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DER BESONDERE FLEISCHER: Wie du dein Team erfolgreich führst und den Umsatz deiner Fleischerei dauerhaft steigerst.
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eBook380 Seiten4 Stunden

DER BESONDERE FLEISCHER: Wie du dein Team erfolgreich führst und den Umsatz deiner Fleischerei dauerhaft steigerst.

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Über dieses E-Book

Benedikt ist Fleischer und hat vor einigen Jahren den Betrieb von seinen Eltern übernommen. Inzwischen steht seine Branche vor immensen Herausforderungen und er muss eine Möglichkeit finden, sein Geschäft in eine erfolgreiche Zukunft zu führen!

Es kommen immer mehr Baustellen hinzu, aber der hartnäckige Coach Jens kennt einen Weg, die Bäckerei erfolgreich und Benedikt endlich wieder glücklich zu machen!

Also lernt Mike, sein Team besser zu führen und eine neue bewegende Botschaft kristallklar zu kommunizieren. Er überwindet seine Grenzen und kann endlich zeigen, wie besonders seine Fleischerei ist ...
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum1. Sept. 2021
ISBN9783347395541
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    Buchvorschau

    DER BESONDERE FLEISCHER - Phillip Schnieders

    KAPITEL 1

    ALLES WIE IMMER

    BEVOR ES LOSGEHT:

    Du bekommst in diesem Buch viele hilfreiche Strategien und Denkanstöße. Damit du sie noch besser umsetzen kannst, haben mein Team von SUCCESS und ich ein besonderes Angebot für dich: In einem kostenlosen Strategiegespräch helfen wir dir, deinen Weg zu finden und deine Fleischerei besonders zu machen! Vereinbare hierfür einfach einen Termin auf www.Besondere-Fleischer.de.

    VON DER EIGENEN FLEISCHEREI BEHERRSCHT

    „Wieso mache ich das hier alles überhaupt?" höre ich mein Spiegelbild sagen. Es sieht mich irgendwie verzweifelt und gleichzeitig so komisch blöd an, sodass ich schon fast lachen muss. Habe ich das jetzt gerade wirklich laut gesagt? Werde ich jetzt auch noch irre?

    Obwohl ich weiß, dass ich alleine bin, schaue ich reflexartig noch einmal in den hinteren Bereich der Toilette. Ich muss mich vergewissern, dass mich wirklich niemand gehört hat. Es wäre echt peinlich, wenn einer meiner Angestellten mich in dieser Situation sieht oder sogar gehört hätte!

    Beruhigt drücke ich den Ellenbogen gegen den langen Hebel des Wasserhahns, um mir die fettigen Fleischreste von den Händen zu waschen. Schon komisch: Es war das erste Mal, dass ich diese Frage laut ausgesprochen habe. Sie geisterte in letzter Zeit immer häufiger durch meinen Kopf. Vor drei Tagen habe ich sogar kurz überlegt, was wohl gewesen wäre, wenn ich einen anderen Beruf gelernt hätte. Oder was wäre, wenn ich einfach eines Tages meine Schürze nicht mehr anziehen würde? Und dann verwerfe ich die Gedanken meist wieder als völlig lächerlich, weil ich mir einfach sicher bin, aus tiefstem Herzen Fleischer zu sein.

    Es ist ja nicht so, als wäre ich mit meinem Beruf unglücklich. Ich liebe es, in der Produktion zu stehen und mit ein paar Handgriffen etwas zu erschaffen, was Anderen schmeckt! Es gibt genug Leute, denen die harte Arbeit nicht liegt. - Mir egal, ich liebe mein Handwerk.

    Und gleichzeitig nervt es mich, wie sich meine Fleischerei in den letzten Jahren entwickelt hat. Mit einigen paar Blatt Papier aus dem Wandspender trockne ich meine Hände ab. Ich stütze beide Arme auf das rechteckige Waschbecken, um noch einen Augenblick in mein Spiegelbild zu schauen. „So hat Opa Karl sich das sicher nicht vorgestellt." denke ich halblaut und bin noch einmal froh, dass mich wirklich niemand dabei beobachtet, wie ich mit mir selbst spreche. Ich habe keine Lust, wieder rauszugehen.

