Pass doch endlich auf!!!: Aufmerksamkeitswerkstatt
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Über dieses E-Book
Unsere Aufmerksamkeit kann durch äußere Mittel beeinflusst werden. Wenn wir müde sind, kann uns ein Kaffee wacher machen, wenn wir nervös sind, eine Zigarette beruhigen. Bei der medizinischen Behandlung von Aufmerksamkeitsstörungen benutzt man Aufputschmittel bei Trägheit und sedierende Medikamente als Beruhigungsmittel.
Trotzdem ist Aufmerksamkeit in erster Linie ein geistig-seelisches Phänomen. Die Entwicklung der Aufmerksamkeit geschieht am besten im ganz normalen Leben. Jede Tätigkeit, das Gehen, Essen, Tisch decken oder Auto fahren, kann achtsam oder unachtsam ausgeführt werden. Wer seine Alltagstätigkeiten achtsam ausführt, braucht keine komplizierten, künstlichen Aufmerksamkeitsübungen.
Es gibt verschiedene Lebensbereiche, in denen Aufmerksamkeit besonders geschult werden kann. Zum motorischen Übungsfeld gehören das Balancieren, Jonglieren und die Artistik, aber auch Bewegungskünste wie Tanzen, Yoga, Eurythmie, Zeichnen, Malen und Plastizieren. Im sprachlich-musikalischen Bereich sind Kommunikationsübungen, Rezitation, Dichtung, Schauspiel und rhythmisch musikalische Übungen zu nennen. Im mentalen Bereich stehen Wahrnehmungs-, Erinnerungs- und Vorstellungsübungen im Mittelpunkt. Die Kontrolle des Gedanken- Gefühls- und Willenslebens wird in den Blick genommen. Mediation und Kontemplation spielen dabei eine wesentliche Rolle.
In diesem Buch kann der Leser eine Fülle von Übungen nutzen, um sein Aufmerksamkeitspotential zu entwickeln.
Hans-Albrecht Zahn
Dipl.Psych. Hans-Albrecht Zahn studierte zunächst Lehramt mit den Schwerpunktfächern Mathematik und Geographie. Ein zweites Studium der Psychologie schloss sich an. Schon während des Studiums interessierte er sich besonders für philosophische und ethische Themen. Besonders die Frage wie man zu Erkenntnissen kommt, hatte es ihm angetan. So verbrachte er manche Stunde bei erkenntnistheoretischen Vorlesungen in der philosophischen Fakultät. Er arbeitete zunächst an einer Erziehungsberatungsstelle, dann als Psychologe in einem Heim für erziehungsschwierige Kinder. In seiner psychologischen Arbeit wandte er sich schwerpunktmäßig der humanistischen und transpersonalen Psychologie zu. Er absolvierte eine Ausbildung zum psychologischen Therapeuten in Psychosynthese am Psychosynthesehaus Allgäu Bodensee. Er bildete sich in Traumatherapie und der Therapie kindlicher Verhaltensstörungen fort. Er arbeitete zunächst an einer Erziehungsberatungsstelle als Psychologe. Dann unterichtete über einige Jahre als Klassenlehrer Kinder und Jugendliche. Als Lerntherapeuth behandelte er Kinder mit Legasthenie, Dyskalkulie und AD(H)S. In seiner psychologischen Praxis begleitete er als Psychotherapeut und spiritueller Begleiter auch Jugendliche und Erwachsene mit ihren Lebensproblemen.
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Buchvorschau
Pass doch endlich auf!!! - Hans-Albrecht Zahn
KAPITEL I
PHÄNOMENE
1. PHÄNOMENE
Zunächst wollen wir uns verschiedenen Erscheinungsformen zuwenden, die wir als Aufmerksamkeit oder Unaufmerksamkeit erleben.
1.1 EIGENE ERLEBNISSE
Übung: Beobachtung „Aufmerksamkeit"
Erinnern Sie sich an eine Situation, wo sie Aufmerksam erlebt haben! Beschreiben Sie diese! Was würden Sie als typisch „aufmerksam" bezeichnen ? Tauschen Sie sich mit einem Partner aus!
Übung: Beobachtung „Unaufmerksamkeit"
Wo haben Sie Unaufmerksamkeit erlebt? Beschreiben Sie die Situation! Was würden Sie als typisch „unaufmerksam" bezeichnen ? Tauschen Sie sich mit einem Partner aus!
Übung: Selbstbeobachtung „Aufmerksamkeit" Erinnern Sie sich nun an eine Situation, in der Sie sich selbst als sehr aufmerksam oder konzentriert erlebt haben! Halten Sie ihre inneren Beobachtungen fest und tauschen Sie sich mit einem Partner aus!
