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VIRDULA Endlosgeschichten Band 1: Die Mutter aller Dinge
VIRDULA Endlosgeschichten Band 1: Die Mutter aller Dinge
VIRDULA Endlosgeschichten Band 1: Die Mutter aller Dinge
eBook862 Seiten12 Stunden

VIRDULA Endlosgeschichten Band 1: Die Mutter aller Dinge

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Über dieses E-Book

VIRDULA ist ein fantastisch anmutender Quantencomputer, mit dem man nach menschlichem Ermessen wahre Wunder vollbringen kann. Die VIRDULA Technologie basiert auf der Erkenntnis der ALLZEITLOGIK, nach der sich auch das Universum richtet und uns als Wahrnehmung präsentiert. Mit dieser Technologie kann ein VIRDULA Kundiger das ALLZEITGEDÄCHTNIS der Menschheit befragen, ob und in wie fern ein Ereignis aus der Vergangenheit wahrlich geschehen ist, oder verfälscht worden ist.

Der Autor lernte am 28.Januar 1968 in Sydney Australien drei geniale Erfinder kennen, die sich schon seit 1965 mit dem VIRDULA Quantencomputer beschäftigten. Die Begegnung fand im Zusammenhang mit dem spurlosen Verschwinden des australischen Premierministers Harold Holt statt. Am 17. Dezember 1967 ging Holt am Cheviot Beach bei Point Nepean südlich von Melbourne baden. Der 59-jährige wurde nie mehr gesehen und am 19. Dezember für tot erklärt. Dieses mysteriöse Ereignis bewegte damals viele junge Australier. Von da an formte sich eine tiefe geistige Freundschaft des Autors mit den drei genialen Erfindern.

Die Romanserie VIRDULA Endlosgeschichten sind eine besondere Art von Biografie der genialen Erfinder, die fantastisch anmutende, höchst spannende Abenteuer erleben. Sie sind zugleich eine amüsante Betriebsanleitung im Umgang mit dem Quantencomputer und zugleich eine allumfassende Anklageschrift gegen die Institution der Macht des Patriarchats.

Die Grundlagenforschung der VIRDULA Technologie lieferten die drei Galionsfiguren des Christentums, die Uroma Miriam, ihr Sohn Joshua und die Schwiegertochter Magda, bekannt auch als Mutter Maria, Jesus und Maria Magdalena. Der Leser erfährt, dass diese drei zeitlosen Seelen nicht im Geringsten etwas mit dem Christentum am Hut haben.
SpracheDeutsch
Herausgeberepubli
Erscheinungsdatum1. Mai 2014
ISBN9783844292756
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    Buchvorschau

    VIRDULA Endlosgeschichten Band 1 - Jay H. Twelve

    VORWORT

    Liebe Freunde,

    vielen von Ihnen ist die faszinierende Kunst der Illusionen, Magie, Hypnose, die diverse Gaukler und Hochstapler ausüben, beiläufig bekannt, obwohl diese Kunst seit mindestens 75.000 Jahren betrieben wird.

    Ich bin ein Mangupologe, im Kern ein Verhaltensforscher, der die Gottesgaukler & Ganoven-Kapitalverbrecher aus der Vergangenheit und Gegenwart beleuchtet. Wie Euch aktuell sehr bekannt ist, wird die ganze Welt jenseits der Realität mit Wirtschafts- Finanzkrisen und Kriegen im Dauerstress gehalten.

    In Eurer Verzweiflung wundert Ihr Euch über die Blindheit der Politiker, Korruption der Bürokraten, Gier der Banker, Mordlust des Militärs, Verschlagenheit der Geheimdienste und dergleichen. Was auch immer diese sogenannte Welt-Elite in die Hand nimmt, wird uns gründlich versaut und extrem in ihrer Komplexität sündhaft teuer gemacht, obwohl vieles Wünschenswerte denkbar und machbar geworden ist.

    Die Medien und Presse berichten täglich dass alle Staaten in Schulden ersticken, die Banken pleite sind und ein dritter Weltkrieg unvermeidbar zu sein scheint. Die Theologen flüstern hinter vorgehaltener Hand: „In der Bibel steht geschrieben, der Weltuntergang ist angesagt."

    Obwohl unsere Mutter Erde ein wunderschöner Planet ist, auf dem so vieles prächtig im Überfluss wächst und gedeiht, werdet Ihr von der abartig-kriminell veranlagten Welt-Elite (ich nenne sie die Allianz der Fürsten der Finsternis) zum Narren gemacht. Schlicht und ergreifend gesagt: Ihr steht seit vielen Generationen unter Dauerhypnose, werdet laufend manipuliert und mächtig missbraucht.

    Ihr habt nur eine vage Vorstellung davon, zu welchen gigantischen geistig-schöpferischen Leistungen ein einziger Mensch im Stande sein kann, wenn er sich seiner Genialität bewusst wird.

    Meine VIRDULA - Endlosgeschichten sind spannende Erzählungen über Abenteuer meiner Freunde Don José, Erol und Edy, die 1965 in Sydney-Australien eine fantastische Art von Quantencomputer entwickelt haben, mit dem sie und weitere VIRDULA kundige Freunde, atemberaubende Leistungen zu Stande bringen. Gerade deswegen werden sie von den Killerkommandos des abartigen Establishments rund um die Erde gejagt. Allen Gemeinheiten und Mordlust zum Trotz, haben beauftragte Killer bis heute kläglich versagt.

    Die VIRDULA steht für: VIRTUELLER-DUALER-LÜGEN-ANALYSATOR. Mit der VIRDULA-Technologie kann man jedem Ganoven rund um den Globus 24/7 über die Schulter schauen. Darüber hinaus zaubert VIRDULA die wahren und erlogenen Geschichten der Menschheit in Bild, Ton und mit Duftnote.

    Erst aus diesem Text werdet Ihr erfahren, dass es eine Geisteswissenschaft „Mangupologie" gibt. Von der ALLZEITLOGIK nach der sich das Universum richtet, dem ALLZEITGEDÄCHTNIS der Menschheit, das in Eurem Hirn vollständig erhalten geblieben, jedoch durch Jahrtausende Hirnwäsche von Eurem Bewussten vorübergehend getrennt worden ist, werdet Ihr aus meiner spannenden Romanserie sehr viel kennenlernen.

    Nun liebe Freunde, viel Spaß bei der Lektüre,

    Euer Kapitän Jay H. Twelve

    Inhalt

    1. Die neue Heimat Australien

    2. Die Begegnung der dritten Art

    3. Die Geschichte der Schmuckschachtel

    4. Gründung einer wohltätigen Stiftung

    5. Alidas geheime Verfolger

    6. Die Pläne für Delfin und Albatros Charter

    7. Das Wissen der alten Dame

    8. Der Verlobungstörn von Alida und Erol

    9. Die Magie der Virdula

    10. Alidas kurzer Kindheitstraum

    11. Die Null die alles und nichts verspricht

    12. Joshuas Experiment in Afrika

    13. Das Schneeballsystem und die verheerenden Folgen

    14. Die neuen Pläne für die Yachtflotte

    15. Eine aufregende Begegnung mit Daniela

    16. Die neue Werft und die alten Geheimnisse

    17. Die Mangoplantage und alte Verbindungen

    18. Gisela und Ernst aus Regensburg

    19. Was Erol und Alida auf der Hochzeitsreise erlebten

    20. Die jungen Leute aus Jericho

    21. Der falsche Conti

    22. Die Augen und Ohren der Mutter aller Dinge

    23. Die Witwe des Conti

    24. Bewusstseinsveränderung oder die Kraft der Gedankenenergie

    25. Enthüllende Träume von Gisela und Ernst

    26. Die geheimen Querverbindungen

    27. Ein besonderer Gast

    28. Das lachende Jahrhundert

    1. DIE NEUE HEIMAT AUSTRALIEN

    Kapitän Don José de Gracias war 1966 auch in Sydney unter diesem Namen bekannt, obwohl dies damals recht untypisch unter den Abenteurern in Australien war. Zu jener Zeit war es möglich, seinen Namen innerhalb von 72 Stunden zu wechseln, ohne einen bestimmten Grund angeben zu müssen. Die einzige Behörde, welche die Spur der zahlreichen Namenswechsel in Australien genau registrierte und auch immer wusste, wo derjenige zu finden wäre, war das Finanzamt. Aber Kapitän Don José hatte weder Grund, noch Interesse daran, andauernd neue Namen und Lebensgeschichten zu erfinden und sich diese auch noch merken zu müssen.

