Fisch unter Bäumen: Lebensgeschichte einer Babyboomerin
Von Ulla Thombansen
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Über dieses E-Book
In zehn Stationen nah am Wasser schildert "die Ulla" ihren bewegten Werdegang zwischen Familie und Business. Vom behüteten Anfang mit Schnippelbohnen-Suppe und Bravo-Verbot schwimmt sie sich frei und schlägt ihre Erfolgswelle an Rhein, Pader, Dreisam, Hunte, Isar & Co. Aus ihrem Coaching-Metier sprudelt sie über Mensch & Sache, Systeme & Werte - Motivation pur für Aufgeweckte, Change-Aktive und Gestalter.
Warum ein Fisch dann auch noch inmitten von Disneyland anlandet und irgendwann unter Bäumen liegt - das gibt "die Ulla" in diesem Logbuch zum Besten.
Hinterfragend - unterhaltsam - schonungslos ehrlich.
Ein echter Mut-Macher!
Ulla Thombansen
Im März 1950 als Nachkriegs-Unternehmertochter geboren. Damit ein Fisch, ein typischer, wie viele sagen: Ein Sensibelchen und gleichzeitig ein beharrlicher Sturkopf. Widersprüchlich. Ulla braucht Wasser und Luft. Ja, den Wald und die Weite: Fisch unter Bäumen. Das führt sie bis heute in vielfältige Rollen: Behütet funktionierende wie auch aufsässige Tochter, älteste Schwester, Freundin, Partnerin, nordrhein-ostwestfälische Ehefrau, Mutter, Großmutter und Schwiegermutter, Tante, ja: Familienmensch! Und im Business? Ökonomin, Angestellte, Freiberuflerin in Erwachsenenbildung und Beratung im liberalen Umfeld, professionelle Trainerin, Unternehmensberaterin als Service-Freak, lange in der Profi-Gastronomie, Unternehmensgründerin, Interims-Managerin, Unternehmensüberlasserin, Autorin, Teilzeit-Freelancerin. Neugierige Entwicklerin entlang der Werte, Perspektiven und Management-Praktiken in den letzten fünfzig Jahren. Reisefreudige Entdeckerin, Netzwerkerin & Coach.
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Buchvorschau
Fisch unter Bäumen - Ulla Thombansen
Die Autorin „Ulla live":
Im März 1950 als Nachkriegs-Unternehmertochter geboren und in die Studentenbewegung hineingewachsen.
Diplom-Volkswirtin, freiberufliche Trainerin und Beraterin im liberalen Umfeld und in Service-Unternehmen samt Profi-Gastronomie. Unternehmensgründerin.
Neugierige Entwicklerin entlang der Werte und Management-Praktiken in den letzten fünfzig Jahren.
Reisefreudige Entdeckerin. Netzwerkerin, Coach und Autorin.
Älteste Schwester, Freundin, nordrhein-ostwestfälische Ehefrau kurz vor der Goldenen Hochzeit. Mutter, Schwiegermutter, Großmutter, Tante und noch einiges mehr.
Inzwischen Seniorin und Teilzeit-Pensionärin.
Inhalt
Vorab: Typisch Fisch?
Schon ein bisschen!
Bewegung gehört zu mir
Was kommt …
Ja, ich bringe rheinischen Frohsinn mit!
Aufgewachsen an Düssel und Erft
Spiel, Schule und Sport bei uns Kindern
Ursula als Teenie in der Familie
Reisen, die wichtige Erlebnisquelle
Vor dem Abi: Erste Abnabelung
Zwischenstopp: Mauer, Kuba-Krise, Kennedy-Mord
Was bleibt?
Auf an die Dreisam & in den Schwarzwald
Eingewöhnen ins selbstständige Leben
Jobben für das „Spaßbudget"
Der Mann kommt ins Bild
Am Horizont winkt Paderborn
Was bleibt.
An die Pader nach Ostwestfalen
Neue Heimat?
Zwischenstopp zu Frauenrechten
Junge Emanzipation
Als Nomadin „dauernd unterwegs"
Zwischenstopp zu Paderborner Politik
Kind eins kommt, Firma geht
Neue Horizonte tun sich auf
Was bleibt.
Auf zu Hunte, Moor und Meer
Ammerland – mitten in der Gartenlandschaft
Freelancerin für die Non-Profit-Organisation
Zwischenstopp für den Wertewandel
Kompetente Trainingsleitung
Kind zwei kommt, liberal wird Beruf
Jobausweitung ins Business
Was bleibt.
Weiter an Leine & Maschsee
Einleben in der Landeshauptstadt?
Zwischenstopp: Friedensmärsche
Arbeiten und gut leben
Wir sind Profis in Beratung & Training!
