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Trösten - aber wie?: Ein Leitfaden zur Begleitung von Trauernden und Kranken
Trösten - aber wie?: Ein Leitfaden zur Begleitung von Trauernden und Kranken
Trösten - aber wie?: Ein Leitfaden zur Begleitung von Trauernden und Kranken
eBook320 Seiten2 Stunden

Trösten - aber wie?: Ein Leitfaden zur Begleitung von Trauernden und Kranken

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Über dieses E-Book

Vertröstungen verletzen, Trost heilt. Doch worin unterscheiden sie sich? Anhand zahlreicher Beispiele zeigt der Autor in einer Gegenüberstellung von "Falschem Trost" und "Echtem Trost" auf, warum manche Formulierungen verletzen, andere dagegen trösten und heilen. Der Leser bekommt ein Gespür für häufige Fehler und unpassende Formulierungen im Umgang mit Kranken und Trauernden und erfährt konkret, was er stattdessen sagen und tun kann.
Zugleich bietet das Buch die wichtigsten Grundlagen für das Gespräch am Krankenbett oder mit Trauernden. Schließlich werden auch die Grenzen des Tröstens aufgezeigt.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum7. Juni 2023
ISBN9783791762425
Trösten - aber wie?: Ein Leitfaden zur Begleitung von Trauernden und Kranken

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    Buchvorschau

    Trösten - aber wie? - Klaus Schäfer

    1.Kaleidoskop des Leids

    Ein Kaleidoskop ist ein schönes Spielzeug. Wie es auch gedreht wird, es erscheinen immer neue Muster und neue Zusammenstellungen der Farben. Kinder können sich lange davon faszinieren lassen.

    Faszinierend ist Leid mit Sicherheit nicht, aber je nach Betrachtungswinkel erscheint auch das Leid in immer neuem Licht. Es ist sehr vielschichtig. Hierauf soll zunächst eingegangen werden, um es besser verstehen und damit besser umgehen zu können.

    1.1Was ist Leid?

    Grundsätzlich ist unter Leid zu verstehen, worunter Menschen leiden. Dabei spielt die Art des Verlustes oder des Mangels keine Rolle: Der Verlust eines nahestehenden Menschen verursacht ebenso Leid wie der Mangel an einem Ehepartner (z. B. in China durch Selektion der Mädchen). Der Verlust körperlicher Unversehrtheit verursacht ebenso Leid wie der Mangel an körperlicher Unversehrtheit (z. B. Contergangeschädigte). Der Verlust eines geliebten Haustiers verursacht ebenso Leid, wie der Mangel an Wasser.

    Tod und Trauer

    Zunächst denkt man beim Stichwort Leid an die Trauer nach dem Tod eines geliebten Menschen. Entscheidend ist hierbei nicht, wie lange man diesen Menschen kannte oder wie nah man mit ihm verwandt war. Entscheidend ist, wie innig die Beziehung zu diesem Menschen war.

    Ende einer Beziehung

    Menschen verliert man nicht nur durch den Tod. Auch das Ende einer Ehe, Partnerschaft oder Freundschaft ist ein Verlust. Man verliert nicht nur einen Menschen, sondern Lebensträume, Hoffnungen … Stand die Beziehung noch in den Anfängen, wird das Leid schnell als Liebeskummer abgetan, doch auch Liebeskummer ist Leid. Auch wenn der Betroffene selbst diese Beziehung beendet hat, leidet er häufig.

    Zerbrechen von Familienstrukturen

    Sind bei Ehen und Partnerschaften auch Kinder vorhanden, so verlieren Kinder den schützenden Rahmen der Familie. Sie leben nun meist bei Mutter oder Vater. Der andere Elternteil fehlt teilweise oder völlig. Werden Kinder in den „Scheidungskriegen" noch als Machtmittel missbraucht – ein Kindesmissbrauch, der nicht geahndet wird – erhöht dies das Leid der Kinder zusätzlich.

    Verlust von …

    Auch der Verlust eines geliebten Tieres, eines Hobbys, des Arbeitsplatzes, der Wohnung, von Fähigkeiten und Freiheit kann Trauer auslösen. Nicht immer können Außenstehende diese Trauer nachvollziehen, weil sie keinen rechten Bezug zum verlorenen „Objekt" haben. Dennoch kann der Verlust einen Menschen in eine tiefe Krise stürzen.

    Unfall und Krankheit

    Unfall und Krankheit verursachen Leid. Wenn völlig offen ist, ob der Kranke an den Folgen sterben wird, ob nach überstandener Krankheit dauerhafte Schäden zurückbleiben, bedeutet dies für alle Beteiligten eine schwere Zeit der inneren Anspannung und Zerrissenheit. Auch bei guten Erfolgsaussichten einer Therapie können Untersuchungen, Behandlungen und Schmerzen für den Patienten sehr belastend sein.

