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Die Inka: Aufstieg - Untergang - Erbe
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Die Inka: Aufstieg - Untergang - Erbe
eBook405 Seiten5 Stunden

Die Inka: Aufstieg - Untergang - Erbe

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Über dieses E-Book

Von der Kultur der Inka geht nach wie vor eine große Faszination aus. Ganz und gar nicht zu Unrecht, denn die Kultur der Inka würde heute nicht nur mit einem, sondern gleich mit mehreren Superlativen ins "Guinness-Buch der Rekorde" eingehen: das größte Reich, die größte Armee, das größte Straßennetz und der größte Goldschatz des Alten Amerika. In knapp hundert Jahren (1438–1534 n. Chr.) hatten die Inka ein Imperium errichtet, das sich auf einer Länge von fast 5000 km von Kolumbien bis nach Chile erstreckte. Auf den vorangehenden Kulturen wie Chavín, Moche oder Tiahuanaco aufbauend, übertrafen die Inka diese in vielerlei Hinsicht. Die Inka-Herrscher verstanden sich, ähnlich wie die Pharaonen des Alten Ägypten, als Söhne des Sonnengottes. Sie führten einen aufwendigen Hofstaat und ihr Reichtum war legendär. Der vorliegende Band stellt die Geschichte und Kultur der Inka sowie die Eroberung des Inka-Reiches durch die Spanier dar und geht auch auf die Kulturen vor der Inka-Zeit ein und auf das, was von den Inka blieb. So ist das Quechua, die Sprache der Inka, bis heute die Amtssprache in Peru, Bolivien und Ecuador und nicht das einzige Erbe der Inka.
SpracheDeutsch
Herausgebermarixverlag
Erscheinungsdatum26. Aug. 2018
ISBN9783843805414
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    Buchvorschau

    Die Inka - Dr. Ulrike Peters

    EINFÜHRUNG:

    DIE GRUNDLAGEN DER ALTPERUANISCHEN KULTUREN

    Das Alte Peru – geographisch gesehen

    »Wir fanden uns noch ausreichend bei Kräften, obwohl wir vor Kälte kaum mehr die Füße spürten […]. Wir litten rasend unter Atemnot und noch schlimmer quälte uns der Brechreiz. […] Außerdem bluteten wir aus dem Zahnfleisch, aus den Lippen, das Weiß unserer Augäpfel war blutunterlaufen.«³

    So lautet die Tagebucheintragung des bekannten deutschen Naturforschers Alexander von Humboldt (1769–1859) zu seiner berühmt gewordenen Besteigung des Chimborazo in Ecuador im Jahre 1802, den man damals für den höchsten Berg der Erde hielt. Den Gipfel erreichte Humboldt wegen eines Schneesturmes nicht, aber er kam immerhin auf eine Höhe von fast 6000 m. Die oben zitierten Erfahrungen Humboldts sind die typischen körperlichen Symptome in solchen Höhen, zumal Humboldt damals diese Bergbesteigung ohne eine besondere Ausrüstung unternahm. Humboldt bereiste in den Jahren zwischen 1799 und 1804 Südamerika zusammen mit dem französischen Botaniker Aimé Jacques Alexandre Bonpland (1773–1858). Die Ergebnisse seiner geographischen Vermessungen des Andenhochlandes wurden in die damaligen Atlanten aufgenommen. Er lieferte zusammen mit Bonpland die erste geographische Unterteilung der verschiedenen Höhenregionen von der Küste bis zum Andenhochland.

    Die Costa, die trockene, heiße Küstenregion am Meer, die Sierra, die fast 7000 m hohe Bergregion der Anden und die Selva, der tropische Regenwald östlich der Anden: diese landschaftlichen Extreme sind die Heimat der vorspanischen Hochkulturen des Alten Peru. Jene unmittelbar benachbarten Naturräume, die sich vor allem durch ihr Klima unterscheiden, sind weltweit einmalig; besonders hinsichtlich ihrer außergewöhnlich hohen Biodiversität, d. h. der Vielfalt an verschiedenen Tier- und Pflanzenarten und Ökosystemen. Viele Arten kommen nur hier vor, sind also endemisch, so der biologische Fachbegriff. Zu erwähnen ist auch, dass die Jahreszeiten auf der südlichen Halbkugel, der Peru zuzurechnen ist, im Vergleich zur Nordhalbkugel vertauscht und zudem in den Tropen, anders als in gemäßigten Breiten, durch eine Trocken- und Regenzeit gekennzeichnet sind. Der Winter, von April bis November, ist die Trockenzeit und Zeit der Aussaat. Der Sommer, von Dezember bis März, ist die Regenzeit und die Zeit der Ernte.

