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Transfusionspraxis
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eBook664 Seiten6 Stunden

Transfusionspraxis

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Über dieses E-Book

Bei der Bluttransfusion handelt es sich um die Transplantation eines fremden flüssigen Organs. Blutkomponenten und Plasmaderivate sind dabei verschreibungspflichtige Arzneimittel und dürfen nur auf ärztliche Anordnung abgegeben werden. Von dem am Patienten tätigen Arzt werden damit grundlegende klinisch-transfusionsmedizinische Kenntnisse für den differenzierten Umgang mit Blutkomponenten und Plasmaderivaten gefordert. Das vorliegende Werk gibt diese Hilfestellung und vermittelt Basiswissen zu Blutprodukten und Transfusionen für Nicht-Transfusionsmediziner. Es beschreibt u.a. die Risiken von Bluttransfusionen, die Grundlagen der Blutgruppenserologie und die Zusammensetzung von Blut und Blutprodukten sowie das Management bei Transfusionszwischenfällen; es geht auf das aktuelle Transfusionsgesetz ein und die Richtlinien zur Bluttransfusion sowie auf die Verordnung und Gabe von Blut und Blutprodukten. Das Werk ist praxisnah und übersichtlich gestaltet mit vielen konkreten Tipps, Flussdiagrammen und Tabellen.

Die 2. Auflage erscheint komplett aktualisiert erweitert, u.a. zu juristischen und arzneimittelrechtlichen Aspekten autologer Transfusionsverfahren und zum Effektivitätsvergleich autologer Verfahren wie Eigenblutspende versus Hämodilution versus maschinelle Autotransfusion.

Das Werk richtet sich an klinisch tätige Ärzte aller Fachdisziplinen, die keine ausgewiesenen Transfusionsmediziner sind.

SpracheDeutsch
HerausgeberSpringer
Erscheinungsdatum11. Aug. 2014
ISBN9783642554285
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    Buchvorschau

    Transfusionspraxis - Günter Singbartl

    © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

    Günter Singbartl und Gabriele Walther-Wenke (Hrsg.)Transfusionspraxis10.1007/978-3-642-55428-5_1

    1. Allogene Blutkomponenten – Zusammensetzung, Lagerung, Anwendung, Dokumentation

    G. Walther-Wenke¹  

    (1)

    DRK Blutspendedienst West, Zentrumfür Transfusionsmedizin Münster, Postfach 1767, 48006 Münster, Deutschland

    G. Walther-Wenke

    Email: g.walther-wenke@bsdwest.de

    1.1 Einleitung

    1.2 Erythrozytenkonzentrat

    1.3 Therapeutisches Plasma

    1.4 Thrombozytenkonzentrat

    Literatur und Internetadressen

    1.1 Einleitung

    In Deutschland wurden im Jahr 2012 nach Angaben des Paul-Ehrlich-Instituts 4,3 Mio. Erythrozytenkonzentrate, 494.000 Thrombozytenkonzentrate und 987.000 therapeutische Plasmen verbraucht. Der Anteil präoperativer Eigenblutspenden lag bei 0,5 % (Jahr 2000: 4,7 %), deren Verfallsquote bei 50 %. Mit der Blutspende und der Blutkomponentenherstellung befassen sich Einrichtungen des Roten Kreuzes, der Universitäten, einiger großer Krankenhäuser und Institutionen in privater Trägerschaft.

    Die konsequente Umsetzung des Arzneimittelrechts in Verbindung mit den Zulassungsverfahren für Blutkomponenten beim Paul-Ehrlich-Institut und der Arzneimittelaufsicht der Länder führt zu weitgehend einheitlichen Standards bei der Auswahl von Blutspendern, den Herstellungs- und Prüfverfahren und der Qualitätssicherung.

    Das Zulassungsverfahren für Arzneimittel aus Blut verlangt vom pharmazeutischen Unternehmer die Vorlage einer ausführlichen Dokumentation über Herstellung, Prüfung und Qualität der Blutkomponenten. Änderungen im Herstellungs- oder Prüfverfahren sind anzeige- oder genehmigungspflichtig.

    1.2 Erythrozytenkonzentrat

    1.2.1 Standard-Erythrozytenkonzentrat

    Standardpräparat ist das leukozytendepletierte Erythrozytenkonzentrat (EK) in Additivlösung.

    Als wirksame Bestandteile enthält es die Erythrozyten aus 450–500 ml Vollblut. Die Erythrozyten werden nach der weitestgehenden Entfernung des Spenderplasmas und der Leukozyten in wässriger Additivlösung suspendiert. Angestrebt wird ein Hämatokrit von ca. 60 %. Additive Lösungen (z. B. SAG-M, PAGGS-M) enthalten u. a. Glukose, die während der Lagerung von den Erythrozyten konsumiert wird, Mannitol zur Reduktion der Hämolyse und Adenin für die ATP-Produktion. In Additivlösung gelagerte Erythrozyten zeigen geringe morphologische Veränderungen, eine niedrige Hämolyserate und weisen am Ende der Haltbarkeitsfrist (SAG-M bis zu 42 Tage, PAGGS-M bis zu 49 Tage) eine Überlebensrate in vivo von >75 % auf. Aus dem Hämatokrit von etwa 60 % ergeben sich gute Fließeigenschaften.

    Die vom Hersteller deklarierte Haltbarkeitsfrist auf dem Präparateetikett endet am Verfallsdatum um 24 Uhr.

    In Abhängigkeit von der Lagerungszeit kommt es zu einem Kaliumaustritt aus den Erythrozyten , der am Ende der deklarierten Lagerungsdauer zu einem Gehalt von ca. 5–6 mmol extrazellulärem Kalium im zellfreien Überstand eines Erythrozytenkonzentrats führt. Üblicherweise wird die extrazelluläre Kaliumkonzentration in mmol/l zellfreiem Überstand angegeben. Das Gesamtvolumen von Additivlösung und Restplasma liegt bei 110–130 ml pro EK. Wird das extrazelluläre Kalium in mmol pro Liter zellfreiem Überstand angegeben, entspricht der Wert derjenigen Kaliummenge, die in etwa 8–9 EK vorhanden ist.

    Tab. 1.1 stellt Zusammensetzung von EK und Qualitätsanforderungen dar.

    Tab. 1.1

    Erythrozytenkonzentrat in Additivlösung

    Erythrozyten in Additivlösung sind für Transfusionen in der Pädiatrie geeignet. Die zum Erythrozytenkonzentrat gehörige Gebrauchs- und Fachinformation des pharmazeutischen Unternehmers enthält alle relevanten Angaben.

    1.2.2 Gewaschenes Erythrozytenkonzentrat

    Das Waschen von Erythrozyten mit physiologischer Kochsalzlösung erfolgt im funktionell geschlossenen System. Sterile Schlauchschweißverbindungen ermöglichen die Zugabe von NaCl-Lösung und die Entfernung des Überstandes nach der Zentrifugation der Erythrozytensuspension. Ziel ist die Entfernung von Plasmaproteinen, die allergische/anaphylaktische Reaktionen auslösen können. Der Proteingehalt wird bei 1 % der gewaschenen EK überprüft und muss <1,5 g/l zellfreiem Überstand liegen. Die Produktspezifikation entspricht im übrigen dem Standard-EK. Die Haltbarkeit gewaschener EK ist abhängig davon, ob die Suspension der Erythrozyten in physiologischer Kochsalzlösung oder in Additivlösung erfolgt und ist auf dem EK deklariert.

