Friedland: Ein Spiel
Von Adelhard Winzer
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Über dieses E-Book
Caos, eine männliche Figur mit Maske (benannt nach der Abkürzung für ein veraltetes PC-Betriebssystem in der DDR), sitzt in einem kleinen Café allein an einem Tisch. Nachlässig gekleidet, etwas zu lange Haare. Vor ihm am Boden eine Hundeleine, im Hintergrund eine Theke mit großer Kaffeemaschine. Daneben eine Tür mit abgegriffener Klinke. Über der Tür ein Leuchtschild mit der Aufschrift Exit, wie man es von den Kinos her kennt. Ludens, benannt nach dem Erklärungsmodell Homo Ludens, ebenfalls mit Maske, verspielt und alles in Frage stellend, kommt durch die Tür: groß, schlank, Flanellanzug, offenes Hemd.
Ludens und Caos beginnen über ein Thema zu sprechen, das ihnen unter den Nägeln brennt. Anfangs noch leichtfertig, mit pseudophilosophischen Anspielungen, später klar und deutlich, aufrührerisch, bis es zum Affront kommt, beide voneinander verlangen, ihr wahres Gesicht zu zeigen, während im letzten Aufzug die Fremden erscheinen, ungeschützt, ohne Maske, chancenlos.
Auftritt der Fremden: Zehn Personen ziehen lärmend durch den Zuschauerraum, erklimmen die Bühne. Fünf Personen links, fünf rechts. Männer und Frauen. Eigenwillig gekleidet. Rucksäcke, Turnschuhe, barfuß, bunt gemischt. Vorwurfsvoll, fragend, bettelnd, eingeschüchtert reden sie in wunderlicher Aussprache aufs Publikum ein. Die Fremden können Nationalflaggen als T-Shirts, Hemden oder Jacken tragen: Afghanistan, Irak, Iran, Libanon, Pakistan, Rumänien, Syrien usw. Der leere Bühnenraum ist mit einem übergroßen Spiegel ausgestattet. Das Licht schwächer als zuvor.
Das Stück lebt von der suggestiven Kraft der Schauspieler, von den Gesten und Bewegungen und der Modulationsfähigkeit ihrer Stimmen, die dadurch den Fremden Glaubwürdigkeit und den unwirklich erscheinenden Masken imaginäre Gesichtszüge verleihen. Ort der Handlung: herrenloses Gebiet. Zeit: Vergangenheit in der Zukunft.
Adelhard Winzer
Adelhard Winzer, geboren in Karlshuld/Bayern, verbrachte die ersten Kinderjahre auf dem Bauernhof seines Onkels, Mitbegründer verschiedener Bands, Reisen durch Europa, Kinderbuchveröffentlichung Andreas im Georg Lentz Verlag, München, Bankangestellter, Bankkaufmann, intensive Schreib- und Zeichentätigkeit, Ausstellungen in Neuburg an der Donau, München und Umgebung, zwei Stücke im Cantus Theaterverlag, Eschach: Krethi und Plethi - Das Korkenspiel, lebt im Chiemgau.
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Buchvorschau
Friedland - Adelhard Winzer
„Friedland ist ein Heimatstück in drei Aufzügen über gegensätzliche Haltungen und Stimmungslagen unserer Gesellschaft zu einer bekannten krisenhaften Situation, die namentlich verschwiegen wird. Ein Spiel mit verdeckten Karten. Doch transparent, denn die Positionen sind vertraut, von grundsätzlicher Art und politischer Natur. Sie divergieren in ihrer Ausprägung, vor allem über die Zeitachse. In einem kleinen schmucklosen Café, an unbestimmtem Ort, in unbekannter Zeit, treffen sich zwei miteinander vertraute Herren. Nach wenigen Sätzen der Konversation erreicht ihr Gespräch Friedland. Ein Sehnsuchtsort in der Ferne, der weder Heimat ist, noch Fremde und deshalb eine hohe Attraktivität besitzt. Gleichzeitig auch zur Skepsis mahnt, denn aus der Ferne kommt das Fremde und damit auch das Unbekannte. Was ist davon zu halten? Kann man dem trauen? Kommt es erst noch, oder ist es schon da? Die beiden Bekannten, die keine Freunde sind, beginnen lebhaft und intensiv darüber zu philosophieren. Halten ihre Karten aber streng bedeckt. Ihnen geht es nicht um Auslöser, Ursachen oder Folgen. Nur um Positionen, ausgedrückt in Emotionen. Es entwickelt sich ein Streitgespräch um ‚den heißen Brei‘. Scherenschnittartig entstehen Konturen, die Angriffs- und Verteidigungslinien bilden. Heimatliche Abschottung gegen liberale Weltoffenheit. Beide Kontrahenten geben sich als Schattenboxer. Pokern lautstark, hartnäckig und besessen, aber immer ganz bedeckt. Erst zum Showdown im zweiten Aufzug entlädt sich die explosive Stimmung. ‚Zeig Dich endlich!‘, lautet die letzte Forderung bevor im dritten und letzten Aufzug die Fremden, als Betroffene, selbst das Wort ergreifen. Ihr Klagelied spiegelt die vorangegangen gegensätzlichen Positionen wider, die längst Eingang in ihr Leben gefunden haben. Als Widersprüchlichkeiten legen sie sich bleischwer auf ihr Schicksal. Doch wohin weist die resolute Dame mit der schwarzen Fahne gegen Ende des Stücks? Widerstand oder Untergang? Der Vorhang fällt und lässt doch Fragen offen." Jürgen Hausin