    Egal wohin ich schaue: Überall im Betrieb brennt es immer wieder und alle Feuer muss ich irgendwie gleichzeitig löschen. Ich bin verdammt noch mal kein Feuerwehrmann - ich bin Fleischer! Am liebsten würde ich mich vor den ganzen Feuern sogar in der Kühlung verstecken!

    „Apropos Feuer" denke ich und beschließe, mir erst einmal eine Zigarette zu rauchen. Bevor ich gleich nach vorne in den Laden gehe, muss ich erst einmal kurz in Ruhe meine Gedanken sortieren. Leicht zögernd ziehe ich die Tür zu mir auf und gehe zu meinem Spind. Ich nehme mir gerade das Feuerzeug und eine Zigarette aus der Schachtel, als mein Blick auf das überdimensionale gerahmte Bild an der gegenüberliegenden Wand fällt. Meine Eltern hatten es damals zum 50-jährigen Firmenjubiläum mit allen Angestellten gemacht. Wie sehr sich doch unsere kleine Welt seit 2003 verändert hatte …

    Damals wollten die Leute jedenfalls noch Fleischer werden! Discounter und Supermärkte hatten uns nicht den größten Teil des Geschäfts genommen und die ganzen verpackten Produkte gab es frisch noch nicht. Außerdem war ich vor 16 Jahren noch Geselle und um einiges dünner!

    Ich gehe durch die kleine Seitentür nach draußen und bin erleichtert, dass mich hier niemand erwartet. Ich habe jetzt echt keine Lust, mich zu unterhalten. Noch schlimmer wäre sogar, wenn ich mir jetzt eine Antwort überlegen müsste dazu, was denn los sei und wieso ich so niedergeschlagen wirke. Ich drücke auf mein Feuerzeug und halte die kleine Flamme unter das Ende meiner Zigarette. „Kein Wunder, dass jeden Tag irgendwo in Deutschland eine Fleischerei schließt." denke ich, während ich einen tiefen Zug nehme. Unser Handwerk ist mitten im größten Umbruch, den es jemals in der Branche gegeben hat.

    „Herr Pfaff? höre ich eine laute Stimme von drinnen, „Herr Pfaff! - meine Gedanken enden abrupt.

    „Ich bin hier!" rufe ich, nachdem ich die Tür einen Spalt geöffnet habe.

    Es ist Christian Kleinschmidt, unser Meister. „Ich habe gerade mit Lukas geschrieben. Er hat nochmal verlängert. Ist bis Ende nächster Woche krank geschrieben."

    Die Nachricht trifft mich hart. „Das ist bitter." seufze ich und verziehe das Gesicht noch mehr. Ich frage ihn, wieso Lukas Behnen sich nicht direkt bei mir gemeldet hat. Das wisse er nicht, entgegnet er und macht zwei Schritte zurück, um sich langsam der unangenehmen Situation wieder zu entziehen.

    „Moment, sage ich mit gespielter Lockerheit, „ich muss Sie wegen der schlechten Botschaft jetzt köpfen!

    „Das können wir uns aber echt nicht leisten grinst Christian Kleinschmidt und geht noch ein paar Schritte rückwärts, „wir brauchen nun mal echt jeden Mann!

    Das Schlimme daran: Er hat Recht. Seit Monaten suche ich Verstärkung für die Produktion und finde niemanden! Es hat ja auch niemand mehr Lust, so früh aufzustehen und dann noch die harte Arbeit in der Fleischerei zu machen! Und im Verkauf sieht es auch nicht besser aus: Kaum noch Verkäuferinnen, die morgens um sieben Uhr und auch am Wochenende arbeiten! Ich bin echt verzweifelt.

    Was mich außerdem nervt ist die Tatsache, dass sich meine Angestellten noch nicht mal bei MIR melden, wenn sie krank sind. Es wäre so einfach gewesen - mal schnell den Chef anrufen und in einem kurzen Gespräch abmelden. Jeder kann ja mal krank sein, aber einfach per WhatsApp in die Gruppe „Ey Leute, ich bin krank …". Was ist das denn für ein beschissenes Verhalten? Und zwei Wochen wegen etwas Erkältung oder Grippe? Das ist doch nicht normal, oder?

    Setz dich doch mal durch!

