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Ich bin Bonhoeffer: Roman eines glaubwürdigen Lebens
Ich bin Bonhoeffer: Roman eines glaubwürdigen Lebens
Ich bin Bonhoeffer: Roman eines glaubwürdigen Lebens
eBook429 Seiten5 Stunden

Ich bin Bonhoeffer: Roman eines glaubwürdigen Lebens

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Über dieses E-Book

Wer war Bonhoeffer wirklich?
War er wirklich die Lichtgestalt, die Kultfigur, als die er sich heute darstellt? Und welchen Weg hat er genommen? Paul Barz folgt den Lebensspuren Bonhoeffers, dessen wechselnde Lebensmasken unter den zermürbenden Bedingungen der Haft zu fallen beginnen. In parallelen Erzählsträngen schildert Barz die Haftzeit sowie die Entwicklung Bonhoeffers vom kleinen Prinzen aus wohlhabendem Hause zum engagierten, aufrechten Christen.
Dietrich Bonhoeffers Leben vollkommen neu erzählt – atmosphärisch dicht, facettenreich, bewegend.
Dieses Buch ist eine ungekürzte, unbearbeitete Neuauflage des 2006 erschienenen Buches von Paul Barz auf Basis des Originalmanuskriptes.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum28. Apr. 2021
ISBN9783985512027
Ich bin Bonhoeffer: Roman eines glaubwürdigen Lebens

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    Buchvorschau

    Ich bin Bonhoeffer - Paul Barz

    Paul Barz - Ich bin Bonhoeffer

    Paul Barz

    Ich bin Bonhoeffer

    Roman eines glaubwürdigen Lebens

    Inhaltsverzeichnis

    Wer bin ich?

    Marienburger Allee, 5. April 1943

    Ein kleiner Prinz

    Gott liebt auch den Schornsteinfeger

    »Muss ich Ihnen mitteilen, dass Ihr Sohn …«

    Ich schaffe diese Kirche neu

    Theologie macht einsam

    Tegel, Nacht vom 5. auf 6. April 1943

    Was macht Kirche zur Kirche?

    Auch Laokoon war Priester

    Lies mal, was der Barth schreibt!

    Bei uns bist du geborgen

    Tegel, April 1943

    Die Neue Welt – neue Welt

    When the saints go marchin’ in

    Wehrmachtsgericht, April/Mai 1943

    Führer und Verführer

    Gott liebt die Flüche der Gottlosen

    »Vorwärts! Nie vergessen …«

    Gut gesprochen, Herr Pastor!

    Wehrmachtsgericht, 24. Juni 1943

    Kirche, bleib Kirche!

    Der Reichstag brennt! – Jetzt schon?

    Zum Glück nur Pfarrer. Und Jude

    »Ich bin fürs ›Nein‹ nicht geschaffen«

    Tegel, Sommer 1943

    Christ – oder Nationalsozialist

    Ich habe meine Kirche wieder

    Von Gandhi lernen

    Zurück ans Maschinengewehr!

    Tegel, 23./24. November 1943

    Ich will ein Heiliger sein

    Wir lieben ihn. Wir hassen ihn

    Ihr könnt gehen oder bleiben

    Sieht so ein Heiliger aus?

    Rote Karte für den Himmel

    Ein Märtyrer. Ein Jude

    Tegel, Anfang Mai 1944

    Keine Zeit für Heilige

    Sie verbrennen Gottes Häuser im Land

    Wer hat den besseren Teil gewählt?

    A crazy German. Mister Bonhoff or so

    Ein Tischler macht ernst

    Tegel, Ende Mai 1944

    Aufforderung zum Seiltanz

    Die Abwehr braucht dich, Schwager

    Wir können nicht Gott die Arbeit überlassen

    Nein. Kein Don Quijote

    Tegel, 30. Juni 1944

    Stumme Zeugen böser Taten

    Was hat man aus dem Mann nur gemacht!

    Der Spuk muss jetzt ein Ende haben

    Please, pray for us!

    Der Fremde im Zug

    Armer Dietrich

    Tegel, 25. September 1944

    Sind wir noch brauchbar?

    »Ich weiß, dass ich ihn lieben werde«

    Königin, das Leben ist doch schön!

    Ein Netz zieht sich zu

    Das nächste Fest wird deine Hochzeit sein

    Schönberg, »Weißer Sonntag« (8. April) 1945

    Bist du Bonhoeffer?

    Der glücklichste aller Menschen, vielleicht

    Von guten Mächten treu und still umgeben

    Ein Leben in Daten

    Literatur

    Über den Autor

    Die Bücher von Paul Barz

    Die Bücher von Helmut Barz

    Impressum

    Für Rudolf Herrfahrdt

    Superintendent i. R. und

    Pfarrer der Bekennenden Kirche,

    der auch in weiterer Zeit

    im Bonhoeffer-Geist

    tätiger Nächstenliebe gewirkt hat

    Wer bin ich?

