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Ortstermin: Kriminalerzählungen
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eBook160 Seiten1 Stunde

Ortstermin: Kriminalerzählungen

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Über dieses E-Book

Øyvind Løvland ist Kriminalkommissar im Ruhestand. Doch anstatt seine freie Zeit jetzt zu genießen, gerät er in aktuelle Kriminalfälle und versucht, diese mit seiner Erfahrung und seinem Instinkt aufzuklären. Die Schauplätze sind markante Orte in Norwegen.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum28. Apr. 2020
ISBN9783347064973
Ortstermin: Kriminalerzählungen

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    Buchvorschau

    Ortstermin - Uli Hoffmann

    Akershus

    1

    Øyvind Løvland hielt auf die Bank zu, die ihm für seine Zwecke geeignet schien. Sie war frei von anderen zu dieser Zeit auf Akershus umherschlendernden Menschen und lag bereits in der noch wärmenden Abendsonne. Außerdem hatte er von der Anhöhe einen guten Blick auf das am Kai liegende Kreuzfahrtschiff, aus dessen geöffnetem Luk sich über eine kleine Rampe ein kontinuierlicher Strom von Touristen auf den Søndre Akershuskai ergoss. Stets wenn sich ihm die Möglichkeit bot, betrachtete er diese Art der Touristen, die einen Tagesausflug für den Besuch der Hauptstadt nutzen wollten. Obwohl für das Erkennen von Gesichtern sein Beobachtungsplatz zu weit entfernt lag, versuchte er sich auszumalen, mit welchen Beweggründen und Sehnsüchten diese Menschen sich an Bord eines Kreuzfahrtschiffes und auf die Reise nach Oslo begeben hatten. Landausflüge. Können diese sowohl der Stadt als auch dem Wunsch der Reisenden gerecht werden, in ein paar Stunden nachhaltige Eindrücke mitzunehmen? Er hatte vor Jahren seiner Frau versprochen: „Wenn ich pensioniert bin, machen wir eine Weltreise. Leider war es bei dem Versprechen geblieben, denn seine Frau war vor etwa einem Jahr gestorben, kurz nach seinem Eintritt in den Ruhestand. Das hatte ihn schwer getroffen. Ihre Pläne für den sogenannten letzten Lebensabschnitt hatten sich in Luft aufgelöst und ihn in eine heftige Krise gestürzt. Freunde und ehemalige Kollegen waren in größter Sorge, er könne sich total aufgeben und dem Alkohol verfallen. Eines Tages traf er eine Entscheidung, die die Wende zum Positiven hin bewirken sollte. Er verkaufte sein schmuckes Zweifamilienhaus oberhalb der Stadt. „Ich werde verrückt allein hier oben, hatte er immer wieder geäußert. Mit Hilfe eines kompetenten Maklers gelang der Verkauf recht schnell und zu einem mehr als zufriedenstellenden Preis. Als Lottogewinn bezeichnete er die Tatsache, dass er nahezu zeitgleich eine Eigentumswohnung auf Tjuvholmen erwerben konnte. Die war zwar sündhaft teuer, aber dank Hausverkauf, Erbschaft seiner Frau und Ersparnissen nannte er jetzt eine kleine Wohnung in Traumlage unweit von Aker Brygge sein Eigen. Es war im Grunde genommen genau das, was ihm immer vorschwebte: in einem modernen, trendigen Viertel Oslos zu leben, wo er lebhaftes Treiben um sich herumhaben würde, dazu noch die Lage am Wasser. Sein Vater war Kapitän einer Hafenfähre gewesen, die den Liniendienst zu den Inseln im Fjord sicherstellte.