    1.2.3 Bestrahltes Erythrozytenkonzentrat

    Teilungsfähige T-Lymphozyten in zellulären Blutkomponenten können bei immunkompromittierten Patienten und bei speziellen Spender-Empfängerkonstellationen eine transfusionsassoziierte Graft-versus-Host-Krankheit auslösen.

    Die Bestrahlung von Blutkomponenten mit Gamma- oder Röntgenstrahlen mit einer Dosis von 30 Gy inhibiert die T-Zell-Proliferation, ohne die Zellfunktion von Erythrozyten und Thrombozyten wesentlich zu beeinträchtigen.

    Die Indikation für bestrahlte zelluläre Komponenten ist gemäß den Querschnittsleitlinien gegeben bei:

    Intrauteriner Transfusion, Transfusion von Neugeborenen nach intrauteriner Transfusion, Austauschtransfusion

    Angeborener Immundefizienz (SCID)

    Autologer bzw. allogener Blutstammzell- oder Knochenmarktransplantation

    14 Tage vor und mindestens 3 Monate nach autologer Transplantation bzw. mindestens 6 Monate nach allogener Transplantation

    Morbus Hodgkin und Non-Hodgkin-Lymphomen, alle Stadien

    Therapie mit Purinanaloga (Fludarabin, Cladribin)

    HLA-ausgewählten und gerichteten zellulären Blutkomponenten von Verwandten

    Infolge der Bestrahlung verlieren die Erythrozyten verstärkt Kalium, nicht als Folge einer Hämolyse, sondern vielmehr durch eine Störung der Ionenpumpen. Im Vergleich zu nicht bestrahlten EK liegt bei bestrahlten EK der Gehalt an extrazellulärem Kalium in der Additivlösung zum gleichen Messzeitpunkt etwa doppelt so hoch. Deshalb wird die Haltbarkeitsfrist bestrahlter EK vom Hersteller in der Regel soweit verkürzt, dass die maximale Menge freien Kaliums mit 5–6 mmol/EK nicht höher liegt als bei unbestrahlten EK am Ende der Haltbarkeit.

    Prinzipiell sollte die Bestrahlung zeitnah zur Anwendung erfolgen. Nach der Transfusion kommt es zu einer Wiederaufnahme des Kaliums in die Erythrozyten.

    Für die Pädiatrie gilt orientierend, dass mit 10 ml EK am Ende der 2. Lagerungswoche ca. 0,1 mmol freies Kalium zugeführt wird, mit 10 ml bestrahltem EK ~0,2 mmol K+.

    Die Leukozytendepletion, das Waschen oder die Kryokonservierung ersetzen die Bestrahlung nicht.

    1.2.4 Kryokonserviertes Erythrozytenkonzentrat

    Leukozytendepletiertes Erythrozytenkonzentrat wird zeitnah zur Blutspende unter Zusatz eines Kryokonservierungsmittels (Glycerol) tiefgefroren und in Stickstoff bei Temperaturen unterhalb von –80 °C gelagert. Die Haltbarkeit beträgt unter diesen Bedingungen mehr als 10 Jahre. Zeitnah zur Transfusion erfolgen das Auftauen, Waschen zur Entfernung der Gefrierschutzlösung und die Suspension in physiologischer Kochsalzlösung. Aufgrund herstellungsbedingter Erythrozytenverluste liegt der Hb-Gehalt mit ca. 36 g/Einheit niedriger als beim Standard-EK.

    Nach der Rekonditionierung sind diese EK zur unverzüglichen Transfusion vorgesehen. Aufgrund des hohen Aufwandes bei der Herstellung und Lagerung werden nur EK mit sehr seltenen Merkmalskonstellationen zur Versorgung von Problempatienten mit Alloantikörpern gegen hochfrequente Merkmale oder problematischen Antikörpergemischen in wenigen spezialisierten Einrichtungen vorgehalten.

    1.2.5 Lagerung von Erythrozytenkonzentrat

    Die Lagerungsbedingungen für Erythrozytenkonzentrat sind:

    Lagerungstemperatur 2–6 °C im geeigneten Kühlschrank

    Fortlaufende Temperaturregistrierung mit Dokumentation und Alarmvorrichtung bei Unter- und Überschreitung des vorgeschriebenen Temperaturbereichs

    Zentrale Alarmvorrichtung mit 24-Stunden-Überwachung zwecks Intervention bei technischen Störungen

    Beachtung der Haltbarkeitsdaten der EK durch regelmäßige Überprüfung

    Zugangsbeschränkung auf befugte Personen

    Die Haltbarkeitsfrist von EK ist so bemessen, dass 24 h nach der Transfusion ca. 80 % der Zellen im Empfängerkreislauf auffindbar sind und dann eine normale Überlebenszeit aufweisen. Die Lagerungsqualität von Erythrozyten profitiert deutlich von der Leukozytendepletion und der Suspension in Additivlösung.

    Lagerungsschäden

    Gleichwohl kommt es mit zunehmender Lagerungsdauer zu einem Absinken der ATP-Konzentration und Formveränderungen. Der intraerythrozytäre 2,3-DPG-Gehalt sinkt mit der Folge der erhöhten Sauerstoffaffinität, die sich aber innerhalb von 24 h nach der Transfusion normalisiert. Auch wenn Lagerungsschäden der Erythrozyten in vivo weitgehend reversibel sind, sollen bei Massivtransfusionen EK mit einer Lagerungszeit von <14 Tagen bevorzugt werden. Für Austauschtransfusionen und bei größeren Transfusionsvolumina in der Pädiatrie sollten EK mit einer möglichst kurzen Lagerzeit (<7 Tage) bevorzugt werden.

    1.2.6 Anwendung von Erythrozytenkonzentrat

    Tipp

    Bei einem normalgewichtigen Erwachsenen ohne gesteigerten Erythrozytenverbrauch ist nach Übertragung eines EK mit einem Hämoglobinanstieg von ca. 1 g/dl bzw. einem Hämatokritanstieg um 3–4 % zu rechnen.

    Vorbereitende Kontrollen

    Fehltransfusionen können lebensbedrohliche Folgen für den Patienten haben. Deshalb sind verschiedene Kontrollen vorgeschrieben, die vom transfundierenden Arzt persönlich vorzunehmen sind.

    Der transfundierende Arzt kontrolliert:

    Vorliegen der Patientenaufklärung und schriftlichen Einwilligung

    Indikationsstellung unter Beachtung der Querschnittsleitlinien zur Therapie mit Blutkomponenten und Plasmaderivaten

    Die Indikation muss aus der dokumentierten Diagnose sowie den dokumentierten korrespondierenden Befunden (Laborbefund, klinische Befunde) hinreichend ersichtlich sein.

