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Im Namen des Vaters
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eBook207 Seiten2 Stunden

Im Namen des Vaters

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Über dieses E-Book

Marie und Christian Parker sind frisch verheiratet. Auf einer Hochzeitsreise berichtet Marie ihrem Mann von ihrer schweren Kindheit als Tochter eines autoritären evangelischen Pastors. Als sie versucht, mit ihrem Vater Kontakt aufzunehmen, um sich aus seinem Einfluss zu befreien, droht er seiner Tochter.
Christian Parker sucht seinen Schwiegervater schließlich auf und will ihn zur Rede stellen. Dabei kommt es zu einem Ereignis, das sein Leben und das von Marie ändern wird. Die Geschichte führt in die Schweiz, wo Oberstleutnant Marco Ravelli von der Kantonspolizei Graubünden auf die Geschehnisse aufmerksam wird.
Über Interpol führen seine Ermittlungen zu Kriminalhauptkommissarin Sabrina Hamm und ihrem Team aus Bremen. Gemeinsam versucht man Licht in ein Familiengeheimnis zu bringen.
SpracheDeutsch
Herausgeberepubli
Erscheinungsdatum6. Nov. 2019
ISBN9783750249981
Im Namen des Vaters

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    Buchvorschau

    Im Namen des Vaters - Peter Gnas

    Der Morgen nach der Hochzeitsnacht

    Er wurde aus seinen Gedanken gerissen, als er hörte, dass Marie mit dem Duschen fertig war. Er setzte sich auf und reckte sich. Er schlug die Decke zurück, stand auf und sah durch einen Spalt des Stores auf die Landschaft hinter dem Hotel. Er sah sich im Spiegel an. Das ausgiebige Betrachten der eigenen Erscheinung galt in seinem Elternhaus als eitel. Trotzdem gab es keinen zweiten Menschen, der eitler war als seine Mutter. Parker lächelte als als daran dachte, wie oft er sie deshalb aufgezogen hatte.

    In seiner Hochzeitsnacht hatte er nun zum ersten Mal Sex gehabt. Er drehte sich zu beiden Seiten und glitt immer wieder mit den Augen an seinem Körper herauf und hinab. Er sah auf seinen Penis und warf sich selbst einen anerkennenden Blick zu. Er stutzte und sah nochmals hin. Er hob ihn an und betrachtete ihn von allen Seiten. Dann drehte er sich um und sah mit kritischem Blick auf das Laken und die Unterseite der Bettdecke. In diesem Moment trat Marie aus dem Bad. Sie ging zu ihm, schlang die Arme um seinen Hals und küsste ihn.

    „Mir geht es gut mit dir, sagte sie mit liebevoller Stimme, „ich bin glücklich.

    „Mir geht es auch gut und ich liebe dich, antwortete er, „vor allem, wenn ich daran denke, dass wir morgen schon in Rom sein werden.

    *

    Als Christian und Marie Parker in den Frühstückssaal kamen, saßen die Eltern des Paares bereits an dem festlich gedeckten Tisch. Beiden entging nicht, dass sie freundlich, aber sehr förmlich miteinander umgingen. Parker dachte, dass es kein Wunder sei, weil sie sich vor der Heirat nicht öfter als dreimal begegnet waren. Er wusste, dass seine Eltern sehr geübt im Smalltalk waren, wenn eine Situation ins Stocken zu geraten drohte. Genau diese Art die Gesprächspartner anzusehen und dieses Lachen seiner Mutter erkannte Parker sofort, als er den Saal betrat.

    Beate Parker stammte aus einer Familie, deren Vorfahre vor mehr als zweihundert Jahren im Dienst von Friedrich des Großen stand und eine wichtige Stellung in dessen Post- und Finanzwesen innehatte. Er hatte seine Aufgabe offenbar so gut erledigt, dass er in den Adelsstand erhoben wurde und beträchtliche Ländereien im Großraum Hannover erhalten hatte. Die Familie hatte auch im Privaten eine gute Hand für die Vermehrung des Geldes.

    Ihr Mädchenname lautete Beate Louise Freiin von Hausenbrook. Sie hatte ausgezeichnete Umgangsformen und war gebildet. Sie hatte in Hamburg Kulturwissenschaften studiert, ihr Wissen jedoch, bis sie ihren Mann kennenlernte, hauptsächlich für die Katalogisierung der Familienschätze eingesetzt. Erstmals seit Jahrhunderten gab es eine Wertstellung für all die Gemälde, Möbel, Schmuck, Porzellan und alles das, was eine alte Familie anhäuft.