    Ich will gerade einen tiefen Zug meiner Zigarette nehmen, als ich noch rechtzeitig bemerke, dass ich nur noch den Filter zwischen den Fingern halte. „So eine verdammte Grütze" überkommt es mich leise. Ich hole mir noch eine Zigarette aus dem Spind. Und wieder fällt mein Blick fast wie von selbst auf dieses verfluchte Jubiläumsbild mit den ganzen grinsenden Gesichtern. Damals waren es noch rund 10 bis 15 Leute. Inzwischen wären knapp doppelt so viele Gesichter auf dem Bild. Zumindest wenn man die Aushilfen im Partyservice, die kleine Filiale in Klusum und dem mehr Imbiss in Seefeld mitrechnet!

    Doch das größte Grinsen trägt mein Vater. Inmitten der Angestellten sitzt er mit Mama und grinst mich bis über beide Ohren irgendwie boshaft an.

    „Benne, wie oft habe ich dir gesagt, dass du zu lasch mit den Leuten bist? So wirst du nie respektiert! Setz dich doch mal durch!"

    Ich verkneife mir, dem Foto eine Antwort zu geben, nehme meine Zigarette und gehe wieder nach draußen. Nach ein paar Zügen schließe ich die Augen und lehne mich an die Wand. Die Morgensonne tut gut.

    Eigentlich habe ich im Büro noch so viel zu tun: Der Steuerberater fordert irgendwelche Belege, die Angebote für die Sommerreifen müssen entschieden werden und alle möglichen Papiere warten darauf, bearbeitet und abgeheftet zu werden.

    „Das ist echt die Krönung eines beschissenen Tages" denke ich und beschließe, diese wenig würdevollen Aufgaben einfach zu ignorieren. Mir fehlt echt die Kraft und ich werde nach dem Mittagsschlaf nicht wiederkommen. Kurz entschlossen ziehe ich mich um und mache noch schnell die Bestellung.

    Danach verabschiede ich mich mit einem an alle in der Produktion Verbliebenen „Tschüss, bis morgen!" und betrete unseren Verkauf durch die große Pendeltür. Das Geschäft ist voll und ich setze angesichts der vielen Kunden und meiner drei Mitarbeiterinnen ein geübtes Lächeln auf.

    Mit froh klingender Stimme gebe ich ein leicht gesungenes „Tschö-höss!" von mir und gehe ohne eine Antwort abzuwarten durch die sich automatisch öffnende Schiebetür - als würde sie meine Flucht unterstützen. Endlich Ruhe.

    Auf der Fahrt ist mein Körper wie im Autopilot. Ich lenke, schalte, bremse und gebe wieder Gas - alles ohne nachzudenken. Zuhause angekommen überlege ich ernsthaft, ob ich durch das Industriegebiet oder über die Kanalstraße gefahren bin.

    Beim Schuhe-Ausziehen schaue ich durch den kleinen Glasstreifen neben der Küchentür. Als Nicole mich bemerkt, lächelt sie.

    „Guten Morgen, Schatz! Du bist früh!"

    „Ja. Ich kann auch nicht mehr bekunde ich wehleidig. „Ich fahre heute auch nicht mehr ins Büro. Nachdem wir am Tisch so weit fertig waren, rief Windmann an und wollte mit mir über die Bilanz sprechen. Wir haben nämlich knapp 5 % Rohertrag verloren.

    „Wow, so viel?"

    „Ja, so in diese Richtung habe ich schon gerechnet: Das Hauptgeschäft hat weniger gemacht und der Partyservice lief auch nicht ganz so toll … Dazu sind die Personalkosten durch unsere ,Pfaff-Rente‘ leicht gestiegen. Das hat die Preiserhöhung nicht mehr aufgefangen. Ach, und die Grill-Aktion war der Knaller!"

    Nicole macht einen zerknirschten Gesichtsausdruck und deutet mit einem leichten Nicken in Richtung Schlafzimmer an, dass ich mich erst einmal hinlegen solle. Wir sind schon lange genug verheiratet, als dass sie sich auf meine Versuche, die Situation schön zu reden, einlassen würde. Sie weiß, dass die Zahlen nicht toll sind.

    „Ja, ich mach gleich ein Nickerchen. Aber nachdem ich mit dem Windmann fertig war, kam Christian zu mir."

    „Und was wollte der?"

    „Hat mir erzählt, dass der Behnen noch bis Ende nächster Woche krankgeschrieben ist."

