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Der Leuchtturm in der Wüste
Der Leuchtturm in der Wüste
Der Leuchtturm in der Wüste
eBook148 Seiten1 Stunde

Der Leuchtturm in der Wüste

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Über dieses E-Book

Der zwölfjährige Felix hat ein Problem: Er hat das Wünschen verlernt! War er einst Experte im Wünschen, so ist nun plötzlich sein Wunschkanal verstopft und er weiß einfach nicht mehr so recht, was er sich noch wünschen soll. Um seine besorgten Eltern nicht weiter zu beunruhigen, wünscht er sich, auf einem weißen Kamel durch die Wüste zu reiten. Dort gerät er in einen fürchterlichen Sandsturm und was als Notlösung gedacht war, ist der Anfang eines Abenteuers, in dem nur ein besonderer Wunsch die Rettung bringen kann ...-
SpracheDeutsch
HerausgeberSAGA Egmont
Erscheinungsdatum8. Juli 2022
ISBN9788728390306
Der Leuchtturm in der Wüste

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    Buchvorschau

    Der Leuchtturm in der Wüste - Ralf Isau

    Ralf Isau

    Der Leuchtturm in der Wüste

    Saga

    Der Leuchtturm in der Wüste

    Copyright (c) 2022 by Ralf Isau, vertreten von AVA international GmbH, Germany

    (www.ava-international.de)

    Die Originalausgabe ist 2004 im Thienemann Verlag erschienen

    Coverbild/Illustration: Shutterstock

    Copyright © 2004, 2022 Ralf Isau und SAGA Egmont

    Alle Rechte vorbehalten

    ISBN: 9788728390306

    1. E-Book-Ausgabe

    Format: EPUB 3.0

    Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit der Zustimmung vom Verlag gestattet.

    www.sagaegmont.com

    Saga ist Teil der Egmont-Gruppe. Egmont ist Dänemarks größter Medienkonzern und gehört der Egmont-Stiftung, die jährlich Kinder aus schwierigen Verhältnissen mit fast 13,4 Millionen Euro unterstützt.

    Das Labyrinth des Lebens

    ist voller Sackgassen.

    Meide die Abkürzungen.

    Für Mirjam

    Der versiegte Wunschbrunnen

    »Was wünschst du dir eigentlich zur Versetzung in die siebte Klasse?«

    Felix starrte seine Mutter aus großen Augen an. Jetzt war es geschehen. Sie hatte ihn gefragt. Etwas Furchtbareres konnte es nicht geben. Davon war er fest überzeugt. Er fühlte sich wie ein Fisch ohne Wasser. Zwar konnte er noch die Lippen bewegen, brachte aber kein einziges Wort heraus.

    Geschweige denn einen Wunsch.

    Stumm blickte er in das Gesicht seiner Mutter. Die ließ nur unwillig von der Mikrowelle ab, in der sie gerade einen Teller Spaghetti für ihn aufwärmte, und beugte sich zu ihm herab. Wie gewöhnlich war sie sehr in Eile. Um vier Uhr, in wenigen Minuten also, müsse sie zu einer unheimlich wichtigen Besprechung, hatte sie gesagt. Felix konnte sich nicht mehr erinnern, worum es heute ging. Hatte sie nicht schwangere Kröten erwähnt, die von Autos platt gefahren wurden? Oder setzte sie sich wieder für sterbende Bäume ein? Erst letzte Woche hatte sie sich an irgendeine hundertjährige Linde gekettet, um sie vor einer gefräßigen Motorsäge zu retten. Möglicherweise ging es auch wieder um Zebrastreifen, die es noch gar nicht gab. Die Grundschullehrerin Julia Corvus sorgte sich um viele Dinge, im Moment sogar um ihren Sohn, der das Mittagessen heute nicht angerührt hatte, obwohl Spaghetti seine Lieblingsspeise waren.

    Wenn auch nur im Entferntesten mit seinem nicht enden wollenden Zaudern zu rechnen gewesen wäre, hätte sie sich natürlich gehütet, ihm die verhängnisvolle Frage zu stellen. Felix kannte seine Mutter. Wann immer es ihre Arbeit und die schwangeren Kröten zuließen, las sie ihm jeden Wunsch von den Augen ab. Meist ersparte er ihr jedoch die Mühe, denn bis zu diesem Tag waren die Wünsche nur so aus ihm hervorgesprudelt. Doch plötzlich hatte sich alles geändert.

