Neue Wege an Hochschulen: Forschungsbefunde zur Qualifikation für die Jugendarbeit
Von Peter Nick
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Neue Wege an Hochschulen - Peter Nick
Hrsg.
Peter Nick und Patricia Pfeil
Neue Wege an Hochschulen
Forschungsbefunde zur Qualifikation für die Jugendarbeit
1. Aufl. 2021
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Hrsg.
Peter Nick
Fakultät Soziales und Gesundheit, Hochschule Kempten, Kempten (Allgäu), Deutschland
Patricia Pfeil
Fakultät Soziales und Gesundheit, Hochschule Kempten, Kempten (Allgäu), Deutschland
ISBN 978-3-658-33451-2e-ISBN 978-3-658-33452-9
https://doi.org/10.1007/978-3-658-33452-9
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
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Lektorat: Stefanie Eggert
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Vorwort
Ein Studiengang, der pädagogische Fachkräfte der Jugendarbeit ohne formalen Hochschulabschluss adressiert und zudem berufsbegleitend ausgerichtet ist – diese Kombination ist bundesweit einmalig und Gegenstand des vorliegenden Bandes. Der Studiengang „Soziale Arbeit mit dem Schwerpunkt Jugendarbeit an der Hochschule Kempten ist eine Reaktion auf den Fachkräftebedarf und den Fachkräftemangel im Handlungsfeld Jugendarbeit (BAG Landesjugendämter 2016; Pothmann 2017; Rottach 2018). Den berufsbegleitend Studierenden soll er „Aufstieg durch Bildung
ermöglichen, sowohl durch vertiefte Qualifizierung für das Handlungsfeld Jugendarbeit als auch durch die Ermöglichung des Wechsels in andere Handlungsfelder der Sozialen Arbeit.
Vorgestellt werden in dieser Veröffentlichung zentrale Forschungsbefunde aus zwei Begleitforschungsprojekten zu dem berufsbegleitenden Studiengang „Soziale Arbeit mit dem Schwerpunkt Jugendarbeit".¹ Die Forschungsprojekte „Jugendarbeit und Bildung – Implementierung in den Studiengang Soziale Arbeit mit dem Schwerpunkt Jugendarbeit (JuB_Imp_So) und „Jugendarbeit mit Perspektive (JumP) – Förderung der Professionalitätsentwicklung in der Kinder- und Jugendarbeit durch die Evaluierung und Weiterentwicklung des Studiengangs ‚Soziale Arbeit mit dem Schwerpunkt Jugendarbeit‘
wurden von August 2014 bis Juli 2020 im Rahmen des Bund-Länder-Wettbewerbs „Aufstieg durch Bildung: offene Hochschulen durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Zielsetzung der Begleitforschungsprojekte war es, den Studiengang „Soziale Arbeit mit dem Schwerpunkt Jugendarbeit
zu begleiten, zu evaluieren und weiterzuentwickeln. Zudem sollten Erkenntnisse über die Gewinnung, Begleitung und Unterstützung der Zielgruppe des Studiengangs – pädagogische Fachkräfte der Jugendarbeit ohne Hochschulabschluss – gewonnen werden.
In der ersten Förderphase wurden verschiedene Fragestellungen bearbeitet: Jugendarbeit als professionelles Handlungsfeld der Sozialen Arbeit, der Studiengang und die Vermittlung dieser professionellen Perspektive, die hochschulpolitischen Rahmenbedingungen, um berufsbegleitendes Studieren zu ermöglichen, und schließlich die Studierenden als Nutzer*innen des Studiengangs. Ein wesentlicher Aspekt war die Frage nach den erforderlichen grundlegenden Kompetenzen für pädagogische Fachkräfte der Jugendarbeit. These hierbei war, dass die Themen und Inhalte des Handlungsfeldes der Jugendarbeit besonders geeignet sind, grundlegende Kompetenzen in dem grundständig und generalistisch ausgerichteten Studiengang „Soziale Arbeit" zu vermitteln. In einem breit angelegten Theorie-Praxis-Austausch zum professionellen Selbstverständnis wurde, konzipiert und moderiert durch die Forschungsprojekte, das Qualifikationsprofil Jugendarbeit erarbeitet (Riechert et al. 2018; Riechert und Jung 2020; Nick 2020).