    Wer bin ich? Sie sagen mir oft,

    ich träte aus meiner Zelle

    gelassen und heiter und fest,

    wie ein Gutsherr aus seinem Schloss.

    Wer bin ich? Sie sagen mir oft,

    ich spräche mit meinen Bewachern

    frei und freundlich und klar,

    als hätte ich zu gebieten.

    Wer bin ich? Sie sagen mir auch,

    ich trüge die Tage des Unglücks

    gleichmütig, lächelnd und stolz,

    wie einer, der Siegen gewohnt ist.

    Bin ich das wirklich, was andere von mir sagen?

    oder bin ich nur das, was ich selber von mir weiß?

    unruhig, sehnsüchtig, krank, wie ein Vogel im Käfig,

    ringend nach Lebensatem, als würgte mir einer die Kehle,

    hungernd nach Farben, nach Blumen, nach Vogelstimmen,

    dürstend nach guten Worten, nach menschlicher Nähe,

    zitternd vor Zorn über Willkür und kleinlichste Kränkung,

    umgetrieben vom Warten auf große Dinge,

    ohnmächtig bangend um Freunde in endloser Ferne,

    müde und leer zum Beten, zum Denken, zum Schaffen,

    matt und bereit, von allem Abschied zu nehmen?Wer bin ich? Der oder jener?

    Bin ich denn heute dieser und morgen ein andrer?

    Bin ich beides zugleich? Vor Menschen ein Heuchler

    Und vor mir selbst ein verächtlich wehleidiger Schwächling?

    Oder gleicht, was in mir noch ist, dem geschlagenen Heer,

    das in Unordnung weicht vor schon gewonnenem Sieg?

    Wer bin ich? Einsames Fragen treibt mit mir Spott.

    Wer ich auch bin, Du kennst mich, Dein bin ich, o Gott!

    Dietrich Bonhoeffer

    (1944)

    Marienburger Allee, 5. April 1943

    Dietrich Bonhoeffer ist zum Telefon gegangen, wählt, wartet. Stille. Ein Seitenblick hinüber zum anderen, der am Tisch sitzt, den Blick gesenkt, die Hände wie betend gefaltet: »Es scheint niemand da zu sein, Eberhard.«

    Eberhard sieht hoch: »Auch Christine nicht?«

    Bonhoeffer hebt die Achseln, horcht noch einmal auf das dumpf monotone Tuten im Hörer. Da eine Stimme, hart, trocken, befehlend: »Wer ist da?« Und gleich noch einmal, nun schon als barsches Kommando: »Sagen Sie, wen Sie sprechen wollen!«

    Langsam legt Bonhoeffer auf: »Ich glaube, es ist so weit«. Er wühlt mit der Linken in der Jackentasche, wartet aufs schon vertraute »Nun rauch doch nicht schon wieder, Dietrich.« Aber Eberhard sieht ihn nur aus aufgerissenen Augen an.

    »Was ist soweit? Wer war das denn?«

    Bonhoeffer antwortet nicht.

    Fremde drüben in Sakrow bei den Dohnanyis, der Schwester Christine und ihrem Mann Hans. Gestapo. Hausdurchsuchung. Gleich würden sie hier sein. In einer Stunde, zwei? Bonhoeffer greift wieder zum Telefon.

    »Ursula? – Sag mal, was gibt es bei euch zu Mittag? – Gemüsesuppe? Hinterher Kartoffelpuffer? Im Ernst? Und ihr könnt noch zwei Esser mehr gebrauchen?«

    Eberhard wehrt heftig ab. Bonhoeffer lacht nur: »Wir sind gleich bei euch. Ich bringe aus Vaters Keller eine Flasche Wein mit.«

    Im Keller ist es kühl und schummrig. Bonhoeffer wählt zwischen den Flaschen mit Bedacht. »Es ist so weit«, hämmert es dabei in seinem Hirn. Eine seltsame Erleichterung überkommt ihn dabei, als fielen Lasten von ihm ab, deren ganze Schwere er zuvor so noch nie gespürt hat.

    Haussuchung also. Am Ende Verhaftung. Wie oft haben Schwager Hans und er das durchgespielt! Nun würde es gleich soweit sein, und er empfindet mehr Neugierde als Angst.

    Auf Zehenspitzen steigt er wieder ins Erdgeschoss hinauf, einen guten Bordeaux unter dem Arm. Die Eltern ruhen gerade ein wenig, er will sie nicht stören. »Komm!« Die beiden gehen ins Nachbarhaus hinüber, zum Schwager Rüdiger Schleicher und seiner Frau, Bonhoeffers Schwester Ursula.