Übung: Selbstbeobachtung „Unaufmerksamkeit"
Erinnern Sie sich nun an eine Situation, in der Sie unaufmerksam waren! Was waren die Folgen dieser Unaufmerksamkeit? Können Sie irgendwelche Gründe für Ihre Unaufmerksamkeit finden? Wie hätte sich die Situation evtl. verhindern lassen?
Tauschen Sie sich mit einem Partner aus!
1.2 BILDER UND ASSOZIATIONEN
Aufmerksamkeit
Wir suchen nun Lebensbeispiele, in denen Aufmerksamkeit in typischer Weise zum Ausdruck kommt.
Beispiel: Balancieren (Äquilibristik)
Ein Seilkünstler spannt ein Hochseil aus und balanciert nun Schritt für Schritt von einer Seite auf die andere. Schon beim Zusehen erlebt der Zuschauer Konzentration in höchster Form.
Beispiel: Jonglage
Ein Jongleur nimmt einige Bälle in die Hand und beginnt die Bälle nacheinander hochzuwerfen, um eine Jonglage zu realisieren. In jedem Augenblick muss der Jongleur genau erspüren, wo sich jeder Ball gerade befindet.
Beispiel: Der konzentrierte Handwerker
Ein Schreiner bearbeitet ein Werkstück und ist bei jeder einzelnen Tätigkeit innerlich ganz bei der Sache. Er prüft das Holz, das er auswählt. Er spannt das Werkstück in die Werkbank, er sägt, hobelt und schleift es. Bei jedem einzelnen Schritt ist er hoch konzentriert.
Beispiel: Zeichnen und Malen
Einige Künstler beschreiben, wie das Zeichnen ihre allerhöchste Konzentration verlangt. Der japanische Künstler Hokusai sagt: „….Ich möchte gerne hundert Jahre alt werden, weil ich erst dann so weit sein werde, einen Punkt richtig zu zeichnen. Henri Matisse macht seinen Aufmerksamkeitsprozess mit folgenden Worten deutlich: „Wenn ich meiner zeichnenden Hand vertraue, dann deshalb, weil ich sie niemals die Gewalt über mein Gefühl ergreifen ließ, als ich sie lehrte mir zu dienen. Ich fühle sehr genau, wenn sie abschweift, wenn eine Uneinigkeit zwischen uns besteht.
Beispiel: Schauspielkunst
Ein Urbild seelischer Aufmerksamkeit ist die Schauspielkunst. Nur der schauspielert gut, der ganz in seiner Rolle lebt. Tätigkeit, Empfindung und Sprache müssen zur Einheit werden.
Beispiel: Musiker
Jede Tätigkeit kann mit innerer seelischer Beteiligung oder nur äußerlich funktionell ausgeführt werden. Das zeigt sich besonders in der Musikkunst. Es genügt nicht, nur die richtigen äußeren Töne spielen. Entscheidend ist ob der Musiker mit seinem Empfindungs- und Seelenleben auch innerlich ganz bei der Sache ist.
Beispiel: Mathematisieren
Beim Rechnen und Mathematisieren wird systematisch ein Gedanke nach dem anderen gesetzt. Schon das Zählen ist ein Konzentrationsakt, bei dem man sich nicht ablenken lassen darf, wenn man sich nicht verzählen will. Die Gedanken werden durch die mathematische Tätigkeit selbst geordnet.
Beispiel: Meditieren (Beten)
Beim Meditieren und Beten ist die Aufmerksamkeit ganz auf die eigene Innenwelt gerichtet. Der ins Gebet versunkene Mönch ist ein Bild der Aufmerksamkeit.
Unaufmerksamkeit
Beispiel „Unfall"
Bei einem Unfall war meistens einer der Betroffenen einen Moment unaufmerksam. Bei einem Verkehrsunfall wurde vielleicht ein anderer Verkehrsteilnehmer übersehen; bei einem Sturz ein Hindernis auf dem Weg nicht bemerkt, usw.
Beispiel Hausaufgabensituation
Manche Eltern beschreiben die Hausaufgabensituation als eine typische Situation der Unaufmerksamkeit: „Er bleibt einfach nicht sitzen, rennt aufs Klo, dann muss der Bleistift gespitzt werden, dann geht es in die Küche um Süßigkeiten zu holen. Dann hat er eine Stunde vor seinem Heft gesessen und es steht nichts im Heft.
Beispiel Schulsituation
Lehrer erleben viele Kinder in der Schule als aufmerksamkeitsgestört und beschreiben dies: „Das geht damit los, dass Peter schon zu spät zur Schule kommt. Er trödelte eben zu lange herum. Im Klassenzimmer angekommen, lässt er seine Büchertasche in der Garderobe liegen und unterhält sich mit einem Kameraden statt seinen Arbeitsplatz vor zubereiten. Beim gemeinsamen Gedicht spricht er nicht mit, sondern schaut träumend zum Fenster hinaus. Beim Schreiben bemerkt er nicht, dass er sein Heft herausholen sollte. In seinem Federmäppchen sind alle Stifte abgebrochen, Radiergummi und Spitzer sind verloren gegangen. Außerdem kommt er laufend in Streit mit seinen Sitznachbarn. Er passt einfach nicht auf.