    Das Alte Peru entwickelte sich im Laufe seiner Geschichte zu einem bedeutenden Gebiet der Domestikation von Pflanzen. Circa 40 Pflanzenarten wurden hier kultiviert; die bekanntesten von Europa übernommenen Pflanzen sind die bereits genannte Kartoffel, aber auch Koka, Mais, Tomate, Bohne und Avocado. Der Anbau dieser Pflanzen unterscheidet sich dabei je nach Höhenlage der Täler. Prinzipiell gilt: je höher die Lage, desto weniger Pflanzen können angebaut werden. Die höchsten Täler sind daher das Anbaugebiet von nur wenigen Pflanzen wie Kartoffel und Quinoa. In der mittleren Höhenlage kann Mais angebaut werden, aber ebenso die Pflanzen der höchsten Täler. Die meisten Pflanzenarten wachsen im Tiefland, wie z. B. Koka, Chili, Avocado, Baumwolle, Yuca (Maniok), Tomate oder Süßkartoffel.

    Eine erste geographische Einteilung dieser Höhenzonen basiert auf Alexander von Humboldt und Aimé Bonpland:

    1.Tierra Caliente (heiße Zone), die unterste Zone mit tropischem Klima,

    2.Tierra Templada (gemäßigte Zone) in 1000 bis 2000 m Höhe, das Anbaugebiet des Maises,

    3.Tierra Fria (kühle Zone) in 2000 bis 3500 m Höhe, das Anbaugebiet der Kartoffel,

    4.Tierra Helada (kalte Zone) in 3500 bis 4800 m Höhe, wo Viehzucht betrieben wird und

    5.Tierra Nevada (Schneeland), die Region der Schneegrenze und der Gletscher.

    Von dem peruanischen Geographen Javier Pulgar Vidal gibt es eine noch detailliertere, heute gebräuchliche Einteilung, die die West- und Ostseite der Anden berücksichtigt und die einzelnen Zonen mit Quechua-Bezeichnungen benennt:

    1.Chala (Küstenzone auf der Westseite der Anden), bis 500 m,

    2.Omagua (tropischer Regenwald auf der Ostseite der Anden), 80 bis 400 m,

    3.Rupa-Rupa (Waldzone), 450 bis 600 m westlich und 1000 bis 2300 m östlich der Anden,

    4.Yunga (subtropischer Nebelwald), 450 bis 2300 m,

    5.Quechua (Hochtäler mit gemäßigten Klima), 2300 bis 3500 m,

    6.Jalca oder Suni (Hochebenen), 3500 bis 4100 m,

    7.Puna (kalte Zone), 4100 bis 4800 m und

    8.Janca (Zone der Schneegrenze), ab 4800 m.

    Die Costa erstreckt sich über eine Länge von ungefähr 2300 km und variiert in der Breite zwischen 10 und 80 km. Am breitesten ist dieser Küstenstreifen im Norden bei Piura, am schmalsten etwa in der Mitte Perus, wo die Anden bis an das Meer reichen. Die Küste ist weitgehend von Wüstenlandschaft geprägt, der Atacama. Sie ist die trockenste Wüste der Welt und erstreckt sich von Südperu bis nach Chile. Im Sommer beträgt die Durchschnittstemperatur 35 °C, im Winter sinkt sie bis auf 12 °C. Durch viele Flüsse, die von den Anden kommend in den Pazifik münden, entstanden Flussoasen – an die vierzig im heutigen Peru. In diesen Oasen boten die Flüsse die Möglichkeit, Felder künstlich zu bewässern, sodass sich eine ertragreiche Landwirtschaft entwickeln konnte, die die Basis für die präkolumbianischen Kulturen bildete. Angebaut wurden hier Mais, Bohnen, Kürbisse, Erdnüsse und Baumwolle. Auch der Pazifik bietet mit seinem Fischreichtum seit jeher eine Nahrungsgrundlage für die Küstenbewohner. Sardellenarten (Anchovis) und Thunfischarten (Bonitos) sind die am häufigsten vorkommenden Fische, die wiederum der Grund sind für den reichen Bestand an Seevögeln und Meeressäugern, darunter Perutölpel, Pelikane, Kormorane, Robben und Wale.