    »Du, das ist mir aber gar nicht recht, denen einfach so ins Mittagessen zu fallen. Richtig peinlich ist mir das.« – »Peinlich?« Wieder lacht Bonhoeffer: »Gehörst doch zur Familie, Eberhard. In der Familie muss einem nichts peinlich sein.«

    Ursula wartet schon in der Tür.

    »Ist was Besonderes?«

    »Sie sind drüben bei Hans und Christine. Bald dürften sie hier sein.«

    »Wer?«

    »Du weißt schon.«

    Sie sitzen im Esszimmer, Eberhard vorgeneigt und schweigsam, Bonhoeffer gesprächig wie selten. Etwas zu laut das Lachen, leicht fiebrig der Blick. Sonst, denkt die Schwester, ist es eher umgekehrt. Sonst hält sich Dietrich zurück, Eberhard sprudelt über.

    »Nun rauch doch nicht schon wieder, Dietrich!«

    Bonhoeffer hat sich eine Zigarette angesteckt, die schon dritte oder vierte, inhaliert tief, malt einen imposanten Rauchring in die Luft: »Ein gutes Essen, Ursula, ist doch das beste Nervenpolster, wenn es losgeht.«

    »Was soll losgehen?«

    Bonhoeffer ignoriert die Frage: »Kühlen Kopf bewahren. Darauf kommt es an. Sagt auch Hans immer, unser kluger Rechtsgelehrter.« Für Augenblicke meint er des Schwagers scharfe, leicht näselnde Stimme zu hören: »Denk immer daran, sie haben nichts wirklich gegen uns in der Hand.«

    »Sie haben nichts gegen uns in der Hand«, wiederholt Bonhoeffer jetzt, »meine uk-Stellung, die Reisen ins Ausland. Alles ganz legal und mit dem Segen von oben.«

    Die Schwester holt die Kartoffelpuffer: »Vielleicht solltest du …«

    »Was sollte ich?«

    »Ich meine, wenn du irgendwelche Papiere in deinem Schreibtisch …«

    »Der ist sauber.«

    Aber Vorsicht kann nicht schaden, denkt er zugleich. Gleich nach den Kartoffelpuffern gehe ich noch mal hinüber und sehe gründlich nach.

    Im Haus drüben ist es noch immer still. Seltsam, denkt Bonhoeffer, als er, wieder auf Zehenspitzen, zu seinem Zimmer im Dachgeschoss hinaufsteigt, hier wohnen die Eltern doch erst acht Jahre, davor waren es andere Häuser und das erste nicht in Berlin, sondern in Breslau, wo er wenig über siebenunddreißig Jahre zuvor, am 4. Februar 1906 genau, geboren worden war.

    Aber jetzt, im Film seiner Erinnerung, will ihm scheinen, es sei all die siebenunddreißig Jahre lang immerzu das gleiche Haus gewesen, die gleiche Welt mit ihren dunklen Möbeln und den Bildern im Goldrahmen, mit viel Musik dabei und einem Silberhauch nobel verschlissener Vergänglichkeit über allem, eine Welt voll von leicht Moll-getönter tiefinnerer Harmonie.

    Er steht vor dem Schreibtisch, wühlt in den Schubladen, schüttelt den Kopf. Nichts hier, was ihn irgendwie belasten könnte. Fast zu aufgeräumt alles. »Nicht alles zu ordentlich lassen. Dann denken sie, du hättest mit einer Durchsuchung gerechnet«, hat der Schwager gemahnt. Guter Hans! Immer klug, gewieft, ein Taktiker. Er selbst ist das nie geworden, wird das nie lernen, muss jetzt lachen.

    Bonhoeffer der Konspirateur! Das ist gewiss nicht seine beste Rolle.

    Als er die Treppe wieder hinuntergeht, sieht er auf die Uhr. Gleich drei! Gegen eins hat er bei den Dohnanyis angerufen. Die Herren scheinen sich viel Zeit zu nehmen.

    »Vielleicht kommen sie ja gar nicht.« Das ist drüben im Nachbarhaus die Schwester. Wieder hat sie ihn schon an der Tür erwartet. »Sie kommen. Du kannst sicher sein.« Er staunt über die eigene Gewissheit.

    Im Wohnzimmer wirft ihm Eberhard einen Blick zu, fragend und ängstlich. Ich hätte ihn nie in all das hineinziehen sollen, denkt Bonhoeffer. Obgleich nur drei Jahre jünger, kommt ihm der andere stets wie ein kleiner Bruder vor, der beschützt sein will vor aller Unbill dieser Welt.

    Die Wanduhr tickt asthmatisch.

    »Vater!«

    Die Schwester hat am Fenster gelehnt, zum Haus der Eltern hinübergesehen, nun eine Stunde schon. Jetzt läuft sie zur Tür.