Beispiel Der Zappelphilipp
Eine der ältesten Darstellungen für Unaufmerksamkeit ist die Geschichte vom Zappelphilipp in dem Kinderbuch „Struwwelpeter" von Hoffmann aus dem Jahr 1845. Es ist mit entsprechend einprägsamen Bildern illustriert.
„Ob der Philipp heute still
Wohl bei Tische sitzen will?"
Also sprach in ernstem Ton Der Papa zu seinem Sohn,
Und die Mutter blickte stumm
Auf dem ganzen Tisch herum.
Doch der Philipp hörte nicht
Was zu ihm der Vater spricht.
Er gaukelt
Und schaukelt
Er trappelt
Und zappelt
Auf dem Stuhle hin und her.
„Philipp, das missfällt mir sehr!"
Sehr ihr lieben Kinder seht.
Wie’s dem Philipp weitergeht!
Oben steht es auf dem Bild.
Seht! Er schaukelt gar zu wild,
Bis der Stuhl nach hinten fällt;
Da ist nichts mehr was ihn hält;
Nach dem Tischtuch greift er, schreit.
Doch was hilft’s ? Zu gleicher Zeit
Fallen Teller, Flasch’ und Brot,
Vater ist in großer Not,
Und die Mutter blicket stumm
Auf dem ganzen Tisch herum.
Bilder „aufmerksamer Unaufmerksamkeit".
Es gibt Situationen und Beispiele, welche - je nach Standpunkt des Beobachters - als Unaufmerksamkeit oder Aufmerksamkeit bezeichnet werden können. Es kann viele Gründe geben, dass jemand sein Bewusstsein nicht auf das richtet, was andere von ihm erwarten.
Beispiel Der unaufmerksame Kirchenbesucher
Von Galilei wird folgende Anekdote berichtet: Er habe sich im Gottesdienst bei der Predigt des Pfarrers gelangweilt habe. Stattdessen betrachtete er die Kirchenleuchter, wie sie an langen Seilen von der Decke im Kirchenschiff hingen und sich leicht hin und her bewegten. Er begann auf den Schwingungsrhythmus der Leuchter zu achten. Aus diesen Beobachtungen heraus fand er die Gesetze der Schwerkraft, welche später seinen Ruhm als Naturwissenschaftler begründeten.
Vom Standpunkt des Physikers aus war Galileo sehr aufmerksam. Vom Standpunkt des Pfarrers aus, war er dagegen unkonzentriert.
Beispiel Das Eichhörnchen im Unterricht
Im Rechenunterricht sieht Paul mit größter Aufmerksamkeit einem Eichhörnchen zu, welches draußen vor dem Fenster auf einem Baum von Ast zu Ast springt. Er schaut gebannt den Bewegungsablauf des kleinen Tieres an. Er könnte dem Lehrer detailliert jeden einzelnen Bewegungsakt des Eichhörnchens schildern.
Vom Standpunkt des Mathematiklehrers ist er unaufmerksam; der Biologielehrer würde ihn vielleicht als aufmerksam beurteilen.
Beispiel: Spielen und Pausenglocke
Ein Kind spielt in der Pause unter einem Baum. Im Wurzelwerk der Tanne hat es eine „Zwergen Gesellschaft" entdeckt. Als die Pausenglocke läutet, ist es so in sein Spiel vertieft, dass es diese überhört. Es ist die Frage, ob dies als Unaufmerksamkeit in Bezug auf die Schulglocke oder als Aufmerksamkeit in Bezug auf sein Spiel zu bewerten ist.
Beispiel: Streit der Eltern und Englischunterricht
Ein Kind sitzt im Englischunterricht. Es werden gerade die neuen Vokabeln behandelt. Das Kind aber hat am Morgen einen Streit zwischen Vater und Mutter erlebt. Daran muss es im Augenblick immer noch denken. In Bezug auf den Englischunterricht ist es unaufmerksam, in Bezug auf seine familiäre Situation ist es möglicherweise eher aufmerksam.
Solche Beispiele verdeutlichen, dass das Urteil „Aufmerksamkeit oder „Unaufmerksamkeit
stark von der Bewertung der Rahmensituation geprägt ist.
1.3 BESCHREIBUNGEN DIAGNOSEN TESTS
FREIE BESCHREIBUNGEN
Eine Möglichkeit Aufmerksamkeitsstörungen zu erfassen, ist diese in freier Weise zu beschreiben. Im Gegensatz zu den standardisierten Testverfahren, lässt sich dabei die Aufmerksamkeitssituation eines Menschen recht individuell beschreiben.
Übung: Versuchen Sie