Der Welt- & Zeitumfassende ein-Satz
Von Madame Nielsen
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Buchvorschau
Der Welt- & Zeitumfassende ein-Satz - Madame Nielsen
I
Das Leben als Schrift und die Schrift als Lebensform
Das Leben als Werk und das Werk als gelebtes Lebenswerk
Ouvertüre
Meine Poetik ist die Lehre von einem Leben als Schrift und eine Schrift, die das ganze Leben formuliert, weil die Schrift nie aufhört; die Schrift ist mein Leben, das Leben oder meine Lebensform ist meine Schrift, das eine geht in das andere über, bei mir – in meinem Leben und Werk – ist alles Übergang, Grauzone, Kippbild, Verwandlung, ständiges Wandern und Wandeln, nomadisch und nie mit sich selbst identisch, immer wieder sein eigener Anderer.
Und so bin ich nur Schriftstellerin, wenn ich schreibe, nur in dem Moment, wo ich restlos ins Schreiben übergehe und verschwinde und also nicht mehr da bin, bin ich abwesend Schriftstellerin, und so bin ich auch nicht nur Schriftstellerin, ich bin auch Sängerin, Pianistin, Flötistin, Gitarristin, Fotografin, Performerin, Dramatikerin, Haute-Couture-Model, Catwalkerin und Tänzerin, Komponistin, bildende Künstlerin, ästhetisch-politische Aktivistin, Revolutionärin, Verführerin, Film- und Video- und Bühnenregisseurin, aber auch Wanderin, Nonne und Priesterin, Verliebte, Liebende und ab und zu auch Geliebte, Rhetorikerin, Köchin und Wutbürgerin, Mutter und Vater, Schwester und Bruder, lamentierender, weinender, lachender, lächelnder, zweifelnder und verzweifelnder Mensch und Weltbürger und Europäer und Tier und Wesen und Unwesen, Zombie und reiner Geist und vor allem: plötzlich nicht mehr da. Ich bin nicht irgendetwas Bestimmtes, sondern immer etwas Unbestimmtes, ich bin Potenzial, das Mögliche und noch mehr das Unmögliche und der ständige Versuch, meine Potenziale zu entdecken, zu entwerfen und zu realisieren, und das alles ist meine Poetik.
Für mich ist das Leben Werk. Von dem Moment an, als ich das erkannte, und wahrscheinlich schon Jahre vorher, war mir bewusst, dass es für mich, in meinem Leben als erweitertem Dasein – das heißt nicht nur als heideggerscher Mensch, sondern erweitertes Dasein als alles Wesendes potenziell Umfassendes und Einschließendes, Säugetier, Vogel, Fisch, Pflanze, atmender Stein –, keinen Ort, kein Wort und keinen Gedanke, keinen einzigen Moment und keine plötzliche Abwesenheit gibt, die, das oder der außerhalb des Werks ist, keine Pause, keine Bewegung, die privater ist als alle anderen, die Gnade ist, dass es in meinem Lebenswerk und Werkleben keine Gnade gibt, nur diesen unablässigen Trieb zu formulieren, ich muss mich ständig, pausenlos, in Form setzen, mich – Leib, Leben, Blut, Knochen und Geist – und alles, was ich erlebe, träume, höre, sehe, spüre und nur vage ahne, in Form setzen und in Form halten und formulieren und dann wieder um- oder ganz neu formulieren, denn nur die formulierte Welt ist sicht- und wahrnehmbar. Ich bin dazu (von was, von wem, von welcher Göttin?) berufen, pausenlos die Welt zu formulieren: die Welt nicht (nur) als Wille und Vorstellung, sondern: die Welt als formulierte Form.
Akt I – »Der Tod des Autors« oder Biografie eines Toten
Eines Tages im Dezember 2000 nahm der Schriftsteller Claus Beck-Nielsen das charakteristische »Beck-« aus seinem Namen, er verließ Wohnung, Frau und Kind und ging auf die Straße als Claus Nielsen, der Mann ohne Personenkennziffer. Das war der Beginn einer Tragödie.
Ich. Wer ist »Ich«?
1963
Vielleicht wurde ich am 6. Mai 1963 namenlos in der Geburtsanstalt Aarhus in Dänemark geboren und zwei Monate später in der Christkirche in der kleinen Grenzstadt Tønder auf den Namen Claus Beck-Nielsen getauft. Laut offizieller Quellen, die sich in öffentlichen staatlichen Archiven in Dänemark befinden, sind das Wahrheiten, ich aber habe keine Erinnerungen daran.
2000
Entscheidender für mein Werkleben und Lebenswerk ist vielmehr – ich zitiere nochmals aus dem Klappentext der Biografie Claus Beck-Nielsen (1963–2001), die 2003 im Gyldendal-Verlag in Dänemark erschien und die skandinavische Literatur mit einem Schlag veränderte, eine Welle von mehr oder weniger autobiografischen Romanen und anderen Prosaformen in Bewegung setzte und zu ganz neuen Literaturbegriffen in Skandinavien führte, etwa »Doppelvertrag«, »Performativer Biografismus« oder »Skandinavische Autofiktion«:
Eines Tages im Dezember 2000 nahm der Schriftsteller Claus Beck-Nielsen das charakteristische »Beck-« aus seinem Namen, er verließ Wohnung, Frau und Kind und ging auf die Straße als Claus Nielsen, der Mann ohne Personenkennziffer. Das war der Beginn einer Tragödie.
Im Winter 2000–2001 lebte ich zwei Monate obdachlos auf den Straßen Kopenhagens, ohne Dokumente, Geld, Personenkennziffer, als ein dem System und auch mir selbst völlig Unbekannter, der aber aus Elementen meines Lebens – meinem Körper, meinen Kleidern, Gedanken, Bewegungen, Träumen etc. – bestand. Indem ich ganz formal mich selbst, meine Erinnerungen und meine Sachen beschnitt und reduzierte und nach einigen ganz einfachen Lebensregeln lebte, wurde ich mein eigener Doppelgänger und Fremder.
Schon in dieser ersten Geste, diesem Entwurf, ja, Ich-aus-mir-Wurf, steckt meine ganze Poetik, die Poetik, die mein ganzes darauf folgendes und jetzt fast zwanzig Jahre altes Werkleben und Lebenswerk vorausgesagt hat.
2001
Irgendwann im Herbst 2001 habe ich dann Claus Beck-Nielsen für tot erklärt. Anfangs dachten nicht nur die Medien, sondern auch ich, dass auch ich somit tot sei, was zu einer ganzen Reihe von paradoxen und komischen Situationen führte, unter anderem, wie es