    Schnell hatte er sich eingelebt, er genoss trotz des Schmerzes wegen des Todes seiner Frau die neuen Freiheiten, genug Geld zu haben, das zu tun, was ihm Freude machte. In seinem Freundeskreis konstatierte man schnell, wie gut ihm dieser Neubeginn tat. Er wirkte entspannter, hatte eine positivere Sicht auf die Dinge, selbst sein ironischer Humor war zurückgekehrt. „Ich werde auf meine alten Tage noch zum Genussmenschen. Wofür sollte ich mein Geld sparen? Ihre Ehe war kinderlos geblieben. Sein Tageslauf hatte neue Fixpunkte bekommen: Zum Mittagessen ging er fast immer in das Fischrestaurant an Aker Brygge, wo er meist einen großen Teller Fischsuppe bestellte oder eine Portion Grönland-Garnelen zu sich nahm. Dazu gerne eine Flasche trockenen Burgunder. Wenn er auf seinen Spazierwegen an einem Café vorbeikam, gönnte er sich einen Tee und etwas Gebäck. Am frühen Abend kreuzte er regelmäßig im Bier-Palast Aker Brygge auf. „Happy Hour nannte er diesen Termin. Alles in allem dachte er, so könne es bleiben. Wann immer das Osloer Wetter es zuließ, war er unterwegs in den Straßen und Parks seiner Heimatstadt, die er wie kaum ein anderer kannte, besuchte die Plätze der Hauptstadt mit ihren zahlreichen Denkmälern. Auch hatte er endlich Zeit, das kulturelle Leben in Theatern und Museen ausgiebig zu genießen.

    Während seiner aktiven Zeit im Polizeidienst hatte er für derlei Aktivitäten kaum Gelegenheit gefunden. Über dreißig Jahre stand er in Diensten der Osloer Polizei und war als Kommissar der Mordkommission mit allen dunklen Seiten der Hauptstadt konfrontiert. Bekannt für seinen Spürsinn, seine analytischen Fähigkeiten sowie die sturköpfige Beharrlichkeit hatte er sich im Großraum Oslo und darüber hinaus großes Ansehen erworben. Nach den dramatischen Anschlägen vom 22. Juli hatte er sich durch professionelle Besonnenheit hervorgetan. Seine ehemaligen Kolleginnen und Kollegen sprachen stets in großer Hochachtung von ihm.

    Der Septembertag kündigte sein beginnendes Ende durch die langsam am Horizont verschwindende Sonne an. Løvland erhob sich von der Bank und beschloss, in Richtung Radhusplassen zu gehen. Er hoffte, das er am Kai noch etwas Fisch für den Abend würde mitnehmen können. Ansonsten würde er nochmals im Fischrestaurant vorbeischauen, wo man mittlerweile immer einen kleinen Tisch für den Stammgast freihielt.

    „Schade!" Für Fisch vom Kutter war es zu spät. Er flanierte über Aker Brygge und stellte fest, dass sich die Reihen der Gäste in der Außengastronomie bereits gelichtet hatten, da der anbrechende Septemberabend mit seiner Kühle das Signal zum Aufsuchen der Innenbereiche gab. Er beschloss, nach Hause zu gehen und eventuell später noch einmal aufzubrechen. Die Freiheit hatte er ja, wie er zufrieden feststellte. Er schaute auf die Uhr am Kai. Es war kurz vor 18: 00 Uhr und mittlerweile dunkel.

    In genau diesem Moment ging in etwa 2 km Luftlinie Entfernung im Osloer Polizeipräsidium der Notruf ein.

    2

    Kjersti Fogersen saß in ihrem Büro der Abteilung Gewaltverbrechen und schrieb Berichte. Sie hasste diesen Teil der polizeilichen Aufgaben, obwohl ihr zu Beginn ihrer beruflichen Laufbahn klar war, dass auch Schreibtischarbeit ihren Alltag bestimmen würde.

    Sie hatte nicht lange überlegen müssen, als man ihr die Stelle in der Hauptstadt angeboten hatte. Der Dienst in Drammen war auf Dauer nicht das, was ihr vorgeschwebt hatte. Außerdem würde ihr auch aus privaten Gründen der Wechsel in das pulsierende Leben Oslos guttun. Sie hatte damals gerade eine Trennung hinter sich und ein Umzug stand sowieso an.

    Kjersti fühlte sich gestört durch das Flackern einer Leuchtstoffröhre. Obwohl sie der Haustechnik Bescheid gegeben hatte, war bisher noch keine Abhilfe geschaffen worden. Also weiter warten und mit der merkwürdigen Taktung des Lichtes leben.

    Im Nachbarbüro, welches durch eine Glasscheibe mit Jalousie von ihrem getrennt war, saß Anders Nygard und starrte konzentriert auf den Bildschirm. Ihr Kollege, wenige Jahre jünger als sie und schon lange bei der Osloer Polizei, hatte zunächst einen spröden, fast sturen Eindruck auf sie gemacht, sich aber zunehmend als zuverlässiger Kollege entpuppt, der mit der Zeit immer offener wurde und mit dem sie auch einmal ein privates Wort reden konnte.