    Ggf. Sonderindikationen (bestrahlt/gewaschen)

    Korrekte Zuordnung von Erythrozytenkonzentrat und Begleitschein mit den serologischen Ergebnissen zum Patienten (Name, Vorname, Geburtsdatum)

    Übereinstimmung von Blutgruppe auf dem EK mit der Blutgruppe des Patienten bzw. bei AB0-ungleicher Transfusion Blutgruppenkompatibilität

    Übereinstimmung der Konserven-Nummer des EK mit der Angabe auf dem Begleitschein

    Verfallsdatum des EK

    Unversehrtheit des EK: Beschädigung des Beutels, Gerinnselbildung, Hämolysezeichen, extreme Dunkelverfärbung/Abweichung vom gewohnten Bild

    Gültigkeit der serologischen Verträglichkeitsprobe: 3 Tage ab Entnahme der Patientenblutprobe

    Zur Patientenaufklärung wird auf Kap. 4 verwiesen.

    Transfusionsbesteck

    Das Standardtransfusionsbesteck mit einer Porengröße von 170–230 µm ist zu verwenden. Mikrofilter mit 10–40 µm Porengröße sind nicht erforderlich, da leukozytendepletierte Erythrozytenkonzentrate mit additiver Lösung keine klinisch bedeutsamen Mengen an Mikroaggregaten enthalten.

    Erwärmen von Erythrozytenkonzentrat

    Im Regelfall ist ein Erwärmen nicht erforderlich. Bereits nach 30 min außerhalb der Kühlung übersteigt die Präparatetemperatur 10 °C.

    Ausnahmen sind Massivtransfusionen mit der Zufuhr von mehr als 50 ml pro Minute, Unterkühlungsrisiko beim Patienten, Patienten mit Kälteagglutininkrankheit bzw. hochtitrigen Kälteagglutininen oder eine entsprechende Empfehlung des blutgruppenserologischen Labors. Zur Erwärmung werden ausschließlich für diesen Zweck vorgesehene Geräte eingesetzt. Die Präparatetemperatur darf 37 °C nicht überschreiten, da sonst eine Hämolyse droht. Erwärmte EK sind unverzüglich zu transfundieren und nicht mehr lagerfähig.

    Bedside-Test

    Nach Durchführung der Kontrollen führt der Arzt am Krankenbett den Bedside-Test selbst durch oder lässt ihn unter seiner direkten Aufsicht durchführen.

    Der Bedside-Test ist der letzte Arbeitsschritt unmittelbar vor der Transfusion, der lebensbedrohliche AB0-inkompatible Transfusionen verhindern kann. Deshalb ist er vor Transfusionen von EK im Regel- und im Notfall zwingend notwendig.

    Beim Bedside-Test wird hierfür entnommenes Vollblut des Patienten mit Anti-A-Antiserum (Farbkodierung blau) und Anti-B-Antiserum (Farbkodierung gelb) gemischt, um die AB0-Eigenschaften des Patienten festzustellen und die Übereinstimmung oder aber die Kompatibilität mit der Blutgruppe auf dem Präparatetikett und Übereinstimmung mit der Patientenblutgruppe auf dem Begleitschein sicherzustellen (Abb. 1.1). Die Testung auf das Rhesusmerkmal D auf Bedside-Testkarten ist unsicher und nicht erforderlich.

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    Abb. 1.1

    Blutgruppenbestimmung mit Bedside-Testkarte

    Der Bedside-Test ist nur ablesbar, wenn das Mischungsverhältnis Patientenerythrozyten : Antiserum so ist, dass das Antiserum im Überschuss vorhanden ist. Gemeint ist, dass ein winziger Tropfen Vollblut in ein mehrfaches Volumen des Antiserums gegeben wird.

    Tipp

    Deutliche Agglutinate sind nur erkennbar, wenn wenig Vollblut des Patienten mit viel Antiserum vermischt wird.

    Die Patientenblutgruppe muss zweifelsfrei bestimmt werden. Bei Zweifeln/Diskrepanzen ist sofort Rücksprache mit dem Labor zu nehmen.

    Das Ergebnis des Bedside-Testes wird auf dem Transfusionsprotokoll dokumentiert, die Karte wird anschließend entsorgt.

    Wechselt bei einer Serie von EK-Transfusionen bei einem Patienten der transfundierende Arzt, führt der dann zuständige Arzt die beschriebenen Kontrollen einschließlich Bedside-Test erneut durch. Die dafür vorgesehene Patientenblutprobe darf nicht aus dem venösen Zugang mit dem anhängenden Transfusionsbesteck entnommen werden, da sonst die Blutgruppe der Spendererythrozyten bestimmt würde.

    Einleitung und Ablauf der Erythrozytenkonzentrattransfusion , Patientenüberwachung

    Durchführung der Erythrozytenkonzentrattransfusion

    Der Dorn des Transfusionsbestecks wird unter Vermeidung einer Kontamination vollständig in den Transfusionsstutzen eingeführt. Die Tropfkammer und das Schlauchsystem werden befüllt und an den venösen Zugang angeschlossen. Über denselben Zugang dürfen zeitgleich keine anderen Medikamente/Infusionslösungen verabreicht werden, da die Gefahr der Gerinnselbildung oder Hämolyse besteht.

    Die Transfusionsgeschwindigkeit ist dem klinischen Zustand des Patienten anzupassen. Ein Transfusionsbesteck kann für mehrere EK, jedoch nur maximal 6 h benutzt werden.

    Eröffnete EK sind innerhalb von 6 h zu transfundieren oder zu verwerfen.

    Die Beimengung von Infusionslösungen/Medikamenten zu EK ist nicht erlaubt.

    In den ersten 10–15 min der Transfusion wird der Patient vom transfundierenden Arzt überwacht. Danach übernimmt geschultes Personal die weitere Überwachung. Es ist sicherzustellen, dass das damit betraute Personal die Symptome einer Transfusionsreaktion kennt, bei deren Auftreten die Transfusion sofort unterbricht und den zuständigen Arzt informiert, der kurzfristig erreichbar sein muss.

    Generell sollte außerhalb des Operationssaals und der Wach- bzw. Intensivstation in etwa 15-minütigen Abständen eine Pflegekraft während der Transfusion nach dem Patienten sehen und ihn nach seinem Befinden befragen. Temperaturanstieg/Pulsveränderungen, Blutdruckanstieg oder Abfall und Änderungen der Herzfrequenz sind zu erfassen.

    Anästhesierte Patienten unterliegen der direkten Aufsicht des zuständigen Anästhesisten.

    Nach Abschluss der Transfusion ist das Behältnis mit dem Restblut keimdicht zu verschließen (z. B. fester Knoten im Transfusionsschlauch/steriler Stopfen im Transfusionsstutzen) und im Kühlschrank bei 1–10 °C 24 h aufzubewahren. Bei Zeichen der Unverträglichkeit muss das Restbehältnis für die Ursachenklärung zur Verfügung stehen.

    Nach der Transfusion soll der Patient mindestens 30 min unter Kontrolle bleiben.

    Bei einer Transfusionsserie muss beachtet werden, dass eindeutig zu regeln ist, wer die Transfusion der jeweiligen Blutkomponenten einleitet. Überwiegend wird die Auffassung vertreten, dass die Einleitung jeder Transfusion und damit eines jeden Präparates persönlich von einem Arzt vorzunehmen ist und nicht auf Assistenzpersonal delegierbar ist.

    Eine mögliche Alternative wäre ein Mehrweg-Infusionssystem, mit dem zunächst kleine Teilvolumina der Blutkomponenten verabreicht werden. Hintergrund ist, dass jede Blutkomponente spezifische biologische Merkmale und Eigenschaften hat, die zu einer akuten Unverträglichkeitsreaktion führen können, die sofortiges ärztliches Handeln verlangt.