    Die Sierra wird von drei großen Gebirgszügen gebildet, die von Kolumbien im Norden bis zur Südspitze Südamerikas in Chile auf einer Länge von ungefähr 7500 km verlaufen: die West-, die Zentral- und die Ostkordillere. Das nördliche und mittlere Gebiet der Anden ist durch lange, schmale und tiefe Täler geprägt, der südliche Teil durch eine fast 170 000 km² große Hochebene (Altiplano) mit dem Titicacasee in einer Höhe von fast 4000 m.

    Der 8288 km² große und bis zu 282 m tiefe Titicacasee ist der größte Hochgebirgssee und das höchstgelegene kommerziell schiffbare Gewässer der Erde, fünfzehnmal größer als der Bodensee. Der westliche Teil gehört heute zu Peru, der östliche zu Bolivien. Viele große und kleine Inseln liegen im See, unter anderem die Isla del Sol, wo einem Mythos zufolge die Urheimat der Inka lag. Über 25 Flüsse fließen in den See, aber nur durch einen, den Río Desaguadero, fließt das Wasser ab. Heute haben die Anwohner des Titicacasees mit den Problemen der Wasserverschmutzung und einem ständig abnehmendem Wasserstand zu kämpfen. Es gibt einige endemische, nur hier am Titicacasee vorkommende Tierarten: der Titicaca-Taucher, ein flugunfähiger Vogel aus der Familie der Lappentaucher, der Titicaca-Riesenfrosch, der Andenkärpfling und der Schmerlenwels.

    Die Anden sind bis heute durch Erdbeben und Vulkantätigkeit geprägt. Das Klima ist nicht so sehr durch jahreszeitliche Unterschiede als vielmehr durch die Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht gekennzeichnet: So betragen die Tagestemperaturen in der höchsten noch besiedelbaren Zone von 3700 bis 4800 m, der sogenannten Puna (Quechua für »sehr kalt«), bis zu 20 °C, in der Nacht kann die Temperatur aber bis auf -25 °C sinken. Hier ist der Sauerstoffgehalt der Luft nur halb so hoch wie an der Küste; aber die Bewohner dieser Region sind genetisch durch einen vergleichsweise hohen Anteil an roten Blutkörperchen an das Leben auf dieser Höhe angepasst. Jenseits der Puna beginnt die Janca, die höchste Region der Anden mit ihren Gletschern und Berggipfeln, die eine Höhe bis fast 7000 m erreichen können. So ist der höchste Berg der Anden, der Aconcagua in Argentinien, 6962 m hoch. Als höchste Berge von Peru sind der Nevado Huascarán mit 6768 m und der Yerupaja mit 6634 m zu nennen.

    Obwohl die Täler der Anden schmal sind, wurden sie schon von den Kulturen vor den Inka für den Feldanbau genutzt, indem man sie durch Terrassen an den Berghängen erweitert hat. Angebaut wurde hauptsächlich die Kartoffel. Mais gedeiht hingegen nur in einigen klimatisch günstigen Gebieten des Titicacasees. Typisch für das Andenhochland ist die Zucht von Lamas und Alpakas. Diese sind, ebenso wie Vicuña, Guanako, Meerschweinchen und der riesige Kondor die typischen Tiere der Anden. Daneben gibt es noch etliche andere endemische Tiere wie den Andenhirsch, den Andenfuchs, das Viscacha (eine Chinchilla-Art) und die Andengans. Ferner ist der Weißwedelhirsch zu nennen, die Flamingos an den Seen und der Brillenbär, die einzige Bärenart Südamerikas.

    Die Selva bzw. der Amazonasregenwald im Osten der Anden ist noch heute größtenteils ein fast undurchdringlicher Dschungel, ein Biotop mit einer vielfältigen Tier- und Pflanzenwelt, das aber immer mehr durch Zerstörung bedroht ist. Von den für die Kulturen Altperus bedeutenden Tierarten der Selva ist an erster Stelle der Jaguar zu nennen, der vor allem in der Chavín-Kultur religiös verehrt wurde. Ferner gibt es verschiedene Arten von Affen, Schlangen und Fröschen sowie die wegen ihrer Federn geschätzten Papageien und Kolibris. Selbst in unserer heutigen modernen Zeit ist es fast unmöglich, den dichten Dschungel zu durchqueren. Der Amazonas und seine Nebenflüsse waren und sind die Hauptverkehrswege durch dieses Gebiet. Die Selva umfasst 60 % der gesamten Landesfläche des heutigen Staates Peru, ist aber kaum besiedelt. Die jährliche Regenniederschlagshöhe beträgt 3800 mm, die durchschnittliche Temperatur 26 °C. Im Vergleich dazu hat eine deutsche Stadt wie Köln eine Durchschnittstemperatur von 9,6 °C und einen Jahresniederschlag von 804 mm.