    „Och nee., fällt sie mir fast ins Wort, „Der übertreibt es echt wieder und du kommst aus der Produktion nicht mehr raus. Denk bitte daran, dir für Samstag frei zu nehmen. Wir sind morgen Abend bei Feldmanns eingeladen! … Leg dich jetzt erst mal hin.

    Ich lächle ihr zu und lasse die Jalousien im Schlafzimmer runter.

    „Herr Doktor, wenn ich liege, dann geht es mir schon besser. denke ich und versuche, die vielen kreisenden Gedanken in meinem Kopf mit einer Folge ‚The Walking Dead‘ zu betäuben. Obwohl ich total erschöpft bin, dauert es eine Weile, bis ich auch innerlich zur Ruhe komme. „Ich bin keiner der Überlebenden denke ich, während mir langsam die Augen zufallen. „Ich bin einer der stöhnenden Untoten, die Tag für Tag ohne Ziel durch die Gegend irren." Eigentlich ein Wunder, dass ich bei so einem spannenden Gemetzel einschlafen kann.

    KAPITEL 2

    SO GEHT ES NICHT WEITER

    WIR UNTERSTÜTZEN DICH.

    Wir coachen Fleischer und helfen ihnen, einen besonderen Weg in eine erfolgreiche Zukunft zu finden. Mit unserer Unterstützung wirst du die neuen Bedingungen am Markt erfolgreich für dich nutzen! Vereinbare jetzt einen Termin für dein persönliches Strategiegespräch auf www.Besondere-Fleischer.de.

    NEUE BEDINGUNGEN AM MARKT

    Es dauert ungewöhnlich lange, bis ich wieder zu Verstand komme. Der Schlaf hat echt gut getan. Ich schalte mein iPhone aus dem Flugmodus und scrolle etwas durch Facebook. Ein Kollege hat sein Profilbild geändert. Obwohl ich es nicht wirklich gelungen finde, drücke ich eher aus Mitleid auf den „Gefällt mir"-Button. Ich müsste auch mal wieder etwas auf der Fleischerei-Pfaff-Seite posten.

    Ich schleife meinen ausgeruhten, aber immer noch schlaffen Körper in die Küche. Als ich die Taste auf unserer Kaffeemaschine drücke, umarmt Nicole mich von hinten und lehnt ihren Kopf an meine Schulter. Mir ist offenbar entgangen, dass sie schon in der Küche war.

    „Hab vorhin mit Christina telefoniert."

    „Und, wie geht es ihr?" frage ich, um ihrer Erwartung auf eine Unterhaltung zu entsprechen.

    „Nicht so gut.

    Der Balzer macht zu! Hat er ihr vorhin gesagt."

    Nicole hatte Christina vor vielen Jahren bei ihrer Lehre zur Fleischereifachverkäuferin kennengelernt. Wir hatten damals beide beim Balzer gelernt. Nicole und Christina vorne im Verkauf und ich hinten in der Produktion. Es war das einzige Mal, dass ich in einem anderen Betrieb gearbeitet hatte. Obwohl mich mein Vater damals nicht einmal gefragt hat und seine Entscheidung nur wenig komfortabel für mich war, hat sie sich allerdings gelohnt: Ich konnte fremde Luft schnuppern und außerdem habe ich Nicole dort kennengelernt … Obwohl ich es ursprünglich auf Christina, die Tochter meines alten Lehrherren, abgesehen hatte. Umso schockierender war die Nachricht für mich: Der Balzer macht zu!

    „Ich fasse es nicht. Der Balzer? Echt?" frage ich entgeistert, als würde ich meiner eigenen Frau nicht glauben.

    „Ja, bis Ende des Jahres. Er ist wohl krank. Christina ist ziemlich fertig. Die Mitarbeiter wissen es aber noch nicht."

    Irgendetwas verhindert, dass ich den Kaffee in meinem Mund hinunterschlucken kann. Ich muss mich wirklich erst darauf konzentrieren, dann erst setzt der Schluckreflex wieder ein. In mir zieht sich alles zusammen. Die Nachricht ist ein Schock für mich. Mein Ausbildungsbetrieb wird schließen und Heinz ist krank!

    „Hat Christina gesagt, was er hat?"

    Nicole sagte mir, dass Heinz offenbar Krebs habe und es auch nicht so gut um ihn stünde. Er müsse jetzt eine Therapie machen und sich um sich selbst kümmern.