    Durch sein unscheinbares Äußeres und seine bescheidene Art im Umgang mit Menschen, wurde er von vielen Aufschneidern gerne unterschätzt. Die Menschen, die ihn wirklich gut kannten, nannten ihn Honest Trapper. Einer, der so ehrlich ist, dass die Ganoven ihn nicht ernst nahmen und bedenkenlos in seine Falle tappten. In der Tat war das von Beginn an fast tägliche Routine.

    Was vielen Ganoven sofort auffiel, wenn sie dem Kapitän begegneten, war seine Großzügigkeit, Geld an Einwanderer die eine Starthilfe benötigten zu verleihen. Das Merkwürdige an seinem Verhalten war nicht der Verleih an sich, sondern die Tatsache, dass er keinerlei Zinsen verlangte, keinerlei Garantien oder sonstige Sicherheiten forderte, ja er wollte sogar nicht einmal den echten Namen seiner Klienten wissen. Die Menschen, die ihn um Hilfe baten, waren überwiegend junge Ehepaare mit kleinen Kindern, die ihr handwerkliches Geschick in der neuen Wahlheimat Australien unter Beweis stellen wollten. Diese Menschen kamen meist aus Osteuropa und hatten ihre Heimat oft unter schwierigen Umständen und wegen der politischen Wirren der sechziger Jahre verlassen müssen. Sie hatten große Pläne und als Startkapital eine gute Ausbildung, aber kaum ein paar Groschen in den Taschen.

    Solche Leute brauchten einen Sponsor, den sie in Kapitän Don José de Gracias fanden. Da er dem Good Neighbor Council ab und zu seine Hilfe anbot trug er auch viel zur Nachbarschaftshilfe bei, besuchte zahlreiche Veranstaltungen, vorwiegend Grillpartys. Er war ein gern gesehener Gast und es sprach sich schnell herum, wer der Zahlmeister war. Solche Grill und Kennenlernpartys waren damals hoch in Mode denn jeder Einwanderer, der es zu etwas gebracht hatte, wollte bei der G.N.C. in Sydney mithelfen.

    Wie es in jedem jungen Einwandererland so ist, mischten auch Ganoven aller Art mit, offerierten preiswerte Grundstücke, Häuser, Autos, Versicherungspolicen und allerlei andere Verlockungen, auf welche die unerfahrenen Einwanderer prompt herein fielen.

    Kapitän Don José dagegen war ein grundehrlicher Helfer und daher auch beliebtes Ziel der Ganoven. Da es so einfach und unbürokratisch war, bei ihm ein lukratives Darlehen zu bekommen, traten die Ganoven in Scharen an ihn heran. Doch genau das war seine geplante Falle. Ehe ein solcher Klient überhaupt begonnen hatte, seine lückenhaft zusammen gebastelte Geschichte vorzutragen, wusste Don José schon, mit wem er es zu tun hatte.

    Die Geschichten und der damit verbundene Erfindungsreichtum der Ganoven überstieg jedes Vorstellungsvermögen eines jungen, unerfahrenen Menschen. Don José jedoch empfand es höchst amüsant ihnen zuzuhören. Er ließ die Gauner reden, hörte geduldig zu und schwieg. Je länger sie schwätzten, desto komplexer wurden ihre Geschichten, umso tiefer verwickelten sie sich in ihre eigenen Widersprüche. Die gütige Ruhe und der wachsame Blick mit dem er die Gauner beobachtete, während sie sich mehr und mehr in ihren Lügengeschichten vor ihm entblößten, machte sie so nervös, dass sie ganz von alleine das Weite suchten. Selbst Partys auf denen der Kapitän anwesend war, machten sie einen großen Bogen. Es gab aber auch Ganoven, die selbst vor Gewaltanwendung als Möglichkeit der Geldbeschaffung nicht halt machten und ihm auf Parkplätzen oder in dunklen Straßen auflauerten.

    Sie schätzen ihn als mittelgewichtigen, intellektuellen Schönling ein, tranken sich mit ein paar Whiskys Mut an und kamen dann einzeln oder zu zweit aus ihren Verstecken.

    „Kannst du uns ein paar Hunderter borgen, Freundchen?" oder so ähnlich, starteten sie ihren Raubzug.

    „Klar doch", pflegte Don José freundlich zu antworteten, griff mit beiden Händen wie nach Geld suchend in die Hosentaschen. Während die Straßenräuber mit ausgestreckten Händen gierig auf ihre Beute warteten, zog der Kapitän beide Hände gleichzeitig heraus, wirbelte in einer Drehung um die eigene Achse und mit zwei treffsicheren Kinnhaken schlug er beide Kerle zu Boden. Noch bevor sie begriffen was mit ihnen passiert war, und ihre Blut spritzenden Wunden schützen wollten, trat er ihnen erst mit dem linken und schnell mit dem rechten Fuß zwischen die Beine. Die ohnmächtigen Räuber beschenkte er mit je Hundert Dollar für die Arztkosten, ging zur Party zurück und rief den Krankenwagen.

    Die Polizei griff in solchen Fällen nicht ein, da den Angreifern kaum etwas Handfestes nachzuweisen war. Kaum einer wagte es, solche Vorfälle anzuzeigen und die Polizei war froh, in Kapitän Don José de Gracias einen ebenbürtigen Helfer gefunden zu haben. Bald machten solche Erfahrungen in der Unterwelt die Runde und es verbreiteten sich Geschichten und Mythen über den zwar großzügigen, aber stahlharten und klugen Don José. Sogar die Presse in Sydney erfuhr von seinem Mut und schrieb über seine Heldentaten.

    Die jungen Damen der Gesellschaft, ob ledig oder verheiratet, schätzten Don José auf Anhieb richtig ein. Instinktiv erkannten sie, dass er der ruhige, Pfeife rauchende, freundliche charmante Mann, außergewöhnlich war. Sie spürten, dass er zwar ein sehr einfühlsamer Charmeur war, sich jedoch auf Dauer nicht binden wollte. Trotzdem genossen einige Damen die kurzen, unvergesslich zärtlichen Begegnungen, deren Erinnerungen sie hegten wie einen duftenden Rosengarten. Jedoch fürchteten sie sich davor, die Begegnungen zur Gewohnheit werden zu lassen, sich sogar in diesen unbeugsamen Mann hoffnungslos zu verlieben.