    Biologische Vorprobe nach Oehlecker

    Die von Oehlecker 1928 entwickelte biologische Vorprobe basierte auf der Erfahrung, dass eine akute Hämolyse durch eine serologische Unverträglichkeit bereits nach 20–30 min auftreten kann und durch eine Rotfärbung des Patientenplasmas sichtbar wird. Angesichts der heutigen Labormethoden zur Verträglichkeitssicherung hat die Oehlecker-Probe kaum mehr Bedeutung.

    In sehr seltenen Fällen z. B. von Autoimmunhämolyse kann die biologische Vorprobe nützlich sein, wenn eine serologische Verträglichkeitssicherung wegen positiver Kreuzproben nicht möglich ist.

    Durchführung der Oehlecker-Probe

    Vorsichtige Entnahme von 2 ml Citratblut beim Patienten wie für eine Blutsenkung (BSG)

    Transfusion von 20–30 ml Erythrozytenkonzentrat bei Erwachsenen

    30–60 min warten

    Erneute vorsichtige Entnahme von 2 ml Citratblut wie für BSG

    Zentrifugation der Blutproben und Farbvergleich des überstehenden Plasmas: Wenn das Plasma der zweiten Probe eine gegenüber dem Plasma der ersten Probe deutlich intensivere hämolytische Verfärbung aufweist, besteht hochgradiger Verdacht auf einen gefährlichen Alloantikörper. Das Blut darf nicht transfundiert werden.

    Dokumentation

    Auf dem Transfusionsprotokoll wird vom transfundierenden Arzt dokumentiert:

    Bedside-Test-Durchführung am Patientenbett mit Ergebnis der AB0-Bestimmung (Karte wird vernichtet)

    Pharmazeutischer Unternehmer

    Vollständige Konservennummer

    Blutgruppe des EK

    Datum/Uhrzeit der Transfusion

    Verträglichkeit der Transfusion, bei Zeichen der Unverträglichkeit gesonderte Protokollierung

    Datum, Unterschrift des transfundierenden Arztes, Name zusätzlich in Druckschrift

    Auf die laboranalytische Kontrolle des Transfusionseffektes und deren Dokumentation wird hingewiesen.

    Notfalltransfusion von Erythrozytenkonzentrat

    Notfalltransfusionen bei nicht durch eine Laboruntersuchung gesicherter serologischer Verträglichkeit werden nur bei vitaler Indikation durchgeführt. Auf die Ausführungen in Kap. 2 wird hingewiesen.

    1.3 Therapeutisches Plasma

    1.3.1 Herstellung und Zusammensetzung von therapeutischem Plasma

    Die Herstellung von Plasma erfolgt nach der Zentrifugation von Vollblut durch Überführung des Plasmas in einen Beutel oder durch Apherese. Einige Blutspendedienste stellen Plasma aus leukozytendepletiertem Vollblut her oder führen eine Leukozytendepletion des Plasmas durch, vorgeschrieben ist dies nicht. Zwischen der Blutspende und dem möglichst schnellen Einfriervorgang auf eine Temperatur von unterhalb –30 °C sollen weniger als 24 h liegen, um labile Gerinnungsfaktoren möglichst optimal zu erhalten. Nach einer Quarantänelagerung von mindestens 4 Monaten erfolgt eine erneute Testung der zugehörigen Blutspender auf Infektionsparameter als Voraussetzung für Freigabe der Plasmen für therapeutische Zwecke. Die Lyophilisation von Plasma erlaubt eine längerfristige Lagerung bei Raumtemperatur. Unmittelbar vor der Anwendung erfolgt die Rekonstitution mit Wasser für Injektionszwecke.

    Virusinaktiviertes Plasma wird aus Pools mit blutgruppengleichem Plasma mit dem Solvent/Detergent-Verfahren hergestellt (SD-Plasma), die Quarantäne entfällt.

    Therapeutisches Plasma, das zuvor im Herstellungsprozess eingefroren wurde, ist unabhängig vom Restleukozytengehalt nicht als Auslöser einer ta-GvHD bekannt. Daher besteht für Plasma keine Bestrahlungsindikation.

    Tab. 1.2 gibt einen Überblick zu tiefgefrorenem und lyophilisiertem Plasma . Die zum therapeutischen Plasma gehörige Gebrauchs- und Fachinformation des pharmazeutischen Unternehmers enthält alle relevanten Angaben.

    Tab. 1.2

    Therapeutisches Plasma (nach der Spende 4 Monate quarantänegelagert, Freigabe erst nach erneuter Testung des Spenders)

    1.3.2 Lagerung von therapeutischem Plasma

    Lagerungsbedingungen für Plasma

    Lagerung im Tiefkühlschrank bei –30 bis –40 °C, oder bei +2 bis +25 °C, die Hinweise des pharmazeutischen Unternehmers zur Haltbarkeit sind zu beachten.

    Fortlaufende Temperaturregistrierung mit Dokumentation und Alarmvorrichtung bei Überschreitung des vorgeschriebenen Temperaturbereichs

    Zentrale Alarmvorrichtung mit 24-Stunden-Überwachung zwecks Intervention bei technischen Störungen

    Beachtung der Haltbarkeitsdaten der Plasmen durch regelmäßige Überprüfung

    Zugangsbeschränkung auf befugte Personen

    1.3.3 Anwendung von therapeutischem Plasma

    Voraussetzung für die Transfusion von Plasma ist die Bestimmung der AB0-Blutgruppe des Patienten. Die serologische Verträglichkeitsprobe entfällt. Blutspender mit irregulären Alloantikörpern werden ausgeschlossen.

    Tiefgefrorenes Plasma ist vorsichtig zu handhaben, da der Beutel in der Kälte leicht zerbrechlich ist. Der Inhalt ist bei 37 °C (nicht darüber) in dafür zugelassenem Gerät schnell aufzutauen und dabei gelegentlich zu schwenken, nicht aber zu schütteln. Sämtliche Kryoproteine müssen gelöst werden.

    Lyophilisiertes Plasma , das einer speziellen Gefriertrocknungsprozedur unterzogen wurde, wird mit dem beigefügten Wasser für Injektionszwecke in einen vollständig gelösten Zustand überführt. Nicht schütteln, Schaumbildung ist zu vermeiden. Die Transfusion ist zeitnah anzuschließen, da sonst Qualitätsverluste, insbesondere Faktorenverluste bei den labilen Gerinnungsfaktoren eintreten.

    Vorbereitende Kontrollen

    Der transfundierende Arzt kontrolliert:

    Vorliegen der Patientenaufklärung und schriftlichen Einwilligung

    Indikationsstellung unter Beachtung der Querschnittsleitlinien für die Therapie mit Blutkomponenten und Plasmaderivaten

    Die Indikation muss aus der dokumentierten Diagnose sowie den dokumentierten korrespondierenden Befunden (Laborbefunde, klinische Befunde) hinreichend ersichtlich sein.