    Ihre Ungeduld mehr schlecht als recht überspielend, lächelte sie flüchtig, strich ihm eine semmelblonde Strähne aus der Stirn und wiederholte langsam sowie übertrieben deutlich: »Was wünschst du dir zur Versetzung in die siebte Klasse, Felix? Die Frage ist doch ganz einfach. Sonst fallen dir immer gleich einhundertundelf Dinge ein, ohne die du den nächsten Tag nicht überleben kannst, und jetzt tust du gerade so, als wärst du plötzlich stumm wie ein Fisch.«

    Viel schrecklicher, dachte Felix, während ihm heiß und kalt wurde. Er kam sich vor, als würde seine Haut vom Scheitel an abwärts mit rasender Geschwindigkeit austrocknen. Wenn sie erst völlig verkrustet wäre, würde er sich darin überhaupt nicht mehr rühren können. Warum antwortete er nicht? Irgendetwas. Die Frage war doch nicht so schwer. Was er sich zur Versetzung wünsche, die er mit Ach und Krach geschafft hatte? Kein Problem. Er wünschte sich ein ... Etwas richtig ... Tolles ... Großes ...

    Nichts. Sein Kopf war wie ein ausgeblasenes Ei. Zwischen seinen Ohren gab es nur gähnende Leere. Und das machte ihm Angst. War er noch derselbe Elfjährige, von dem seine Großmutter erst gestern wieder, halb scherzhaft, halb tadelnd, behauptet hatte, er werde zweifellos die Goldmedaille im Marathonwünschen gewinnen, sobald man daraus eine olympische Sportart mache?

    Mit dieser Einschätzung mochte sie bis jetzt durchaus richtig gelegen haben. Auf seine Weise glich ihr Enkel tatsächlich einem Athleten. Ein Wettkämpfer, der etwas auf sich hält, geht früh ins Bett, trinkt wenig Alkohol, raucht keine Zigaretten, isst massenhaft Grünzeug, ja, er tut alles, damit sein Körper gesund und stark wird. Ähnlich streng ging Felix mit sich um.

    Die Beanspruchung beim Hochleistungswünschen ist freilich eine ganz andere als beim Kugelstoßen oder Hammerwerfen. Um sowohl seine Ausdauer auf den Langstrecken als auch seine Antrittskraft im Sprintwunsch zu steigern, mied er alles, was ihn vom Entdecken und Befriedigen eigener Sehnsüchte ablenken könnte. Und für ihn stand fest, dass jeder in der Familie Opfer bringen muss, wenn ein Kind zu Höherem auserkoren ist, etwa zur Eiskunstlaufprinzessin, zum Fußballprinzen oder eben zum Wunscholympioniken. Ob sein Vater, der Schiffbauingenieur und Werftleiter war, nun abends zu Hause noch arbeiten wollte – was beinahe täglich der Fall war – oder seine Mutter Hilfe beim Ausräumen der Geschirrspülmaschine brauchte, Felix konnte darauf keine Rücksicht nehmen. Seine Leidenschaft für die eigenen Belange ging grundsätzlich vor. Wahrscheinlich hatte er längst verlernt, die Bedürfnisse anderer überhaupt zu sehen. Außer Lisa leistete er sich auch keine Freunde. Die wären ihm nur lästig gewesen und er wollte sich nicht verzetteln.

    Doch nun, obwohl er sich so viel um sich selbst gekümmert hatte, fühlte er sich unversehens leer. Wie ausgepumpt. Felix verstand die Welt nicht mehr. War er noch derselbe Junge, den man nachts aus dem Schlaf reißen und nach einem Wunsch fragen konnte und mindestens ein Dutzend genannt bekam? Ja, steckte er noch in der Haut jenes dünnen Knaben, der auch dann ungeduldig war, wenn er gerade kein Geschenk erwartete, der nie länger als eine halbe Minute stillsitzen konnte und ständig Dinge umwarf und von den Möbeln fegte, weil er wie ein Wirbelwind durch die Wohnung raste? Er, der für seine Eltern stets ein unversiegbarer Wunschbrunnen gewesen war, aus dem sie ewig schöpfen konnten, wusste plötzlich nicht mehr, was er haben wollte. Schlimmer noch, ihm fehlte sogar die Lust, sich etwas Neues auszudenken.

    Ehe ihn das Entsetzen völlig lähmen konnte, rannte er aus der Küche.

    Das geräumige Kinderzimmer glich einer Lagerhalle für erfüllte Wünsche. Es befand sich im oberen Stockwerk des großen Hauses, das in einem weitläufigen Garten dicht am Flussufer lag. Felix ließ sich wie ein nasser Sack auf den dicken Teppich fallen. Dabei zerschrammte er sich den rechten Arm an einem der herumliegenden Plastikbausteine, mit denen er nach der Schule ein Containerschiff hatte bauen wollen – nach ungefähr drei Minuten war ihm die Lust vergangen. Wütend kickte er ein Fernlenkauto zur Seite und trat nach einem Gabelstapler.

    Hinter dem Fenster zogen Ozeanriesen vorbei. Echte Öltanker und Frachter. An manchen Sonntagen vertrieb er sich die Zeit damit, zu erraten, welches dieser Schiffe sein Vater gebaut hatte.

    Aber nicht an diesem Tag.