    Zwei klimatische Besonderheiten Südamerikas sind der Humboldtstrom und die El Niño genannte Klimaanomalie. Der Humboldtstrom ist eine Meeresströmung, die von der Antarktis ausgehend an der südamerikanischen Pazifikküste bis zum Süden Ecuadors mit ihrem kalten Wasser das Klima entscheidend prägt. Durch die vorherrschenden Passatwinde wird in Küstennähe das wärmere Oberflächenwasser des Pazifiks verdrängt und die kalte Meeresströmung gelangt an die Oberfläche. In der Folge kühlt sich entsprechend auch die Luft ab. Die dadurch bedingten klimatischen Auswirkungen reichen bis an die Küsten von Neuguinea und Australien. Hinzukommt, dass durch den Humboldtstrom die peruanischen Küste eine antarktische Meeresfauna aufweist, obwohl Peru selbst der tropischen Klimazone zugerechnet wird.

    Gefürchtet ist El Niño (Spanisch für »das Kind«, gemeint ist das Christuskind), wissenschaftlich El Niño-Southern Oscillation (= ENSO) genannt, eine Veränderung der Meeresströmung, die im Abstand von ca. zwei bis sieben Jahren und, wie der Name schon andeutet, vor allem zur Weihnachtszeit auftritt. Dabei werden die Passatwinde schwächer, der kalte Humboldtstrom wird nicht mehr an die obere Wasserschicht getrieben, das Wasser erwärmt sich und das Plankton, die Nahrungsgrundlage der Fische, stirbt ab. Als Folge bleiben die sonst zahlreichen Fischschwärme aus. Eine weitere Folge ist die Entstehung von Ostwinden und eine dementsprechend veränderte Luftzirkulation. An der südamerikanischen Küste kommt es zu starken Regenfällen und Überschwemmungen, in Mexiko zu starken Wirbelstürmen, während die Amazonasregion, aber auch Südostasien und Australien durch El Niño von Trockenheit betroffen sind. 1726 wurde ein El Niño erstmals aufgezeichnet. Man vermutet aber, dass schon die vorkolumbianischen Kulturen vom Auftreten des El Niño betroffen und beeinflusst wurden. Als Ursache des plötzlichen Endes der vorkolumbianischen Kulturen werden heute vielfach durch El Niño verursachte Katastrophen angenommen. Selbst in unserer technisch fortschrittlichen Zeit haben solche Unwetterkatastrophen durch El Niño bekanntlich verheerende Auswirkungen.

    Pflanzen und Tiere der Landwirtschaft und was wir von den Inka geerbt haben

    Als »Gold der Inka« bezeichnet man nicht nur die metallenen Reichtümer, sondern auch einen viel existenzielleren Schatz: die Kartoffel (Solanum tuberosum). Sie war eines der wichtigsten Grundnahrungsmittel des Alten Peru, auch wenn sie zur Zeit der Inka zunehmend Konkurrenz durch den Maisanbau erhielt, und sollte später eine ähnlich zentrale Rolle in Europa einnehmen.

    Die Kartoffel gehört wie die Tomate oder Paprika zu den Nachtschattengewächsen. Sie ist ein krautartiges Gewächs mit lila, rosa oder weißen Blüten und giftigen Beeren als Früchte. Essbar sind lediglich die Knollen, die sich an der Wurzel bilden (bei der Wildform der Kartoffel nur etwa so groß wie eine Erdnuss). Als Nahrungsmittel ist die Kartoffel sehr reichhaltig an den Vitaminen C, A und B sowie an Spurenelementen und Mineralstoffen. An die 4000 Kartoffelarten gibt es im peruanischen Andengebiet, wovon die meisten auch nur dort gedeihen, während die in der übrigen Welt verbreiteten Arten an andere Lichtverhältnisse angepasst sind. Die ersten Funde von domestizierten Kartoffeln datieren auf die Zeit um 2000 v. Chr.