Das Qualifikationsprofil Jugendarbeit enthält zentrale Kompetenzanforderungen für die Fachkräfte der Kinder- und Jugendarbeit. Es entspricht damit der Forderung nach einer kompetenzorientierten berufspraktischen und hochschulischen Qualitäts- und Qualifikationsbewertung (Schiefner et al. 2011). Weitere Schwerpunkte der Begleitforschung waren die Entwicklung und Evaluation neuer Lehr- und Lernformen im Studiengang. Welche Formate sind für das berufsbegleitende Studium geeignet und welche Erfahrungen wurden damit gemacht? Im Kontext dieser Fragestellung wurde unter anderem die Mediathek Jugendarbeit entwickelt, die es mit einem offenen Zugang Studierenden und Lehrenden ermöglicht, Videomittschnitte von wissenschaftlich fundierten Fachvorträgen zu einer breiten Palette von Themen der Jugendarbeit zu nutzen. Sie unterstützt damit die Lehre in den Studiengängen, in denen Jugendarbeit im Curricular vorgesehen ist, und trägt darüber hinaus auch insgesamt zur fachlichen Weiterentwicklung der Jugendarbeit bei. Im Rahmen der Begleitforschungsprojekte wurde insbesondere die Perspektive der Studierenden in den Blick genommen. Sie wurden kontinuierlich mit quantitativen und qualitativen Befragungen im Hinblick auf ihre Erfahrungen als berufsbegleitend Studierende in die Untersuchungen einbezogen.²
Das Forschungsprojekt JumP der zweiten Förderphase knüpfte an die Forschungsergebnisse der ersten Förderphase an, führte diese fort und entwickelte sie weiter. Im Vordergrund standen dabei die nachhaltige Konsolidierung des Studiengangs sowie die Erprobung und Implementierung von Unterstützungsangeboten und Studienmodulen. Entwickelte Konzepte konnten aufgegriffen, überprüft und konzeptionell verfestigt werden. So wurde ein in der ersten Förderphase entwickeltes Kompetenzportfolio zur Einschätzung von außerhochschulischen Kompetenzen für die Jugendarbeit in ein biographisches Beratungskonzept eingebettet. Dies ermöglicht den Studienberater*innen die biographischen Erfahrungen der Studieninteressierten in die Beratung einbeziehen. Den Studieninteressierten erlaubt es darüber hinaus die Betrachtung und Reflexion der eigenen Fähigkeiten und bislang erworbenen Kompetenzen. Damit soll insbesondere beruflich qualifizierten Studierenden, als spezifische Zielgruppe, der Zugang zur Hochschule und damit „Aufstieg durch Bildung" ermöglicht werden.
Mit dieser multiperspektivischen Anlage auf den berufsbegleitenden Studiengang „Soziale Arbeit mit dem Schwerpunkt Jugendarbeit" wurde ein Raum geöffnet, der über eine enge Betrachtung des Studiengangs hinausgeht. Jugendarbeit wird damit als ein zentrales Handlungsfeld der Sozialen Arbeit gesehen, in dem wichtige Entwicklungen festgestellt werden können, die eine hohe Relevanz auch für andere Handlungsfelder der Sozialen Arbeit haben. So ist Jugendarbeit ein sehr offen strukturiertes Handlungsfeld, das den Prinzipien Freiwilligkeit, Offenheit, Flexibilität, Gruppenorientierung, Selbstorganisation und Partizipation aller Beteiligten folgt und bedeutet, dass die Interessen der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen sowie deren Selbstbestimmung im Mittelpunkt stehen. Dies kann auch ein Anspruch und Maßstab für andere Handlungsfelder der Sozialen Arbeit sein. Eine Übertragbarkeit der Forschungsbefunde in andere, insbesondere berufsbegleitende, Studiengänge soll durch diesen Band gewährleistet werden.
Aufbau des Sammelbandes
Im ersten Teil dieses Buches werden, nach einer Einordnung des Forschungsprojekts in den Kontext „Aufstieg durch Bildung: offene Hochschulen" und einer Klärung relevanter Begrifflichkeiten (Kap. 1), die strukturellen Voraussetzungen der Umsetzung lebenslangen Lernens an Hochschulen auch für die Gruppe der nicht-traditionell Studierenden näher betrachtet. Dabei wird zunächst die Öffnung der bayerischen Hochschulen im Allgemeinen sowie der Hochschule Kempten im Speziellen vor dem Hintergrund der existierenden Zulassungsvoraussetzungen und -regelungen für beruflich Qualifizierte kritisch betrachtet. Auch wenn sich Fortschritte bei der Öffnung der Hochschulen abzeichnen, gibt es nach wie vor bei den Zugangsregeln hohe Hürden für diese Gruppe von Studierenden beziehungsweise Studieninteressierten (Kap. 2). Kap. 3 beleuchtet in diesem Zusammenhang die Relevanz und Praktikabilität, auch informell erworbene Kompetenzen in Zulassungs- und Anrechnungsverfahren einzubeziehen. Damit soll dem Konzept des lebenslangen Lernens Rechnung getragen werden.
Teil zwei nimmt die Studien-, Lehr-, Lern- und Beratungspraxis in den Blick. In Kap. 4 wird am Beispiel der sogenannten „Regionaltage, einem der spezifischen Lernformate des Studiengangs, die Perspektive der Selbstorganisation und Selbststeuerung in Gruppen in ihrer Bedeutung für ein erfolgreiches berufsbegleitendes Studium beschrieben. Das Konzept des Tandem Teaching als „kooperative Lehre
stellt sich hingegen als innovativ wie herausfordernd dar. Das Lehrformat fordert wissenschaftlichen Lehrenden und Lehrenden aus der Praxis viel ab, wobei erste Ergebnisse der empirischen Erhebungen auf einen hohen Mehrwert für die Studierenden verweisen (Kap. 5).