    »Was ist, Vater?«

    Karl Bonhoeffer tritt ein: »Zwei Herren sind drüben, Dietrich. Für dich. Sie warten in deinem Zimmer.«

    Bonhoeffer erwartet, das Zimmer durchwühlt, den Schreibtisch aufgebrochen vorzufinden. Doch alles ist an seinem Platz. Nur dass ein Herr neben dem Schreibtisch steht, schmal, korrekt, sogar ein Lächeln auf den Lippen. Ein anderer hockt auf der Bettkante, erhebt sich aber bei Bonhoeffers Eintritt, deutet sogar eine knappe Verbeugung an.

    Der andere lächelt noch immer: »Roeder! Oberstkriegsgerichtsrat!« Und mit einer Geste zum anderen hin: »Kommissar Sonderegger von der Geheimen Staatspolizei. Wir beide leiten hier die Untersuchung.«

    Bonhoeffer nickt leicht. Fast wie beim Tanztee, denkt er und hat Mühe, ein kleines glucksendes Lachen zu unterdrücken. Einen Besuch der Gestapo hat er sich eigentlich anders vorgestellt.

    Nächtens, dunkel, bedrohlich. Männer im Regenmantel, den steifen Hut tief in die Stirn gezogen, vielleicht blinkt ein Revolver. Aber hier ist heller Tag, draußen scheint eine scharfe Aprilsonne, und die Herren blicken so freundlich erwartungsvoll, als verlangten sie von ihm, dem Pastor, einen geistlichen Rat. Unwillkürlich neigt Bonhoeffer den Kopf vor, leicht schräg den anderen zugewandt, als sei er ganz Ohr: »Was kann ich für die Herren tun?«

    »Es liegen gegen Sie leider gewisse Anschuldigungen vor, Herr Pastor!«

    Der Mann, der sich als Oberstkriegsgerichtrat vorgestellt hatte – wo hatte nur Bonhoeffer zuvor schon mal den Namen »Roeder« gehört? – hat tatsächlich »Herr Pastor« gesagt. Das macht es Bonhoeffer leicht, den Ton höflicher Unverbindlichkeit beizubehalten.

    »Anschuldigungen?«

    »Wir haben dazu schon Ihren Schwager Herrn von … Entschuldigen Sie, wie spricht man den Namen korrekt aus?«

    »Wie man ihn schreibt. Do = na = ni!«

    »Also nicht Doch = na = ni, wie Kommissar Sonderegger meinte.« Ein triumphierender Seitenblick streift den anderen. »Weil das nämlich Ungarisch sei, eigentlich.«

    Sonderegger räuspert sich leicht, und Bonhoeffer weiß sich mit ihm einig, dass man endlich zur Sache kommen möge.

    »Ihre uk-Stellung, Herr Pastor. Es hat uns immer schon seltsam berührt, dass die Abwehr gerade einen Herrn wie Sie – Entschuldigung, aber Geistliche gelten nicht gerade als ideale Abwehrleute – angefordert und von seiner Pflicht zum Wehrdienst freigestellt haben soll. Und dann Ihre Auslandsreisen in die Schweiz, nach Schweden, Norwegen – sollte nicht gerade wieder eine starten?«

    »Auf den Balkan, ja, eine andere nach Rom. Ich erwarte täglich meinen Pass. Es hat wohl Schwierigkeiten gegeben.«

    »Ich fürchte, die Schwierigkeiten werden bleiben und Sie noch etwas länger auf den Pass warten müssen. Fürs Erste müssen wir Sie bitten, mitzukommen.«

    »Ich bin verhaftet?«

    Roeder macht nur eine Geste, die nahezu einladend wirkt.

    »Und mein Schwager Hans von Dohnanyi? Haben Sie den auch festgenommen?«

    Wieder eine Geste, die die Frage als überflüssig abtut.

    »Und Generalmajor Oster? Admiral Canaris? Die haben schließlich meine uk-Stellung durchgesetzt.«

    Jetzt sehen sich die beiden Männer kurz an, und als sie sich wieder Bonhoeffer zuwenden, meint er in zwei steinerne Masken zu blicken, ohne den geringsten Anflug lächelnder Verbindlichkeit.

    Sie gehen die Treppe hinunter. Die Stufen knarren. Nicht böse, laut, nein, ganz dezent nur. Dieses Knarren, wie eine leise Mahnung, schön behutsam in die Wirklichkeit zu treten – es gehört in diese Welt hier, wie das Kerzenlicht bei der abendlichen Tafel, wie das gemeinsame Musizieren am Samstagabend, die Reihen goldgeschnittener Buchrücken in der Bibliothek, der sanfte Duft nach Eau de Cologne im Zimmer der Mutter.