    „Das ist echt heftig. Ich habe mir ja heute Nachmittag frei genommen. Ich glaube, ich fahre gleich mal nach Eichfeld und spreche mit ihm."

    „Meinst du wirklich, dass das jetzt eine gute Idee ist?"

    „Nicole, ich habe beim Balzer gelernt. Das ist mein direkter Kollege. Natürlich fahre ich da hin! … Außerdem weiß ich ja noch gar nicht, ob ich ihm irgendwie helfen kann!"

    Von Nordberge nach Eichfeld sind es knapp acht Kilometer. Als ich ins Auto einsteige, schalte ich direkt das Radio wieder aus. Ich habe jetzt wirklich keine Lust auf dieses fröhlich-motivierende Gedudel und „Eure Superhits"-Gelaber. Als hätte ich nicht schon genug eigene Probleme, werden sie komplett vom Balzer überschattet. Unfassbar: Jeden Tag macht irgendwo in Deutschland ein Fleischer zu … aber der Balzer?!

    Beim Betreten des Geschäfts fällt mir auf, dass ich wirklich schon lange nicht mehr hier gewesen bin. Zumindest hatte ich bei meinen früheren Besuchen den Hintereingang zur Produktion genommen. Etwas überrascht stelle ich fest, dass sich hier in den letzten Jahren nicht viel verändert hat. Und es war früher schon nicht modern.

    Ich gehe zur linken Seite und stelle mich direkt neben die Theke.

    „Ist Heinz da?" frage ich die Verkäuferin, als unsere Blicke sich treffen.

    „Ach, Hallo Herr Pfaff. Ich habe Sie erst gar nicht erkannt! - Ja, Herr Balzer ist noch hinten. Gehen Sie ruhig durch." lächelt sie mir freundlich zu.

    „Hier hat sich wirklich nichts verändert" gebe ich leise von mir, als ich das Brett zur Wand hochklappe und hinter mir wieder behutsam ablege. Ich muss nicht suchen: Auf halbem Weg kommt mir der Balzer mit einer breiten Wanne Hackfleisch entgegen, die er gerade in den Laden bringen will.

    „Benne!" höre ich ihn rufen, kurz nachdem ich seine Umrisse im kleinen Flur gesehen habe.

    „Heinz! antworte ich in gleicher Tonlage, „Was macht die Kunst?

    Mit freundlichem Gesicht signalisiert er mir, noch einen kleinen Schritt beiseite zu gehen, damit er mit der Wanne besser an mir vorbeikommt.

    „Der Balzer bringt das nur noch schnell nach vorne, dann gibt‘s einen Kaffee."

    „Gute Idee" stimme ich ihm zu und trete in den Türrahmen hinter mir.

    „Ähhm … schwarz?"

    „Ich weiß nicht!, tue ich nachdenklich, „Welche Farben hast du denn sonst noch?

    „Witzbold! Ist schon klar. prustet er lautstark. „Nimm’ den Balzer ruhig auf den Arm! Aber es fällt ihm schon wieder ein! Das war … ähhm … etwas Milch und viel Zucker, stimmt’s?

    „Ja, stimmt!" bestätige ich kurz mit amüsiertem Unterton.

    Nach all den Jahren ist es für mich immer noch befremdlich, dass er über sich selbst in der dritten Person spricht. Vermutlich habe ich das Wort „ich noch nie aus seinem Mund gehört. Das macht ihn so besonders: Er heißt bei allen nur „Der Balzer, weil er sich selbst so nennt.

    „Das funktioniert einfach nicht!"

    „Ja was soll Balzer denn machen? fragt er mich, ohne eine Antwort hören zu wollen, als wir uns mit Kaffeebechern bewaffnet gegenüberstehen. „Ohne Nachfolger funktioniert keine Fleischerei! Und der Balzer macht das nicht mehr lange! Stefan will sich das mit Mitte 50 nicht mehr antun und Jonas kann es nicht. Ich muss mit dieser skurrilen Situation erst einmal klarkommen. Da stehe ich mit meinem langjährigen Kollegen und muss mir seine Ratlosigkeit anhören.

    „Und was ist mit Christina?"

    „Ach, Christina. winkt er ab, „Die kennt die Zahlen und will sich sicher keine Fleischerei ans Bein binden! Auch, wenn es die von ihrem Vater ist. Das funktioniert einfach nicht!

    „Der Balzer hat in den letzten Jahren einfach gepennt."