    Sie hatte in Hannover für ihre Wohnung nach einigen Möbeln gesucht, die zu denen passten, die sie aus dem Familienbesitz mitgebracht hatte. In dem Geschäft für Stilmöbel wurde sie von dem jungen, aber sehr gut informierten Mitarbeiter Helmuth Parker beraten. Er hatte sie in ihrer Wohnung besucht und sich ihre Einrichtung angesehen, um gezielt Empfehlungen aussprechen zu können. Er hatte ihr gefallen, er war groß und sportlich und hatte perfekte Umgangsformen. Er hätte einer Kundin aus einer Adelsfamilie von sich aus niemals Avancen gemacht.

    Nachdem die Lieferung an die hübsche Baronesse abgeschlossen war, hatte er mit ihr gemeinsam die endgültige Position für die Möbel festgelegt und sich danach zum Gehen gewandt. Er reichte ihr die Hand mit einem angedeuteten Diener. Sie hielt seine Hand fest. Er hatte gestutzt und ihr in die Augen gesehen.

    „Gestatten Sie, dass ich Sie als Abschluss des Geschäfts zum Essen in den Kronprinzen einlade?", hatte sie gefragt.

    So begann die Beziehung der beiden zueinander. Beate Parker führte ihn in die Familie ein. Ihre Eltern hätten lieber einen Mann aus besserem Haus für sie gesehen – seine aufmerksame Art und sein gutes und sicheres Auftreten, hatten bei ihnen jedoch einen starken Eindruck hinterlassen.

    Sie lebten zunächst in Hannover in ihrer Wohnung. Er wurde, trotzdem er noch sehr jung war Geschäftsführer des Möbelhauses. Bald schon reiste er in Europa umher, um neue interessante Lieferanten kennenzulernen und schaffte es, durch die langsame Umstellung des Sortiments, andere Käufergruppen zu gewinnen. Das Geschäft, das bereits dem Untergang geweiht war, erholte sich.

    Irgendwann schlug ihm Beate Parker vor, ein eigenes Geschäft zu eröffnen. Sie bat ihre Eltern, sie mit einer Bürgschaft zu unterstützen. Weil er nicht in Konkurrenz zu seinem Arbeitgeber gehen wollte, hatten sie ihr eigenes Geschäft in Bremen eröffnet. Helmuth Parker führte es zum Erfolg.

    Das Haus von Hausenbrook war von einem katholischen Pragmatismus geprägt. Sie zogen aus der Religion ihre Kraft, im Leben zu bestehen, aber verstanden es auch, dieses Netzwerk für ihre geschäftlichen Interessen zu nutzen. Beate Parker hielt es ebenso. Sie brachte ihren evangelisch getauften Mann dazu, sich zum katholischen Glauben zu bekennen, ging mit ihm regelmäßig zum Gottesdienst und arbeitete ehrenamtlich in Projekten ihrer Gemeinde. So kam es, dass sie innerhalb eines Jahres alle wichtigen Leute der Gemeinde und auch viele von deren Freunden kennenlernte. Nicht jeder kaufte bei den Parkers, aber viele.

    Beate Parker hatte gleich gemerkt, dass Marie ihren Sohn nicht ebenso unterstützen konnte, wie sie es bei Helmuth Parker getan hatte. Letztlich aber liebte ihr Sohn sie und sie kam aus einem christlichen Haus – wenn auch nicht aus einem katholischen.

    Es gab eine Seite, die mochte Beate Parker an Hans-Werner Lagerfeldt nicht. Er war zwar Pastor und führte ein ehrenwertes Leben, aber er schien herrisch und engstirnig zu sein. Seine Frau machte auf sie in seiner Gegenwart einen beinahe eingeschüchterten Eindruck. Und auch Marie war nicht zu einer freien und selbstsicheren Frau erzogen worden. Sie hatte an eine Redensart denken müssen, von der sie nicht mehr wusste, woher sie sie kannte: Pfarrers Kinder, Müllers Vieh geraten selten oder nie. Wahrscheinlich war es besser, wie es in der katholischen Kirche gehandhabt wurde, dort waren die Geistlichen unverheiratet und kinderlos – zumindest die meisten.