    Auch das Kind leidet, das beim Erlernen des Laufens „nur" gefallen ist und sich weh getan hat.

    Gewalt

    Jede Form von Gewalt bringt Leid mit sich. Zunächst wird dabei an physische Gewalt gedacht, die auch zu körperlichen Schäden führen kann. Doch oft bleibt es nicht bei den rein körperlichen Schäden. So können z. B. Schläge den Verlust von Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl nach sich ziehen. Bei geschlagenen Kindern ist das besonders gravierend. Sie tragen oft noch als Erwachsene schwer daran, mitunter bis an ihr Lebensende.

    Daneben gibt es auch die verbale und psychische Gewalt. Sie nachzuweisen ist schwerer, da sie keine körperlichen Spuren hinterlässt. Beschimpfung, Erniedrigung und Einschüchterung sind nur drei Beispiele aus dem Sortiment der verbalen Gewalt. Sie alle verursachen Leid.

    Ungerechtigkeit

    Ungerechtigkeit verursacht Leid, nicht nur vor Gericht, sondern auch in der Schule bei der Notengebung oder im beruflichen Weiterkommen, wenn der schlechter qualifizierte Konkurrent vorgezogen wurde. Erlittenes Unrecht kann als Schmach, Demütigung, Verletzung und Ungerechtigkeit empfunden werden. In allen Lebenslagen erfahren Menschen Ungerechtigkeit. Die Psalmen der Bibel geben ein Bild davon, wie häufig sich Menschen vor Jahrtausenden ungerecht behandelt fühlten.

    Leid als Folge von Leid

    Erfahrenes Leid zieht für die Betroffenen häufig weiteres Leid nach sich. Dies ist den wenigsten Menschen bekannt. Das nachfolgende Leid wird vom ursprünglichen Leid derart überschattet, dass es oft übersehen wird. So können z. B. zur Trauer über ein verstorbenes Kind noch massive Schuldgefühle hinzukommen.

    Einige verwaiste Mütter verlieren durch den Tod ihres Kindes ihre Identität als Frau, da sie „das Einfachste von der Welt" (Kinder gebären) nicht hinbekommen.

    Seit Jahren ist bekannt, dass der Tod eines Kindes die Partnerschaft oft schwer belastet. Einige Ehen zerbrechen daran. Die konkreten Gründe wurden bisher nicht näher untersucht. Damit entfallen entsprechend gezielte Hilfsangebote und geeignete Gegenmaßnahmen.

    Unabänderliches und veränderbares Leid

    Beim Trösten ist es wichtig, das unabänderliche Leid vom veränderbaren Leid unterscheiden zu können. Wer dies nicht vermag, läuft unweigerlich Gefahr, grundlegende Fehler beim Trösten zu begehen.

    Unabänderliches Leid verursacht zunächst einmal der Tod eines Menschen, einer Liebe oder ein anderer unwiederbringlicher Verlust. Gleichgültig, wie viele Kinder den Eltern nach dem Tod eines Kindes nachgeboren werden, dieses eine Kind wird immer fehlen. Auch wenn dieses Kind schon früh während der Schwangerschaft verstarb und die Eltern es nie sehen konnten, so werden alle nachgeborenen Kinder dieses verstorbene Kind nie ersetzen. Auch wenn die Witwe nach dem Tod ihres ersten Mannes einen schöneren, reicheren, netteren … Mann kennenlernt, diesen heiratet und mit ihm sogar glücklicher wird, so wird sie doch immer wieder um ihren ersten Mann trauern. Auch wenn ein Ehepartner selbst die Scheidung eingereicht hat, so trauert er nicht selten um das misslungene Lebensglück, das er mit diesem Menschen erreichen wollte. Auch wenn der geschiedene Partner stirbt, löst das häufig Trauer aus. Nicht selten steht die erste Frau mit am Sterbebett und/oder Grab und trauert.

    Unabänderliches Leid ist jede vollendete Handlung eines Menschen, die Leid verursacht hat. Meist denken wir hierbei an Handlungen Dritter in Form von Gewalt. Unabänderliches Leid können aber auch selbst begangene Handlungen sein, z. B. ein vorgenommener Schwangerschaftsabbruch (SSA) oder eine falsch getroffene Entscheidung. Keine unserer Leid verursachenden Handlungen kann rückgängig gemacht werden, keine Tat ungeschehen und kein Wort zurückgenommen werden.

    Beim unabänderlichen Leid ist noch zu unterscheiden, ob das Leid als solches mit seiner ganzen Schwere ge- und ertragen werden muss, oder ob die Auswirkung medikamentös zumindest gedämpft werden kann. Die Trauer ist damit nicht genommen, sondern nur „eingefroren" und wird damit verschoben. Die Trauerarbeit verzögert sich.