    Don José, eher ein zurückhaltender, ruhiger und nachdenklicher Mann, stets charmant, bot sich nie einer Frau an. Er behandelte sie gleichwertig mit viel Respekt, ungeachtet ihres gesellschaftlichen Ranges oder ihrer Bildung. Deshalb verschaffte er sich Ansehen in der Welt der Frauen. Auch junge Ehemänner oder Freunde der Damen spürten seine Ausstrahlung. Sie respektierten ihn als einen Mann, der keinem etwas strittig machen wollte.

    Innerhalb der wenigen Monate seines Aufenthaltes in Sydney war er schnell überall bekannt, gern gesehen und wurde mit viel Respekt und Achtung behandelt. Er empfand die Anerkennung in der Gesellschaft zwar als angenehm, aber für ihn an sich belanglos. Er war eben ein Vollblutgentleman, der das Leben genoss und weise schwieg. Er hatte nur zwei wirklich gute Freunde, die aus den Nachbarländern seiner alten Heimat stammten und ihm in jeder Hinsicht ebenbürtig waren. Sie waren auch hochintelligent, fachlich solide gebildet, auf gleicher Wellenlänge mit ihm und bereit für jedes Abenteuer.

    Seit dem Tag als Don José aus dem australischen Northern Territory zurückgekehrt war, brütete er über einen langfristigen Plan, dabei erschien ihm die Begegnung mit den zwei Freunden wie eine göttliche Fügung zu sein. Er brauchte mindestens zwei absolut vertrauenswürdige begabte Menschen, um seinen Plan und die damit verbundene Mission für die kommenden Jahrzehnte durchführen zu können. Deshalb vertiefte er seine Beziehung zu ihnen, beobachtete ihr Vorgehen, ihre Reaktionen in alltäglichen Situationen. Er führte mit Bedacht Gespräche mit ihnen über die von ihm sorgfältig ausgesuchten Themen, die seine geplante Mission nur am Rande berührten, und verfolgte höchst aufmerksam, wie seine zwei Freunde diese Themen behandelten.

    Er wusste, dass es einem Selbstbetrug gleich käme, wenn er suggestiv auf seine Freunde einwirken würde. Was er brauchte waren wahre, echte und persönliche Ansichten aus der Tiefe der Seele seiner Freunde, und nicht unterschwellig manipulierte Meinungen. So wartete er geduldig auf passende Gelegenheiten solche Themen zu erörtern, die sich aus dem aktuellen Weltgeschehen in Presse oder Fernsehen ergaben. Er startete die Diskussion meist mit einer arglosen Frage, als würde er von dem, was gerade die Welt bewegte nur ansatzweise etwas verstehen.

    Die beiden jungen Männer griffen das Thema auf und nutzten ihre vermeintliche Überlegenheit um Don José manches beizubringen. Sie taten das so eifrig und nachdrücklich, dass es Don José manchmal schwer fiel, sich ein Lachen zu verkneifen. Alle Drei waren hochintelligent und humanistisch stark geprägt. Daher waren sie auch sehr stark sensibilisiert, wenn es um politischen Machtmissbrauch oder religiöse Indoktrination ging. Das analytische Denkvermögen seiner Freunde, das durch ausgedehnte Diskussionen auf die Kristallisierung der Kernfragen des Zeitgeistes hinführte, überzeugte den Kapitän in jeder Hinsicht.

    Zu dieser Zeit waren alle drei jungen Männer berufstätig. Sie trafen sich oft abends bei Don José, der viel lieber eigene Speisen zubereitete oder am Grill stand, als in irgendeinem von Menschen und deren Kakophonie voll gestopften Restaurant auf Halbgegartes zu warten. Alle drei Freunde erwiesen sich als begnadete Gourmets und experimentierten mit all den guten Zutaten, die man in unglaublicher Vielfalt auf dem Großmarkt von Sydney fand.

    Es trieb sie auch ein Nachholbedarf an guten Speisen an, die alle drei aus ihrer alten Heimat mitbrachten. Zu Hause, wo sie teils in endlosen Reihen auf ein Stück Fleisch oder einen Laib Brot anstehen mussten und all zu oft dann doch mit leeren Händen nach Hause kamen. Dieses australische Warenangebot der Großmarkthallen, in denen jeder Händler sein auf Hochglanz gewaschenes Obst und Gemüse anbot, es zum Spottpreis verkaufte, beflügelte sie als ganz neue Erfahrung zu neuen Kochphantasien.

    So pflegten sie schon sehr früh am Samstagmorgen gemeinsam die Großmarkthalle aufzusuchen, den alten Landrover Kastenwagen mit exotischem Gemüse und Früchten zu beladen und die Kühltruhe mit saftigen Steaks und Lammrücken aufzufüllen. Anschließend fuhren sie zum chinesischen Imbiss in der Nähe, um obligatorisch ihr „Fish and Chips" zu frühstücken.

    Wie alle Nachkriegskinder im zerbombten Europa, träumten auch sie immer davon, sich einmal richtig satt essen zu können, was sie nun in ihrer neuen Wahlheimat Australien voll auskosten konnten. Es gab alles für alle im Überfluss. Alle drei liebten dieses Land und waren den gastfreundlichen Australiern in Dankbarkeit zutiefst verbunden.

    Am Anfang waren sie zunächst von den vielfältigen Strukturen der zahlreichen Gewerkschaften und deren Kampflust sehr irritiert, weil sie sich für einen einzigen entlassenen Arbeiter einsetzten, sogar erbittert streikten. Man erfuhr fast täglich durch Presse und Fernsehen von den in der damaligen Zeit in Australien so häufigen Streiks. Die Post streikte so oft, dass es nahezu sinnlos war irgendjemandem in der alten Heimat einen Brief zu schreiben. Die Briefe, die aus der alten Heimat ankamen, blieben so lange beim Postamt liegen, bis der Streik beendet war. Der Postbote brachte dann stapelweise die liegen gebliebene Post. Die Verbindung der drei Freunde zur alten Heimat beschränkte sich auf ein paar alte Schulfreunde, da die Eltern vor ihrer Abreise nach Australien längst verstorben waren und die Verwandten ebenfalls in andere, westliche Länder das Weite gesucht hatten.

    Der üppige Wohlstand in der neuen Heimat berauschte sie nur für kurze Zeit, überzeugte sie aber in keiner Weise davon, dass die Nachkriegsökonomie für alle Menschen von Vorteil und dauerhaft sein werde. Sie kannten das Elend der Massen vor dem Krieg, hatten lebhafte Erinnerungen von der zerstörerischen Macht des Krieges, waren auch davon überzeugt, dass die gleichen Schurken lediglich die Spielkarten neu mischten und wieder verteilten. Es war also nur eine Frage der Zeit, wann die Profiteure die Massen in die neue Runde der Arbeitslosigkeit entsandten und als Kanonenfutter für neue Kriege einsetzen würden. Wenn eine Zivilisation als Fleischwolfmaschine konstruiert ist, und als solche von einer skrupellosen Minderheit beherrscht wird, dann kann nur Gehacktes daraus erwartet werden.

    Die Freunde machten sich in Australien keine Sorgen um ihr persönliches Wohlergehen. Sie waren weder religiös noch politisch indoktriniert, so konnten sie die Entwicklungen in der Welt ohne Scheuklappen beobachten. Andererseits beendete jeder erfolgreich in der Heimat eine fundierte Ausbildung an der Polytechnischen Universität und verstanden ihre Berufe als Berufung.