Bereits vor dem berufsbegleitenden Studium ergibt sich für die äußerst heterogene Zielgruppe der beruflich qualifizierten Studieninteressierten sehr spezifischer Beratungsbedarf, der mit herkömmlichen Angeboten der Studienberatung unter Umständen nicht gedeckt werden kann (Hemkes und Wilbers 2019, S. 21). Im sechsten Kapitel wird die Konzeption einer biographischen Bildungsberatung vorgestellt, die als Pilotprojekt an der Hochschule Kempten verankert wird. Studierenden, Lehrenden und Fachkräften der Jugendarbeit kommt die Mediathek Jugendarbeit zugute, die im Rahmen des Projekts „JuB_Imp_So" erarbeitet wurde und Interessierten auch jenseits der Hochschule Kempten zur Verfügung steht. Zusätzlich wird das Entwicklungspotential digitaler Lehr- und Lernplattformen aufgezeigt (Kap. 7), wobei sich angesichts der aktuellen Entwicklungen durch die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie im Frühjahr/Sommer 2020 ganz neue Anforderungen, aber auch Möglichkeiten ergeben.
Der dritte und letzte Teil des Sammelbandes stellt die Ergebnisse verschiedener, im Projektverlauf durchgeführter empirischer Erhebungen in den Mittelpunkt. Die Rahmenbedingungen berufsbegleitenden Studierens Sozialer Arbeit stehen im Mittelpunkt des achten Kapitels, das damit auf Gelingensbedingungen des erfolgreichen berufsbegleitenden Studierens unter dem Fokus der Vereinbarkeit von Beruf und Studium (Gaedke et al. 2011) verweist. Es wird auf Basis einer qualitativen Befragung von Studierenden untersucht, wie verschiedene Lehr- und Lernformen (Präsenzblockveranstaltungen, die sogenannten „Regionaltage" und online-Formate wie Chat-Seminare) auf die Studierenden und ihre Lernerfahrungen wirken.
Die längsschnittlich angelegten quantitativen Studierenden- beziehungsweise Absolvent*innen-Befragungen liefern im letzten Beitrag (Kap. 9) grundlegende Daten und Zusammenhänge zu vielfältigen Fragestellungen – von Studienzufriedenheit, -motivation und -abbruch über die Bewertung des Theorie-Praxistransfers bis hin zur Identifizierung zentraler Belastungsfaktoren, wobei die Erkenntnisse zur Zielgruppe der beruflich qualifizierten Studierenden besondere Beachtung finden.
Literatur
Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter, AG Jugendarbeit. (2016). Appell an die Hochschule und Universitäten – Jugendarbeit studieren. Beschlossen auf der Arbeitstagung der AG vom 10.–12. Mai 2016 in Bremen. Hrsg. v. Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter, AG Jugendarbeit. Bremen. https://www.igfh.de/cms/sites/default/files/Jugendarbeit%20studieren_Positionspapier_10_5_2016.pdf. Zugegriffen: 8. März 2017.
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Der Wettbewerb. https://www.wettbewerb-offene-hochschulen-bmbf.de/wettbewerb. Zugegriffen: 27. Mai 2020.
Bund-Länder-Vereinbarung. (08.07.2010). Bund-Länder-Vereinbarung gemäß Artikel 91b Absatz 1 Nummer 2 des Grundgesetzes über den Wettbewerb „Aufstieg durch Bildung: offene Hochschulen" zur Förderung von Wissenschaft und Forschung an deutschen Hochschulen. In: Bundesanzeiger Nr. 107. https://www.gwk-bonn.de/fileadmin/Redaktion/Dokumente/Papers/Bund-Laender-Vereinbarung-Aufstieg_durch_Bildung-offene_Hochschulen-2010.pdf. Zugegriffen: 27. Mai 2020.
Gaedke, G., Covarrubias Venegas, B., Recker, S., & Janous, G. (2011). Vereinbarkeit von Arbeiten und Studieren bei berufsbegleitend Studierenden. Zeitschrift für Hochschulentwicklung, 6(2), 198–213.
Hemkes, B., & Wilbers, K. (2019). Einführung: Herausforderung Durchlässigkeit – Versuch einer Näherung. In B. Hemkes, K. Wilbers, & M. Heister (Hrsg.), Durchlässigkeit zwischen beruflicher und hochschulischer Bildung (S. 11–33). Leverkusen: Budrich (Berichte zur beruflichen Bildung).
Hemkes, B., Wilbers, K., & Heister, M. (Hrsg.). (2019). Durchlässigkeit zwischen beruflicher und hochschulischer Bildung. Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB). Leverkusen: Budrich (Berichte zur beruflichen Bildung).
Kultusministerkonferenz. (2002). Anrechnung von außerhalb des Hochschulwesens erworbenen Kenntnissen und Fähigkeiten auf ein Hochschulstudium (I) (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 28.06.2002). Zugegriffen: 24. Okt. 2014.
Lewin, D. (2015). Beruflich Qualifizierte für ein berufsbegleitendes Studium motivieren, beraten und unterstützen. Hrsg. v. BMBF-Projekt „Offene Hochschule Oberbayern. München (Schriftenreihe „Hochschulen im Wandel
, OHO-Arbeitsbericht 13). www.hm.edu/oho. Zugegriffen: 21. Juni 2017.
Meinhard, D. B., Clames, U., & Koch, T. (2014). Zwischen Trend und Didaktik – Videos in der Hochschullehre. Zeitschrift für Hochschulentwicklung, 9(3). DOI: 10.3217/zfhe-9-03/07.