    Er rollte sich zwischen seinen wahllos über den Boden verstreuten Spielsachen auf den Rücken, starrte die Decke an und wartete darauf, jeden Moment zu sterben. Ein Junge, der keine Wünsche mehr hatte, musste unweigerlich verenden wie jener berühmte Fisch ohne Wasser. Daran führte kein Weg vorbei. Jedenfalls glaubte Felix das. Bevor es jedoch zum Schlimmsten kam, hörte er über sich eine krächzende Stimme.

    »Wünsch mir was!«

    Der Vorschlag erscholl aus einem großen vergoldeten Käfig, der zur Linken des Jungen an einem gebogenen Ständer hing. In dem Bauer lebte Korax, ein Kolkrabe. Ziemlich genau vor einem Jahr hatte sich Felix den Vogel gewünscht und zur Versetzung in die sechste Klasse von seinen Eltern geschenkt bekommen. Seit dieser Zeit versuchte er ihm den Satz »Wünsch dir was!« beizubringen. Er hatte die Vorstellung einmal ungemein witzig gefunden, diese Worte zu hören, wenn er in sein Zimmer kam.

    Aber nun nicht mehr.

    Aus einem unerfindlichen Grund konnte Korax den Satz immer noch nicht richtig aussprechen. Vielleicht war er zu dumm dazu. Oder zu störrisch. Wenn er überhaupt etwas krächzte, dann: »Wünsch mir was!«

    »Blöder Rabe!«, murmelte Felix mit bebenden Lippen, verschränkte die Arme über der Brust und drehte den Kopf zur Seite, weg von dem Vogel.

    »Wünsch mir was!«, beharrte Korax.

    »Leicht gesagt«, jammerte der Junge. Eine Träne tropfte aus seinem Augenwinkel auf den Teppich, wo sie rasch versickerte. Felix schniefte. Er war wunschlos unglücklich.

    Seine Gedanken trieben träge wie ein dunkler Fluss dahin. Auf dem Grund dieses Stroms lag ein Schatz begraben, ein unerfüllter Wunsch, das spürte Felix, aber er konnte ihn nicht heben. Plötzlich riss ihn die Hausklingel aus seinem Dämmerzustand.

    »Wünsch mir was!«, knarrte Korax.

    Im Nu war Felix hellwach. Das musste Lisa sein! Sie gingen beide in dieselbe Klasse. Das braun gelockte Mädchen wohnte gleich nebenan. Als er heute in der großen Pause auf dem Schulhof vor sich hin geträumt hatte, war sie von hinten an ihn herangeschlichen.

    »Kommst du heute Nachmittag raus zum Skateboardfahren?«

    »Wegen mir«, antwortete er nicht gerade überschwänglich. Er hatte sich erschrocken wie ein auf frischer Tat ertappter Tresorknacker.

    Felix mochte Lisa ganz gern. Sie war immer die Erste, die seine neuesten Geschenke zu sehen bekam. Mit ihren riesigen dunklen Augen konnte sie Bauklötze staunen. Das gefiel ihm. Manchmal verlangte er für seine Vorführungen Einblick in ihre Hausaufgaben. Obwohl er schnell begriff, machte ihm die Schule überhaupt keinen Spaß. Sie war für ihn eine Anstalt, in der man Kinder zum Stillsitzen zwang.

    »Felix! Lisa ist da. Sie hat ihr Skateboard dabei und fragt, ob du kommst«, hallte die Stimme seiner Mutter durchs Haus.

    Er stellte sich tot.

    »Nun komm schon! Lisa wartet. Etwas frische Luft tut dir gut«, drängte die Stimme von unten.

    »Ich bin krank. Schick sie weg!«

    Einen Moment lang hörte er noch undeutliches Gemurmel, dann klappte die Haustür. Schritte kamen die Treppe herauf und seine Mutter steckte den Kopf durch die Tür.

    »Du bist doch nicht wirklich krank, junger Mann. Dürfte ich jetzt bitte erfahren, was du hast?«

    »Verstopfung«, erwiderte Felix knapp, ohne den Blick von der Decke zu nehmen.

    »Wünsch mir was!«, schnarrte Korax.

    »Wie wär’s mit einem Löffel Rizinusöl?«, fragte die Mutter und Felix war sich nicht ganz sicher, ob sie es als Scherz oder Drohung meinte.

    »Bei meiner Art von Verstopfung nützt das nichts«, entgegnete er rasch.

    »Ah!«, neckte sie ihn. »Dann haben wir es hier wohl weniger mit gewöhnlicher Darmträgheit zu tun als vielmehr mit einem seltenen Fall von Obliteration.«

    Felix hasste es, wenn seine Mutter die Lehrerin herauskehrte. Zumindest hatte sie es geschafft, dass er sie ansah. »Keine Ahnung, wovon du sprichst.«

    Sie blickte auf ihre Armbanduhr. Ein

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