    Das alles scheint fester Teil der Welt zu sein, aus der ihn gerade diese Herren hinausgeleiten, und eigentlich, muss Bonhoeffer denken, eigentlich habe ich bis zu diesem Tag diese Welt noch nie wirklich verlassen, selbst wenn ich ganz wo anders war. In New York, London, Barcelona, in Skandinavien, Italien, Afrika. Ich habe Elend gesehen und Reichtum, Glanz und Armut, Gutes wie Böses. Aber diese Welt hier, die war immer da. All umgreifend. Überall.

    Eine Festung, denkt er. Ja, das ist dieses Elternhaus immer gewesen, mit Gesetzen wie Höflichkeit, Kultur, Toleranz. Aber jetzt bröckeln die Mauern, und die Gesetze dort draußen dürften sehr anders sein als die hier.

    Aus den Augenwinkeln sieht er plötzlich einen Mann neben sich stehen, mittelgroß, untersetzt. Er schrickt leicht zusammen. Dann erst erkennt er sich selber im mannshohen Spiegel neben der Treppe, sieht länger hin.

    Das Haar aschblond, die Stirn schon hoch. Blassblauer Blick hinter Brillengläsern. Glatte Züge, seltsam ungeprägt. Kaum Falten um Mund und Augen. Ein Gesicht, das noch vollgeschrieben werden will.

    Der da also bin ich, denkt er. Das ist Dietrich Bonhoeffer. Pastor. Doktor. Bekennender Christ. Nun ein Gefangener. Vielleicht nicht die schlechteste Rolle.

    Er zögert. Roeder fasst ihn am Arm wie ein Jüngerer, der einem Älteren über die Straße helfen will, und schiebt ihn sachte, fast zärtlich zur Tür.

    Ich bin Bonhoeffer, denkt der andere noch einmal, noch ledig, wenn auch verlobt, ein paar Pfunde zu viel, 37 Jahre alt. »Ich werde nicht älter als 37 werden, bestimmt nicht.« Das hat er einmal zum Freund Eberhard gesagt, er weiß nicht mehr warum.

    Bonhoeffer tritt hinaus. Ein schöner Tag. Er sieht ins Himmelsblau hinauf, und um den Mund spielt sein Lächeln, das manche hochmütig, andere sehnsuchtsvoll nennen.

    Ein kleiner Prinz

    1912 - 1924

    »Ihr habt ein Fundament,

    ihr habt Boden unter den Füßen,

    ihr habt einen Platz in der Welt«

    (aus dem Tegeler Dramenfragment, 1943)

    Gott liebt auch den Schornsteinfeger

    Der Junge stirbt. Liegt flach hingestreckt, die Hände über der Brust gefaltet. Die helle Knabenstimme sinkt in greisenhafte Brüchigkeit hinab. Sie flüstert: »Und zu dir noch, lieber Vater, will ich sagen …«

    »Was machst du da, Dietrich?«

    Der Junge fährt hoch, ist wieder ein Bub von sieben und sehr lebendig. Verwirrt sieht er zur Schwester dort im Türrahmen hin.

    »Spielst du mal wieder Sterben, Dietrich?«

    Gerade hieran, an diese Szene aus Kindertagen, warum nur an sie?, musste Dietrich Bonhoeffer in seiner Haftzeit häufig denken, gleich schon in der ersten Nacht, als sie ihn im Tegeler Militärgefängnis abgeliefert hatten.

    Wie er sich gern tot gestellt hatte damals im Elternhaus. Wie sich in seiner Phantasie die gesamte Familie um ihn geschart und er letzte bedeutende Worte gesprochen hatte. Aber nur Schwester Sabine durfte davon wissen.

    Nur mit ihr sprach er über Dinge wie Sterben und Tod, und sie allein wusste von der Angst, die ihn jeden Morgen auf dem Weg zur Schule aufs Neue befiehl, unerklärlich, rätselhaft.

    Über eine hohe Brücke musste er dort gehen, immer fürchtete er, durch ihre Ritzen hinunter in den Fluss zu stürzen, und ein schwarzer Mann kreuzte zuweilen seinen Weg, mit Zylinder und rußverschmiertem Gesicht, vielleicht der Tod, vielleicht der Teufel, und die Erklärung half nicht viel, dies sei doch nur der Schornsteinfeger und ganz harmlos.

    Für das Kind war die Welt voller Schrecken, und einzig die Schwester wusste von all diesen Ängsten. Die anderen hätten ihn nur ausgelacht.

    Die anderen, das waren die älteren Geschwister und die Eltern und mancher Vetter, der selbstverständlich Quartier bekam, wenn er in Berlin studierte, und manche ledige Verwandte auch, die anderswo keine Bleibe hatte. Sie alle fanden sich in diesem Haus im Grunewald mit seinen hohen Räumen, den sanft knarrenden Dielen und dem großen Garten rundum wieder.