Miller, T., Roland, R., Vonau, V., & Pfeil, P. (2021). Professionelle Identitätsentwicklung in der Sozialen Arbeit. Perspektiven auf ein berufsbegleitendes Studium. Wiesbaden: Springer.
Nick, P. (2020). Anforderungen an Fachkräfte der Jugendarbeit und das Qualifikationsprofil Jugendarbeit. deutsche jugend, 68, 153–161.
Riechert, T., & Jung, M. (2020). Wie lässt sich Professionalität für die Jugendarbeit bestimmen? Ein empirisch-diskursiver Ansatz. deutsche jugend, 68(4), 162–171.
Riechert, T., Jung, M., & Nick, P. (2018). Qualifikationsprofil Jugendarbeit. Benötigte Kompetenzen von hauptberuflichen Fachkräften in der Kinder- und Jugendarbeit. Informationsbroschüre des Forschungsprojekts „Jugendarbeit mit Perspektive" (JumP). Hochschule Kempten. https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:bvb:859-995. Zugegriffen: 24. Sept. 2019.
Schiefner, M., Weil, M., Eugster, B., & Futter, K. (Hrsg.). (2011). Aktionsfelder der Hochschuldidaktik: Von der Weiterbildung zum Diskurs. München: Waxmann.
Peter Nick
Patricia Pfeil
Inhaltsverzeichnis
Rahmenbedingungen, Strukturvoraussetzungen und Wege zum Lebenslangen Lernen
„Aufstieg durch Bildung" – eine Einordnung 3
Marion Einsiedler
1 Herausforderungen im Prozess der Öffnung der Hochschulen 3
2 Umgang mit der Heterogenität unter nicht-traditionell Studierenden 7
3 Bund-Länder-Wettbewerb „Aufstieg durch Bildung: offene Hochschulen" 9
4 Charakteristika berufsbegleitenden Studierens 10
5 Der berufsbegleitende Studiengang „Soziale Arbeit mit dem Schwerpunkt Jugendarbeit" 12
6 Jugendarbeit qualifiziert 14
Literatur 14
Öffnung der Hochschule für beruflich Qualifizierte 19
Andreas Rottach, Micha Jung und Peter Nick
1 Einführung 19
2 Allgemeine und empirische Hintergründe 20
3 Gesetzliche Zulassungsregeln 23
4 Studieren unabhängig von der Art der Zulassung 26
5 Ausblick 29
Literatur 30
Anerkennung (außer-)hochschulisch erworbener Kompetenzen 33
Micha Jung und Regina Roland
1 Einführung 33
2 Blick auf Kompetenzen 34
3 Lebenslanges Lernen – hochschul- und bildungspolitische Entwicklungen 37
4 Rechtliche Rahmenbedingungen der Anerkennung von Kompetenzen auf ein Hochschulstudium in Bayern 43
5 Anrechnungsverfahren und Äquivalenzprüfung 45
6 Anerkennung am Beispiel des Studiengangs „Soziale Arbeit mit Schwerpunkt Jugendarbeit" 52
Literatur 56
Innovative Konzepte für das akademische Lehren und Lernen
Effektivere Lerngruppen durch Steigerung der Selbststeuerung 65
Thomas Miller, Victoria Vonau, Andreas Rottach und Micha Jung
1 Einleitung 66
2 Hintergrund und Relevanz des Begleitangebots 66
3 Theoretische Bezugspunkte: Selbstwirksamkeit und Selbststeuerungsfähigkeit von Gruppen 70
3.1 Selbstwirksamkeit 70
3.2 Selbststeuerung in Gruppen 71
4 Konzeption des Begleitangebots als Tutoring 76
4.1 Erster Termin: Fokus auf das Individuum 77
4.2 Zweiter Termin: Vom Individuum zur Gruppe 80
4.3 Dritter Termin: Fokus auf das Verhältnis von Gruppe und Individuum 82
4.4 Nachhaltige Verankerung 84
5 Erprobung und Evaluation 84
5.1 Methode 85
5.2 Ergebnisse 88
6 Fazit 94
Literatur 95
Tandem Teaching 99
Andreas Rottach, Theresa Riechert, Thomas Miller und Micha Jung
1 Einführung 100
2 Theorie-Praxis-Verzahnung durch Tandem Teaching an Hochschulen 100
2.1 Tandem Teaching als Format kooperativer Lehre: eine begriffliche Annäherung 101
2.2 Potenziale kooperativer Lehre an Hochschulen 102
2.3 Positive Aspekte des Tandem Teaching für die Theorie-Praxis-Verzahnung 105
2.4 Herausforderungen bei der Umsetzung des Tandem Teaching 107
3 Konzeptionelle Überlegungen für den Studiengang „Soziale Arbeit mit dem Schwerpunkt Jugendarbeit" 107
3.1 Spezifika des Studienganges „Soziale Arbeit mit dem Schwerpunkt Jugendarbeit an der Hochschule Kempten 107
3.2 Eckpunkte des Konzeptes: Theorie-Praxis-Verzahnung für die Jugendarbeit 110
3.3 Konkrete Umsetzung 111
4 Umsetzung und Evaluation 113
5 Fazit 116
Literatur 118
Biographische Bildungsberatung 121
