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Praxisbuch Trauerbegleitung: Trauerprozesse verstehen, begleiten, verwandeln
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eBook182 Seiten1 Stunde

Praxisbuch Trauerbegleitung: Trauerprozesse verstehen, begleiten, verwandeln

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Über dieses E-Book

Mit diesem Fachbuch erhalten in der Trauerarbeit tätige Menschen eine praxisnahe Einführung in grundsätzliche Aspekte der Begleitung Trauernder: Vom Verstehen der theoretischen Grundlagen zu Tod und Trauer über die Bedingungen für erfolgreiche Begleitung hin zu praktischen Anleitungen und Anregungen für die Begleitung. Das Fachbuch bietet zahlreiche Beispiele und Tipps aus der Praxis und fokussiert sich nicht nur auf wenige spezielle Trauersituationen, sondern beleuchtet Trauer und Trauerbegleitung in seiner Gesamtheit. Es richtet sich damit an haupt- und ehrenamtliche Praktiker aus den Bereichen kirchliche und soziale Dienste, Hospiz und Bestattung.
SpracheDeutsch
HerausgeberSpringer
Erscheinungsdatum6. Juni 2019
ISBN9783662591000
Praxisbuch Trauerbegleitung: Trauerprozesse verstehen, begleiten, verwandeln

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    Buchvorschau

    Praxisbuch Trauerbegleitung - Jutta Bender

    © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019

    Jutta BenderPraxisbuch Trauerbegleitunghttps://doi.org/10.1007/978-3-662-59100-0_1

    1. Tod und Trauer – Eine Hinführung zum Thema

    Jutta Bender¹  

    (1)

    Göppingen, Deutschland

    Jutta Bender

    Email: bender.jutta@arcor.de

    Die Trauer eines Mitmenschen zu begleiten verlangt vom Begleiter, dass er seine eigenen Gefühle und Emotionen zuzulassen vermag. Emotionen und Gefühle sind als Wegleitung auf diesem Feld mindestens so wichtig wie Verstand und Vernunft. Denn rein rational ist Trauer kaum vollständig zu verstehen und zu erfassen.

    „Der Tod ordnet die Welt neu, scheinbar hat sich nichts verändert, und doch ist die Welt für uns ganz anders geworden" (Aus: Antoine de Saint Exupéry: Der kleine Prinz. Düsseldorf 1950 (zuerst frz. 1943)).

    Zeit und Raum sind vom Menschen geschaffene Maßeinheiten. Sie helfen uns, den Alltag und das Leben zu strukturieren. Innerhalb dieser Gesamtordnung ist unsere Vorstellung, wie lange ein Menschenleben dauern darf, und wann mit dem Lebensende zu rechnen ist, wie selbstverständlich weit weg auf die lange Bank der Zukunft geschoben.

    Auswirkungen des Todes auf die nächsten Angehörigen

    Eine der härtesten Erfahrungen für unser Gemüt ist jener Augenblick, wenn eine Lebens-Zeit durch Erkrankung zu wanken beginnt oder durch den Tod unwiderruflich zu Ende ist. Die Dauer eines Lebens ist ungewiss. Jeder weiß das eigentlich, doch um sorglos zu leben, gelingt es uns, das Nachsinnen darüber weitgehend zu vermeiden.

    Für den beim Tod zurückbleibenden Menschen scheinen sich im Trennungsschmerz Zeit und Raum aufzulösen. Mühsam und schwer ist der Weg in die nun veränderte Lebenswirklichkeit und neue Zeitrechnung. Jetzt gibt es in jeder Erinnerung ein Davor und Danach. Nicht selten wird versucht, an der bisher gelebten Beziehung krampfhaft fest zu halten. Zuweilen werden Verlust und Abschied für eine unbestimmte Dauer ganz verleugnet.

    Die Wahrnehmungen der Betroffenen reichen vom normalen Schmerz bis zu intensivsten, quälenden Trauerreaktionen, die physisch und psychisch empfunden werden. Unstillbare Sehnsucht ergreift den einen, Wut und Verzweiflung, begleitet von Schlaflosigkeit, fehlendem Appetit den anderen. Alltagsanforderungen bleiben unbeachtet. Zumindest zeitweise scheint das Vertrauen nach allen Richtungen verloren. Mancher Angehöriger hat sich selbst und seine Bedürfnisse ob all der Fürsorge für den anderen, den Kranken, den pflegebedürftigen Patienten vor dessen Tod gänzlich vernachlässigt und ist nun am Ende seiner Kräfte. Auf der Skala schwerer belastender psychischer Erfahrungen steht Trennung und Trauer ganz oben. Nicht selten ziehen sich die dem Tod vorausgegangenen oder vom Schock verursachten Stress-Reaktionen lange in die Trauerzeit hinein. Tief erfahrener Schmerz und Schockerlebnisse können im schlimmsten Fall traumatisieren. Wenn ein Verdacht in dieser Richtung besteht, muss ein Facharzt hinzugezogen werden. Er stellt die Diagnose, ihm allein obliegt die Behandlung.

