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Soziotopia oder eine andere Wende 1989
Soziotopia oder eine andere Wende 1989
Soziotopia oder eine andere Wende 1989
eBook145 Seiten1 Stunde

Soziotopia oder eine andere Wende 1989

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Über dieses E-Book

Der junge Journalist erlebt als Korrespondent einer westdeutschen Zeitung die ersten Zeichen des Zerfalls des DDR-Regimes. Eines Tages ist alles anders: Offiziere der NVA putschen unter Androhung des Gebrauchs einer Atombombe, die sie aus den Lagern der Roten Armee gekapert haben. Sie zwingen die SED zur Übergabe der Macht und beginnen mit Reformen, die zu einem echten, demokratischeren Sozialismus führen sollen. Lukas verliebt sich in einen Leutnant der NVA, der sich dann als Sprecher des Revolutionskomitees erweist. Der Journalist erlebt private und gesellschaftliche Höhen und Tiefen und verfolgt die Ereignisse im Land bis zu ihrem dramatischen Höhepunkt und erlebt auch Veränderungen in seinem eigenen Leben.
SpracheDeutsch
Herausgeberepubli
Erscheinungsdatum24. Apr. 2019
ISBN9783748536079
Soziotopia oder eine andere Wende 1989

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    Buchvorschau

    Soziotopia oder eine andere Wende 1989 - Ludger Gausepohl

    Soziotopia oder die andere Wende 1989

    Soziotopia

    oder

    eine andere Wende 1989

    Roman

    Von Ludger Gausepohl

    Soziotopia

    oder eine andere Wende 1989,

    Ludger Gausepohl, 2017, 2., überarbeitete Ausgabe,

    Berlin 2019

    Inhaltsverzeichnis

    Ostberlin

    Der Putsch

    Die Unruhe vor dem Sturm

    November, Dezember 1989

    Wohin DDR?

    Aus der Traum?

    Neue Wege

    Oktober 2015

    Anhang

    Danksagung

    Ludger Gausepohl (geb. 1954) stammt aus Münster und lebt seit 1987 in Berlin. Er war Chemiker, Heilpraktiker und vieles andere. Als Erstes veröffentlichte er die Kurzgeschichten „Die ungewöhnlichen Untersuchungen des Doktor Yao". Es folgte der Roman:

    „Die heimliche Liebe der Friedensboten zu Münster".

    Aus dem Niederländischen übersetzte er: von Capelle, van de Bovenkamp, „Berlin unter Hitler und teilweise von denselben, „Der Berghof, beide Tosa, 2007

    von Bernardus Gewin (Vlerk): „Die Reiseabenteuer des Joachim Polsbroekerwould und seiner Freunde "

    Daneben schreibt er einen Reiseblog (Ludgers Reisen) und einen Blog zu verschiedenen Themen (Ludgers Ideen und Träume).

    Ostberlin

    Wie ungeduldig hatte ich die Abfahrt des Zuges nach Berlin erwartet! Als er dann verspätet losfuhr, kam bei mir auf einmal der Gedanke auf: Wohin bringt mich das hier? Mein gewohntes, etwas langweiliges Leben, blieb in Bremen zurück. Ich hatte wohl davon geträumt, in Washington, Paris oder London arbeiten zu dürfen. Auch Moskau und selbst Bonn wären eine Herausforderung für mich gewesen. Nun sollte es aber Ostberlin werden. Ich erwartete nichts Aufregendes dort zu erleben, aber immerhin lag Westberlin direkt daneben. Da war schon mehr los, vor allem was die lebhafte Schwulenszene anging. Vielleicht lernte ich endlich einen netten Mann kennen, mit dem mehr möglich war als schneller Sex.

    Nach endlosem Warten hatte ich Mitte August 89 alle Formalitäten erledigt und bekam endlich mein Visum und meine Akkreditierung als Korrespondent der Bremer Zeitung in der DDR. Nach meinem Studium der Publizistik hatte ich mich mehrere Jahre als freier Reporter für verschiedene Zeitungen mit Lokalereignissen herumgeschlagen, etwa den berühmten Kaninchenzüchtervereinen und Ähnlichem. Darauf folgte ein Jahr bei der Bremer Zeitung, wo ich mir mit Berichten aus dem Kulturleben die Meriten für eine größere Aufgabe verdiente. Ich hoffte jetzt, dass das Ostberliner Regime wenigstens ab und zu ein wenig ins Wanken geriet. Hätte ich damals geahnt, wie sehr dies geschehen würde, wäre ich wohl aufgeregter gewesen, als mir die Stelle des Korrespondenten dort angeboten wurde.