    Den Inka diente die Kartoffel

    »[…] als Brot; sie essen sie gekocht und gebraten, und gleichermaßen geben sie sie den Fleischgerichten bei […]. [Die Kartoffel] gibt es in vier oder fünf Farben, manche sind rot, andere weiß, andere gelb und andere violett, jedoch unterscheiden sie sich nur geringfügig im Geschmack.«

    So berichtet es Garcilaso de la Vega. Die Inka pflegten auch eine spezielle Art der Konservierung der Kartoffeln: Zunächst entzogen sie ihnen das Wasser, indem sie – ähnlich wie früher bei der Traubenernte – auf ihnen herumtrampelten. Anschließend wurden sie mehrmals tagsüber an der Sonne getrocknet und während der Nacht wieder gefroren. Die auf diese Weise konservierte Kartoffel heißt Chuño. Man kann sie sehr lange lagern und sie eignet sich daher bestens als Nahrungsmittelreserve für schlechte Zeiten. Demgegenüber ist die bei uns übliche Kartoffelart ungeeignet für die Konservierung als Chuño.

    In den Jahren zwischen 1564 und 1570 gelangte die Kartoffel nach Spanien, erstmals belegt ist sie dort 1573. Von Spanien aus nahm die Kartoffel ihren Weg zum einen nach England, zum anderen nach Italien und von dort aus dann in die anderen europäischen Länder. Sie war zunächst wegen ihrer rosa, lila und weißen Blüten als Ziergewächs beliebt und es dauerte fast zweihundert Jahre, ehe sie sich in Europa als Lebensmittel etablierte. »Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht« – die Redensart kommt nicht von ungefähr, und so musste der preußische König Friedrich II. der Große im 18. Jh. die Bauern per Gesetz regelrecht dazu zwingen, Kartoffeln anzubauen, um so Hungersnöten vorzubeugen. Der Erfolg der Kartoffel als eines der wichtigsten Lebensmittel nicht nur in Deutschland, sondern weltweit, war damals angesichts der Ablehnung durch die Bevölkerung sicher nicht vorauszusehen.

    Der Mais (Zea mays) gehört zur Familie der Süßgräser. Kolumbus brachte von seinen Entdeckungsfahrten die ersten Maispflanzen nach Spanien, sodass es dort bereits 1525 Maisfelder gab. Heute ist der aus einer wärmeren Klimazone stammende Mais in klimaresistenten Formen weltweit verbreitet. Der größte Ertrag davon findet als Tierfutter Verwendung, während in Peru und Mittelamerika der Mais bis heute die wichtigste Nahrungsgrundlage für die Menschen ist.

    Der in Zentralmexiko kultivierte Mais stammt von dem Wildgras Teosinte ab, das zweireihige Ähren mit Körnern etwa so groß wie ein Weizenkorn besitzt. Die heutige Maispflanze dagegen hat große Kolben mit mehreren Körnerreihen und ist ohne menschiche Hilfe nicht mehr fortpflanzungsfähig. Trotz dieser Unterschiede haben Teosinte und der heutige Mais dieselbe Chromosomenzahl, sie können also miteinander gekreuzt werden und ihre Blüten gleichen sich. Daher ist man sich heute sicher: Teosinte ist die Urform des Maises. Die Kultivierung des Maises um 5000 v. Chr. war eine der frühesten und bedeutendsten Domestikationen in der Menschheitsgeschichte und kam einer kulturellen Revolution gleich. Man vermutet, dass die domestizierte Maispflanze nach und nach durch Handelsbeziehungen von Zentralmexiko bis nach Südamerika gelangte.

    Nicht nur für den alltäglichen Verzehr, sondern auch als Opfergabe gewann der Mais zur Zeit der Inka immer mehr an Bedeutung. Garcilaso de la Vega bemerkt dazu:

    »Sie verzehren es an Stelle von Brot, geröstet oder in blankem Wasser gekocht. […] Das Mehl wurde von den Frauen auf großen Steinplatten gemahlen, auf welche das Korn geschüttet wurde, auf diese stellten sie eine andere halbmondförmige Steinplatte, nicht rund, sondern etwas länglich, drei Finger dick an den Kanten. An den Enden des halbmondförmigen Steins wurde angefasst, und sie wiegten ihn hochkant auf dem Mais hin und her […].«

    Die getreideähnlichen Früchte der Quinoa (Chenopodium quinoa) und des Amarants (Amaranthus caudatus), die beide zur Familie der Fuchsschwanzgewächse gehören, waren sowohl in Mesoamerika als auch im Andengebiet wichtige Nahrungsgrundlagen. Beide Pflanzen wachsen noch in Höhen von bis zu 4000 m, wo kein Mais mehr angebaut werden kann.