    „Was meinst du damit? … Nur, weil der Laden nicht so modern ist?"

    „Es ist ja nicht nur das. Der Balzer ist ja gar nicht mehr gefragt! Benne, die Wahrheit ist: Fleisch, Wurst und Aufschnitt wird immer mehr beim Discounter gekauft und nicht mehr beim Fleischer!"

    Versteinert schaue ich ihn an und muss die Worte erst einmal verdauen.

    „Und der Balzer hat keinen Platz, um auch mal ein Mittagessen oder ein Mettbrötchen zu servieren … Der Stehtisch vorne in der Ecke reicht da nicht!"

    Keine Ahnung, womit ich gerechnet habe. Aber angesichts einer so harten und klaren Abrechnung bin ich sprachlos. Hat er denn Recht mit seiner steilen These? Ohne Zweifel sind wir gerade in der härtesten Veränderung unserer Geschichte und es ist für keinen Fleischer wirklich leicht. Aber die Erkenntnisse vom Balzer scheinen mir etwas übertrieben selbstkritisch.

    „Ich weiß nicht., gebe ich unschlüssig von mir. „Klingt für mich alles eine Spur zu hart und übertrieben. Wie sieht’s denn mit der Partyküche aus? - Die läuft doch, oder?

    „Ach, erst recht da nicht! wird er energisch. „Von den Zahlen her ist die noch schlechter. Und außerdem ist da von den Aushilfen ständig jemand krank. Ich kann die ganzen Beschwerden auch nicht mehr hören, dass sie schon wieder für die Kollegin einspringen müssen. - Aber dir geht es da vermutlich auch nicht besser, oder?

    Ich überlege. Natürlich kenne ich das Problem, aber deshalb käme ich nicht auf die Idee, das Geschäft zu schließen.

    „Naja, ich kriege ja davon nur die Hälfte mit, weil Inge das bei uns macht. Und so weit ich weiß, hat die alles ganz gut im Griff. Glaube ich zumindest."

    Der Balzer schaut mich skeptisch an, als müsste er meine Worte noch für sich sortieren und überlegen, welche Bedeutung sie für ihn haben. Eine unangenehme Stille entsteht, als er mich weiter ansieht und nichts sagt.

    „Und Christina hat Nicole erzählt, dass es dir gesundheitlich nicht so gut geht?" durchbreche ich das Schweigen.

    „Ja, ja, ja reagiert er, als ob ich ihn wieder in die Realität geholt hätte, „der Balzer hat Krebs - Volkskrankheit Nr. 1! … Herzlichen Glückwunsch, er hat das goldene Los gezogen. Es geht zu Ende.

    Jetzt schaue ich ihn betroffen an und bin verunsichert, was ich sagen soll. Was ist eine angemessene Reaktion, wenn man so etwas hört? Ein kumpelhaftes „Kann jeden treffen. oder „Das Leben endet meistens tödlich.? Ich mag auch nicht „Kann man da denn nichts machen? oder „Ist es denn heilbar? fragen. Es klänge so lächerlich. Er scheint meine Gedanken an meinem Gesichtsausdruck abzulesen und erklärt:

    „Nein, er ist zu weit fortgeschritten. Wenn er erst mal gestreut hat, sieht es einfach nicht gut aus. Ich muss mich in den nächsten Wochen aus der Produktion zurückziehen und eine Therapie machen. Das kriegen die beiden hier auch irgendwie ohne mich hin … Hoffe ich zumindest."

    Ich nicke ihm anerkennend zu.

    „Und wie geht es dann weiter?"

    „Nun, den Partyservice habe ich schon fast komplett aufgegeben und hier mache ich Ende des Jahres zu. Bis dahin ist ja noch etwas Zeit, damit ich in Ruhe alles abwickeln kann. Außerdem läuft dann der Leasingvertrag für die Maschinen aus."

    Ich fasse kurzerhand meine Gedanken in „Was für eine Scheiße! zusammen. „Du bist gerade erst 60, oder?

    „61" korrigiert er mich prompt.

    „OK, 61. Trotzdem hast du noch ein paar Jahre!"

    Sein vorher noch künstlich lächelndes Gesicht weicht einer ernsthaften Miene.