Regina Roland, Theresa Riechert und Patricia Pfeil
1 Einführung 122
2 Biographische Bildungsberatung: theoretische Grundlagen und Zielsetzungen 123
2.1 Definition: „Biographische Bildungsberatung" 125
2.2 Zielsetzungen des Beratungskonzepts 126
3 Konzeption einer biographisch-bildungsorientierten Beratung 128
3.1 Dimensionen des Beratungsverständnisses 128
3.2 Anforderungen an Beratende: Grundhaltungen und Kompetenzen 132
3.3 Gestaltung biographisch-bildungsorientierter Beratungssituationen 137
3.3.1 Allgemeine Rahmung und Gestaltung der Beratungssituation 137
3.3.2 Das Kompetenzportfolio Jugendarbeit – eine spezifische Methode 139
4 Strukturelle Verortung der biographischen Bildungsberatung: intraorganisationale Konzeption 141
5 Fazit und Ausblick 144
Literatur 145
Digitale Lehr- und Lernformen 149
Micha Jung, Peter Nick und Andreas Rottach
1 Einführung 150
2 Theoretische Überlegungen 151
2.1 Didaktische Aspekte 151
2.2 Formen digitalisierter Lehr-Lernsettings 153
3 Eine dynamische Lehr- und Lernmittelbibliothek 158
3.1 Interner Bereich: Konzept zur Nutzung der internen Lehr- und Lernplattform Moodle 159
3.2 Externer Bereich: Konzept zu einer Mediathek Jugendarbeit 161
3.3 Didaktische Aspekte und Evaluation 163
4 Fazit 176
Literatur 177
Empirische Zugänge
Berufsbegleitend studieren 183
Thomas Miller, Regina Roland und Patricia Pfeil
1 Einleitung 184
2 Forschungsdesign 186
3 Berufsbegleitend studieren I: Perspektive Vereinbarkeit von Arbeit und Studium 187
3.1 Arbeit als limitierender Faktor des Studiums 189
3.2 Die Bedeutung des Arbeitsumfeldes 190
4 Berufsbegleitend studieren II: Perspektive Studium 193
4.1 Präsenzveranstaltungen im Blockunterricht 194
4.2 Regionaltage als spezifisches Studienformat 197
4.3 Online-Lehre im Chat 200
4.4 Der Beitrag der Lehrenden zum Gelingen des berufsbegleitenden Studiums 204
5 Zusammenfassung zentraler Ergebnisse 206
Literatur 211
Neben dem Beruf erfolgreich studieren 213
Andreas Rottach und Alexander Köffer
1 Einführung 214
2 Formulierung des Forschungsproblems 214
2.1 Voraussetzungen für ein erfolgreiches Studium 218
2.2 Studienbedingungen 221
2.3 Lebenssituation 225
2.4 Studierverhalten und Lernerfahrungen 227
2.5 Studienerfolg 228
2.6 Deskriptive Fragestellungen und Hypothesen 230
3 Methodisches Vorgehen 232
3.1 Konstruktion des Erhebungsinstruments 232
3.2 Datensatz 235
3.3 Methode 236
4 Ergebnisse 239
4.1 Überblick über die Befundlage 239
4.2 Abbruchneigung 244
4.3 Studienzufriedenheit 248
4.4 Zukunftspläne 252
5 Fazit 255
Literatur 260
Fazit: Neue Wege an Hochschulen – Forschungsbefunde zur Qualifikation für die Jugendarbeit 267
Peter Nick und Patricia Pfeil
Herausgeber- und Autorenverzeichnis
Über die Herausgeber
Prof. Dr. Peter Nick
Fakultät Soziales und Gesundheit, Hochschule Kempten, Kempten (Allgäu), Deutschland
Prof. Dr. Patricia Pfeil
Fakultät Soziales und Gesundheit, Hochschule Kempten, Kempten (Allgäu), Deutschland
Autorenverzeichnis
Marion Einsiedler, M.A.
Sozialwissenschaftliche Konfliktforschung, Übersetzerin für Leichte Sprache, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Hochschule Kempten
Arbeits- und Forschungsschwerpunkte: Inklusion, Migration, Diversity, Carework, Bildungsforschung
Micha Jung, M.A.
Sozialinformatik und B.A. Sozialwirtschaft, wissenschaftlicher Mitarbeiter und Lehrbeauftragter, Hochschule Kempten
Arbeits- und Forschungsschwerpunkte: Jugendarbeit, neue Lehr- und Lernformen, Motivation, Partizipation, Projektkoordination, Sozialinformatik
Mail: micha.jung@hs-kempten.de
Alexander Köffer, M.A.
Gesellschaftlicher Wandel und Teilhabe, B.A. Sozialwirtschaft; Vorstandsmitglied im gemeinnützigen Verein Tuteka e. V., wissenschaftliche Hilfskraft im Projekt Jugendarbeit mit Perspektive (JumP) an der Hochschule Kempten
Arbeits- und Forschungsschwerpunkte: Jugendarbeit, Partizipation, Projektplanung, Beteiligungskonzepte, Bildungsgerechtigkeit
Mail: info@tuteka.de
Thomas Miller, M.A., B.A.