    Korrekte Zuordnung der Präparate zum Patienten (Name, Vorname, Geburtsdatum)

    Übereinstimmung bzw. Kompatibilität der AB0-Blutgruppe von Patient und Präparaten

    Übereinstimmung der Konservennummern der Plasmen bzw. der Chargennummern der SD-Plasmen mit der Angabe auf dem Begleitschein

    Verfallsdatum der Plasmen

    Unversehrtheit der Präparate, vollständige Lösung der Kryoproteine, keine Verfärbung oder Ausfällungen

    Transfusionsbesteck

    Für die Plasmatransfusion wird das Standardtransfusionsbesteck mit einer Porengröße von 170–230 µm verwendet. Für Lyophilisat in Flaschen muss ein Besteck mit bakteriendichter Belüftung gewählt werden. Innerhalb der 6-Stunden-Frist kann dasselbe Besteck für EK und Plasma benutzt werden.

    Bedside-Test

    Der AB0-Identitätstest entfällt.

    Einleitung und Ablauf der Plasmatransfusion , Patientenüberwachung

    Durchführung der Plasmatransfusion

    Der Dorn des Transfusionsbestecks wird unter Vermeidung einer Kontamination vollständig in den Transfusionsstutzen bzw. die Durchstichkappe eingeführt.

    Die Tropfkammer und das Schlauchsystem werden befüllt und an den venösen Zugang des Patienten angeschlossen.

    Über denselben Zugang dürfen zeitgleich keine anderen Medikamente/Infusionslösungen verabreicht werden.

    Die Transfusion muss möglichst schnell erfolgen, um eine entsprechende Wirkung zu erzielen.

    Das Transfusionsbesteck kann für mehrere unmittelbar hintereinander erfolgende Transfusionen (maximal 6 h) bei einem Patienten benutzt werden. Eröffnete Plasmen sind sofort zu transfundieren oder zu verwerfen.

    Aufgetaute Plasmen sind zeitnah zu verbrauchen und dürfen nicht erneut eingefroren werden. Die Beimengung von Infusionslösungen/Medikamenten zu Plasma ist nicht erlaubt.

    Für die Patientenüberwachung gilt sinngemäß das im ▶ Abschn. 1.2, „Anwendung von Erythrozytenkonzentrat" Gesagte. Nach Abschluss der Transfusion ist das Behältnis keimdicht zu verschließen (z. B. steriler Stopfen in Transfusionsstutzen/Knoten in Transfusionsschlauch) und im Kühlschrank bei 1–10 °C 24 h aufzubewahren. Bei Zeichen der Unverträglichkeit muss das Restbehältnis für die Ursachenklärung zur Verfügung stehen.

    Dosierung

    Tipp

    1 ml Plasma/kg Körpergewicht erhöht bei fehlender Umsatzsteigerung den Gehalt der Gerinnungsfaktoren und Inhibitoren oder den Quickwert um 1 % bzw. 1 IE und um 0,5–1 % bzw. 0,5–1 IE bei Umsatzsteigerung.

    Beispiel: Patient mit Quickwert von 40 %; Zielwert: 60 %, Differenz 20 %; Körpergewicht 75 kg. Dosis Plasma: 75 kg × 20 ml/kg = 1500 ml. Mengenangabe auf dem Präparateetikett beachten! Die Transfusion soll schnell erfolgen: 30–50 ml/Minute.

    Dokumentation

    Auf dem Transfusionsprotokoll wird vom transfundierenden Arzt dokumentiert:

    Pharmazeutischer Unternehmer

    vollständige Konservennummern bzw. Chargennummern der Plasmen

    Blutgruppe der Plasmen

    Datum/Uhrzeit der Transfusion

    Verträglichkeit der Transfusion, bei Zeichen der Unverträglichkeit gesonderte Protokollierung

    Datum, Unterschrift des transfundierenden Arztes, zusätzlich Name in Druckschrift

    Auf die laboranalytische Kontrolle des Transfusionseffektes und deren Dokumentation wird hingewiesen.

    Notfalltransfusion von therapeutischem Plasma

    Die Notfalltransfusion von Plasma erfolgt mit Präparaten der Blutgruppe AB, das universalverträglich ist, da es die Alloagglutinine Anti-A und Anti-B nicht enthält. Bei Vorliegen der AB0-Patientenblutgruppe wird auf AB0-gleiche Plasmen umgestellt, da nur 4 % der Bevölkerung die Blutgruppe AB hat und AB-Plasma deshalb nur begrenzt zur Verfügung steht.

    1.4 Thrombozytenkonzentrat

    1.4.1 Herstellung und Zusammensetzung von Thrombozytenkonzentrat

    Für die Herstellung von Thrombozytenkonzentrat (TK) mit einer therapeutischen Dosis für einen Erwachsenen stehen zwei Möglichkeiten zur Verfügung:

    Maschinelle Gewinnung von Apherese -TK von einem einzelnen Blutspender

    Präparation von TK aus Vollblutspenden

    Bei der Pool-TK-Produktion aus Vollblutspenden wird in einem ersten Herstellungsschritt der Buffy Coat (Trennschicht mit Leukozyten und Thrombozyten zwischen den Erythrozyten und dem Plasma nach der Vollblutzentrifugation) gewonnen und von vier AB0- und Rh-D-gleichen Vollblutspenden in einem Beutel unter Zugabe von Plasma einer der beteiligten Blutspenden oder Zugabe von Thrombozytenlagerlösung zusammen geführt. Mittels Zentrifugation und Separation wird dann ein Pool-TK gewonnen. Sowohl bei Pool-TK als auch bei Apherese-TK ist die Leukozytendepletion in die Herstellung integriert. Tab. 1.3 gibt einen Überblick zu Zusammensetzung und Eigenschaften.

    Tab. 1.3

    Pool-Thrombozytenkonzentrat und Apherese-Thrombozytenkonzentrat

    Die beiden Thrombozytenpräparate sind therapeutisch und im Hinblick auf ihr Risikoprofil nach derzeitigem Kenntnisstand gleichwertig. Bei Langzeitsubstitution und Thrombozytopenien mit erhöhtem Risiko für Immunisierung und Refraktärität werden Apherese-TK bevorzugt. Für die sichere Versorgung sind beide Präparationen unabdingbar notwendig. Die zum TK gehörige Gebrauchs- und Fachinformation des pharmazeutischen Unternehmers enthält alle relevanten Angaben.

    1.4.2 Gewaschenes Thrombozytenkonzentrat

    Das Waschen von TK mit einer speziellen Thrombozytenwaschlösung oder physiologischer Kochsalzlösung erfolgt im funktionell geschlossenen System. Der Plasmaproteingehalt soll auf <1,5 g/l zellfreiem Überstand gesenkt werden oder bei speziellen Indikationen wie der neonatalen Alloimmunthrombozytopenie soll aus Thrombozytenkonzentrat der Mutter der Antikörper entfernt werden. Der Waschprozess führt zu einem Thrombozytenverlust, der ggf. durch eine höhere Dosierung auszugleichen ist. Gewaschene TK müssen zeitnah zur Herstellung transfundiert werden.

    1.4.3 Bestrahltes Thrombozytenkonzentrat

    Die Bestrahlung mit Gamma- oder Röntgenstrahlen mit einer Dosis von 30 Gy soll die Übertragung mitosefähiger immunkompetenter Lymphozyten auf den Empfänger verhindern. Derzeit sind keine Parameter bekannt, die eine unerwünschte Auswirkung der Bestrahlung auf Thrombozyten anzeigen. Die Haltbarkeitsfrist bleibt daher unverändert. Die Indikation entspricht der von bestrahlten EK (▶ Abschn. 1.2, „Bestrahltes Erythrozytenkonzentrat").