    Koka (Erythroxylum coca) ist eine weitere Pflanze der Inka, die ihren Weg nach Europa fand:

    »In ganz Peru verwendet man und kaut man dieses Koka im Mund. Von morgens bis sie schlafen gehen, haben sie es ständig im Mund. Als ich einige Indios fragte, warum sie immer dieses Kraut im Mund haben (das sie nicht essen, sondern nur zwischen den Zähnen kauen), sagten sie, dass sie damit wenig Hunger spüren und sie eine große Kraft und Stärke fühlen.«

    So schreibt der Chronist und einer der ersten europäischen Augenzeugen Pedro de Cieza de León über den Gebrauch der Kokapflanze. Er erwähnt auch die Verwendung der Pflanze als Opfergabe.

    Koka ist eine strauchartige, bis zu 3 m hohe Nutzpflanze, die im Anbau aber niedrig gehalten wird. Sie hat kleine, gelbe Blüten und rote Steinfrüchte. Geerntet werden aber nur die Blätter, die die Indios bis heute als Genussmittel verwenden. Vermischt mit einer Prise Kalk und anderen Substanzen wie Pflanzenasche werden sie gekaut und seit jeher gehört auch ein kleiner Beutel mit Kokablättern zur Alltagsbekleidung der Indios. Bei der Inka-Oberschicht waren die Kokabeutel mit Goldblechfolie verziert. Für die Vermischung von Kalk und Koka verwendete man kleine Löffel, auch diese waren bei der Inka-Elite vergoldet. Durch die Zugabe von Kalk wird das Alkaloid Kokain so umgewandelt, dass zwar eine sanfte Rauschwirkung erzeugt wird, es aber nicht abhängig macht wie das reine Kokain. Koka als Tee, Mate de Coca, ist in Peru und anderen Andenländern heute sehr beliebt. Ein Teebeutel enthält ein Gramm getrocknete Kokablätter. Mate de Coca wird in Südamerika so konsumiert wie bei uns schwarzer Tee oder Kaffee, auch die Wirkung ist ähnlich. Eine besondere Abhängigkeit ist bislang nicht festgestellt worden.

    Schon im 18. Jh. war die Wirkung von Koka in der Medizin in Europa nicht unbekannt und in den USA wurde Koka zur Behandlung von Alkohol- oder Morphiumsucht eingesetzt. Davon erfuhr Sigmund Freud, der Begründer Psychoanalyse, der seine berufliche Laufbahn als Neurologe begann. Er beschäftigte sich daraufhin intensiv mit Kokain und testete im Selbstversuch dessen Wirkung. Er hoffte, damit ein Mittel gegen Morphiumsucht und Herzkrankheiten zu finden, allerdings ohne Erfolg. 1884 publizierte er seine Arbeit »Über Coca« und machte damit Kokain nicht nur in der Medizin, sondern auch in der breiteren Öffentlichkeit Europas bekannt. Freuds Kollege Carl Koller war es schließlich, der als erster Kokain in der Medizin verwendete, und zwar als lokales Betäubungsmittel bei einer Augenoperation. Fast gleichzeitig begann in den USA die Karriere des Coca-Cola-Getränks, das der Apotheker John Pemberton (1831–1888) erfunden und 1887 als Patent angemeldet hatte. Dieser war dabei inspiriert worden von einem Bordeaux-Wein mit Koka-Extrakt, der in der High Society Europas reißenden Absatz fand. Zwar werden dem Getränk bis heute Extrakte von Kokablättern zugesetzt, Kokain enthält es aber seit einem Verbot von 1914 nicht mehr. Vor allem Ende des 19. Jh. und in den 1920er-Jahren, dann wieder verstärkt in den 1970er-Jahren war das Schnupfen von Koks nicht nur in der Schickeria-Szene beliebt und verbreitet. Verbote konnten dies nicht verhindern. Heute ist Kokain zwar auch als Medikament, vor allem aber als Rauschdroge in Gebrauch. Nach Cannabis stellt sie die am zweithäufigsten konsumierte Droge in Europa dar; eine Droge, die schnell und sehr stark abhängig macht, vor allem psychisch. Der weltweiten Nachfrage entsprechend entwickelten sich auch ein Schwarzmarkthandel und Drogenkartelle. Dem Koka als »Erbe der Inka« trug man staatlicherseits in Peru und Bolivien Rechnung, indem man der Indio-Bevölkerung seinen Anbau zum traditionellen Gebrauch erlaubte. Verboten sind allerdings Herstellung, Verkauf und Konsum von Kokain.