    Eine feine Gegend war das, die fast feinste im Millionengewirr von Berlin, mit viel Grün und den stuckbeladenen Fassaden matt schimmernder Herrschaftsvillen hinter den wohlgeschnittenen Buchsbaumhecken. Dort wohnten dann Gelehrte, Ärzte, Professoren, mal Theologen wie der berühmte Professor Harnack, mal Historiker wie der gleichfalls sehr bekannte Professor Delbrück, kurz: Berlins geistige Elite.

    Auch die Bonhoeffers gehörten dazu.

    1912 war Karl Bonhoeffer von Breslau nach Berlin gekommen, hier nun an der Universität Professor für Neurologie und Psychiatrie und gleich noch Leiter der Klinik für Nerven- und Geisteskrankheiten an der Berliner Charité. Einer aus dem Geist des 19. Jahrhunderts mit wenig Sinn für jene Richtung, die in Wien aufgekommen war und den Namen Siegmund Freud trug: »Also, ich halte ihn für einen Scharlatan. Meinst du nicht auch, Paula?«

    Paula Bonhoeffer nickte, obwohl sie nicht so ganz seiner Meinung war und des Professor Freuds Ansichten zu Mutterbindung und Vaterkomplex eigentlich ganz interessant fand. Doch in den Jahren ihrer Ehe hatte sie zu widersprechen aufgegeben und sich allenfalls im Stillen ihren Teil gedacht, Tochter eines Hofpredigers und geborene von Hase, von deren adliger Ahnenreihe allerdings erheblich weniger Aufhebens gemacht wurde als von den Vorfahren der Bonhoeffers, deren Stammbaum schön gemalt im Treppenhaus hing.

    Sie selbst hatte früher mal Lehrerin werden wollen, eine etwas andere als die anderen. Denn sie lehnte das preußische Erziehungsprinzip ab, einen jungen Menschen erst mal zu zerbrechen, um ihn dann wieder nach preußisch gültigem Muster zusammenzufügen, und ließ denn auch ihre Kinder bis zum Gymnasialeintritt zu Hause unterrichten. Den Religionsunterricht übernahm sie selbst.

    Dazu holte sie dann die große Bilderbibel mit den prächtigen Illustrationen des Schnorr von Carolsfeld hervor, »schau mal, Dietrich«, und Dietrich rückte näher, schaute, staunte. Die blauen Augen wurden immer größer.

    Hier Jakob an der Himmelsleiter, dort Absalom, dessen Haar sich gerade im Geäst eines Baums verfing, Simson, wie er den Tempel der Philister einriss, König Saul, wie er den Speer nach dem singenden David schleuderte. Dann das andere, das Neue Testament: Bethlehem, Bergpredigt, Golgatha …

    »Das gefällt dir wohl?«

    Dietrich nickte nur. Und dann, zurückblätternd:

    »Wer ist das?«

    »Der liebe Gott.« Gleich auf dem ersten Bild war er zu sehen im wallenden Gewand mit gewaltigem Bart, wie er die Wasserwüste unter sich mit beiden Armen segnete.

    »Warum heißt er ›lieber Gott‹?«

    »Weil wir ihn lieben müssen.«

    »Liebt er uns denn auch?«

    »Gewiss.«

    »Auch mich?«

    »Aber sicherlich.«

    »Auch … auch …«

    Der Junge grübelte.

    »Auch den … den …«

    Er sah den Mann mit rußverschmiertem Gesicht vor sich, den vom Schulweg, der aussah, als würde ihn keiner lieben, so finster, wie er war. Das Kind flüsterte ganz leise: »Auch den – Schornsteinfeger?«

    Die Mutter lachte, erzählte das zu Mittag lachend den anderen. Selbst der Vater hob den dunklen Blick und schmunzelte, die anderen brüllten geradezu. Dietrich saß aber da und, schämte sich ein wenig. Die anderen waren bald bei anderen Themen.

    Diese anderen. Drei ältere Brüder. Zwei ältere Schwester. Dann Dietrich und Sabine, Zwillinge, um zehn Minuten auseinander. »Ihr seid reich«, hieß es manchmal, dann lächelte Mutter Paula: »Ja. Kinderreich.« Schließlich wurde noch ein achtes Kind geboren, Susanne.

    Zu dessen Taufe kam der Großvater angerückt, mit einem gewaltigen Fotoapparat: »Nun stellt euch mal schön in eine Reihe«, und sie standen hintereinander, den Blick seitwärts in die Fotolinse gerichtet, die drei älteren Brüder Karl-Friedrich, Walter und Klaus, die Schwestern Ursula und Christine, »jetzt noch ihr beiden, ihr Zwillinge«.

    Es wurde ein schönes Bild.