    1.4.4 Pathogeninaktiviertes Thrombozytenkonzentrat

    Pathogeninaktivierungsverfahren an TK zielen auf die Schädigung des Erbgutes von Viren und Bakterien. Photoaktive Substanzen kombiniert mit UV-Bestrahlung oder auch UV-C-Belichtung sind im Rahmen zahlreicher Studien in ihrer Wirksamkeit und ihrem Einfluss z. B. auf die Recovery-Rate von Thrombozyten untersucht worden. Eine erste Zulassung eines pathogeninaktivierten Thrombozytenkonzentrats liegt in Deutschland vor. Ein Vorteil dieser Präparate ist das Entfallen der Bestrahlung zur Inaktivierung von T-Lymphozyten.

    1.4.5 Lagerung von Thrombozytenkonzentrat

    Die Lagerungsbedingungen für Thrombozytenkonzentrat sind:

    20–24 °C

    Temperaturüberwachung

    Ständige Agitation auf einem Spezialgerät

    Da Thrombozytenlagerungseinrichtungen im Krankenhaus im Regelfall nicht vorhanden sind, erfolgt die Beschaffung möglichst zeitnah zur Transfusion. Zur Überbrückung weniger Stunden zwischen Anlieferung und Transfusion wird die Zwischenlagerung bei Raumtemperatur und mehrfachem manuellen Durchmischen pro Stunde vorgenommen, um Qualitätseinbußen bei den empfindlichen Präparaten zu vermeiden. Insbesondere die Kühlung auf Werte von <20 °C führt zu einer raschen, gravierenden und irreversiblen Beeinträchtigung der Thrombozytenfunktion.

    Temperatur, pH-Wert und Gasaustausch sind die kritischen Faktoren für die Thrombozytenlagerung. Der Plättchenstoffwechsel führt zur Laktatproduktion, bei dessen Pufferung CO2 entsteht. Die gaspermeable Beutelfolie in Kombination mit der Agitation bei der Lagerung ermöglicht einen Gasaustausch, der dem Absinken des pH-Wertes entgegenwirkt. Bei pH-Werten von <6,4 schwellen Thrombozyten irreversibel an und es kommt zur Agglutination und Lyse. Dabei geht die typische Wolkenbildung, auch Swirling genannt, die auf der Lichtbrechung an intakten diskoiden Plättchen beruht, zurück. Swirling ist also ein wichtiges Qualitätsmerkmal.

    Bei optimaler Lagerung sind Thrombozyten 7–8 Tage haltbar, allerdings erfolgt eine Beschränkung auf 4-mal 24 h ab Mitternacht des Entnahmetages, um das Risiko der transfusionsassoziierten Sepsis zu reduzieren. Die Verlängerung der Haltbarkeitsfrist auf 5-mal 24 h macht das Paul-Ehrlich-Institut von einer Testung auf eine bakterielle Kontamination mit einer Schnellmethode an Tag 3, 4 oder 5 abhängig.

    1.4.6 Anwendung von Thrombozytenkonzentrat

    Voraussetzung für die Transfusion von TK ist die Bestimmung der AB0- und Rh-D-Blutgruppen beim Patienten. Die serologische Verträglichkeitsprobe entfällt. Mit der Transfusion eines Pool- oder Apherese-TK kann im Durchschnitt ein Thrombozytenanstieg um 20.000–40.000/µl beim Patienten erreicht werden, sofern keine Verluste durch Blutung oder sonstige verbrauchende Faktoren (Fieber, Sepsis) vorliegen.

    Vorbereitende Kontrollen

    Der transfundierende Arzt kontrolliert:

    Vorliegen der Patientenaufklärung und schriftlichen Einwilligung

    Indikationsstellung ggf. Sonderindikationen (bestrahlt/gewaschen) unter Beachtung der Querschnittsleitlinien für die Therapie mit Blutkomponenten und Plasmaderivaten

    Die Indikation muss aus der dokumentierten Diagnose sowie den dokumentierten korrespondierenden Befunden (Laborbefund, klinische Befunde) hinreichend ersichtlich sein.

    Korrekte Zuordnung des TK zum Patienten (Name, Vorname, Geburtsdatum)

    Übereinstimmung bzw. Kompatibilität der AB0- und Rh-D-Blutgruppe von Patient und Präparat

    Übereinstimmung der Konservennummer des TK mit der Angabe auf dem Begleitschein

    Verfallsdatum des TK

    Unversehrtheit des TK: Typische Wolkenbildung als Zeichen der Qualität, keine Beschädigung des Beutels, keine Verfärbung/Trübung/Gerinnsel/Aggregate oder sonstige Abweichung vom gewohnten Bild

    Transfusionsbesteck

    Das Standardtransfusionsbesteck mit einer Porengröße von 170–230 µm ist zu verwenden. Mikrofilter sind ungeeignet, da sie Thrombozyten zurückhalten. Für TK wird ein eigenes Transfusionsbesteck benutzt und nicht eines, über das EK oder Plasma transfundiert wurde.

    Bedside-Test

    Der AB0-Identitätstest entfällt.

    Einleitung und Ablauf der Thrombozytenkonzentrattransfusion, Patientenüberwachung

    Durchführung der Thrombozytenkonzentrattransfusion

    Der Dorn des Transfusionsbestecks wird unter Vermeidung einer Kontamination vollständig in den Transfusionsstutzen eingeführt.

    Die Tropfkammer und das Schlauchsystem werden befüllt und an den venösen Zugang angeschlossen. Über denselben Zugang dürfen zeitgleich keine anderen Medikamente/Infusionslösungen verabreicht werden.

    Die Transfusionsgeschwindigkeit ist dem klinischen Zustand des Patienten anzupassen. Die Transfusion der gesamten Dosis sollte rasch erfolgen und nach ca. 30 min beendet sein.

    Eröffnete TK sind sofort zu transfundieren oder zu verwerfen. Die Beimengung von Infusionslösungen/Medikamenten zu TK ist nicht erlaubt.

    Für die Patientenüberwachung gilt sinngemäß das im ▶ Abschn. 1.2, „Anwendung von Erythrozytenkonzetnrat" Gesagte.

    Nach Abschluss der Transfusion ist das Behältnis keimdicht zu verschließen (z. B. steriler Stopfen in Transfusionsstutzen/fester Knoten in Transfusionsschlauch) und im Kühlschrank bei 1–10 °C 24 h aufzubewahren. Bei Zeichen der Unverträglichkeit muss das Restbehältnis für die Ursachenklärung zur Verfügung stehen. Nach der Transfusion soll der Patient mindestens 30 min unter Kontrolle bleiben.

    Dokumentation

    Auf dem Transfusionsprotokoll wird vom transfundierenden Arzt dokumentiert:

    Pharmazeutischer Unternehmer

    Vollständige Konservennummer

    Blutgruppe des TK

    Datum/Uhrzeit der Transfusion

    Verträglichkeit der Transfusion, bei Zeichen der Unverträglichkeit gesonderte Protokollierung

    Datum, Unterschrift des transfundierenden Arztes, Name zusätzlich in Druckschrift

    Auf die laboranalytische Kontrolle des Transfusionseffektes und deren Dokumentation wird hingewiesen.