    Lama und Alpaka kennt jeder. Weniger bekannt ist, dass es sich hierbei um Kamele handelt. Vier Kamelarten, die alle zur Gattung der Lamas gehören, gibt es in der Neuen Welt und zwar nur im Andengebiet: die Wildformen Guanako und Vicuña und die vom Guanako abstammenden, domestizierten Formen bzw. Haustiere Lama und Alpaka. Man nimmt an, dass das Lama in der Zeit um 4000 v. Chr. domestiziert wurde. Die ältesten bisher gefundenen Knochen stammen aus dem Virú-Tal in Peru. Die Domestizierung dürfte sicher dadurch erleichtert worden sein, dass vom Menschen aufgezogene Guanako-Fohlen sehr zahm werden und Guanakos prinzipiell sehr neugierig sind. Die Kamele der Neuen Welt unterscheiden sich von denen der Alten Welt, dem Dromedar und dem Trampeltier, vor allem dadurch, dass sie generell kleiner sind und keine Höcker als Fettspeicher haben. Die Sohlenpolster ihrer Füße sind auch kleiner und damit nicht nur an das Leben im Flachland, sondern auch im Gebirge angepasst. Der Lebensraum der Kamele der Neuen Welt sind die Hochebenen der Anden und vor allem die Puna (4100–4800 m), wo sie sich von den dort wachsenden Gräsern ernähren.

    Das Guanako (Lama guanocoë) hat eine Körperhöhe von 90–130 cm und kann bis zu 75 kg wiegen. Die Fellfarbe des Rückens ist braun und scharf von der weißlichen Farbe des Bauches, der Flanken, der Innenseiten der Beine und der Vorderseite des Halses abgegrenzt. Das Vicuña (Lama vicugna) ist mit 70–110 cm Körperhöhe und 50 kg Körpergewicht kleiner und zierlicher als das Guanako, die hell- bis rötlich braunen und weißlichen Fellfarben sind nicht so scharf voneinander abgegrenzt.

    Lamas haben eine Körpergröße bis zu 130 cm und können bis zu 150 kg wiegen. Schon die Inka hielten Lamas in verschiedenen Farben: braun, weiß, schwarz oder gefleckt. Das Lama war und ist bis heute in vielerlei Hinsicht von großem Nutzen: Es liefert Wolle und Fleisch, der Dung wird als Dünger bzw. Brennstoff genutzt und dient bis heute als Transporttier. Bei den Inka war es außerdem als Opfertier von großer Bedeutung und aus den Knochen wurden Werkzeuge hergestellt.

    Für den Transport werden die Lamahengste eingesetzt. Sie können Lasten bis 50 kg und Tagesmärsche bis zu 25 km bewältigen. Der Chronist Garcilaso de la Vega beschreibt Leben und Umgang der Inka mit den Lamas, wie es auch heute noch gültig ist:

    »Man darf es nicht aus seinem Schritt bringen, weil es sonst ermüdet, und dann legt es sich nieder und nichts vermag es dann zum Aufstehen zu bewegen […]. Wenn man hartnäckig versucht, sie auf die Beine zu bringen, und man tritt zu ihnen, um sie aufzuheben, dann setzen sie sich mit dem Mist zur Wehr, den sie im Magen haben; diesen speien sie gegen denjenigen, der ihnen zunächst steht, und dabei trachten sie, das Gesicht zu treffen. […] Damit die Tiere nicht ermüden, führt man in den Herden vierzig oder fünfzig unbeladene Lamas mit, und wenn man gewahr wird, dass ein Tier unter der Last ermüdet, wird diese ihm sogleich abgenommen und einem anderen aufgebürdet, ehe sich ersteres legt; denn wenn es sich erst legt, bleibt nichts anderes übrig, als es zu töten. Das Fleisch von diesem Großvieh ist das Beste, das heute auf der Welt verzehrt wird, es ist zart, bekömmlich und schmackhaft […].«

    Die Hengste werden nicht geschoren, denn das dicke Fell dient als eine Art Schutzdecke für das Tragen der Lasten.

    »Sie brauchen keinerlei Packsattel oder andere Vorrichtung, weil ihre Wolle dick genug ist, die Last zu tragen, die man ihnen aufbürdet, und die Treiber haben darauf zu achten, dass die Packen zu beiden Seiten angebracht und verbunden werden, sodass die Last nicht auf das Rückgrat drückt, was das Tier töten könnte.«

    Bis heute ist das Lama in den hochgelegenen Andenregionen, die nicht mit den modernen Verkehrsmitteln erreichbar sind (es sei denn mit Flugzeugen), das einzige Transporttier für die ansässige indianische Bevölkerung.