    1.1 Unser Ziel: Rückkehr ins Gleichgewicht

    Gleich hier, sozusagen noch am Start unserer Arbeit, möchte ich das Ziel benennen, das gelungene Trauerarbeit herbeiführt: Das liebevolle Gedenken wird bewahrt, die seelische Auflehnung ist gestillt.

    Der Tod löst Zeit und Raum

    Das Zeitempfinden ist ein psychologischer, subjektiver innerer Vorgang, der gerade in Umbruchsituationen störanfällig ist und ins Wanken gerät. Dann liegen „Vorher und „Nachher im Konflikt miteinander. Allerdings sollte ja das Erleben, sollten die Bilder von „Vorher und „Nachher friedlich zueinander finden, sollte der Graben dazwischen überbrückt werden.

    Am Ziel also ist der Trauernde wieder in der zeitgebundenen Realität. Die Gegenwart, das Hier-und-Jetzt-Empfinden dominiert

    Der Trauernde hat wieder im eigenen Leben Fuß gefasst.

    Die Trauer-Last der Vergangenheit ist vor Anker gegangen und treibt nicht mehr weiter fort in die Gegenwart.

    Die Gegenwart wird ergriffen, aktuelle Forderungen des Alltags werden erkannt und erfüllt.

    Die Zukunft ist frei von furchtbesetzten Erwartungen, das Weiterleben ist deutlich erkennbar geworden und ist reich mit Plänen, Wünschen, frohen Hoffnungen und Zielsetzungen erfüllt.

    An welcher Stelle wir dem Trauernden begegnen, in welcher Phase seines Fortschritts auf dem Pfad zum Gleichgewicht, müssen wir herausfinden. Es wäre quälend, den Trauernden wieder in Gemütsverfassungen zu treiben, die er unter Umständen schon hinter sich gelassen hat.

    1.2 Trauer ein Tabuthema? Längst nicht mehr!

    Trauer ist kein Tabuthema mehr, vielmehr läuft der Begriff Gefahr, mehr und mehr „vermarktet zu werden. Gibt man etwa das Wort „Trauer in Suchmaschinen ein, landet man bei weitem nicht nur auf Portalen, die wirklich Hilfreiches zum Thema anbieten. Längst ist „Trauer" auch ein Key-Word, das zusätzliche Klicks generiert.

    Öffentliche Trauer mit Bergen von Blumen und einem Meer von Kerzen samt allerlei Rührseligem wie Teddybären und Windrädchen am Ort eines oft grauenhaften Geschehens vermittelt zuweilen den Eindruck eines Events. Da geht man hin, auch wenn man eigentlich in keinem irgendwie gearteten Verhältnis zu den Opfern oder Angehörigen steht. In kritischen Fachkreisen ist bereits vom „Trauer-Voyeurismus die Rede. In einem Gespräch über dieses „Event-Trauern meinte ein Kollege: „Vielleicht ist das einfach eine Gelegenheit, unbewusst angesammelte, undefinierte eigene Trauer los zu werden!"

    Trauervielfalt

    Fernab des Rummels allerdings in der stillen Kammer des tatsächlich unmittelbar Betroffenen, der einen geliebten Menschen verloren hat, ist der Trauernde oft ganz allein und auf sich selbst gestellt. Traurig sein, Tränen zeigen, und darum „schlecht drauf zu sein, verstehen die meisten Mitmenschen gerade mal ein paar Tage oder Wochen lang – aber bitte nicht länger! Woher also den Mut nehmen, auch Monate nach dem Abschied noch wiederholt in Tränen oder Wut auszubrechen? Wann ist jene Schonzeit vorbei, in der sich Trauernde unverstanden fühlen und einfach mal wieder einen Tag lang den Kopf hängen lassen dürfen? Vermeintliche Hilfe bieten immer mehr sogenannte Trauerportale. Doch tatsächlich kann das Foto „Zum immerwährenden Gedenken, auf Ewigkeit in einem der unzähligen Web-Portale ins Internet-Universum gestellt, das Gefühl der Wehmut und den Schmerz des Verlustes wohl in den seltensten Fällen nachhaltig beruhigen. Eher bedarf der Betroffene aktiver Zuwendung. Denn Trauer greift tief ins Gemüt, verändert die Lebensumstände und nicht selten die Lebensqualität, besonders dann, wenn durch den Tod des Partners oder der Eltern plötzlich auch materielle Unterstützung oder alltäglich notwendige Hilfe wegbricht.