    Die Vorstellung von geregelter Arbeit und der klassischen Karriereleiter brachte sie nur in Verlegenheit, weil der australische Kontinent mit so vielen Abenteuern lockte, dass eine langfristige Anstellung bei einem Unternehmen mit der damit verbundenen Monotonie, ihren Träumen in keiner Weise entsprechen konnte.

    Entgegen der europäischen Denkweise, die in Deutschland besonders ausgeprägt war, wo man arbeiten musste, um leben zu können, war es bei den jungen Leuten in Australien eine weit verbreitete Gewohnheit, nur dann zu arbeiten, wenn man unbedingt musste. Den Unternehmern war es nur recht in Stoßzeiten genügend Arbeitskräfte zu bekommen, die sich dann in ruhigen Zeiten selbst ausklinkten, um einige Zeit zu surfen, oder im Outback zum Schafscheren anheuerten.

    Don José und seine zwei Freunde waren hoch qualifizierte Ingenieure, die gegen hohe Gagen als freischaffende Mitarbeiter Spezialaufträge für einige wenige Unternehmer tätigten. Deshalb hatten sie die Wahl diese Aufträge anzunehmen, oder sich anderen interessanten Abenteuern anzuschließen.

    Don José war Bergbauingenieur, ein auf Schwermetall Erze spezialisierter Geologe. Er war sehr bald in Australien ein angesehener Fachmann mit Rang und Namen. Seine Aufträge, die hauptsächlich in den unerforschten Gegenden Zentralaustraliens und in den Norden führten, trennten ihn immer wieder für Monate von seinen Freunden und dem süßen Leben in Sydney.

    Bei seinen Aufträgen ging es meist darum Erzvorkommen ausfindig zu machen, zu erwartende Vorkommen grob einzuschätzen, damit dann Fachleute der beauftragenden Gesellschaft präzise Untersuchungen unter Einsatz von kostenaufwendigen Gerätschaften durchführen konnten. Don José war demnach ein talentierter Prospektor, der mit Hilfe von einfachen Probeentnahmen, anhand der Oberfläche und Beschaffenheit des Gesteins, schon einen wagen Hinweis auf vorhandene Erzvorkommen liefern konnte. Er liebte sowohl die Einsamkeit in der endlosen Wüste und die damit verbundenen Abenteuer, als auch aufregende Grillpartys in den Orten in denen er sich erholte.

    Wenn er danach mit vollgeladenem Kastenwagen nach Sydney zurückkehrte, verbrachte er einige Wochen damit, die Gesteinsproben gründlich zu analysieren. Die Aufzeichnungen und Skizzen übergab er einer befreundeten jungen Dame, die alles sauber abschrieb, um dann seinen Bericht in professionell erarbeiteter Form dem Auftraggeber zu überreichen.

    Für jeden einzelnen Fund sicherte er sich bei der jeweiligen Behörde einen Anspruch, womit er als berechtigter Teilhaber der zukünftigen Bergbaugesellschaften eingetragen wurde. Für die Funde, an denen die Auftraggeber interessiert waren, bekam er stattliche Summen und finanzierte damit die relativ geringen Unkosten und ein paar bequeme Wochen der Entspannung.

    Von seinen ausgedehnten Reisen brachte er seltsame Gegenstände nach Sydney, die er sorgfältig katalogisierte. Zu den Fundorten und über die Umstände unter welchen er die Sachen gefunden hatte, schrieb er interessante Geschichten auf. Insbesondere seine Begegnungen mit den Ureinwohnern Australiens, den Aborigines, in den von Weißen unbesiedelten Gebieten des Zentral- und Northern Territory schilderte er mit Hochachtung und Bewunderung für die Ureinwohner.

    Seine Begeisterung für diese Menschen, die in der Unendlichkeit der trockenen, für die Ansiedlung von weißen Europäern kaum denkbaren weiten Gebiete des Kontinents, entwickelte er schon als zwölfjähriger Junge in seiner alten Heimat. Sein Geographielehrer, ein gewisser Rudolf Blazeck, der als junger Wissenschaftler einige Jahre mit den Aborigines in diesem Gebiet gelebt hatte, wusste endlos viele Geschichten zu erzählen. Er brachte zum Unterricht Bilder der primitiven Werkzeuge und Waffen dieser seltsamen Geistermenschen mit. Während seine Schulkameraden sich bei solchem Unterricht langweilten, stellte sich der junge Don José alle diese Geschichten vor, er träumte nachts von ihnen in wilden Träumen. Als er dann, achtzehn Jahre später, den sagenumwobenen Aborigines in Sydney auf den Straßen begegnete und deren zivilisationsbedingte Verelendung sah, war er bitter enttäuscht. Er empfand eine tiefe Trauer für diese Menschen, deren kulturelles Erbe sich mit Alkohol und Prostitution seinem Ende näherte.

    Um so mehr war er überrascht und erfreut, als er bei seiner ersten Reise in die nordwestlichen Gebiete Australiens, in denen Aborigines in staatlich zugewiesenen Reservaten lebten, ihm ganze Stämme begegneten, die ihre ursprüngliche Lebensform weitgehend beibehalten konnten. Diese Menschen erzählten ihm von den grausamen Schlachten mit den Siedlern, die zwar anfangs zahlenmäßig unterlegen waren, aber dank ihrer Feuerwaffen und List schnell die Oberhand gewannen.

    Dieser unaufhaltsame Drang der weißen Rasse, sich überall auszubreiten, alles in Beschlag zu nehmen und so viele alte Kulturen durch kurzlebige Befriedigung ihrer Habgier zu zerstören, wurde ihm bei solchen Begegnungen sehr eindringlich bewusst. Das Eroberungsmuster ähnelte bis ins Detail der Besiedlung anderer Kontinente, wo die weißen Eroberer und die sendungsbewussten Missionare den Boden und die Seelen der Ureinwohner versklavten und enteigneten.

    Was Bleikugeln und Schwerter nicht fertig brachten, vollendeten die von Europäern eingeschleppten, ansteckenden Krankheiten und Seuchen. Oft logierte Don José in einer Mission im Landesinneren, wo weiße Nonnen den Kindern der Aborigines ihre eigene Kultur ausredeten und die Ideologie über den gekreuzigten Jesus einredeten. Die kranken Kinder wurden dann gegen Krankheiten behandelt, die die frommen Nonnen selbst eingeschleppt hatten. So zeigte sich der Kreis der prophetischen Empfehlung „Macht euch die Erde untertan", die einmal als Universallüge erdacht wurde und durch Enteignung, Entwürdigung und Zerstörung von Kultur und Umwelt ihr wahres Gesicht zeigte.

    Wie oft hat er dieses leidige Thema mit den Missionaren diskutiert, die selbst von Gewissensbissen geplagt waren, sich jedoch zielstrebig an der Ausbeutung des Kontinents mitbeteiligten. Die Gespräche mit den Nonnen brachten Don keinen Nutzen. Diese Nonnen, vom enthaltsamen Leben gezeichnet, von der Kirche in die Wüste geschickt, mit Züchtungsvollmachten ausgestattet, ließen ihren spirituellen Frust an den armen Aborigineskindern aus.