    Ungeachtet dessen plauderte Beate Parker munter auf Maries Eltern ein. Niemand konnte hinter ihrer Fassade sehen, was sie wirklich dachte – außer Christian und ihr Mann.

    „Ach, da ist ja unser Brautpaar", rief sie überschwänglich und ging auf sie zu.

    Sie hakte beide unter und begleitete sie an den Tisch. Sie platzierte Marie zwischen Helmuth und Christian Parker und nahm neben Sabine Lagerfeldt platz. Sie griff deren Hand und legte ihre andere obenauf.

    „Jetzt können wir beide ein wenig plaudern", sagte sie mit gekonnt guter Laune.

    Lagerfeldt war Pastor im Ruhestand. Er kleidete sich zwar nicht mehr wie ein aktiver Pfarrer, wenn er jedoch in der Öffentlichkeit auftrat, achtete er darauf, dass man ihn als Geistlichen wahrnahm. Er trug schwarz. Unter dem Kragen des Hemds trug er eine Halsbinde mit einem kleinen weißen Stück Leinen, das an ein Beffchen – die Halsbinde der Pastoren – erinnerte.

    Er stammte aus kleinen Verhältnissen. Sein Vater war Arbeiter bei der damaligen Bundesbahn gewesen. In dessen Augen galt der Besuch der Mittelschule bereits als höhere Bildung. Als Lagerfeldt die Grundschule besuchte, gab es in seiner Klasse ein einziges Mädchen, das den Sprung aufs Gymnasium geschafft hatte. Von den verbliebenen Schülern erreichte die Hälfte nach der sechsten Klasse die Mittelschule.

    Kurz vor dem Abschluss, nach der zehnten Klasse der Realschule, forderte Lagerfeldts Vater seinen erst sechzehnjährigen Sohn auf, sich zu überlegen, welchen Beruf er ergreifen wolle. Er wusste nichts von irgendeinem Beruf. Sein Vater war mit ihm zur Berufsberatung des Arbeitsamtes gegangen. Und weil er gute Zensuren hatte, gab es die Empfehlung Kaufmann zu werden – als Industriekaufmann würde er später gutes Geld verdienen und hohes Ansehen genießen.

    Lagerfeldt ließ sich in die Ausbildung hineintreiben. Als er hörte, dass er Kaufmann werden sollte, hatte er sich vor seinem inneren Auge in einem weißen Kittel in einem Lebensmittelladen gesehen. Dass ein Kaufmann auch in einem Büro arbeitete und dabei einen Anzug trug, fand er überraschend. Er begann seine Ausbildung in einer Firma, die Waschmaschinen für Wäschereien entwickelte und baute. Bereits am ersten Arbeitstag hatte er gewusst, dass das nicht seine Lebensaufgabe werden würde. Trotzdem schloss er die Ausbildung ab.

    Als er seinem Vater eröffnete, dass er das Abitur nachholen wollte, um später zu studieren, konnte der darin keinen Sinn ausmachen. Unter dem Zuspruch durch die Mutter, ließ sich der Vater erweichen und stimmte zu, ihm die zwei Jahre bis zum Abitur zu finanzieren.

    Lagerfeldts Wille zu studieren, war so stark, dass er alles daran setzte, ein gutes Abitur zu erreichen. Am Ende reichte es nicht für anspruchsvolle Studiengänge wie Medizin oder Psychologie. Als er seinen Eltern schließlich eröffnete, dass er Theologie studieren wolle, begann sein Vater endgültig an seinem Verstand zu zweifeln.

    Der Vater hatte ihm nie geholfen, Selbstbewusstsein zu entwickeln. Er hatte ständig in dessen Kritik gestanden und wurde immer an der schweren körperlichen Arbeit gemessen, der sein Vater nachging. Lagerfeldt hatte, trotz seiner schon frühen, sehr männlichen Ausstrahlung, stets darunter gelitten, nicht genug für die Eltern zu sein. Seine Zurückhaltung in allem, was er tat, zeigte sich auch im Umgang mit dem anderen Geschlecht. Bis er am Ende des vierten Semesters seine spätere Frau Sabine kennenlernte, hatte er niemals näheren Umgang mit Frauen gehabt.

