Kurt Ahrens: Einer dieser verwegenen Kerle
Von Eckhard Schimpf
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Über dieses E-Book
Porsche 917 – bei diesem Wagen fällt den meisten Motorsportfans zuerst das Jahr 1970 ein. Das erste Mal, dass Porsche die 24 Stunden von Le Mans gewann, der Durchbruch für die Marke. Am Steuer saß Hans Hermann, eine Rennfahrer-Legende. Den ersten Sieg eines 917 feierte Porsche allerdings bereits 1969.
Kurt Ahrens jr. hieß der heute fast unbekannte Pilot, der das Biest als Erster zähmte. Zusammen mit Joseph Siffert fuhr er beim 1000-km-Rennen von Zeltweg allen davon. Dieses Buch erzählt die einzigartige Geschichte des talentierten Rennfahrers, der daraus aber nie einen Beruf machen wollte.
• Kurt Ahrens jr. und der 917: Die Geschichte zweier Porsche-Legenden
• Spannendes Interview mit dem vergessenen deutschen Rennfahrer
• Umfangreicher Statistikteil mit allen Rennergebnissen
• Hochwertiges Geschenk für Autoliebhaber: In Leinen gebunden und mit zahlreichen Fotos aus der Zeit
Kurt Ahrens jr., der hochbegabte Amateur der Porsche-Geschichte
Wochentags saß er im Schrottbagger, am Wochenende duellierte er sich mit Jochen Rindt, Graham Hill und Jacky Ickx. Häufig sogar siegreich. Mit seinem großartigen Gespür für das Auto hätte er Rennsport-Geschichte schreiben können. Doch für Geld fahren wollte Kurt Ahrens jr. nie.
Der Journalist und Motorsport-Experte Eckhard Schimpf kennt den genialen Amateur seit 65 Jahren. Jetzt zeichnet er die Erfolgsstory des Porsche-Werksfahrers nach: von den Anfängen in der Formel 3 bis zu seinem einzigen Formel-1-Start am Nürburgring und seinem Rückzug aus dem Motorsport mit nur 30 Jahren. Das emotionale Porträt einer vergessenen Größe des Porsche-Rennsports!
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Buchvorschau
Kurt Ahrens - Eckhard Schimpf
Hockenheimer Fahrerlager-Szene aus dem Jahr 1960. Grasboden, Motorräder, ein interessierter amerikanischer GI. Vorn links der Fiat-Stanguellini von Kurt Ahrens junior, daneben der Cooper von Kurt Ahrens senior. Vater und Sohn sind ganz rechts zu sehen, im Gespräch mit ihren Helfern. Motorräder und Wagen starteten damals noch regelmäßig am gleichen Tag im bunten Programmwechsel.
Der Amateur unter den Profis. Sonntag auf dem Podium in Monza, Montag im Kran auf dem Schrotthof.
Weltklassefahrer: Mit diesem Prädikat klassifizierte früher der Automobilverband FIA vor jeder Saison die 25 besten Rennfahrer der Welt. Von 1968 bis 1970 gehörte auch ein heute fast vergessener Racer zu diesem elitären Zirkel: Kurt Ahrens. Er war einer, der nie das Rampenlicht suchte und nie Profi war – sondern stets als reiner Amateur Rennen fuhr. Dennoch gehörte er zu jenem feinen Kreis der besten Rennfahrer mit Formel-1-Reife. In einer Zeit, als Todesstürze alltäglich waren und Mut eine Tugend. Verwegene Kerle saßen in den Cockpits. Ahrens war einer von ihnen.
Im besten Rennfahreralter von 30 Jahren zog sich Kurt Ahrens junior aus dem Motorsport zurück.
Der gebürtige Braunschweiger ist über 80 Jahre alt und lebt auf einem riesigen Grundstück mitten in der Heide bei Barwedel im Kreis Gifhorn. Der heutigen iPhone-Generation dürfte er sicher unbekannt sein. Aber in der Rennsportszene und bei den Fans historischer Rennen hat der Name Kurt Ahrens noch immer hohen Rang.