    Notfalltransfusion von Thrombozytenkonzentrat

    Die Notfalltransfusion bei unbekannter Patientenblutgruppe erfolgt mit Präparaten der Blutgruppe 0 Rh-negativ, wenn nicht verfügbar, 0 Rh-positiv. Bei Frauen bis zur Menopause werden Rh-negative TK in jedem Fall bevorzugt. Bei Rh-positiven TK muss nach der Transfusion bei Rh negativen PatientInnen eine Rhesus-Prophylaxe verabreicht werden (Kap. 2, Kap. 6). Da Thrombozytenkonzentrat im Krankenhaus meistens nicht vorrätig gehalten wird, ist bis zur Beschaffung die Patientenblutgruppe in aller Regel bekannt, sodass Notfalltransfusionen von TK ohne blutgruppenserologische Patientendaten eine Ausnahme darstellen. Auf die sorgfältige Notfalldokumentation durch den Arzt wird hingewiesen.

    Therapiekontrolle

    Die Wirksamkeit der Thrombozytentransfusion wird anhand klinischer Kriterien und über die Bestimmung des Anstiegs der Zahl zirkulierender Thrombozyten im peripheren Blut ab etwa 15 min nach Beendigung der Transfusion – üblicherweise nach 1 h/24 h überprüft. Der 24-h-Wert reflektiert evtl. verbrauchende Faktoren beim Patienten und zeigt folglich nicht das Posttransfusionsinkrement an. Der Erfolg der Thrombozytentransfusion kann mittels des CCI („corrected count increment ") beurteilt werden:

    $$ CCI = \frac{{{\rm{Gemessenes}}\,{\rm{Inkrement}}\,{\rm{ \times }}\,{\rm{K\ddot orperoberfl\ddot ache}}\,{\rm{(}}\mathop {\rm{m}}\nolimits^{\rm{2}} {\rm{)}}}}{{{\rm{Anzahl}}\,{\rm{der}}\,{\rm{transfundierten}}\,{\rm{Thrombozyten}}\,{\rm{in}}\,\,\mathop {{\rm{10}}}\nolimits^{{\rm{11}}} }} $$

    Beispiel: Bei einem Patienten mit einer Körperoberfläche von 1,7 m² steigt der Thrombozytenwert nach der Transfusion von 10.000/µl auf 50.000/µl an. Das Thrombozytenkonzentrat enthält im Mittel 3 × 10¹¹ Zellen:

    $$\begin{aligned}&\frac{{{\rm{(50}}{\rm{.000 - 10}}{\rm{.000)}}\,{\rm{Thrombozyten/\mu l}}\,{\rm{ \times }}\,{\rm{1,7}}\,\mathop {\rm{m}}\nolimits^{\rm{2}} }}{{\rm{3}}}\, \\&\quad= \,\frac{{{\rm{40}}{\rm{.000}}\,{\rm{ \times }}\,{\rm{1,7}}}}{{\rm{3}}}\,{\rm{ = }}\,{\rm{22}}{\rm{.666/\mu l}}\end{aligned}$$

    Ein CCI unterhalb von 7.000–8.000/µl weist auf einen inadäquaten Anstieg hin.

    Nicht-immunologische Ursachen können septische Prozesse, Milzvergrößerung und Verbrauchskoagulopathie sein. Ein immunologisch bedingter Refraktärzustand kann angenommen werden, wenn bei einem klinisch stabilen Patienten nach mehrfacher Thrombozytentransfusion das korrigierte Inkrement einen inadäquaten Anstieg zeigt (Kap. 2, Kap. 6.​1).

    Literatur und Internetadressen

    Kiefel V (Hrsg) 2010 Transfusionsmedizin und Immunhämatologie. Springer, Berlin Heidelberg

    Janetzko K et al. (2013) Rationale Indikation zur Transfusion von Erythrozytenkonzentraten. Transfusionsmedizin 3:31–48CrossRef

    Walther-Wenke G et al. (2001) Extrazelluläres Kalium in filtrierten und bestrahlten Erythrozytenkonzentraten – Messwerte und ihre klinische Bedeutung. Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 36 Supplement 1: 20–24

    Stellungnahme des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) zur Sicherheit von Pool-Thrombozytenkonzentraten (PTK) und Apherese-Thrombozytenkonzentraten (ATK), erhältlich unter http://​www.​pei.​de/​Arzneimittelsich​erheit-vigilanz

    Störmer M et al. (2014) Diagnostic methods for platelet bacteria screening: Current status and developments. Transfus Med Hemother 41:19–27PubMedCentralPubMedCrossRef

    Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Transfusionsmedizin und Immunhämatologie (DGTI) zur Therapie mit Thrombozytenkonzentraten, erhältlich unter http://​www.​dgti.​de/​docs/​doclink

    Querschnittsleitlinien zur Therapie mit Blutkomponenten und Plasmaderivaten. 4. überarbeitete Auflage 2009. Deutscher Ärzteverlag, Köln. http://​www.​baek.​de

    Richtlinien zur Gewinnung von Blut- und Blutbestandteilen und zur Anwendung von Blutprodukten (Hämotherapie) Gesamtnovelle 2005 mit Richtlinienanpassung 2010. Deutscher Ärzteverlag, Köln. http://​www.​baek.​de

    Voten und Empfehlungen des Arbeitskreises Blut: http://​www.​rki.​de

    Erläuterungen und Informationen über die Zulassung von Blutkomponenten: http://​www.​pei.​de

    © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

    Günter Singbartl und Gabriele Walther-Wenke (Hrsg.)Transfusionspraxis10.1007/978-3-642-55428-5_2

    2. Basiswissen Blutgruppenserologie

    G. Walther-Wenke¹  

    (1)

    DRK Blutspendedienst West, Zentrumfür Transfusionsmedizin Münster, Postfach 1767, 48006, Münster, Deutschland

    G. Walther-Wenke

    Email: g.walther-wenke@bsdwest.de

    2.1 Einleitung

    2.2 Untersuchungsmaterial und Methoden

    2.3 Begriffsbestimmungen

    2.4 Prätransfusionelle Serologie

    2.5 Blutgruppensysteme und Merkmale

    2.6 Blutgruppenauswahl bei der Plasmatransfusion

    2.7 Blutgruppenauswahl bei der Thrombozytentransfusion

    Literatur und Internetadressen

    2.1 Einleitung

    Blutgruppenserologische Untersuchungen bei der Transfusionsvorbereitung befassen sich überwiegend mit erythrozytären Merkmalen und deren korrespondierenden Antikörpern. Untersuchungsziele sind die Bestimmung von Blutgruppenmerkmalen zur Auswahl geeigneter Blutkomponenten und die Sicherung der serologischen Verträglichkeit von Spendererythrozyten.