Soziale Arbeit, wissenschaftlicher Mitarbeiter / Lehrbeauftragter an der Hochschule Kempten, Supervisor / Coach / freier Trainer für soziale Kompetenzen
Arbeits- und Forschungsschwerpunkte: Biographieforschung, neue Lehr- und Lernformen, Partizipation, Jugendforschung, Supervision, Coaching, (Outdoor)-Training, Seminare, Teamentwicklung, Fortbildungen, Impulsvorträge
Mail: info@divent.eu
Peter Nick, Prof. Dr.,
Diplompädagoge (Schwerpunkt Sozialarbeit und Sozialpädagogik), Diplomtheologe, Promotion in Sozialpsychologie, Lehrgebiet Soziale Arbeit, Fakultät Soziales und Gesundheit, Hochschule Kempten
Arbeits- und Forschungsschwerpunkte: Theorien der Sozialen Arbeit, Kommunikation, Jugendarbeit und Jugendarbeitsforschung, Interkulturalität und interkulturelle Soziale Arbeit, Soziale Disparitäten und Intersektionalität
Mail: peter.nick@hs-kempten.de
Patricia Pfeil, Prof. Dr.,
Soziologin und Dipl. Soz. Päd. (FH), Lehrgebiet Organisation der Sozialwirtschaft, Fakultät Soziales und Gesundheit, Hochschule Kempten
Arbeits- und Forschungsschwerpunkte: Qualitative Methoden, Evaluation, Fragen Sozialer Risiken, Jugend, Diversity
Mail: patricia.pfeil@hs-kempten.de
Theresa Riechert, M.A.
Erziehungswissenschaft, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt „Jugendarbeit mit Perspektive" an der Hochschule Kempten
Regina Roland, M.A., Dipl.-Sozialpädagogin (FH),
Kultur- und Sozialanthropologin, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Hochschule Kempten
Andreas Rottach, M.A.,
Soziologie, Deutsches Jugendinstitut (DJI), wissenschaftlicher Referent im Projekt Arbeitsstelle europäische Jugendpolitik (AeJP), wissenschaftlicher Mitarbeiter im Projekt Jugendarbeit mit Perspektive (JumP) an der Hochschule Kempten
Arbeits- und Forschungsschwerpunkte: Jugend- und Bildungsforschung, Evaluation
Mail: rottach@dji.de
Victoria Vonau, M.A.
Interdisziplinäre Anthropologie, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Hochschule Kempten
Arbeits- und Forschungsschwerpunkte: professionelle Identität, Kulturanthropologie, Etho-Ethnologie, geschlechtersensible partizipative Forschungsmethoden
Fußnoten
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Ein besonderer Dank für die Mitarbeit in den Forschungsprojekten und bei der Erarbeitung der Forschungsergebnisse gilt den Wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen in den Projektteams Marion Einsiedler, Micha Jung, Thomas Miller, Stephan Müller, Theresa Riechert, Regina Roland, Andreas Rottach, Veronika Vonau, Monika Winter. Sie haben mit hohem Engagement und großer Zuverlässigkeit wesentlich zum Zustandekommen der Forschungsergebnisse beigetragen. Sie wurden unterstützt durch viele Studentische Hilfskräfte aus den Studiengängen der Fakultät Soziales und Gesundheit der Hochschule Kempten, die an dieser Stelle nicht alle genannt werden können. Auch an sie geht ein Dank für ihre wichtige Unterstützungsarbeit. Ein herzliches Dankeschön geht an Prof. Dr. Andreas Thimmel von der Technischen Hochschule Köln für seine fachliche, wissenschaftliche und kollegiale Beratung des Forschungsprojektes. Diese hat wesentlich zur Qualität der Forschungsergebnisse beigetragen.
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Im Zuge einer qualitativen Längsschnittstudie wurden die Studierenden über den Abschluss hinaus befragt, um individuelle Fragen der Qualifizierung und des „Aufstiegs durch Bildung" unter Berücksichtigung des zeitlichen Verlaufs zu beantworten. Im Fokus stand dabei die Entwicklung einer professionellen Identität (vgl. Miller et al. 2021).
Teil IRahmenbedingungen, Strukturvoraussetzungen und Wege zum Lebenslangen Lernen
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P. Nick, P. Pfeil (Hrsg.) Neue Wege an Hochschulenhttps://doi.org/10.1007/978-3-658-33452-9_1
„Aufstieg durch Bildung" – eine Einordnung
Marion Einsiedler¹
(1)
Projekt Jugendarbeit mit Perspektive (JumP), Hochschule Kempten, Kempten (Allgäu), Deutschland
Marion Einsiedler
Email: marion.einsiedler@hs-kempten.de
Schlüsselwörter
Aufstieg durch BildungBerufsbegleitendes StudiumBildungschancenBologna-ProzessDurchlässigkeitJugendarbeitNicht-traditionell StudierendeÖffnung der Hochschulen
1 Herausforderungen im Prozess der Öffnung der Hochschulen
Der Prozess der Öffnung deutscher Universitäten und Hochschulen wurde im letzten Jahrzehnt durch zahlreiche Initiativen und Programme vorangetrieben. Als ein solches Programm unterstützte der Bund-Länder-Wettbewerb „Aufstieg durch Bildung: offene Hochschulen in seiner zweiten Förderrunde auch die Begleitforschungsprojekte an der Hochschule Kempten „Jugendarbeit und Bildung – Implementierung in den Studiengang Soziale Arbeit mit dem Schwerpunkt Jugendarbeit (JuB_Imp_So)
und „Jugendarbeit mit Perspektive (JumP) – Förderung der Professionalitätsentwicklung in der Kinder- und Jugendarbeit durch die Evaluierung und Weiterentwicklung des Studiengangs ‚Soziale Arbeit mit dem Schwerpunkt Jugendarbeit‘".