Wer die Karriere von Ahrens auf herausragende Erfolge verknappen möchte, der landet mitten in Porsches Rennhistorie. Kurt Ahrens erkämpfte zusammen mit Jo Siffert 1969 den allerersten Sieg des Porsche 917. Diese Sternstunde ereignete sich beim Großen Preis von Österreich in Spielberg-Zeltweg auf dem Österreichring. Dass Kurt Ahrens ein Jahr später auch noch das berühmte 1.000-Kilometer-Rennen auf dem Nürburgring auf einem Porsche 908/3 zusammen mit Vic Elford gewinnen konnte, rundet die Porsche-Visitenkarte des Braunschweigers zusätzlich ab.
Kurt Ahrens war ein Rennfahrer der Widersprüche. Obwohl er vom Beginn seiner Laufbahn 1958 bis zum Ende 1970 immer Formel-Rennwagen bevorzugte und fuhr, errang er doch die bedeutendsten Erfolge seiner Karriere in Sportwagen und Prototypen. Und obwohl er immer als Amateur an den Start ging, erzielte er diese Triumphe als Porsche-Werkspilot. Eine weitere Einzigartigkeit: Ahrens fuhr neben Porsche-Rennwagen auch Werkswagen von BMW, Ford, Mercedes und vor allem von Abarth, aber längerfristig binden mochte er sich nie. Er wollte frei sein – ein Privatier; eine in diesem Metier höchst ungewöhnliche Haltung. Genau wie die Tatsache, dass er Formel-1-Angebote hatte, sie aber – bis auf eine einzige Ausnahme – ausschlug. Für solche Originale, für derartige Fahrer, die aus reiner Passion Rennen bestritten, ist im Motorsport schon lange kein Platz mehr. Diese Figuren – wie der Privatier Kurt Ahrens – sind Episoden einer entrückten Vergangenheit.
Solche Originale, die Rennen aus reiner Passion betrieben, sind heute selten
Zu dieser Zwiespältigkeit passt auch sein plötzlicher Rückzug aus dem Motorsport im Spätherbst 1970 – im besten Rennfahreralter von 30 Jahren. Ziemlich unerwartet kam (zumindest für die Racing-Szene) dieser Entschluss, obwohl Kurt Ahrens für die Saison 1971 schon als Pilot für das Team Martini & Rossi Racing angekündigt worden war und er auch ein Angebot von John Wyer (Gulf Racing) hatte. Den Grund für seinen spontanen Rücktritt nannte er mal – mehr gemurmelt als klar formuliert: »Ich wollte überleben.« Nach sekundenlanger Denkpause folgte dann noch dieser Satz: »Ich hatte auch genug von diesem ganzen Stress. Auch die Familie war mir wichtiger.«
Jo Siffert und Ahrens erkämpften beim Großen Preis von Österreich 1969 den allerersten Sieg für den Porsche 917.
Wir beide, Kurt Ahrens und ich, haben Anfang der 70er-Jahre auf seinen Wunsch hin mal in einem alten Rennprogramm geblättert. »Hier, lies mal«, hatte er gesagt. Ich hatte ihn an jenem fernen Tag überreden wollen, für unser neu gegründetes Jägermeister Racing Team zu starten. Das Programm stammte aus dem Jahr 1963 oder 1964 von einem Formel-2-Rennen in Reims. Das Erschreckende: Beinahe die Hälfte der dort verzeichneten Fahrer lebte nicht mehr. Sie waren für Kurt Ahrens Weggefährten gewesen, Konkurrenten oder sogar Freunde wie Jochen Rindt, der sich mit Kurt Ahrens schon 1963 in der Formel Junior gerangelt hatte. Die Liste der tödlich Verunglückten, die wir an jenem Tag im Büro der Ahrens-Schrotthandlung Namen für Namen mit einem Bleistift abhakten, ist unvollständig. Erschütternd ist sie allemal. Aber auch in den Jahren zuvor – seit dem Motorsportdebüt von Kurt Ahrens im Jahr 1958 – starben ja pausenlos Rennfahrer auf den Pisten. Darunter waren zwei oder drei, die Vorbilder und Respektspersonen für Kurt Ahrens gewesen sind – wie etwa Wolfgang Graf Berghe von Trips.