    Don José war bemüht das Land so authentisch, noch unberührt natürlich zu erkunden. Aus Begegnungen und Erfahrungen entwickelte er seine Erkenntnisse, formte darüber seine eigene Philosophie. Dieser Kontinent, der sich in so vielen Eigenschaften von anderen Kontinenten unterschied, gab ihm das Gefühl nur hier den Code oder die spirituelle Formel, nach der sich das Dasein der Lebewesen entfalte, ergründen zu können. Viele, die diesen Kontinent bereisten und sich vom kristallklaren Sternenhimmel am Lagerfeuer verzaubern ließen, hatten ähnliche Gefühle in zahlreichen Büchern beschrieben.

    Seine Unbefangenheit und Offenheit, in der er seine Gedanken mit den alten Nonnen austauschte und sein aufmerksames Zuhören und Hinterfragen förderten in ihm die Erkenntnis, dass die Menschheit von sich selbst als Teil der Natur kaum etwas wusste. Er war entsetzt, wie wenig die alten Nonnen über Anatomie und Funktion der menschlichen Organe wussten, zugleich aber endlose Geschichten von heiligen Männern aus der Vergangenheit erzählten, deren Gebote und Verbote sie auswendig kannten und wie sie diese Nutzlosigkeit mit erhabenem Starrsinn an die Aborigines vermittelten.

    Die Aborigines, insbesondere die alten Frauen, erklärten ihm vieles in gebrochenem Englisch und einfachen Bildern, die sie kunstvoll in den Staub des Bodens zeichneten. Sie vermittelten viel mehr Sachverhalte als die Nonnen, auch wenn er zunächst nicht alles verstand. Diese Bilder waren unvergleichbar einleuchtender, als die stereotypen Wiederholungen der Nonnen, die sich auf angeblichen Weissagungen von Propheten und Heiligen gründeten, die möglicherweise nie existierten. Don José konnte vieles von den Aborigines praktisch anwenden, denn er befand sich oft alleine in einer Umgebung, wo jeder Tropfen Wasser und etwas Essbares weit mehr zum Überleben beitrug, als das Anbeten von mystischen, heiligen Männern einer möglicherweise nie existenten Vergangenheit. Die alten Nonnen konnten sich diesen nutzlosen Luxus leisten, weil die regelmäßige Versorgung ihrer Mission von einer anderen Zivilstation besorgt wurde. Sie mussten auch keine Wasserknappheit und Hitze von 50° C im Schatten ertragen.

    Die Aborigines dagegen beachteten das gespeicherte Wissen ihrer Ahnengeister vieler Generationen, das sie wie eine unerschöpfliche Bibliothek für das tägliche Überleben verwendeten. Genau diese Bibliothek wollte Don José eingehend erforschen.

    Alsbald entdeckte er dass Begriffe, die die Aborigines für einen bestimmten Sachverhalt verwendeten, eine gezielte Denkrichtung in Gang setzten, womit hierfür benötigtes Wissen in der Bibliothek der Geisterwelt abgefragt werden konnte. Schon Jahrtausende zurück malten sie auf Felsen an ihren heiligen Plätzen die gleichen Begriffe, die sie für ihre spirituelle Kommunikation untereinander verwendeten. Für Außenstehende, die in einer anderen Kultur groß geworden waren, die durch andere Begriffe und Zeremonien geprägt worden waren, war es nicht möglich diese Kommunikation zu verstehen, geschweige denn irgend etwas Sinnvolles aus dem Gesang und Tanz der Aborigines zu gewinnen.

    Der junge Don José nutzte solche seltenen Gelegenheiten, die sich bei Begegnungen mit den „noch wilden Aborigines" ergaben, um unvoreingenommen und mit geschlossenen Augen aufmerksam zuzuhören. Hinterfragen konnte er diese Menschen kaum, weil ihm deren Welt so fremd und doch so vertraut vorkam. Fast so vertraut, als schlummerte irgendwo eine Welt in seinem Gedächtnis, die er nur vorübergehend vergessen hatte.

    Nach solchen Erlebnissen mit den Ureinwohnern Australiens beschäftigten ihn seltsame Träume, die von solcher Intensität waren, dass er sie im wachen Zustand als Wirklichkeit empfand. Er träumte von wunderschönen Landschaften und Felsen, von deren Höhen er diese Gegenden weit überblicken konnte. Von einem großen See, so dunkelgrün von Wäldern umringt, still, als gäbe es keinen Wind, der die glasklare Oberfläche in ihrer Farbharmonie stören könnte. Von einem Felsen, von welchem er immer seinen imaginären Flug über den See startete.

    Er war sich seiner menschlichen Gestalt im Traum bewusst, auch die abgewetzte lederne Umhängetasche die ihn überallhin begleitete, die quer über die Schulter hing. Bevor er seinen Flug startete, band er diese, für ihn wichtige Tasche gewissenhaft an seinem Hosengürtel fest, damit sie nicht während des Fluges herumwirbelte. Als er sich dann schließlich in die Schlucht hinein stürzte und mit zunehmender Geschwindigkeit den grünen See und die dahinter stehenden Bäume überflog, wurde er von einem unbeschreiblich erhabenen Gefühl erfasst. Dieses Gefühl, über Landschaften zu fliegen und alles wie mit Adleraugen wahrnehmen zu können, zugleich das ganze Bild als auch die winzigen Details, waren unbeschreiblich schön anzusehen. Sobald er den See und die Wälder überflogen hatte, fand er sich plötzlich in der realen Welt des australischen Outbacks wieder. Er setzte seinen Flug weiter fort, als wollte er die Landschaft vorab erkunden, damit er morgen genau wissen würde, wohin er mit seinem Land Rover fahren sollte.

    Diese Träume begleiteten ihn die ganze Reise lang, Nacht für Nacht, ohne Ausnahme. Er stellte allerdings mit Verblüffung fest, dass die geträumten Landschaften mit der Realität übereinstimmten und er sich bei der Navigation durchaus auf die Traumroute verlassen konnte. Er nahm diese Erfahrung als selbstverständlich an und freute sich wie ein kleiner Junge, wenn die geträumte Landschaft mit der Strecke, die er gerade mit dem Auto fuhr, gänzlich identisch war. Ihm erschien hier in der Wildnis alles anders und vieles Utopische möglich, weil die Einsamkeit in der unberührten Natur eine eigene geistige Welt beherbergte, deren Einwirkung auf seinen seelischen Zustand berauschende Erkenntnisse zu Tage förderte.

    Mit der Zeit festigte sich in ihm die Überzeugung, dass er anfing sich an Empfindungen zu erinnern, die in laufenden Generationen seiner Ahnenreihe verloren gegangen schienen. Der junge Don José verinnerlichte allmählich den Rhythmus der Wildnis. Er empfand Eindrücke an bestimmten Plätzen der endlosen Wildnis, die ihm Wohlbefinden oder Unbehagen bereiteten. Immer vor Sonnenuntergang suchte er eine geeignete Stelle, wo er sein Nachtlager herrichten konnte und befragte die Umgebung im Geiste, ob er da auch willkommen sei. Das äußerte sich darin, dass er an bestimmten Plätzen entweder eine merkwürdig liebliche Geborgenheit des Ortes wahrnehmen konnte, oder ein kribbelndes Unbehagen empfand, als wenn er in diesem Moment mit der Erde kommunizierte.

    Diese real gewonnenen Erfahrungen übertrug er in seine nächtlichen Träume. Er befragte die Landschaft, während er sie im Traum überflog. Das machte er nicht auf visuelle Weise, sondern rein gefühlsmäßig. Wenn sich Don José in einer bestimmten Gegend mehrere Tage aufhielt, weil ihn die Bodenbeschaffenheit und die Umgebung besonders interessierten, stellte er bald fest, dass gerade in solchen einladenden Gebieten keinerlei Spuren von Erzvorkommen lagen, dafür aber unterirdische Wasservorräte vermuten ließen.