Ausgehend von dem reklamierten Bildungsnotstand in Deutschland und Reaktionen darauf mit einer Bildungsreform, die sich spätestens seit den 1970er Jahren entscheidend auf deutsche Universitäten und Hochschulen auswirkte (Balke und Stange 2018, S. 37; Geißler 2014, S. 340; Hemkes und Wilbers 2019, S. 11), war die Hochschulbildung in den letzten Jahrzehnten zahlreichen, teils tiefgreifenden Reformprozessen unterworfen, zu denen unter anderem das Streben nach einer Öffnung der Hochschulen für neue Zielgruppen zählt. Dies wurde erneut durch die Bologna-Reformen¹ im Jahr 2009 angestoßen und ist bis heute ein gesellschaftlich, bildungs- und arbeitsmarktpolitisch hochrelevantes Thema, das großen Einfluss auf die Hochschulsteuerung und die Gestaltung der Studienstrukturen besitzt (Buß et al. 2018, S. 11).
Um die bildungspolitisch geforderten Änderungen vor Ort an den Hochschulen adäquat umzusetzen, bedarf es der Berücksichtigung der Interessen, Bedürfnisse und Vorstellungen der involvierten Akteur*innen: Hochschulpolitik, Hochschulleitung, Lehrende und Studierende. Denn „[p]olitisch gewünschte Veränderungen lassen sich […] nur realisieren, wenn die Ziele an sich und der Weg dorthin von den beteiligten (und zu beteiligenden) Akteur_innen geteilt und in gemeinsamer Verantwortung getragen und gestaltet werden." (Buß et al. 2018, S. 13) Widersprüche und ambivalente Haltungen müssen somit wahr- und ernstgenommen und diskursiv ausgehandelt werden. Selbst bei einer grundsätzlichen Befürwortung einer Hochschulöffnung befürchten beispielsweise einige Hochschullehrende gleichzeitig einen Qualitätsverlust des Studiums, einhergehend mit einem erhöhten Arbeitsaufwand im Rahmen der Beratung und Betreuung (Buß et al. 2018, S. 13–14). Es gilt daher, entsprechende Instrumente der Steuerung und Beteiligung zu implementieren oder zu fördern, um „Veränderungen im Sinne der Hochschulöffnung in den Hochschulen mit ihren autonomen Hochschulmitgliedern umzusetzen" (Buß et al. 2018, S. 14) und dabei die Auswirkungen auf die genannten Akteur*innen-Gruppen zu berücksichtigen (Hall und Hord 2014).
Um diese Prozesse steuern und verantworten zu können, ist ein tiefer gehendes Verständnis der Hintergründe und der Relevanz einer Öffnung der Hochschulen für nicht-traditionell Studierende² und die damit einhergehende Förderung der Durchlässigkeit (Hemkes et al. 2019) des (Hochschul-)Bildungssystems unabdingbar. Diese Relevanz ergibt sich aus vielfältigen gesellschaftlichen, ökonomischen, arbeitsmarkt- und bildungspolitischen Ansprüchen.
Aus gesellschaftlicher Perspektive sollen unter anderem Bildungsbenachteiligungen ausgeglichen, neue Zugangswege zu hochschulischer Bildung eröffnet sowie die im Vergleich zu anderen europäischen Staaten insgesamt geringe Akademiker*innenquote in Deutschland erhöht werden (Buß et al. 2018, S. 17; Hemkes und Wilbers 2019, S. 12), um den Bedarf an akademisch qualifiziertem Personal in einer zunehmend komplexen Wissensgesellschaft zu decken. Dieser besteht nach wie vor, so Imke Buß et al. (2018), „ungeachtet einer Debatte zum ‚Akademisierungswahn‘ (Nida-Rümelin 2014)" (Buß et al. 2018, S. 17). Das Bemühen um eine Flexibilisierung des Zugangs zu hochschulischer Bildung hat auch zum Ziel, dem auf dem deutschen Arbeitsmarkt allgemein konstatierten Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Gleichzeitig soll den steigenden Qualifikationsanforderungen begegnet werden, die einerseits mit Forderungen nach dem Einbezug wissenschaftlichen Wissens, entsprechender Methoden und Kompetenzen (Schubarth und Speck 2014) in die Berufspraxis verbunden werden sowie andererseits mit der stärkeren Berücksichtigung von Praxisbezügen in der akademischen Theorie (Hemkes und Wilbers 2019, S. 15).