    „So etwas sucht sich auch keiner freiwillig aus! Mal schauen, was so passiert, aber so kann es nicht weitergehen! Vielleicht zahlt die Krankenkasse oder das Ladenlokal hier kann vermietet werden. Und ein paar Rücklagen für den Ernstfall sind auch vorhanden … Vielleicht lebe ich auch nicht mehr lange!"

    Als ich seine Tränen in den Augen bemerke, verkneife ich mir den Kommentar, dass ich zum ersten Mal, seitdem ich ihn kenne, gehört habe, dass er mit „ICH" über sich selbst spricht.

    „Aaach Heinz, mal nicht den Teufel an die Wand! beschwichtige ich, „kümmere dich erst mal um dich selbst und dann wirst du bestimmt eine gute Lösung finden. Es ist ja wirklich noch eine Menge Zeit.

    „Ja, da hast du recht stimmt er mir zu und unterdrückt, dass sich seine Augen noch weiter mit Tränen füllen. „Aber erzähl mal von dir! Wie läuft‘s bei euch? Kommst du inzwischen besser mit deinem alten Herrn zurecht, oder fummelt er immer noch hinter deinem Rücken rum?

    Autsch, das war mein wunder Punkt, auf den ich aber jetzt nicht eingehen will. Ich lenke das Gespräch lieber in Richtung des Betriebs und reagiere irgendwie diplomatisch mit „Du, gut geht es uns allen nicht, oder?"

    „Zumindest, wer kein Alleinstellungsmerkmal hat! So wie der Balzer … an uns ist ja auch nichts Besonderes."

    Da war er wieder, mein alter Lehrmeister. Reagiert hart und selbstkritisch auf meine schwammige Gegenfrage.

    „Ja, aber ich dachte, deine Produkte kommen gut an …" hinterfrage ich skeptisch.

    „Ja und nein. Sind ja auch nur Gewürzmischungen und konventionelles Fleisch wie überall anders auch!"

    Ich nicke.

    „Und das macht es nicht besser oder schlechter als im Discounter! Auch, wenn die Kunden es vielleicht denken, weil sie bessere Wurst vom Fleischer kaufen!"

    „Wer nutzt die Mischungen nicht? reflektiere ich, „Es ist nun mal einfacher und sie schmecken den Kunden auch. Außerdem ist die Ware haltbarer und sieht gut aus!

    Der Balzer zögert und legt einen Finger an sein Kinn. „Ja, aber wenn der Balzer jetzt noch etwas ändern könnte, dann wäre es DAS."

    Ich frage ihn, wie er das meint, und er antwortet mit einer Gegenfrage.

    „Wieso kaufen deine Kunden bei euch?"

    „Benne, wieso kaufen deine Kunden bei euch?"

    Ich schaue ihn fragend an.

    „Was glaubst du, ist der Grund für deine Kunden, immer wieder in euren Laden zu kommen und eure Produkte zu kaufen?"

    Ehrlich gesagt, habe ich noch nie über diese Frage nachgedacht. „Ich bin halt Fleischer und die Kunden kaufen meine Sachen, weil ich sie mache!"

    Der Balzer lacht. „Ja, das ist schon klar, aber wieso tun sie das, wenn sie auch woanders gutes Fleisch und vernünftige Wurst kaufen können?"

    Je mehr er lacht, desto ernster schaue ich ihn an. Was will er jetzt von mir?

    „Der Balzer hat in den vergangenen Tagen und Wochen echt viel nachgedacht. Hat überlegt, wie es damals mit 26 war, die eigene Fleischerei aufzumachen und wie es heute aussieht. Dabei hat er sich gefragt, was sich in den 45 Jahren so alles verändert hat. Und das war so einiges! Sämtliche Erleichterungen in der Produktion und neue Sorten … Aber auch die Anforderungen und der Wettbewerb."

    „Klar" stimme ich ihm zu.

    „Damals gab es noch keine verpackten und lange haltbaren Frischeprodukte, keine Discounter oder Supermärkte, die in jedem Angebotsblatt mit ihrem Fleisch werben!"

    „Auch klar." gebe ich gespannt von mir, um zu erfahren, worauf er hinaus will.

    „Wieso änderst du es nicht?"

    „Jetzt fangen die sogar noch an, die Fleischwaren viel attraktiver zu vermarkten! Am besten BIO, neue Verpackung mit tollem Druck und alles sieht frisch und lecker aus! Wenn wir nichts Besonderes

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