Wieder nach Paderborn!
Was bleibt.
Zurück an die Pader mit „partner:"
Lebendige Familie, lebendige Firma
Zwischenstopp: Die späten 1980er
Ära der Mitarbeiterbeurteilungen
AIDS – das wirklich neue Projekt
Zwischenstopp – Thema Sex
MUT wird geboren
Was bleibt.
An der Pader jetzt mit MUT
Doch ich steige nicht in denselben Fluss
Zwischenstopp: Freundschaft mit Frauen?
Unser Büro wird Technik-dominant
Weltweit Netzwerken bildet
Als liberale Beraterin raus in die Welt!
Zwischenstopp: Unsere „Ost-Erweiterung"
Konzerne ticken anders
Zwischenstopp: die Neunziger
Neue Branchen im Portfolio
Rund um die Familie
Haussanierung – ein Alptraum?
Terror!
Was bleibt.
Auf an Isar und Bergseen
München ruft
Erfolgreiche Interimsführung
Hurra, es geht in die Arena!
Zwischenstopp zu Krieg und Ukraine
Leben wie Ulla in Bavaria
Was bleibt.
Coming Home
Die Pader hat mich wieder
MUTig geht es weiter – klassisch und zunehmend agil
MUT wird GmbH
Familie fängt auf
Corona ist angekommen
Was bleibt.
Welt ahoi!
Wir kommen!
Nachtrag: Was wird?
Danke!
Literatur und Quellen
Vorab: Typisch Fisch?
Pisces", das Fischpaar in meinem Sternzeichen.
Foto: iStock – 1366195216
Schon ein bisschen!
Geboren 1950 in den Iden des März bin ich astrologisch ein Fisch. Einer? Mein Sternzeichen zeigt zwei Geschöpfe, die entgegengesetzt einen Kreis bilden: Das Duale aus Widerspruch und Wiedervertragen, aus Kontroverse und Harmonie. Ja, ich kenne es nur zu gut. Auch wenn ich selten Horoskope lese: Von dem, was man mir nachsagt, fühle ich mich angesprochen.
Ich sei ein „Sensibelchen, könne mich gut in Situationen und Menschen hineinfühlen, würde manchmal mutig und beharrlich neue Wege verfolgen, sei gleichzeitig oft verschlossen und würde aggressiv reagieren, wenn ich mich bedrängt fühle. All das sei wohl typisch „Fisch
, so sagt man.
Und mein Aszendent? Das ist der Krebs. Der verstärkt das Emotionale noch. In Summe ergibt das jede Menge Gefühl. Und viel Wasser mit viel Sprudel und Strömung! – Ja, ich fühle mich wohl als Fisch im Wasser! Man stelle sich nur einen Sommer ohne Meer vor. Kein Wasser? Für mich unmöglich! Oder eine Stadt ohne Cafés am Brunnen, Fluss oder See? Oder eine Landschaft ganz ohne Bachläufe? Geht gar nicht!
Und doch gilt meine große Liebe dem Wald, den Gärten und meiner Terrasse mit den vielen Blumen. Pflanzen entspannen mich: Schon als Kind waren all meine selbstgebauten Buden draußen im Grünen. Das große Weite fasziniert mich und ich liebe es, wenn mein Blick über grün bewaldete Landschaften schweifen kann.
Bewegung gehört zu mir
Meine Lebensjahre sind bewegt und bewegend. Bewegt haben mich ganz sicher meine Umfelder, die nie stabil geblieben sind, sondern laufend und bis heute andauernd neue Rahmen gesetzt haben, auch mit wechselnden Wohnorten.
Bewegend finde ich die Unterstützung und die Sympathie, die mir Menschen entgegenbringen. Auch meine Reiseerlebnisse zähle ich gerne dazu. Überhaupt mein ganzes „Drumherum: Ich schwimme mit Partner, Familie, Business und Gesellschaft durchs Wirtschaftswunderland. Da begleite ich meine Mit-Babyboomer sowie die Folgegenerationen Golf, Millennials, Digital Natives und nun die Pandemials durch die Jahrzehnte. Werte bewegen sich: Ich spüre die wachsende Individualisierung geradezu, in der sich immer mehr „Ich
vor das „Wir" schiebt.
Das macht Kommunikation, Führung, Zusammenarbeit und Begeisterung von Menschen kompromisslos anspruchsvoller. Streckenweise empfinde ich das als anstrengend. Denn ich verbringe mein Leben intensiv mit Menschen, die ich in ihrer Wirkung unterstützen will – sei es als große Schwester, bei der Schülernachhilfe, später in der Erziehung unserer Kinder oder im jahrelangen Coaching im Beruf. Dabei leiten mich stets diese sechs Fragen:
In welcher Situation bewegen sie sich, diese Menschen?