Auf bildungspolitischer Ebene stehen die Forderungen nach Durchlässigkeit zwischen beruflicher und akademischer Bildung sowie nach lebenslangem Lernen im Mittelpunkt. In Deutschland sind berufliche und akademische Bildungswege traditionell stark voneinander getrennt und gelten „hinsichtlich Bildungsauftrag, -verständnis und -ziel, Strukturen und Akteuren sowie auch ökonomischen Verwertungsfunktionen und gesellschaftlichen Wertzuschreibungen vielfach als inkompatibel" (Hemkes und Wilbers 2019, S. 11), was sich unter anderem in spezifischen Zugangsbeschränkungen zu hochschulischer Bildung niederschlägt. Lange Zeit konnte ein Hochschulstudium nur mit schulisch erworbener HZB (Hochschulzugangsberechtigung) aufgenommen werden, was sich, auch vor dem Hintergrund der Notwendigkeit und des bildungspolitischen Ziels, lebenslanges Lernen zu ermöglichen, zunehmend ändert und im Kontext der Bologna-Reform und anderer Rahmensetzungen zur Öffnung der Hochschulen weiter aufgebrochen wird (Buß et al. 2018, S. 20). Lebenslanges Lernen wird dabei inzwischen von der Kommission der Europäischen Gemeinschaft definiert als „alles Lernen während des gesamten Lebens, das der Verbesserung von Wissen, Qualifikationen und Kompetenzen dient und im Rahmen einer persönlichen, bürgergesellschaftlichen, sozialen, bzw. beschäftigungsbezogenen Perspektive erfolgt." (Kommission der Europäischen Gemeinschaften 2001, S. 9)
Gesetzliche und rechtliche Änderungen sind erforderlich, reichen allein jedoch nicht aus, um die Durchlässigkeit von Bildung zu befördern. Die Studienangebote und -bedingungen müssen die genannten Dimensionen ebenso berücksichtigen, wie sie inhaltlich, didaktisch und strukturell zu den Bildungs- und Berufsbiographien, zu den Interessen sowie zu den spezifischen Lebenssituationen der Studierenden passen sollten (siehe hierzu die Beiträge von Miller et al. „Effizientere Lerngruppen durch Steigerung der Selbststeuerung, Rottach et al. „Tandem Teaching
und Jung et al. „Digitale Lehr- und Lernformen in diesem Band). Auch die zeitliche Organisation während des Studiums sollte, vor allem in Hinblick auf die Gruppe der berufsbegleitend Studierenden, bedacht werden (vgl. den Beitrag von Miller et al. „Berufsbegleitend studieren
in diesem Band). All diese Aspekte erfordern auch eine Anpassung der Informations- und Beratungsangebote an die spezifischen Bedürfnisse der erweiterten Zielgruppe der Studieninteressierten (Hemkes und Wilbers 2019, S. 21). Hier werden die Vielfalt, aber auch die Verschränkung der Bedarfe und Maßnahmen in Verbindung mit den Öffnungsprozessen, auf Makro-, Meso- und Mikroebene deutlich. Politische Beschlüsse und Initiativen, deren hochschulspezifische Interpretation und Berücksichtigung in der Angebots- und Infrastruktur sowie die konkrete Gestaltung dieser Studien-, Beratungs- und weiterer Angebote – orientiert an den individuellen Bedürfnissen der Studierenden – können nur gemeinsam wirkungsvoll zu einer umfassenden Öffnung der Hochschulen führen.
Um diesem multidimensionalen Anforderungspaket, das mit dem Bestreben der Öffnung der Hochschule einhergeht, gerecht zu werden, werden weiterhin politische Rahmenbedingungen geschaffen, die Gesetzgebung angepasst (Hemkes und Wilbers 2019, S. 16–17) und Qualifikationserwartungen und -standards definiert (zum Beispiel „Europäischer Qualifikationsrahmen; „Deutscher Qualifikationsrahmen
(Hemkes und Wilbers 2019, S. 17–19); die Beiträge in diesem Band von Rottach et al. „Öffnung der Hochschule für beruflich Qualifizierte und Jung & Roland „Anerkennung (außer-)hochschulisch erworbener Kompetenzen
). Ein wichtiger Bestandteil dieser Maßnahmen ist der Hochschulzugang für beruflich Qualifizierte, der im Jahr 2009 durch die Kultusministerkonferenz geregelt wurde (Kultusministerkonferenz 2002). Die Hochschulen sind mittlerweile zur Anrechnung beziehungsweise Anerkennung außerhochschulischer Leistungen verpflichtet, was die Fokussierung auf Kompetenzen und Lernziele anstelle von (ausschließlich) formalen Zertifikaten und damit auch die Durchlässigkeit zwischen den Bildungssystemen fördern soll (Schiefner et al. 2011). Diese und weitere Rahmenbedingungen führen zu Gestaltungsaufträgen an die Hochschulen, die diese unter anderem mittels der Flexibilisierung von Studiengängen, der Ausdifferenzierung der Studien- und Weiterbildungsangebote sowie neuer oder angepasster Beratungs- und Unterstützungsleistungen (siehe hierzu den Beitrag von Roland et al. „Biographische Bildungsberatung") zu erfüllen versuchen (Buß et al. 2018, S. 21). Um daraus resultierende Maßnahmen zielgruppengerecht umzusetzen, sind die Definition und Beschreibung der Zielgruppe der Studierenden, insbesondere der Gruppe der nicht-traditionell Studierenden, erforderlich.
2 Umgang mit der Heterogenität unter nicht-traditionell Studierenden
Zum Begriff der „nicht-traditionell" Studierenden (Wolter et al. 2016; Hanft et al. 2015) wie auch zur Frage, welche Gruppen überhaupt als nicht-traditionell zu bezeichnen sind, existieren national wie international diverse