Kontinuierliche Nierenersatzverfahren auf der Intensivstation: Verstehen und differenziert anwenden
Von Daniel Heise
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Über dieses E-Book
CVVH, CVVHD und CVVHDF: Diese Begriffe werden bald keine „Black-box“ mehr für Sie sein! Dieses Buch richtet sich an Ärzte und Pflegekräfte auf Intensivstationen, die kontinuierliche Nierenersatzverfahren sowohl anwenden, als auch verstehen möchten. Schritt für Schritt werden Funktionsweisen und Charakteristika aller gängigen Nierenersatzverfahren wie die kontinuierliche veno-venöse Hämofiltration, Hämodialyse und Hämodiafiltration verständlich erklärt und die klinischen Implikationen der einzustellenden Parameter beschrieben. Ein eigenes Kapitel widmet sich dem Thema Zitratantikoagulation, dessen Verständnis bei der Anwendung kontinuierlicher Nierenersatzverfahren unerlässlich ist. Mit diesem Wissen lässt sich für jeden Patienten die am besten geeignete Therapie auswählen und optimal an die Bedürfnisse des Patienten anpassen.
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Rezensionen für Kontinuierliche Nierenersatzverfahren auf der Intensivstation
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Buchvorschau
Kontinuierliche Nierenersatzverfahren auf der Intensivstation - Daniel Heise
© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature 2021
D. HeiseKontinuierliche Nierenersatzverfahren auf der Intensivstationhttps://doi.org/10.1007/978-3-662-63026-6_1
1. Historische Entwicklungen
Daniel Heise¹
(1)
Klinik für Anästhesiologie, Universitätsmedizin Göttingen, Göttingen, Deutschland
Daniel Heise
Email: daniel.heise@med.uni-goettingen.de
Noch zu Begin des 20. Jahrhunderts führte der vollständige Ausfall der Nierenfunktion in der Regel zum Tode des Patienten. Mit einem zunehmenden Verständnis der physiologischen Prozesse in der Niere begann die Suche nach technischen Möglichkeiten, das Blut von Patienten mit erloschener Nierenfunktion von eliminationspflichtigen Substanzen zu befreien. Die ersten Nierenersatzverfahren in den 1910er Jahren waren technisch sehr aufwendig und konnten die Sterblichkeit des Nierenversagens nicht relevant senken. Durch technische Weiterentwicklungen wurden die Nierenersatzverfahren einfacher zu handhaben, was zu ihrer zunehmenden Verbreitung beitrug. Unter anderem wegen der nur bedingt gegebenen Keimfreiheit wurden die Verfahren bis in die 1960er Jahre jedoch stets nur intermittierend (d. h. über wenige Stunden) eingesetzt. Erst die industrielle Fertigung steriler und pyogenfreier Hohlfasermembranen ebnete den Weg zum kontinuierlichen Einsatz von Nierenersatzverfahren, wie er heute in der Intensivmedizin üblich ist.
1.1 Eine kleine Zeitreise
Bereits im 19. Jahrhundert entdeckte der britische Chemiker Thomas Graham ein Phänomen, das bis zum heutigen Tag eine zentrale Rolle bei Nierenersatzverfahren spielt: Er konnte in Experimenten zeigen, dass gelöste Teilchen unter bestimmten Umständen durch Membranen hindurch von einem Flüssigkeitskompartiment in ein anderes diffundieren. Graham erkannte durch seine systematischen Untersuchungen auch die beiden Voraussetzungen die gegeben sein müssen, damit eine Diffusion zwischen zwei Kompartimenten stattfindet: Erstens müssen die Konzentrationen des betreffenden Stoffes in den beiden Kompartimenten unterschiedlich sein, und zweitens darf die Größe der diffundierenden Substanzen ein bestimmtes Maximum nicht überschreiten, welches wiederum von den molekularen Eigenschaften der Membran („Porengröße) bestimmt wird. Diese durch einen Konzentrationsunterschied hervorgerufene selektive Diffusion gelöster Teilchen bezeichnete Graham bereits im Jahre 1854 als „Dialyse
und prägte damit einen zentralen Begriff der modernen Nierenersatztherapie, noch lange bevor die Funktionsprinzipien der biologischen Niere auch nur ansatzweise bekannt waren.
Nachdem die Forschung immer tiefere Einblicke in die Physiologie der Niere ermöglichte und die Funktionsweise des Nephrons immer genauer verstanden wurde, begann im frühen 20. Jahrhundert die intensive Erforschung der pathophysiologischen und pathobiochemischen Auswirkungen eines vollständigen Ausfalls der exkretorischen Nierenfunktion. Mit der Erkenntnis, dass bei allen Formen des Nierenversagens letzten Endes die Kumulation von toxischen Stoffwechselprodukten zum Tod des Patienten führt, begann die Suche nach Möglichkeiten das Blut von Substanzen zu befreien, die unter physiologischen Bedingungen von der Niere eliminiert werden. Alle diese experimentellen Verfahren basierten damals auf dem von Graham entdeckten Prinzip der Dialyse: Blut und eine geeignete Flüssigkeit („Dialysat") flossen von einer Membran getrennt im Gegenstrom aneinander vorbei, bestimmte Substanzen diffundierten aus dem Blut in das Dialysat und wurden somit aus dem Blut eliminiert.
Die erste praktische Anwendung eines solchen Verfahrens gelang dem US-amerikanischen Mediziner und Pharmakologen Johann Jacob Abel im Jahre 1912 mit dem von ihm entwickelten extrakorporalen „Vividiffusions"-System. Abel setzte dieses System zwar nur zu Demonstrationszwecken an Versuchstieren ein, welchen er zuvor verschiedene Tracersubstanzen intravenös injiziert hatte. Nach dem Anschluss an das Vividiffusionssystem und einer entsprechenden Behandlungsdauer konnten die Tracersubstanzen jedoch zu großen Teilen im Dialysat nachgewiesen werden, womit die grundsätzliche Möglichkeit bewiesen war, bestimmte Substanzen selektiv aus dem Blut zu entfernen.
Zum klinischen Einsatz kam das Verfahren erst über zehn Jahre später, als der Arzt Georg Haas zwischen 1924 und 1928 an der Universitätsklinik Gießen die ersten 11 „Blutwäschen an Patienten durchführte. Auch seine Apparatur basierte darauf, Blut durch eine semipermeable Membran getrennt von einer Dialysatflüssigkeit umspülen zu lassen, wodurch gelöste Stoffe vom Blut in das Dialysat übertraten. Das Verfahren fand wegen des sehr hohen technischen Aufwandes und der weiterhin hohen Letalität von Patienten mit anurischem Nierenversagen zu diesem Zeitpunkt jedoch noch keine breite Anwendung. Erst nach technischen Weiterentwicklungen von Willem Johan Kolff („Trommelniere
) und Nils Alwall (Ultrafiltration durch Unterdruck) fand die Nierenersatztherapie ab den 1950er Jahren zunehmende Verbreitung in der klinischen Behandlung von