    Kjersti sah, wie Anders telefonierte und sich Notizen machte. Er legte auf, erhob sich und eilte aus seinem Büro. „Auf geht’s! Es gibt Arbeit! Als sie den Flur entlangliefen, setzte er sie kurz ins Bild. „Männliche Leiche auf Akershus. Auf dem Parkplatz bestieg Anders den BMW und hielt Kjersti die Beifahrertür auf. Sie stieg ein, schnallte sich an und betätigte beim Einbiegen auf die Straße den Knopf, der Blaulicht und Sirene in Gang setzte.

    Vom Grønlandsleiret ging es in Richtung der Festungsanlage am Fjord. Blaulichter verwandelten kurze Zeit später die umliegenden Häuser, darunter Gebäude, die zum Verteidigungsministerium gehören, in ein gespenstisches Szenario. Anders stellte den BMW am Rande des Grev Wedels Plass in der Kirkegata ab und die beiden Kommissare hielten auf den in helles Scheinwerferlicht getauchten, mit Signalband abgesperrten Tatort zu. Neben zahlreichen uniformierten Kollegen schwirrten ein halbes Dutzend in weiße Schutzanzüge gekleidete Kriminaltechniker innerhalb der Absperrung umher. Eine uniformierte Kollegin, die Kjersti als Freja Jakobsen erkannte, kam auf sie zu. „Das Opfer ist 42 Jahre alt, seine Papiere lauten auf Per Lunde. Wohnt hier in Oslo."

    „Hei, Kjersti!", sagte eine Frau in weißem Overall.

    „Hei, Metta!"

    Dr. Metta Aavik war die leitende Forensikerin der Osloer Polizei. Sie zog sich die Schutzhandschuhe aus und warf sie in einen bereitstehenden Müllsack. Der Fotograf fertigte jede Menge Bilder von der Leiche sowie des Fundortes an. Erst jetzt wurde Kjersti bewusst, wo sie sich genau befand: Am Rande des Grev Wedels Plass stand die Statue von Otto Ruge, ehemaliger Generalleutnant und Oberbefehlshaber der norwegischen Streitkräfte. Sie kannte das Denkmal seit ihrer Kindheit, in der sie mit ihren Eltern oft Sonntagsspaziergänge hier auf Akershus unternommen hatte. Sie erinnerte sich, dass sie jedes Mal mit Ehrfurcht die Statue des Generals bestaunt hatte und ihr Vater hatte seiner Tochter jeweils eine kleine Geschichtsstunde geboten. Und jetzt befand sie sich erneut an diesem Ort und hatte es mit einem Gewaltverbrechen zu tun.

    „Ihr könnt ihn euch jetzt ansehen", sagte Metta zu den beiden Kommissaren.

    Kjersti und Anders hoben das Absperrband hoch und traten an das Opfer heran. Der leblose Körper schien sich an das Fundament der Statue anzulehnen, im Schutze des Generals. Das helle T-Shirt, das er trug, wies etliche Blutflecke auf.

    „Er wurde erstochen", meinte Metta erläutern zu müssen, obwohl der geschulte Blick der beiden Kommissare dies bereits nahegelegt hatte.

    „Sieben Stiche. Der Täter hat gründliche Arbeit geleistet."

    „Tatwaffe?", fragte Anders.

    „Großes Küchen- oder Jagdmesser", erwiderte die Gerichtsmedizinerin.

    „Hatte er etwas bei sich?", war Kjerstis Frage.

    „Geldbörse, Karten, Ausweis. Und sein Handy haben wir gefunden. Geht gleich in die Auswertung.

    Als Kjersti sich den Toten nochmals genauer anschaute, rief sie entsetzt: „Den kenne ich! Als ich seinen Namen Per Lunde hörte, habe ich zunächst nicht geschaltet. Das ist Per, der Journalist!"

    Auf diversen Pressekonferenzen der Polizei hatte Kjersti Per Lunde gesehen und ihn als hartnäckigen Nachfrager erlebt, der den verantwortlichen Kollegen aus der Polizeiführung ganz schön auf die Nerven gehen konnte. Und

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