Kurt Ahrens war einer von denen, die selbst am Rennwagen schraubten. Auch noch in jenen Zeiten, als er schon gegen die Weltelite fuhr.
Start in Zolder 1969: Vorn Jochen Rindt (Nr. 2), links daneben Piers Courage (8), rechts im weißen Brabham (10) Kurt Ahrens. Auf welchem Niveau der sich hier tummelte, beweist die Konkurrenz um ihn herum: Weltmeister Graham Hill, Jackie Stewart, Jacky Ickx, Jo Siffert und so weiter.
Nahezu sämtliche Spitzenfahrer der 60er- und frühen 70er-Jahre bewährten sich zunächst in der hart umkämpften Formel Junior. Auch Kurt Ahrens. Hier im weißen Cooper beim Preis von Tirol in Innsbruck 1962.
1969 teilten sich Rolf Stommeln und Kurt Ahrens das Cockpit bei den 24 Stunden von Daytona Beach (USA). Hier ein Schnappschuss vom Training: Stommeln in dem 908-Coupé sitzend vor den Boxen. Kurt Ahrens rechts und dahinter Rennleiter Peter Falk.
Ahrens in seinem privaten Brabham beim Eifelrennen 1968 in Führung vor dem Ferrari von Jacky Ickx.
»Na, wie lief es, Kurti?« Sieger Jochen Rindt und links auf dem Podest Ahrens in Hockenheim im Juni 1968.
Der alte 7,7 Kilometer lange Hockenheimring begünstigte (vor dem Umbau zum heutigen Motodrom) mit seinen langen Geraden die Windschattenduelle und die ständigen Führungswechsel. Hockenheim bescherte Kurt Ahrens glänzende Erfolge. Hier im weißen Brabham-Cosworth (Nummer 4) im Herbstrennen 1968 im Duell mit David Hobbs (21) im Lola-Cosworth.
Außer Jochen Rindt starben zum Beispiel folgende Rennfahrer der Ahrens-Ära: Jim Clark, Lorenzo Bandini, Joakim Bonnier, Paul Hawkins, Silvio Moser, Jo Siffert, Mike Spence, Pedro Rodríguez, Gerhard Mitter, Ludovico Scarfiotti, Graf de Beaufort, Jo Schlesser, Lucien Bianchi, Piers Courage, Bruce McLaren. Die Reihe ist noch länger. Viel länger, wenn wir auch die heute weniger bekannten Racer nennen wollen. Da wären dann Günter Klass, Herbert Schultze, Chris Lambert, Franco Patria, Chris Bristow, Alan Stacey, Peter Lindner, Giacomo »Geki« Russo, Ignazio Giunti, Bob Anderson oder Roman Dirschl. Und später (nach 1972) starben noch Rob Slotemaker und Ronnie Peterson (der von Ahrens mal einen Brabham BT 18 gekauft hatte), dann Herbert Müller und 1983 Rolf Stommelen, mit dem sich Ahrens einige Male am Lenkrad von Porsche-Werkswagen abgelöst hatte – das erste Mal 1967 auf dem Nürburgring, das letzte Mal in Le Mans 1969.
Überleben! Das war im Rennsport jener Epoche alles andere als selbstverständlich. Jahr für Jahr verunglückten weltweit 25 bis 30 Fahrer tödlich. Bei Bergrennen, bei Rallyes, bei kleinen und größeren Rundstreckenrennen. Aber auch in der