Auf welche Weise bewältigen sie ihre Situation?
Welche Züge ihrer Persönlichkeit helfen ihnen dabei?
Welches Handwerk bringt sie am besten ans Ziel?
Welche Unterstützer können sie dabei weiterbringen – in der Sache und emotional?
Wie kann ich sie ermutigen?
Mein Sehnsuchtsblick in Südfrankreich bei unseren Freunden Rudolf und Angelika:
Alles grün – von der Terrasse bis zum Meer!
Links verbirgt sich Nizza, rechts sind Antibes & Cannes.
Mich mit möglichen Antworten auseinanderzusetzen, finde ich bis heute anspruchsvoll, auch wenn ich das gefühlt schon unzählige Male getan habe, oft auch für mich selbst. Fünfzig Jahre Entwicklungsbegleiterin rund um Familie, wirtschaftlichen Erfolg, Kundenbegeisterung und Erlebnisreichtum: Eine Reise in meine persönliche Geistes- und Gefühlsheimat.
Die vorrangigen Tugenden ändern sich dauernd in diesem halben Jahrhundert: Nach der Gehorchen-Zeit zählen Freiheit, Unabhängigkeit, Gerechtigkeitsgefühl und Gemeinsinn, dann permanente Optimierung, immer mehr Karrieregeist und Effizienz. Bis Autoritäten im aktuellen Zeitgeist aufbrechen und mehr Selbstwirksamkeit erlauben.
Meine Erfahrungen teile ich mit dieser Biografie in den zehn folgenden Stationen, in denen ich den Wasserarmen folge, an denen ich gelebt habe, denn Wasser braucht der Fisch.
Was kommt…
Ich beschreibe Erfahrungen, teile Empfindungen, erinnere an markante Ereignisse und ergänze, was mir in den Stationen geholfen oder im Weg gestanden hat. Vielleicht steckt für Sie da Bekanntes drin oder Sie verbinden ganz andere Erinnerungen damit?
Machen wir uns einfach gemeinsam auf die Reise durch mein Leben.
Ganz direkt zur Sprache: Gendern liegt mir nicht, zumal ich nicht glaube, dass Schrägstriche, Sternchen oder Doppelpunkte mit angehängten „innen" diejenigen inspirieren, die ihre Denke feminin auffrischen müssen. Außerdem finde ich es sprachlich unschön.
Wenn ich Funktionen bezeichne, meine ich selbstverständlich Jungs und Mädels, das spiegelt sich auch in meinem Umfeld mit vielen Frauen und Männern. Ich bemühe mich um korrekte Ansprache, auch mit „Mitarbeitenden und „Teilnehmenden
, die wir so schon in den 1980-ern in meiner Arbeit bei einer Kundin ansprechen, weil wir das als angenehm aktivierend empfinden.
Ansonsten benenne ich sie Beide, die „Arbeitnehmer und die „Arbeitnehmerinnen
, denn so viel Zeit muss sein.
Also, springen wir ins Wasser!
Ja, ich bringe rheinischen Frohsinn mit!
Aufgewachsen an Düssel und Erft
Es ist Dienstag, der 11. Oktober 1968. Mein hellblauer VW-Käfer ist gepackt – voll bis unter den Autohimmel. Ich sage meinen Eltern im Büro nochmals „Tschüss", fahre mit dem Aufzug hinunter, gehe hinaus und steige ein. Los geht’s, ab nach Freiburg ins Studium.
Hinter mir liegen achtzehn Jahre mit meiner Familie, den Trippe‘s: wochentags in Düsseldorf, am Wochenende und in vielen Ferien in Bad Münstereifel-Schönau, kurz hinter der Erftquelle, also rechts und links vom Rhein geprägt.
Der gerade verstorbene Großvater war Jäger, ebenso wie mein Vater. Das gehört zum Beruf und Umgang mit Kunden und Freunden in Vaters Business, nämlich „Eisen & Stahl. So zieht es den Familientross zuverlässig in der Freizeit in die Eifel. Schon im Krieg war Schönau der Zufluchtsort für die Sippe, die hier erfolgreich den Bomben auf die Großstadt entkam. Das alte Jagdhaus hat Platz für viele Gäste – samt Haushälter-Ehepaar mit Hühnerzucht und Holzwirtschaft für die Öfen. Doch werktags wachse ich in und rund um Düsseldorf auf. Nach ersten Jahren in Oberkassel geht es ins Umland nach Hösel bei Ratingen in eine wunderschöne Villa mit Riesengarten und Pool sowie Nachbarn aus „Eisen & Stahl
.