    Sabine hatte er kennengelernt an der Universität Münster, an der er studierte. Sie hatte in der Verwaltung gearbeitet. Sie war noch zurückhaltender als Lagerfeldt. Als er sie das erste Mal bemerkte, saß sie auf einer Bank in der Sonne und aß ihr mitgebrachtes Brot. Nur weil die anderen Bänke besetzt waren, hatte er sich überwunden und auf derselben Bank Platz genommen. Er hatte mit ihr einige belanglose Sätze über das Wetter gewechselt. Schließlich waren sie nach der Pause wieder auseinandergegangen.

    Lagerfeldt hatte am nächsten Tag aus der Ferne nachgesehen, ob sie wieder dort saß. Sie saß dort, es war jedoch kein weiterer Platz frei. Am dritten Tag schließlich saß sie wieder allein auf einer Bank und er ließ es wie Zufall aussehen, dass er vorbeikam. Dieses Mal hatte er sich einige Sätze zurechtgelegt. Er hatte sie gefragt, was sie studiere.

    Es hatte schließlich drei Monate gedauert, bis er sich das erste Mal mit ihr verabredete. Sie waren ins Theater gegangen. Es wurde Galileo Galilei gegeben. Er hatte das Stück bereits drei Tage zuvor gesehen, um zu entscheiden, ob es das Richtige für eine erste Verabredung war. Danach hatten sie noch im Theater-Café gesessen und über das Stück gesprochen. Kunst und Kultur wurde der Klebstoff ihrer Beziehung. Beide hatten in ihren Elternhäusern nicht gelernt, sich dafür zu interessieren und zu begeistern.

    Und so war es nicht erstaunlich, dass die Eltern von Marie und Christian Parker im Thema Kultur ihren gemeinsamen Nenner fanden. Selbst die sehr zurückhaltende Sabine Lagerfeldt traute sich aus ihrer Komfortzone des Schweigens herauszutreten. Beate Parker war überrascht, wie klug und differenziert sich Christians Schwiegermutter zu Malern, Komponisten und Autoren äußerte. Ihr entging dabei nicht, dass es Lagerfeldt nicht recht war, dass seine Frau sich selbstständig äußerte – er nahm für sich in Anspruch, stets das Wort zu führen. Er war vom Schlag derer, denen das Wort Emanze als Schimpfwort mit Leichtigkeit über die Lippen glitt.

    Es gab eine Seite, da tat ihr Sabine Lagerfeldt leid neben diesem Mann. Aber offensichtlich besaß er eine Seite, die ihr gefiel oder zumindest gefallen hatte. Vielleicht war sie aber auch nur eine dieser armen Frauen, die in eine Ehe gerutscht waren, weil sie nicht den Mut aufgebracht hatte, nein zu sagen. Es war schwer, aus Menschen klug zu werden, wenn sie schwiegen.

    Rom

    Das Hotel lag in der Nähe der Engelsburg. Parkers Mutter hatte einen Geschäftsfreund aus Rom gebeten, ihr ein schönes Hotel unweit des Vatikan zu empfehlen. Sie hatte es gebucht und bezahlt.

    Parker hatte für die vier Tage, an denen sie in Rom sein würden, ein kleines Besichtigungsprogramm zusammengestellt. Der Höhepunkt für ihn würde die Mittwochsaudienz des Papstes auf dem Petersplatz sein.

    Ihr Zimmer lag im oberen Stockwerk eines perfekt renovierten Gebäudes. Eine Glastür führte auf eine kleine Dachterrasse. Weil das Wetter drückend heiß war, nahmen sie eine Dusche. Er legte sich aufs Bett und wartete auf seine Frau. Draußen lief der endlose Strom von hupenden Autos und knatternden Motorrollern. Eigentlich hatte er sich vorgenommen mit ihr am Tiber entlang zu schlendern, einmal über die Engelsbrücke zu gehen und dann vielleicht ein Eis zu essen.

    Als Marie jedoch aus dem Bad kam, betrachtete er ihren Körper. Er hatte sich, als sie sich kennenlernten, versucht auszumalen, wie sie wohl unbekleidet aussähe. Er hatte sie schon im Bikini gesehen und fand sie bezaubernd.

    „Wollen wir noch ein wenig Zeit im Bett verschwenden?", fragte er und

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