Inhaltsverzeichnis
Drei Aufzüge
Erster Aufzug
Zweiter Aufzug
Dritter Aufzug
Drei Aufzüge
Besetzung Herren
LUDENS
CAOS
DIE FREMDEN (Variabel)
Besetzung Damen
FAHNENSCHWENKERIN
DIE FREMDEN (Variabel)
Ein ambivalentes Spiel um die sinnentleerte Existenz bankrotter Staaten und die mysteriösen Machenschaften übermächtiger Gläubiger in einer nur noch von Krieg und Gewalt beherrschten Welt. CAOS, eine männliche Figur mit Maske (benannt nach der Abkürzung für ein veraltetes PC-Betriebssystem in der DDR), sitzt in einem kleinen Café allein an einem Tisch. Nachlässig gekleidet, etwas zu lange Haare. Vor ihm am Boden eine Hundeleine, im Hintergrund eine Theke mit großer Kaffeemaschine. Daneben eine Tür mit abgegriffener Klinke. Über der Tür ein Leuchtschild mit der Aufschrift EXIT, wie man es von den Kinos her kennt. LUDENS (benannt nach dem Erklärungsmodell HOMO LUDENS), ebenfalls mit Maske, verspielt und alles in Frage stellend, kommt durch die Tür: groß, schlank, Flanellanzug, offenes Hemd.
LUDENS und CAOS beginnen über ein Thema zu sprechen, das ihnen unter den Nägeln brennt. Anfangs noch leichtfertig, mit pseudophilosophischen Anspielungen, später klar und deutlich, aufrührerisch, bis es zum Affront kommt, beide voneinander verlangen, ihr „wahres Gesicht" zu zeigen, während im letzten Aufzug DIE FREMDEN erscheinen, ungeschützt, ohne Maske, chancenlos.
Das Stück lebt von der suggestiven Kraft der Schauspieler, von den Gesten und Bewegungen und der Modulationsfähigkeit ihrer Stimmen, die dadurch den Fremden Glaubwürdigkeit und den unwirklich erscheinenden Masken imaginäre Gesichtszüge verleihen. Ort der Handlung: herrenloses Gebiet. Zeit: Vergangenheit in der Zukunft.
Erster Aufzug
Der Vorhang geht auf. LUDENS kommt durch die Tür. CAOS gedankenverloren am Tisch. Eine abgenutzte Hundeleine auf dem Boden.
LUDENS Hallo –
Kurze Pause.
LUDENS Wie geht’s –
CAOS Kann nicht klagen –
Kurze Pause.
LUDENS auf die Hundeleine deutend Und, wo ist Helga –
CAOS Weißt du es schon –
LUDENS sich neben CAOS setzend Klar, spricht sich rum –
CAOS Morgen fahren wir –
LUDENS Was, morgen schon –
CAOS Sie haben Helga gefunden –
Kurze Pause.
CAOS Eine Frau hat sich gemeldet. Greift nach der Hundeleine. Kannst du dir das vorstellen, die haben Helga aufgegriffen, genau nach einem Jahr –
LUDENS Du weißt, ich mag keine Hunde –
CAOS Ich hab immer gesagt, schreiben wir den Namen samt Anschrift auf ihr Halsband –
Kurze Pause.
LUDENS Also dann, gute Reise –
CAOS Das hab ich mir bei der Fernsehdiskussion auch gedacht –
LUDENS Ich schau mir so was gar nicht erst an –
CAOS Doch, ich bin ja verbandelt mit denen, fahre jedes Jahr wieder hin –
LUDENS Warst du nicht bei den Kanacken –
CAOS Ja, aber ich komme mit dem Volk nicht zurecht –
LUDENS fordernd Gehörst du nicht auch zu denen –
CAOS Ich mag die Friedländer lieber! Lacht blöde. Was ich an denen so toll finde, ich meine als Reisender, ist ihre Gastfreundlichkeit –
LUDENS Täusche ich mich oder geben sich die nicht immer so reserviert, um nicht abweisend zu sagen, wie seinerzeit die Jusos –
CAOS Nein, überhaupt nicht –
LUDENS Wenn man früher in so einen Grill gekommen ist, haben die einen angeschaut, als hätte man ihnen in die Suppe gespuckt –
CAOS Ja, das sind die Kanacken, haben mit den Friedländern aber nichts zu tun, die sind freundlich –
LUDENS fängt zu lachen an.
CAOS Ich weiß, was du denkst, aber so ist das nicht –
LUDENS Wie ist es denn –
CAOS Wie mit einer schönen Frau –
LUDENS Was du nicht sagst –
Kurze Pause.
CAOS Ich habe in Friedland eine Freundin –
LUDENS Jeder macht mal einen Fehler –
CAOS Ich fühle mich bei ihr wie zuhause –
LUDENS laut ZUHAUSE, was für