    Zu seiner Ausrüstung gehörten auch ein ausziehbares Thermometer und ein Feuchtigkeitsmessgerät, die in einem Behälter aus Glas und emailliertem Blech untergebracht waren. Der senkrecht gelagerte Zylinder des Messgerätes, den man wöchentlich mit einem neuen vorgedruckten Papier bespannte, funktionierte wie ein Uhrwerk, das man mit einer Spiralfeder aufziehen konnte. Zwei seitlich hängende Tintenschreiber zeichneten über einen Arm jeweils die Temperatur und die Feuchtigkeitsschwankungen auf.

    In dem australischen Outback verhielt es sich ähnlich wie in allen anderen Wüstenlandschaften. Tagsüber kletterte das Thermometer bei extrem trockener Luft auf 45° bis 50° C und in der Nacht fiel die Temperatur bis auf 10° bis 15° C, wobei die Feuchtigkeit erst kurz vor Sonnenaufgang spürbar anstieg. Die Messungen an solchen speziell angenehmen Plätzen zeigten wesentlich geringere Temperatur- und Feuchtigkeitsschwankungen. Man sah, dass die Aborigines bei ihren ständigen Wanderungen gerade solche Plätze als Raststätten bevorzugten; Spuren verloschener Lagerfeuer und herumliegende Tierknochen bestätigten dies.

    Ganz am Anfang seiner Exkursion in das Landesinnere kannte sich der junge Don José kaum in Zoologie und Biologie der neuen Heimat aus. Seine Kenntnisse waren auf wenige Eukalyptusbaumsorten, Dingos, Kängurus, Schlangen, Krokodile und Kakadus beschränkt. Mit der Zeit und insbesondere durch den Kontakt mit den Aborigines, Viehzüchtern sowie Abenteurern, denen er unterwegs begegnete, lernte er schnell die Vielfalt der scheinbar spärlichen Vegetation und Tierwelt kennen. Dieser Lernprozess vollzog sich vorwiegend am Lagerfeuer oder auf einer Veranda bei den Viehzüchtern, die mangels sonstiger Themen gerne über giftige Spinnen, Schlangen und verschlagene Dingos erzählten. Der unterhaltsame Unterricht durch die weißen Siedler und Landstreicher unterschied sich gravierend von der Betrachtungsweise der Aborigines. Die weißen Siedler selektierten die Lebewesen in nutzbar oder schädlich, harmlos oder gefährlich. Nach diesen Kriterien wurden diese Wesen verbraucht, vernichtet oder ignoriert.

    Die Aborigines dagegen betrachteten die Umwelt als eine scheinbar materielle Welt, von geistigen Wesen, die sich als Felsen, Pflanzen, Wasserquellen, Insekten oder Tiere verkleideten und die Kraft hatten, eine Traumwelt hervorzuzaubern. Ihre ständigen Wanderungen durch die Endlosigkeit des Kontinents nannten sie Traumreisen und den bevorstehenden Weg, den sie morgens antreten würden, träumten sie sich im Voraus. Für alle Dinge hatten sie einen Namen und dazu passende spirituelle Zeichen, die sie mit großem Respekt verehrten. Die Auswahl und Aufnahme der Nahrungsmittel vollzog sich in Form von Zeremonien, deren strenge Einhaltung die Ältesten mit Argusaugen überwachten. Die Abweichler, die diese rituellen Regeln missachteten, wurden streng bestraft. Nicht selten wurden Stammesmitglieder ausgestoßen oder verstarben an unerklärlichem Herzversagen.

    Für den jungen Don José eröffnete sich hier eine neue Welt, die ihn zwar faszinierte, aber mangels Kenntnis der komplexen Aboriginessprache nur bruchstückhaft zugänglich war. Mit der Zeit lernte er einige Sätze, die ihm im alltäglichen Umgang Zutritt zu den scheuen Ureinwohnern verschafften. Insbesondere Geschenke, die er von einem Stamm bekam, schienen bei dem nächsten Stamm wie Passierscheine zu funktionieren. Manche Geschenke bewirkten aber auch helle Aufregung bei den Stammesältesten und er lernte schnell solche Geschenke lieber in der Kiste zu belassen und nur allgemein populäre Geschenke anzubieten. Von diesen seltsamen Menschen, die von der hochnäsigen Akademikerwelt als Steinzeitmenschen deklariert wurden, lernte er, wie wenige Dinge ein Mensch im Leben wirklich braucht. Er war erstaunt zu erfahren, wie viel Wissen sich die Aborigines über die komplexe Welt der australischen Flora und Fauna angeeignet hatten, um zu überleben. Würde man eine Langzeitprüfung ansetzen, könnte man jedem heranwachsenden Aborigine nach Maßstäben der europäischen Universitäten bedenkenlos einige Doktortitel in Landschaftskunde, Biologie, Zoologie und Astronomie erteilen.

    Angesichts dieser Erfahrungen sinnierte Don José, man sollte die Steinzeitmenschen dadurch kennzeichnen, dass sie umfangreiches und sehr komplexes Wissen über die Natur und die Kommunikation mit der Geisterwelt, als allgemeines Kulturgut verkörperten.

    Dagegen ist die zivilisierte Welt trotz mühsam erforschten Wissens ziemlich schlecht mit der Natur zurechtgekommen. Wenn also die Kunst der Kriegsführung und die Erfindung von Massenvernichtungswaffen das Hauptanliegen der Zivilisation darstellen sollte, dann würde Don José lieber unter den Steinzeitmenschen leben.

    Eine kleine Gruppe der weißen Rasse, die in der spirituellen und materiellen Welt herumforscht, ein temporär geltendes Wissen zu Tage bringt, welches nur bruchstückhaft an die Allgemeinheit weiter vermittelt wird, nennt sich dann arroganterweise „Die zivilisierte Welt".

    Er erkannte auch die Tragödie, die sich seit einigen Jahrhunderten aus diesen so konträren Welten wie ein sich ausbreitendes Lauffeuer ergab. Wo die weißen Seefahrer ihre nationalen Flaggen aufstellten und das Land unter dem Motto „Macht euch die Erde untertan" besetzten, wurden Jahrtausende lang erprobtes Wissen und damit verbundene Lebensweisheiten wie durch eine Toilettenspülung in unwiderrufliche Vergessenheit weggespült.

    So scheint sich genau dieselbe Tragödie, die am Ende des antiken Zeitalters von zerstörungswütigen Barbarenvölkern in Europa und im Mittleren Osten angerichtet wurde, zu wiederholen. Was sich aus diesem Trümmerhaufen herauskristallisierte, war eine heillose Unordnung von Restwissen des Orients, verquickt mit der Raffgier der Barbaren.

    Don José machte in seinem Tagebuch einige Notizen, damit er später mit seinen klugen Freunden über diesen Themenkreis diskutieren konnte. Er erinnerte sich auch an ein Buch, das er in Deutschland gelesen hatte. In diesem Buch bemühte sich ein Historiker dem dunklen Mittelalter und insbesondere dem sagenumwobenen Kaiser Karl dem Großen, die historische Existenz streitig zu machen. Von irgendwo her befiel ihn ein intensives Bedürfnis, über dieses Zeitalter viel mehr wissen zu wollen. Er hatte einiges über antike Kunst und Geschichte gelesen, einige Abhandlungen über die Entstehung des Christentums und die Zeit der Renaissance. Überhaupt war er für einen Bergbauingenieur recht gut belesen, aber weit davon entfernt, kompetent einen Vergleich der westlichen Kulturen mit der Geisterwelt der Aborigines in einem akzeptablen Werk zu veröffentlichen.