    2.2 Untersuchungsmaterial und Methoden

    Für die Blutgruppenbestimmung, die obligatorisch einen Suchtest auf Antikörper gegen fremde Blutgruppenmerkmale beinhaltet, und die prätransfusionelle Verträglichkeitsprobe, kurz Kreuzprobe genannt, kann antikoaguliertes oder natives Patientenblut verwendet werden. Aus Sicherheitsgründen wird eine nur für diese Zwecke entnommene Blutprobe verlangt. Das Probenvolumen sollte im Patienteninteresse beschränkt werden. Im Regelfall reichen ca. 5 ml aus. Auf die hohen Sorgfaltsanforderungen bei der Identitätssicherung wird hingewiesen.

    Verantwortlich für Methodenwahl, Durchführung, Auswertung und Qualitätssicherung ist der leitende Arzt des immunhämatologischen Laboratoriums. Es stehen verschiedene Untersuchungsmethoden mit unterschiedlicher Sensitivität zur Verfügung. Heute werden überwiegend Gel- bzw. Säulenagglutinationstests oder auch Festphasen-Testsysteme angewendet, die eine Reihe von Vorteilen – klares Reaktionsbild, hohe Reproduzierbarkeit und geringes Probenvolumen – besitzen.

    Molekulargenetische Blutgruppenbestimmung en werden bei besonderen Fragestellungen durchgeführt. Die Genotypisierung erythrozytärer Merkmale kann z. B. zur Bestimmung fetaler Antigene oder zur Klärung unsicherer Antigenbestimmungen bei polytransfundierten Patienten genutzt werden.

    Bei der Festlegung der Methoden und des Untersuchungsspektrums muss das zu untersuchende Patientenkollektiv (polytransfundierte Patienten, Schwangere, Neonaten) berücksichtigt werden. Zunehmend finden Blutgruppenautomaten Verwendung, die auf den o. g. Testverfahren basieren und mit antikoaguliertem Vollblut arbeiten.

    Der Zeitbedarf für Blutgruppenbestimmung, Antikörpersuchtest und serologische Verträglichkeitsprobe (Kreuzprobe) im Regel- und im Notfall sollte festgelegt und bekannt sein.

    Bei serologischen Problemfällen ist ein spezialisiertes Laboratorium mit einem transfusionsmedizinischen Konsiliardienst einzuschalten, das insbesondere in Notfällen schnell kompatible Erythrozytenkonzentrate bereitstellt.

    Die Rate immunisierter Patienten mit irregulären Alloantikörpern wird je nach untersuchtem Patientengut mit 1–9 % angegeben und korreliert mit der Anzahl der verabreichten Erythrozytentranfusionen.

    Die Tendenz ist steigend, da mit zunehmender Lebenserwartung die Gruppe derer zunimmt, die mehrere Transfusionsepisoden in der Anamnese aufweisen. Auch die Zahl von Patienten mit mehreren Alloantikörpern verschiedener Spezifität und mit Alloantikörpern gegen hochfrequente Merkmale nimmt augenscheinlich zu.

    2.3 Begriffsbestimmungen

    2.3.1 Antigene und Antikörper

    Erythrozytenantigene sind zellständige Merkmale aus Proteinen oder Glykoproteinen, die durch definierte Antikörper nachweisbar sind und vererbt werden. Eine Arbeitsgruppe der International Society for Blood Transfusion (ISBT) führt ein fortlaufend aktualisiertes Verzeichnis. Die klinische Bedeutung der Antigene, auch als Merkmale, Faktoren oder Rezeptoren bezeichnet, liegt darin, dass sie die Bildung von Antikörpern stimulieren oder mit präformierten Antikörpern reagieren können. Die Frequenz der meisten wichtigen Antigene liegt zwischen 1 % und 99 %.

    Antikörper sind im Plasma zirkulierende Immunglobuline mit definierbarer Spezifität bezüglich des korrespondierenden Antigens. Klinisch relevant ist ihre Fähigkeit eine intra- und/oder extravasale Immunhämolyse auszulösen.

    Alloantikörper richten sich gegen fremde Blutgruppenmerkmale.

    Autoantikörper reagieren mit körpereigenen Erythrozytenmerkmalen und können eine Autoimmunhämolyse verursachen.

    Reguläre Alloantikörper sind natürlich vorgebildete Antikörper, die regelmäßig vorhanden sind. Auf Anti-A und Anti-B im AB0-System trifft diese Definition zu. Diese auch als Isoagglutinine oder Isohämolysine bezeichneten Antikörper finden sich bei allen Individuen mit der entsprechenden AB0-Blutgruppe. Ausnahmen sind Neugeborene und selten alte Menschen oder solche mit schweren Immundefekten.

    Irreguläre Alloantikörper sind gegen fremde Antigene gerichtet und ihre Bildung wird durch Antigenzufuhr stimuliert.

    Immune Alloantikörper vom IgG-Typ werden durch die parenterale Zufuhr von Blutgruppenantigenen bei der Transfusion, der Schwangerschaft oder der absichtlichen Injektion kleiner Erythrozytenmengen zur Gewinnung von Anti-D für die Herstellung von Hyperimmunglobulin für die Rhesus-Prophylaxe induziert.

    Natürliche Alloantikörper werden auf eine inapparente Immunisierung durch in der Natur weit verbreitete Antigene zurückgeführt. Überwiegend sind die natürlichen Alloantikörper vom IgM-Typ und haben ihr Reaktionsoptimum bei 4–20 °C. Da sie ohne Supplement (Albumin, Antihumanglobulin) im Untersuchungsansatz zur Agglutination von Testerythrozyten führen, werden sie als komplette Alloantikörper bezeichnet. Diese Antikörper sind nur ausnahmsweise transfusionsrelevant (Hypothermie). Allerdings gibt es auch natürliche Alloantikörper mit hohem IgG-Anteil, die Komplement aktivieren, bei 37 °C nachweisbar sind und hämolytisch wirken können. Diese sind transfusionsrelevant. Nach ihren Eigenschaften bei der Laboruntersuchung, die den Zusatz von Supplementen zum Nachweis erfordern, werden Alloantikörper vom IgG-Typ als inkomplette Antikörper bezeichnet. Sie sind regelhaft immune transfusionsrelevante Antikörper, die bei der Auswahl von Erythrozytenpräparaten strikt beachtet werden müssen.

    Beispiele: Anti-Kell oder Anti-D sind typischerweise irreguläre immune inkomplette und damit transfusionsrelevante Alloantikörper. Anti-H oder Anti-P1 sind typische Vertreter der Gruppe der irregulären natürlichen kompletten nicht transfusionsrelevanten Antikörper.

    2.3.2 Serologische Blutgruppentests

    Der Antikörpersuchtest ist obligatorischer Bestandteil der vollständigen Blutgruppenbestimmung. Zwei, besser drei, Testerythrozytenpräparationen der Blutgruppe 0 mit einem ausgewogenen Antigenmuster werden mit Patientenserum oder Plasma angesetzt. Bei positivem Reaktionsausfall ist zwingend eine Antikörperdifferenzierung anzusetzen. Hierfür stehen spezielle Testzellpanel mit 8–12 verschiedenen Erythrozytenpräparationen zur Verfügung, die über das Reaktionsmuster eine Zuordnung des Antikörpers zu einem definierten Antigen ermöglichen. Zur Plausibilitätsprüfung wird der Nachweis geführt, dass der Patient das korrespondierende Antigen nicht besitzt.

    Für die Sicherheit des Patienten ist die Antikörperdifferenzierung, Bewertung bezüglich der Transfusionsrelevanz und

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