    Zum veränderbaren Leid gehören begangene und als falsch erkannte Handlungen. Sie können für die Zukunft vermieden und an deren Stelle leidfreies Handeln gesetzt werden.

    Leid verursachende Gesetze und Bestimmungen können abgeändert werden. Schmerzen können durch entsprechende Schmerzmittel genommen oder zumindest gelindert werden. Ängste können durch entsprechende Therapien verringert oder gänzlich aufgelöst werden.

    Ein häufiger Fehler beim Trösten ist, nicht richtig zwischen dem unveränderlichen und dem veränderbaren Leid zu unterscheiden. So wird z. B. nach dem Zerbrechen einer Freundschaft dem Trauernden gesagt: „Andere Mütter haben auch nette Söhne/Töchter." Andererseits hilft es dem Kranken mit großen Schmerzen wenig, wenn er hingebungsvolle Anteilnahme erfährt. Er braucht eine entsprechende Dosis Schmerzmittel.

    Wer diese Weisheit der Unterscheidung nicht besitzt, läuft Gefahr, etwas verändern zu wollen, was unveränderlich ist oder für den Leidenden hinzunehmen, was veränderbar ist. Daher sei das Gelassenheitsgebet von Reinhold Niebuhr jedem Menschen ans Herz gelegt, der die Absicht hat, andere Menschen zu trösten. Für mich ist dieses Gebet Weisheit, die gelebt werden will:

    Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen,

    die ich nicht ändern kann,

    den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann

    und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.

    REINHOLD NIEBUHR (1892–1971)

    Naturbedingtes und von Menschen verursachtes Leid

    Die zweite große Unterscheidung des Leids ist die zwischen dem naturbedingten und dem von Menschen verursachten Leid.

    Naturbedingtes Leid können wir Menschen nicht verhindern, nicht abwenden und nicht lindern. Dazu gehört der Tod eines Menschen.

    Dem naturbedingten Leid stehen wir oft hilflos gegenüber. In unserer Ohnmacht sprechen wir von Schicksal, Fügung oder auch zuweilen von Gottes Willen.

    Ich persönlich glaube nicht daran, dass der Tod eines Menschen Gottes Wille ist. Ich glaube nicht daran, dass Gott will, dass ein Kind stirbt. Ich begegne hier einem Gott, den ich bei allem meinem theologischen Wissen nicht verstehe. Ich habe auch aufgehört zu fragen, warum es diesen Tod gibt. Ich meine, dass es hierfür keine allgemein gültige Antwort geben kann. Diese Antwort erwarte ich nur von Gott, wenn ich ihm von Angesicht zu Angesicht gegenüber stehe. Bis zu diesem Zeitpunkt bemühe ich mich, den Tod als gegeben zu akzeptieren, auch wenn sich innerlich alles dagegen aufbäumt.

    Dem naturbedingten Leid können wir mitunter etwas entgegensetzen. So verhindern Schutzimpfungen bestimmte Krankheiten. In manchen Fällen können wir dem naturbedingten Leid zwar nichts entgegensetzen, aber dessen Auswirkungen lindern. Zum Beispiel können wir keine Seebeben verhindern, aber wir können ein Frühwarnsystem in den Weltmeeren installieren, damit sich die Menschen bei einem großen Seebeben in Sicherheit bringen können und hernach nicht so viele Menschenleben zu beklagen sind.

    So wie wir den meisten naturbedingten Leiden macht- und hilflos ausgeliefert sind, so können wir gegen die meisten von Menschen verursachten Leiden etwas unternehmen.

    Von Menschen verursachtes Leid will ich nicht akzeptieren. Dagegen kann sehr wohl etwas unternommen werden. Es geht um unser menschliches Verhalten, das auf vielfältige Weise zum naturbedingten Leid hinzukommt.

    Leid ist subjektiv

    Leid ist nie objektiv, sondern immer subjektiv. Kein Mensch kann den Schmerz empfinden, den der andere empfindet. Für Leid haben wir keine Maßeinheit.

    Eine wichtige Voraussetzung beim Trösten besteht darin, dass der Begleiter keine eigenen Maßstäbe anlegt – weder im Denken noch in seinen Äußerungen („Wie kann man nur wegen einer solchen Lappalie ein solches Geschrei machen!") Er hat sich auf das subjektive Empfinden des Leidenden einzustellen. Wenn er dies nicht vermag, kann er schwerlich trösten.

    Leid wird immer subjektiv empfunden. Daher ist immer individuell auf diesen Leidenden und sein Leid einzugehen.

    Leid ist relativ

    Leid ist nie absolut, sondern immer relativ. Auch wenn zwei Menschen das gleiche Schicksal erleiden, so leidet jeder Mensch für sich immer relativ. Beim Trösten kommt es nun nicht darauf an, wie andere Menschen dieses Leid empfinden

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