    Sein Interesse an der australischen Welt ergab sich einfach zwangsläufig, weil er in ihren Lebensraum eingedrungen war, um nach Erzen zu suchen, aber keineswegs um Völkerkunde zu betreiben. Es erging ihm so, wie es oft im Leben interessierter Menschen vorkommt, dass nämlich die zunächst beabsichtigten Lebenspläne durch neue Erkenntnisse zu Nebensächlichkeiten degradieren und sich daraus ein völlig neuer Lebensweg und eine Mission entwickelt. Nach fast drei Jahren seiner Wanderschaft quer durch den ganzen Kontinent konnte er mit Stolz darauf verweisen, dass er dieses Land und seine Bewohner wie kaum ein anderer Neueinwanderer erlebt und lieb gewonnen hatte. Seine Tagebücher schleppte er überall in einem Köfferchen aus eloxiertem Aluminium mit sich, damit er jederzeit nachschlagen konnte, wenn es von Nöten war. Es handelte sich hierbei um in Leder eingefasste Schiffslogbücher, die in der kommerziellen Schifffahrt allgemeine Verwendung fanden. Mit den Eintragungen machte er es genauso, als würde er mit einer Yacht unterwegs sein. Koordinaten, Wetterdaten, Skizzen von Erzvorkommen, Trinkwasserstellen, Flüsse und Nachtlagerquartiere trug er in feiner, kaum lesbarer Schrift akkurat ein. Über die Menschen, die er unterwegs traf und zu deren Geschichten machte er auf der Rückseite ausführliche Notizen.

    Über einen einzigen Fund und die Umstände, unter welchen er diesen machte, konnte er aber unter keinen Umständen Notizen machen. Diese Entdeckung, die er später seinen engsten Freunden als „Begegnung der dritten Art" anvertraute, brachte seine ganze Lebensplanung durcheinander und beeinflusste die Schicksale von Millionen anderer Menschen rund um den ganzen Globus. Darüber und über die damit zusammenhängenden Erlebnisse konnte und durfte Don José keine Eintragungen machen.

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    2. DIE BEGEGNUNG DER DRITTEN ART

    Don José war schon zwölf Tage unterwegs. Er benötigte frisches Wasser, Proviant und Diesel für seinen Land Rover. Auf dem Weg nach Mount Isa passierte er die Ortschaft Winton. Weil er in Winton in den letzten Jahren schon öfters gerastet hatte, träumte er unterwegs von einer heißen Badewanne und saftigen T-Bone-Steaks. Vielleicht konnte er auch ein paar Nächte mit alten Bekannten verbringen und dann in Richtung Mount Isa weiter fahren. Als er am frühen Nachmittag die Tankstelle mit dem Lebensmittelladen ansteuerte, wusste er schon, dass die heiße Badewanne im Motel an der Hauptstraße belegt war und er wahrscheinlich kein Quartier bekommen würde.

    Der kleine Ort, der erfahrungsgemäß zu dieser Tageszeit wie ausgestorben wirkte, war an diesem Tag von Menschen und Fahrzeugen aller Art belagert. Der Tankwart berichtete von einem großen Volksfest und der alljährlichen Versammlung der Siedler, von verschiedenen Wettrennen, einer Menge Bier und Steaks und von zu erwartenden Schlägereien der jungen alkoholisierten Burschen. Don José kannte solche Veranstaltungen, die einen durchaus typischen Outback Charme vorzuweisen hatten. Aber für einen einsamen Reisenden, der jung und attraktiv auf die Siedlertöchter wirkte, empfahl es sich doch das Weite zu suchen.

    Weil der Tag noch jung war, er die Route gut kannte, verstaute er den Proviant gut verpackt im Wagen und fuhr weiter Richtung Westen. Die Weiterfahrt entwickelte sich ziemlich unangenehm, weil ihm die Sonne direkt ins Gesicht strahlte und er andauernd vom Straßenstaub der entgegenkommenden Fahrzeuge eingenebelt wurde. Wie es schien, war die ganze Gegend in Richtung Winton unterwegs. Ihn ärgerten die unangenehmen Begleiterscheinungen was ihn dazu bewegte, die nächstmögliche Abzweigung zu nehmen. Inzwischen lag Winton schon zwanzig Meilen hinter ihm und die Sonne stand tief am Horizont. Er musste also die nächste halbe Stunde sein Nachtlager finden, denn abseits der asphaltierten Straßen zu fahren war nur bei Tageslicht ratsam.

    Knapp eine Meile später erblickte er in nördlicher Richtung eine Felsformation. Die Felsen waren dank der Erosion über Jahrtausende hinweg so kunstvoll abgeschliffen, dass sie an eine schlafende Elefantenherde erinnerten. Die Felsformation mit ihrer spärlichen Vegetation wirkte in der untergehenden Sonne so bizarr schön, dass er kurzerhand entschied, dort zu übernachten. Ein trockenes Flussbett machte die Zufahrt zu dem Felsen möglich und es dauerte keine zwanzig Minuten, ehe er einen geeigneten Rastplatz fand. Er parkte seinen Wagen zwischen zwei Elefanten, deren runder Rücken aus dem sandigen Boden hervortrat. Ein ganzer Schwarm von schneeweißen Kakadus landete auf einem Eukalyptusbaum und Don José wusste sofort, dass er unweit eine lauwarme Badewanne finden werde.

    Er beobachtete die Kakadus eine Weile und wartete darauf, dass die Vögel die Wasserstelle anflogen. Als die Mutigsten von den Ästen im Gleitflug hinter dem nächsten Felsen verschwanden, wusste er auch, wo sein Badezimmer zu finden war. Er ließ den Kakadus ausgiebig Zeit zu baden und zu trinken, schaltete die Scheinwerfer ein und fuhr langsam zwischen den Felsen noch zweihundert Meter weiter. Unmittelbar vor ihm ragte ein zahnförmiger Stein empor und gleich dahinter ein großer, lang gestreckter Felsenkoloss, der sich im kristallklaren Wasser einer kleinen Schlucht spiegelte.

    Don José stieg aus dem Auto, betrachtete das Wasserloch und die felsige Umgebung aufmerksam. Dann umrundete er die Wasserstelle bis zum Felsen um nach Spuren im Sand zu suchen. Das Loch war kaum einen Meter tief bei einem Durchmesser von maximal acht Metern. Der rötlich sandige Boden war frei von Bewuchs, er zeigte auch keine menschlichen Spuren. Soweit sein Blick in der Dämmerung reichte, konnte er nur die kleinen weißen Federchen der Kakadus entdecken. Er fand zu seiner Beruhigung auch keine Spuren von Schlangen. Obwohl diese verlockende Badewanne ziemlich groß war, war sie dennoch frei von Kleintierchen, mit denen er sich das Bad hätte teilen müssen.

    „Juchhu, so eine herrliche Badewanne habe ich längst nötig", jubelte er überglücklich, sodass sich das Echo seiner Worte mehrmals wiederholte, ehe es sich in der Felslandschaft verlor.