    Ab Hamburg fuhr ich mit einem Zug der Deutschen Reichsbahn, der Bahngesellschaft der DDR. Die Abteile wirkten altertümlich und die hellbraunen Kunstlederbezüge der Sitze rochen penetrant nach Desinfektionsmittel. Als die Bahn bei Lauenburg die Grenze zur DDR überfahren hatte, stiegen Grenz- und Zollbeamte zu. Die grau uniformierten Herren gingen von Abteil zu Abteil und begutachteten mit penibler Genauigkeit die Papiere. Der Beamte, der mich kontrollierte, schien sich besonders viel Mühe geben zu wollen. Er schaute mich gefühlt minutenlang ins Gesicht und händigte mir erst dann meinen Pass wieder aus:

    „Eine gute Reise noch, Herr Holtkamp."

    Bei einer früheren Fahrt durch die DDR nach Westberlin hatten sich die Herren Grenzbeamten nicht so höflich gezeigt. Offensichtlich waren sie angewiesen, Medienvertretern gegenüber besonders korrekt zu sein.

    Der Zug fuhr gemächlich weiter und die flache Landschaft zog an mir vorbei. Hier und da sah ich heruntergekommene Bauernhäuser oder kleinere Industriegebäude, ansonsten Felder, Wiesen und hie und da Gebüsch.

    Dann erreichten wir Berlin-Spandau und sofort veränderte sich das Bild:

    Fabriken, Wohnsiedlungen mit Einfamilienhäusern am Rande, dann Häuserblocks und schließlich der kleine Bahnhof und an der Seite der graue, hohe Turm des Rathauses. Nach kurzem Halt ging es weiter gen Osten. Immer mehr erfasste ich die Größe dieser Stadt, die nicht enden wollte. Wir ließen die Straßenzüge Charlottenburgs hinter uns und kamen als Nächstes am Bahnhof Zoologischer-Garten an. Ich nahm eine S-Bahn zur Friedrichstraße. Dort gelangte ich vom Bahnsteig der S-Bahn eine Treppe tiefer in eine große Halle. Von dort konnte man die U-Bahn ohne Grenzkontrolle erreichen, auch wenn hier schon Ostberliner Hoheitsgebiet war. Ich aber stieg noch eine Treppe tiefer hinab und kam in einen Komplex mit zig dunkelbraunen Kontrollhäuschen, wo ich die Grenzformalitäten über mich ergehen lassen musste. Bei dem einen oder anderen Besucher oder Einreisenden wurde auch das Gepäck durchsucht. Ich gehörte zu den Unglücklichen, musste alle Hosentaschen ausleeren und meine zwei Koffer öffnen. Dabei interessierten sich die beiden Beamten besonders für das Bedruckte, das ich mitführte. Alles wurde gründlich gelesen. Anschließend wurde ich zusätzlich aufgefordert, in eine abgetrennte Kabine zu gehen, wo ich auch körperlich abgetastet wurde. Am Ende musste ich auch noch eine Befragung über mich ergehen lassen. Mit welchem Auftrag ich in die DDR einreise, wo ich wohnen werde und was meine nächsten Pläne seien. Ich beantwortete alles wahrheitsgemäß, wenn auch sehr zurückhaltend. Nachdem ich meine Ausweispapiere und mein Gepäck zurückerhalten hatte, verließ ich erleichtert den Bahnhof und nahm mir ein Taxi zum Interhotel Stadt Berlin am Alexanderplatz. Es wurde, wie man mir gesagt hatte, überwiegend von russischen und anderen osteuropäischen Delegationen und Reisegruppen besucht. Das eher für westliche Gäste vorgesehene Palasthotel war mir zu teuer und außerdem schon ausgebucht.

    Später wollte ich versuchen, ein kleines Apartment in einem der Hochhäuser in der Nähe des Alexanderplatzes zu bekommen, damit ich nahe am politischen Geschehen der DDR-Hauptstadt blieb.

    Mein erster Wohnort in Ostberlin lag nahe dem Fernsehturm, dem Stolz des DDR-Regimes, das höchste Gebäude am Alexanderplatz. Das Personal des Hotels war höflich, aber sehr reserviert, als wenn man sich bei mir anstecken könnte. Ich ließ mich in meinem kleinen und recht einfachen Zimmer nieder und jetzt hatte ich erst mal nichts weiter vor, aber einen mächtigen Hunger. Die im Hause gelegenen Zillestuben sahen mir ziemlich bieder aus, aber ich hatte keine Lust etwas draußen zu suchen und so aß ich dort deftige deutsche Küche: Kartoffeln mit Leber und Zwiebeln. Am Nachbartisch saß eine Gruppe Russen, die zu ihrem Essen reichlich Hochprozentiges zu sich nahmen, was bald seine Wirkung zeigte. Einige begannen zu singen und alle wurden recht laut. Ich beeilte mich mit dem Essen und begab mich bald auf mein Zimmer. Die langen Flure wirkten irgendwie unheimlich und kalt. Das einfach eingerichtete Zimmer im 15. Stockwerk hatte immerhin eine prächtige Aussicht über den Bahnhof Alexanderplatz in Richtung des Fernsehturms.