    »Was sind das nur für zwei bezaubernde kleine Mädchen, Ihre Zwillinge!« Das hatte beim Anblick des Fotos eine Freundin der Mutter ausgerufen, und Paula Bonhoeffer hatte erstaunt hochgeblickt: »Mädchen? Der eine ist ein Junge, unser Dietrich …«

    Der sah zu dieser Zeit wirklich wie ein Mädchen aus, mit seinem weizenblonden, fast schulterlangen Haar, ein kleiner Prinz mit strahlend blauem Blick.

    Aber er wollte kein Prinz sein und ein Mädchen schon gar nicht. Er wollte wie die älteren Brüder sein, drei richtige Jungs, kantig, stramm und forsch, und als die Weihnachtszeit kam, kritzelte er trotzig auf den Wunschzettel: »Soldaten. Eine Pistole.«

    »Ich hatte gemeint, du würdest dir ein paar Noten wünschen.« Die Mutter blickte etwas traurig.

    Ihr Dietrich spielte so wunderhübsch Klavier, und manchmal, heimlich, komponierte er sogar. Sein Blick ging aber zu den Brüdern hin und zum Vater, der zu ihnen so ganz anders war als zu ihm, viel lockerer, fast kameradschaftlich, während er seinen Jüngsten kritisch musterte: Eher weich, der Kleine, zu zart, zu verspielt, das Muttersöhnchen eben. Und Dietrich biss sich auf die Lippen, spürte den geheimen Tadel und entzog sich mit barschem Ruck aller mütterlichen Zärtlichkeit.

    Nur nicht zu viel Gefühl! Nie zeigen, wer man innen drin war! Das sollte bei ihm fast bis zum Ende so bleiben, und es gab schon damals welche, die dieses Kind für reichlich verschlossen, seltsam kühl und etwas hochmütig hielten. Nur die Schwester Sabine wusste mehr von ihm.

    Es waren aber dies nicht Zeiten, da man sich über Kinder groß Gedanken machte, auch bei den Bonhoeffers nicht. Sie waren eben da in diesem immer von Lärm und Gelächter erfüllten großen Haus, die Geschwister brachten ihre Freunde mit und die oft noch ihre anderen Freunde. Das machte nichts, im Gegenteil.

    Man blieb ja unter sich, war in dieser feinen Berliner Gegend eigentlich wie eine einzige große Familie. Man kannte sich, mochte sich, feierte seine kleinen Feste zusammen, Bälle, Maskeraden. Man musizierte, spielte Theater, später heiratete man untereinander, die Bonhoeffers und die Delbrücks oder die Dohnanyis, wo es ein wenig freier und lustiger zuging als anderswo, fast etwas zigeunerisch, und dann gab es noch die Leibholz’, die reichsten von allen, mit Riesenvilla im Riesenpark mit eigenem Tennisplatz, Tuchfabrikbesitzer. Die waren Juden.

    »Der Vater ist ja noch richtig in der jüdischen Gemeinde. Geht zwar nie in die Synagoge, gehört aber dazu.«

    »Aber der Sohn doch nicht, der Gerhard. Der sitzt doch neben unserem Klaus im Konfirmandenunterricht wie der Hans von den Dohnanyis auch.«

    »Tatsächlich. Der Hans auch. Obwohl die Dohnanyis eigentlich katholisch sind, komisch. Na ja, vielleicht will Hans nur seinen Vater ärgern, weil der Frau und Familie verlassen hat. Aber der Gerhard Leibholz war immer schon getauft und evangelisch.« Womit das Thema erledigt war.

    Es war eine gute, eine reiche Zeit, wenigstens für Familien wie die hier im Grunewald. »Der Luxus der oberen Stände erregt die unteren.« Das sollte Dietrich Bonhoeffer später in einem Schulaufsatz schreiben, aber von der Erregung unterer Stände war in der begrünten Stille seiner ersten Kinderzeit herzlich wenig zu spüren.

    Man freute sich am Luxus, der nur nicht protzig sein durfte. Das war verpönt und schlechter Stil. Jedoch hatte man Geld, Zeit, Personal genug, und ein Landhaus hatte man auch, die Bonhoeffers in Friedrichsbrunn im Oberharz, ein Häuschen nur, etwas windschief, doch kuschelig gemütlich, wohin es jeden Sommer ging, erst bis Thale mit der Bahn, dann weiter in Zweispännern. Am Ziel atmeten die Erwachsenen erst mal tief durch, während die Kinder fortstürmten zu wilden Spielen mit der Dorfjugend, Dietrich voran.

    Der war dort nun kein Mädchen und kein feiner Prinz. Der lief schneller, kletterte höher als alle anderen. Keiner schmetterte beim Völkerball den Ball so kräftig, und einmal kam er nach Hause, einen Siegerkranz um den blonden Kopf. Die anderen lachten ihn aus.