    1.3 Trauer: Fähigkeit und Notwendigkeit

    Trauern ist eine unserer ursprünglichsten Emotionen. Auch wenn sich der Trauer im 21. Jahrhundert der Jugend- und Machbarkeitswahn scheinbar entgegenstellt, bleibt sie ein in jedem Leben mehrfach gegebenes und durchlebtes Merkmal des Menschseins.

    Die Trauer, von der wir in diesem Buch sprechen, ist eine Reaktion. Ihr Auslöser ist der Tod eines anderen Menschen. Die damit verbundenen Gefühle verlangen Beachtung und intensiven Umgang mit der Trauer. Der Trauerprozess bringt, wenn er gut durchlaufen wird, den Betroffenen durch alle Nöte und Verwirrungen hindurch auf einen Weg nach vorn in eine wieder stabile Zukunft. Wenn Trauer im schmerzhaften Stillstand und im Blick zurück verharrt, drohen kränkende, körperliche und seelische Störungen, drohen Einsamkeit und Resignation.

    1.4 Trauer im Wandel der Zeit

    Schauen wir in Mitteleuropa zurück, so sind die Zeiten, als der Tod ständiger Begleiter der Menschen war, nicht so sehr weit entfernt. Überwiegend getragen vom Glauben und von kirchlicher, liturgisch-ritueller Begleitung war Trauer selbstverständlich akzeptiert. Hauptsächlich die Verwandten und die Seelsorger kümmerten sich um die Sterbenden und um die Angehörigen.

    Die mit den späten Fünfziger Jahren anbrechende Epoche des rasanten wirtschaftlichen Aufschwungs zwang das leidige Thema von Tod und Trauer vorerst in eine verschwiegene Ecke. Das passte irgendwie nicht in die moderne Gesellschaft. Lektüre darüber fand sich kaum. In den USA und in Mitteleuropa kam es dann nach einer Phase der Verdrängung wieder zu verständnisvoller Zuwendung zu diesem Thema.

    Trauer – zurück aus der Verdrängung

    Zahlreiche Forscher und Gruppen arbeiten seit Ende der Sechziger Jahre wissenschaftlich an den Fragen rund um Tod und Trauer.

    Nachbarschaftliche und geistliche Betreuung verloren jedoch an Bedeutung. Die neue Zeit bedurfte einer neuen Disziplin: der Trauer-Begleitung, die sich zumindest nicht ausschließlich an vorgegebene Liturgien klammert. Die Menschen sind heute aufgeschlossen und umfassend informiert. Viele haben Erfahrungen mit Meditation, Yoga und Coaching und wissen um viele Möglichkeiten, Krisen zu lindern und zu bewältigen. Dieses Buch richtet sich also an jene, die bereits helfend tätig sind oder die nach selbst erfahrenem Leid aktiv werden und im menschlichen Miteinander etwas ändern und verbessern wollen.

    Willkommen also, liebe Leserin, lieber Leser! Schön, dass Sie die entsprechende Kraft in sich verspüren, schön, dass Sie außerdem die Zeit zur Trauerbegleitung aufbringen möchten.

    1.5 Der Tod und seine Masken

    Alltäglich schauen uns die vielen Gesichter des Todes aus aller Welt ins Wohnzimmer. Ich meine nicht die Krimis, die viele freiwillig konsumieren, ich meine die Todesnachrichten aus der ganzen Welt: Terror, Krieg, Familiendramen, Naturkatastrophen – die Medien sind voller dramatischer Bilder. Es bleiben Momentaufnahmen, oft unmittelbar von weiteren Tragödien übertönt. Glücklicherweise graben sie sich nicht alle in unser Gemüt. Es wäre sonst unerträglich. Die Begegnung mit dem Tod im engsten Umfeld, der nahe miterlebte Sterbevorgang ist gänzlich anders und bemächtigt sich aller Gefühle und Gedanken.

    Zentrales Thema Tod

    Als Trauerbegleiter dürfen wir den Tod, das Todesgeschehen nicht ausblenden. Das vorangegangene Todesereignis ist die Ursache der Trauer und Auslöser aller Trauerreaktionen und muss deshalb mit Sorgfalt in die Gestaltung der Trauererschließung mit aufgenommen werden.

    Bilder stellen den Tod als verkörperte, meist schrecklich anzuschauende, Furcht erregende Mannsgestalt dar. Der „Gevatter Tod wird in einer Allegorie personifiziert, damit man sich den Tod bildlich vorstellen kann. Es ist gut, dass wir diese mittelalterliche Betrachtung hinter uns gelassen haben. Der Tod, oder besser gesagt, das, was im Todesereignis und anschließend mit dem Sterbenden geschieht, ist und bleibt uns voraussichtlich bis zum eigenen Lebensende völlig unbekannt. Vielerlei „Todesbilder und Spekulationen begegnen dem, der hier auf Suche ist. Die ältesten Beschreibungen des Todes finden sich in archaisch-magisch geschilderten Mythen und Totenbüchern. Etwas rationaler werden

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