    Gegen Halbneun wusste ich nicht so recht, was ich mit mir anfangen sollte. In der Infomappe des Hotels fand ich einen Hinweis auf die Bar im 37. Stock. Dort würde die Aussicht noch besser sein als in meinem doch recht mickrigen Zimmer. Der verspiegelte Aufzug sauste mit unerwartet hoher Geschwindigkeit in die oberste Etage.

    In dem Restaurant dort war nicht viel los. Die Bar nebenan war modern gestaltet, alles aus Kunststoff und Kunstholz, aber irgendwie doch schick und atmosphärisch. Der Ausblick durch die großen Fenster war überwältigend. Es war hier einiges los und ich wurde gewahr, dass nicht wenige Uniformierte sich dort aufhielten. Erstaunlicherweise waren das keine Russen, sondern Amerikaner. Was machten die denn hier? Russen gab es ebenso, aber die waren nicht uniformiert. Beide Gruppen waren etwa gleich lebhaft. Es herrschte auch kein Mangel an jungen Damen, die mich nicht so interessierten. Da ich nicht alleine an einem der kleinen Tischchen sitzen mochte, setzte ich mich an die Bar. Ein recht kerniger, blonder Barkeeper, etwa Mitte oder Ende zwanzig fragte mich sogleich:

    „Wat soll‘s denn sein, junger Mann?",

    Ich bestellte einen Amaretto und ein Wasser, worauf er meinte:

    „Se sind wohl ’n Süßer, wa?"

    Ich grinste nur und nippte an meinem Glas. Der Bursche gefiel mir, aber man hatte mich gewarnt: Das gesamte Personal des Hotels sollte angeblich im Dienste der Stasi stehen, was mir doch etwas unwahrscheinlich erschien. Aber der Posten des Barkeepers konnte zur Ausforschung der Gäste sicher nützlich sein. Ich schaute mich um und sah einen sehr gut aussehenden GI an einem Tisch sitzen, der nah am Fenster stand.Er war schwer damit beschäftigt, einer jungen Frau den Hof zu machen. Zu schade, er hatte für mich die falschen Neigungen. Aber ich war eh viel zu schüchtern, um einfach so jemanden anzuquatschen. Mein Barkeeper nahm allerdings mein Interesse sehr genau wahr und riss mich mit der Bemerkung aus meiner Schwärmerei:

    „Der könnte mir ooch jefallen. Aber is wohl nix zu machen. Biste neu hier in Berlin?"

    Das plötzliche Du deutete daraufhin, dass er mich als schwul einsortiert hatte und es wohl ebenfalls war. Ich erwiderte:

    „Bin heute erst hier angekommen, aber werde wohl eine Weile bleiben. Ich wohne hier im Hotel."

    „Is ja ulkich, det de hier wohnst und nich im Pallasthotel, da wohnen ja normalerweise die Westler. Aber hier isset ooch nich schlecht. Falls de wat wissen willst, wo de am besten ausjehst, kann ik dir ’n paar Kneipen uffschreibn. Ik bin übrijens der Thomas."

    „Angenehm. Ich heiße Lukas und komme aus Bremen in der BRD. Könnte schon gut ’n paar Infos über schwule Lokale in der Stadt gebrauchen."

    „Det Bremen im Westen is, wees ik natürlich, würd ik ooch ma jerne hin. Dürf’n wa bloß nich."

    Ich war ziemlich erstaunt über seine Offenheit. Ob das so eine Art Provokation sein sollte, um mich gleich aufs Glatteis zu führen? Ich ermahnte mich innerlich zur Vorsicht, aber gleichzeitig wuchs meine Sympathie für diesem Burschen, der etwas kleiner als ich, sportlich-drahtig und offensichtlich sehr kontaktfreudig war. Er schrieb mir dann auf einen Notizzettel, einige Adressen auf, aber kam auch gleich mit dem Angebot, mit mir den einen oder anderen Laden aufzusuchen, wenn er einen freien Abend hätte, was ich nur zu gerne annahm. Er war nicht mein Traummann, aber durchaus mein Typ. Er wirkte intelligent und charmant und hatte noch diese Prise Keckheit. Hätte nicht gedacht, dass ich gleich am ersten Abend eine Bekanntschaft mache. Er war vielleicht froh, mal keine lauten amerikanischen Soldaten oder wodkaseligen Russen vor sich zu haben.

    Wir plauderten noch ein wenig weiter, immer wieder unterbrochen durch Bestellungen von anderen Gästen oder der resoluten Kellnerin, die an den Tischen bediente. Da ich ziemlich müde war, verabschiedete ich mich gegen Mitternacht mit dem Versprechen, mich

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