erfahrung. Glückshormone wurden wohl ausgeschüttet denn ich kam in eine Euphorie in welcher auch sie zu schwelgen schien. Doch das musste enden, denn zu viele Personen gingen vorüber, passierten uns an diesem Platz. Doch nur zaghaft ließen wir beide voneinander. Sie liest in meinen Augen, was auch ich in ihren Augen lese. Wir lieben uns.

    Eingehängt wie ein sehr vertrautes Paar, führte uns die Langgasse das kurze Stück zum Kranzplatz, dort wo sich der berühmte Kochbrunnen befindet. Im Restaurant des Nobelhotels >Schwarzer Bock< hatte Melanie einen Tisch reserviert. Von dem Portier wurde sie so begrüßt als sei sie hier bekannt. War sie, denn im Restaurant wurden wir ohne weitere Fragen zu dem reservierten Tisch geführt, welcher durchaus geeignet platziert um vertrauliche Gespräche führen zu können. Sie sah mein erstauntes Gesicht.

    »Die Anwaltskanzlei bevorzugt dieses Restaurant, wenn unsere Klientel ein neutrales, privates Ambiente für Verhandlungen vorzieht, was wir als Arbeitsessen abrechnen«, erklärte sie mir lächelnd während ich den von ihr angesteuerten Stuhl zum bequemen Sitzen gerichtet habe. Unsere Sitzposition erlaubte es verhaltende Gespräche zu führen, während wir den Aperitif und die Vorspeisen-Auswahl sichtlich genossen. Dabei entstand eine Vertrautheit, wie ich das nach so kurzer Bekanntschaft noch nie erlebt habe. Lustiges Geplänkel mit lieben Worten und Schmeicheleien, doch dann wurde sie ernster und schaute mich dabei verliebt, aber auch irgendwie forschend an, studierte meine Physiognomie.

    »Du bist der erste Mann, welcher all meine Sinne berührt und das beim ersten Augenblick als ich dich gesehen habe. Hatte bislang wenig Interesse an Männern, sondern fühlte mich zu Frauen hingezogen. Mit Sabrina verbindet mich eine überaus glückliche Liebesbeziehung, denn sie hat meine Liebe zu Frauen erweckt und liebt mich so, wie ich bin. Sabrina verliebt sich aber sporadisch auch in Männer. Das selten und es sind meist kurze Liebschaften gewesen, welche unsere Beziehungen bislang noch nie gestört haben. Im Gegenteil. Nach solchen Affären fühle ich mich noch enger mit ihr verbunden. Sie hat mich oft ermuntert, mal mit den tollen Männertypen, welche wir immer mal kennen lernen, doch eine Liebschaft auszuprobieren. Einen >one night stand< nannte sie das. Habe einige Anläufe genommen, mich dann aber nie entschieden. Anders ist das nun mit dir und es drängt mich zu einer Liebschaft, selbst wenn es nicht die große Liebe sein sollte. Doch zuvor, bevor wir ein Liebespaar werden, muss ich mit dir über die mir eigene Besonderheit ernsthaft sprechen, bevor wir in unserer Beziehung fortfahren sollten«, erklärte Melanie mit ernsthafter Traurigkeit. Doch gerade jetzt wurden wir abgelenkt, denn der Hauptgang wurde serviert. Doch ich ließ keine weitere Traurigkeit aufkommen, sondern es gelang mir den Anflug von Melancholie aus ihrem Verhalten zu vertreiben. Zudem war das Zürcher Geschnetzelte mit Butterrösti und Feldsalatgarnitur eine Gaumenfreude, welche ein exzellenter Rheingauriesling abrunden konnte. Das Dessert Créme au chocolat war so üppig, dass eigentlich ein Digestiv angebracht war, aber wir verzichteten, denn wir hatten ja noch zu fahren.

    Die Bedienung erfragte weitere Wünsche, doch Melanie gab zu verstehen, dass sie einen Espresso in der Bar nehmen wollte. Die Bar war ein Schmuckstück und in ihrem gesamten Interieur eindrucksvoll. Es gab da auch wenige Tische und dort bediente eine bildschöne Afrodeutsche und schon stand je ein Espresso vor uns. Melanie trank aus und machte dann ein energisches Gesicht. Dabei runzelte sie ihre Stirn und ich fand ihren Gesichtsausdruck allerliebst, weil sie sichtlich nach einem Anfang suchte für die wohl wichtige Offenbarung. Sie beugte sich über den Tisch zu mir und erfasste meine Hände. Das schien mir wie eine verschwörerische Geste und ich musste lächeln, denn was konnte sie schon von großer Tragweite eröffnen.

    »Ach Markus … du verstehst sicher den Begriff >hermaphroditisch<. Ich bin eine vollwertige Frau aber dennoch eine intergeschlechtliche Person wie man das auch im Kulturdeutsch bezeichnet. Denn ich habe bei meinem fraulichen Geschlecht auch etwas Männliches. Dennoch haben die Eltern entschieden, dieses nicht chirurgisch korrigieren zu lassen. Und erwachsen geworden, hatte ich Angst vor den physischen und psychischen Folgen eines solchen Eingriffs, denn ich habe viel darüber gelesen und musste lernen, dass sehr viele Betroffene danach erst richtig leiden. Für mich habe ich dieses Merkmal akzeptiert, auch Sabrina liebt mich so wie ich bin. Nun habe ich die Frage an dich Markus, akzeptierst du mich wie ich bin als Frau und versuchst du es mit einer Liebschaft? Doch ich bin nicht enttäuscht, wenn du mich nicht lieben kannst, aber mich dennoch als Frau akzeptierst, denn ich kann durchaus Kinder bekommen«, beendete sie die für sie nicht leichte Eröffnung zu dem Aspekt einer Liebschaft zwischen uns. Zugegeben, ich war schon einen Augenblick im Zweifel ob das meine Neigung zu Melanie ändern würde. Aber so, wie sie jetzt mir nahe und von entwaffnender Ehrlichkeit und mich nicht früher oder später vor vollendete Tatsachen stellen wollte, war mir klar, dass sie

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