    Alpakas (Vicugna pacos) sind kleiner als Lamas und wiegen ca. 60 kg. Die Fellfarbe variiert zwischen weiß, beige, braun, grau und schwarz. Während das kräftigere Lama vor allem als Lasttier verwendet wird, dient das Alpaka nur als Wolllieferant. Diese unterschiedlichen Funktionen waren sehr wahrscheinlich entscheidend bei der Züchtung, sodass es zur Entwicklung zweier Haustierformen des Guanakos kam.

    Noch kleiner und schlanker als die Lamas und Alpakas sind die Vicuñas. Die Inka fingen die Vicuña-Herden ein, um sie zu scheren und sie dann wieder freizulassen. Geschlachtet wurden meist nur überzählige Hengste. In der Kolonialzeit aber sorgten die Spanier für eine starke Dezimierung des Vicuña-Bestandes, denn nicht nur die Wolle, sondern auch das zarte Fleisch war sehr begehrt. Simón Bolívar, der Held der Unabhängigkeit nicht nur Perus, erließ schon 1825 ein Gesetz zum Schutz der Vicuñas. Das ändert allerdings nichts daran, dass sie bis heute illegal gejagt werden. Grund dafür ist vor allem die Wolle der Tiere, die zu den feinsten tierischen Wollarten überhaupt zählt. Sie ist, wie die spanischen Eroberer schon feststellten, vergleichbar mit der Qualität von Seide und gehört daher auch zu den teuersten Wollen der Welt. So kann ein Schal schon mal 1000 Euro, ein Pullover 3000 Euro kosten.

    Alle vier Kamelarten sind gesellige Herdentiere und lassen sich miteinander kreuzen. Den Lama- und Alpaka-Herden, die frei auf den Hochebenen der Anden grasen, schließen sich oft Guanakos oder Vicuñas an. Alle Neuweltkamele sind zudem Tiere der Puna in der südlichen Andenregion, der kalten Zone in einer Höhe von 4100 bis 4800 m. Nur hier ist ihre Haltung in größerem Ausmaß möglich. Das war sehr wahrscheinlich der Grund dafür, dass sich gerade im zentralen Andenraum, und nicht etwa in Ecuador mit seinen fruchtbareren Hochtälern, die präkolumbianischen Hochkulturen entwickelten.

    Ob der Hund den ersten Einwanderern aus Asien folgte, also aus der Alten Welt »mitgebracht« oder unabhängig in Amerika domestiziert wurde, ist ungeklärt. Allerdings züchtete man den Hund in Amerika weiter. In der Neuen wie in der Alten Welt war der Hund der Begleiter des Menschen nicht nur im Diesseits, sondern auch im Jenseits. Hunde wurden den Verstorbenen als »Grabbeigabe« mitgegeben, wie zum Beispiel dem Fürsten von Sipán in der Moche-Kultur. Sie dienten auch als Opfergaben bei bestimmten Zeremonien und in manchen Fällen als Fleischlieferant. Die ältesten Hundeknochen in Südamerika datieren aus der Zeit um 1750 v. Chr. Die spanischen Chronisten ihrerseits berichten von einer mittelgroßen Hunderasse bei den Inka.

    Last but not least ist als »Erbe der Inka« das bei uns beliebt gewordene Hausmeerschweinchen (Cavia porcellus) zu nennen. Es gehört zur Familie der Meerschweinchen (Caviidae), wird bis zu 1,4 kg schwer und ernährt sich von Pflanzen. Die Fellfarben sind braun, weiß, schwarz oder gescheckt; der Lebensraum ist das Hochland der Anden. Schon sehr früh wurde das Meerschweinchen domestiziert bzw. zum Haustier. Ab 1800 v. Chr. ist das Meerschweinchen erstmals als Haustier in Huaca Prieta im Tal des Río Supe belegt. Als Hauptlieferant fleischlicher Nahrung und als Opfertier ist das Meerschweinchen bis heute im Andenraum weit verbreitet. Wie auch die Kartoffel wurde das Meerschweinchen schon früh von den Spaniern nach Europa gebracht – »übers Meer«, daher der Name »Meerschweinchen«. Bereits 1554 wird es von dem Schweizer Gelehrten Conrad Gesner beschrieben.

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