Oben: Das „alte Jagdhaus" in Schönau.
Das lag damals noch am Ortsrand, so dass wir Kinder durch die Wiesen streunen können.
Unten: Der Wald bei der „Ahl Höhl", wo wir mit dem Vater im Wohn-Hochsitz die Wochenenden
zwischen alter und neuer Jagdhaus-Zeit sehr rustikal verbringen.
Der weite Blick aus dem neuen „Jagdhaus", das wir 1963 beziehen, auf den Michelsberg.
Heute wohnt hier Bruder Hannswolfgang mit Familie. Foto: Hiltrud Trippe.
Unser Vater Hannswalter ist Chef der nach dem Krieg schon 1946 wieder gegründeten Hansa Eisen Trippe GmbH & Co. KG mit dem maßgeblichen Teilhaber Friedrich Flick, der bereits seit 1912 in Flick & Trippe mit dem Großvater Anton verbandelt ist.¹ Dorthin fährt der Chauffeur, für uns der uniformierte „Onkel Klapdor", unseren Vater jeden Morgen. Gerne besuche ich ihn in der Firma, wo ich das Gewusel spannend finde.
Dabei ist unser Vater noch sehr jung, was wir Kinder nicht wahrnehmen. Mit 16 Jahren ist er 1936 nach dem „Einjährigen", wie der Abschluss nach der zehnten Klasse hieß, zum Arbeitsdienst gekommen, von wo aus er direkt zur Kavallerie und dann nahtlos in den Krieg zieht. Er ist erst 26, als er aus amerikanischer Gefangenschaft in Marseille anlandet. Laut unserer Mutter ist er deutlich gezeichnet von Hunger und Erfrierungen in den Beinen, die er aus Finnland mitgebracht hat. Diese werden ihn Zeit seines Lebens mit Thrombosen und offenen Beinen verfolgen. Seine Jugend ist weg – und mit ihr auch viel Gesundheit.
Viele Kuren folgen, und ich sehe ihn immer noch vor mir, wie er sich im hohen Alter mühsam seine engen, maßgeschneiderten Gummistrümpfe über die Waden zieht. – Doch jetzt kommt er erstmal ins Lazarett und dann direkt als Junior in die elterliche Firma.
1948 heiratet Hannswalter seine Sekretärin Ilse Grünauer, was zum Zerwürfnis mit seiner Mutter Elly führt, die für ihren Ältesten andere Kandidatinnen im Auge hat, die sie im Gegensatz zu seiner Sekretärin gesellschaftlich für angemessen hält. Der Riss sitzt tief: Diese Großeltern finden bei uns bis etwa 1965 kaum statt.
Der Großvater, eine stattliche Persönlichkeit, kommt manchmal zu unserem Vater zu Besuch, und einmal hat er mir – ich war etwa fünf Jahre alt – in Münstereifel im damaligen Kaufhaus Bollenrad ein wunderschönes kariertes Kleid mit weißem Kragen gekauft, das ich selbst aussuchen durfte! Welche Freude! Kindheitserinnerung.
Als er im Alter erkrankt und in meiner Oberstufenzeit immer wieder nach Freiburg in die Klinik kommt, besuchen wir die Großeltern auf unseren Fahrten in den Winterurlaub. In den Ferien betreue ich dort die „Oma", was den Samen für meine Liebe zu dieser Stadt und den Schwarzwald legt.
Die ursprünglich österreichischen Großeltern Grünauer sind vor dem Krieg zur Düsseldorfer Niederlassung der Stahlwerke Böhler aus Kapfenberg in der Steiermark gekommen. „Opapa" ist hier Betriebsleiter.
Die Familie wohnt in einer Werkswohnung an der Heerdter Landstraße, wo unsere Mutter mit ihrer knapp älteren Schwester Christel aufwächst und mit Kriegsende neben ihrer Arbeit fleißig Lebensmittel hamstert. Unsere „Omi" ist ein herzensguter und liebenswerter Mensch, der oft bei uns aushilft und den wir Kinder sehr mögen.
In unserer Höseler Villa führt unsere Mutter ein großes Haus mit einem stattlichen Garten. Unserem Gärtner folge ich treu wie ein kleiner Hund über riesige Rasenflächen und durch die Beete. Es gibt auch ein Hausmädchen, ein Küchenmädchen sowie Säuglingsschwestern für den 1952 geborenen Stammhalter Hannswolfgang und für Bruder Stefan, der 1955 hinzukommt. Sie werden später von Kindermädchen abgelöst.
Die Villa sieht rauschende Feste, auf denen unsere Mutter in wunderschönen Roben glänzt. Zuvor versorgt uns stets das Kindermädchen, denn satte Kinder sind ruhige