    Es war sommers auch Schützenfest mit einem Jahrmarkt dabei, mit bunten Zelten und wippenden Karussellpferden, und in den Zelten saßen die Dörfler, soffen Bier, klatschten mit, wenn die kleine Blaskapelle Märsche dröhnte und am Ende »Heil dir im Siegerkranz«. Dann standen alle auf, freundliche Begeisterung für den Kaiser im Blick.

    Es kam aber der Tag, da jede Musik verstummte.

    Die Karussells wurden abgeräumt, die Festzelte auch, keine bunten Wimpel mehr, keine Blasmusik. Und im Haus der Bonhoeffers sagte Fräulein Horn, die Erzieherin: »Packt rasch alle Sachen, Kinder! Wir müssen zurück nach Berlin.«

    Im Nachbarabteil johlten Männer in grauer Uniform, das waren Soldaten. Sie schrien und winkten den Menschen am Wegrand zu, die jubelnd zurückwinkten und Blumen durchs offene Abteilfenster warfen.

    »Warum freuen die sich denn so, Hörnchen?«

    »Weil Krieg ist, Dietrich.«

    Es war der 14. August 1914.

    »Muss ich Ihnen mitteilen, dass Ihr Sohn …«

    Es war also Krieg, und anfangs läuteten noch die Glocken und verkündeten immer neue Siege. In den Schulen steckten die Kinder auf der Landkarte den unaufhaltsamen Eroberungsmarsch deutscher Truppen ab, und daheim wurde fleißig der Ausruf der fortziehenden Soldaten wiederholt: »Wir sind wieder da, wenn das Laub fällt.«

    Das Laub fiel. Doch niemand war von der Front zurück, und die Glocken läuteten immer seltener. Dafür sahen sich im Haus Bonhoeffer die Eltern immer häufiger mit grauen Gesichtern an: »Unser Neffe, Karl … auch er … der kleine Goltz … die arme Mutter …«

    Man war inzwischen umgezogen, in ein noch größeres Haus in der Wangenheimstraße mit noch größerem Garten rundum, und dort wurden nun Kartoffeln angebaut und Gemüse gezogen, Hühner gehalten und sogar eine Milchziege, die bald schon ein wenig zur Familie gehörte und selbst in die Ferien nach Friedrichsbrunn mitgenommen wurde.

    Die Kinder, die Zwillinge zumal, fanden das alles sehr spaßig. Sie hatten nichts gegen den Krieg und verstanden nicht ganz den häufigen Stoßseufzer »Wäre doch endlich wieder Frieden!« Vor allem für Dietrich konnte das alles gern noch ein wenig dauern. So lange wenigstens, bis er selbst alt genug sein würde, mit allen anderen ins Feld einzurücken. Das war sein sehnlichster Wunsch.

    Aber erst mal – es war schon 1917 – waren die ältesten Brüder an der Reihe, Karl-Friedrich und Walter, und bei Tisch hatte die Mutter leise gefragt, ob ihnen denn nicht ihr Vater eine halbwegs sichere Stelle in der mehr hinteren Reihe verschaffen solle. Die beiden hatten bitter protestiert: »Wir sind doch keine Drückeberger!«, und ihr kleiner Bruder sah in noch größerer Bewunderung zu ihnen auf.

    Sie rückten ein. Im Haus wurde es stiller. Die Geschwister hatten abends im Bett wieder lange Gespräche über Sterben und Tod, und dieser Tod war jetzt etwas anderes als früher, nicht ein irgendwie unerklärlicher Zufall wie damals, als in Friedrichsbrunn ein kleines Kind in einen Schacht gestürzt und dort ertrunken war.

    Nein, das Sterben jetzt war etwas Feierliches und Erhabenes, der Dienst an einer größeren Sache, und die Kinder sagten nicht einfach »Tod«. Sie sprachen von der »Ewigkeit«, in die ein jeder einmal eingehen würde, und der Gedanke daran ließ sie zwar schaudern, barg jedoch zugleich sein kleines, sehnsüchtiges Glücksversprechen.

    Im April 1918 kam ein Brief. Walter sei verwundet worden, hätte die Beine voller Granatsplitter, läge nach einer Operation im Lazarett, und die Mutter hatte zögernd gefragt: »Sollten wir ihn nicht besuchen, Karl?«

    Der Vater überflog noch einmal den Brief: »Das wünscht er ausdrücklich nicht.«

    »Natürlich wünscht er sich das. Das weißt du doch.«

    Karl Bonhoeffer schüttelte den Kopf – und sollte sich dieses Kopfschütteln bis an sein Lebensende nicht vergeben: »Nein. Wir respektieren Walters Wunsch.« Dietrich sah sich aber selbst im Lazarett liegen, schwere Verbände um Kopf und Leib, wie er einer madonnenfromm dreinblickenden Krankenschwester mit rotem Kreuz auf weißer Haube letzte Worte diktierte, die dann in den unsterblichen Zitatenschatz eingehen würden wie Goethes »Mehr Licht!« oder

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