    Unterwegs zum Wagen entschied er, nur das Nötigste auszupacken und die Kerosinlaternen so zu verteilen, dass sie den Weg zum Wasserloch und das Wasserloch selbst gut beleuchteten. Seine Kochutensilien bestanden aus einem Zweiliterkochtopf und einer gusseisernen Bratpfanne. Zum Holzsammeln war es schon zu spät, aber er konnte den Gaskocher mit einer im Kastenwagen befestigten Gasflasche, mittels eines flexiblen Schlauchs verbinden.

    Der Tankwart in Winton hatte ihm eine Portion Lammkoteletts geschenkt, wenn er dazu eine Dose Kidney Bohnen, eine Zwiebel und zwei Kartoffeln in den Kochtopf schnippelte, alles mit Salz und Pfeffer würzte, hätte er in einer Stunde eine deftige Bauernsuppe fertig. Don José machte sich sofort an die Arbeit, sodass der Topf auf dem Gaskocher landete, noch ehe die Tagesdämmerung vollständig erlosch.

    Im Adamskostüm mit einem Badetuch, Seife und Machete bewaffnet spazierte er zum Wasserloch. Unter der Kerosinlaterne leuchte „seine Badewanne" so rein türkisblau, dass er zunächst ein schlechtes Gewissen bekam. Daher ging er zum Wagen zurück, holte die verbeulte Gießkanne heraus und kehrte wieder zurück zur Wasserstelle. Nachdem er ausgiebig mit Hilfe der Gießkanne vorgeduscht, Staub und Schweiß mit Seife abgewaschen hatte, wagte er es in das türkisblaue saubere Wasser zu steigen. Ein herrliches Gefühl von Entspannung überkam ihn, als das kühle Wasser seinen Kopf bedeckte. Er verharrte gut eine Minute regungslos unter Wasser, stemmte sich hoch auf die Beine, breitete seine Arme aus und tauchte auf und ab wie ein Delfin durch das erfrischende Nass. Er schwamm einige male hin und her, bis er tauchend aus dem Wasser hoch schnellte und neben der Kerosinlampe landete. Seinen durchnässten Lockenkopf schüttelte er hin und her, setzte sich und warf seinen Kopf entspannt in den Nacken. So lag er da mit geschlossenen Augen voller Zufriedenheit. Nach einer Weile öffnete er langsam die Augen und es erstreckte sich über ihm ein atemberaubender Sternenhimmel mit unzähligen glitzernden Gestirnen, die sich im Wasserloch widerspiegelten.

    „Der Orion dachte er, „ist ein Sternbild worauf die Pharaonen ihre ganze Philosophie gestützt haben. Möge das Universum mir die Kraft geben, dieses Sternbild für immer in meinem Herzen zu tragen.

    Seit seiner Kindheit war er vom Sternbild des Orion zutiefst fasziniert gewesen und in dieser Nacht war es das Erste was er erblickte, als sich seine Augen öffneten. Woher diese Faszination kam, wusste er nicht zu erklären. So badete Don José in beidem, im Wasser und in dem leuchtenden Sternenhimmel. Er betrachtete die Sterne, grübelte über die Entfernungen der Galaxien und die Weite des Universums. Welche Energie verbarg sich da oben, wie war das alles entstanden und wozu mochte das alles da sein? Solche Gedanken waren seine Lieblingsbeschäftigung, seit er sich erinnern konnte. Insbesondere seit er in der neuen Heimat angekommen war und oft endlose Nächte in der Einsamkeit der Wüste verbrachte.

    Kaum erreichte der Duft der kochenden Bohnensuppe seine Nase, löste er sich aus seiner Träumerei, stieg aus dem Wasser und bemerkte, dass die Kühle der Nacht die Tageshitze abgelöst hatte. Eine Mischung aus Frösteln und Heißhunger überkam ihn und er beeilte sich, seinen Körper abzutrocknen. Er sammelte alle Utensilien zusammen und rannte zurück zum Wagen. Saubere Kleidung hatte er sich vorher auf dem Beifahrersitz zurechtgelegt. Schnell zog er den warmen Trainingsanzug an, der sich auch bestens als bequemer Pyjama für die kalten Nächte eignete.

    An der Rückseite des Wagens, an der sein Gaskocher die Suppe garte, vernahm er ein klapperndes Geräusch, als wenn sich jemand an seinem Kochtopf zu schaffen machte. Schnell sprang er in die Trainingshose die er noch hastiger hochzog. Dann ergriff er seine Machete und schlich lautlos zu dem hinteren Teil des Wagens. Die Pritsche des Fahrzeugs hatte ein Verdeck aus Rohrgestell das mit einer Zeltplane bespannt war. Er schaute vorsichtig um die Ecke, dann machte er zwei Schritte weiter und schaute noch einmal hinter der Plane zur Kochstelle. Er sah eine ältere Gestalt über den Topf gebeugt, in einer Hand hielt sie den Deckel, mit der anderen Hand rührte sie mit einem Holzlöffel in der Suppe. Don José sah sich noch einmal prüfend um, bemerkte keine weiteren Gestalten in der Nähe.

    „Guten Abend, die Dame", machte er sich überrascht mit schlagbereiter Machete in der Hand bemerkbar.

    „Guten Abend, junger Mann, du hast zu lange gebadet, die Suppe wäre fast angebrannt", antwortete die alte Frau mit leiser, aber resoluter Stimme.

    „Danke, dass Sie sich darum gekümmert haben, gute Frau. Wo sind Ihre Leute?" wollte Don José wissen. Er wusste dass alte Menschen im Outback, insbesondere Frauen nie alleine unterwegs waren. Die alte Frau jedoch reagierte nicht auf seine Frage.

    „Die Suppe riecht gut, was hast du da alles drin?", antwortete sie mit einer Gegenfrage.

    „Lammfleisch, Kidney Bohnen, Kartoffeln, Zwiebeln und Gewürze natürlich. Wenn Sie hungrig sind dann sind Sie willkommen."

    „Das ist aber sehr gütig von dir, junger Mann, Appetit hätte ich schon, aber du hast nur einen Teller mitgebracht", erwiderte die alte Frau belustigt und kicherte dabei.

    „Das ist weiter kein Problem. Sie essen aus dem Teller und ich aus dem Topf, das Angebrannte kratze ich zum Nachtisch aus", erwiderte Don José einerseits erleichtert, aber andererseits fragte er sich doch, woher die Frau wusste dass er nur einen Teller besaß? Wiederholt durchdachte er verschiedene Möglichkeiten, blieb zunächst wie angewurzelt stehen, drehte sich dann doch noch einmal prüfend um, ob die alte Frau nicht doch Mitesser dabei hatte.

    „Nachdem du zugelassen hast, dass die Suppe anbrennt und du zulässt nur die Hälfte zu bekommen, solltest du dich in Bewegung setzen und den Tisch decken, ehe du auch noch zulässt eine kalte Suppe zu essen", klang die Aufforderung als Echo zwischen den Felsen.

    „Soweit so gut, dachte Don José. „Die alte Frau ist sehr clever. Wozu das gut sein wird, werde ich wohl bald erfahren.

    Von der Pritsche schob er die Plane zur Seite, entnahm den Deckel der Kühlbox, den er als Tablett zweckentfremdete. Stellte einen Suppenteller, Esslöffel und zwei in Tücher gewickelte tönerne Tassen darauf. Den Klapptisch hängte er wie eine Handtasche an den rechten Arm, griff nach dem zerknitterten Tischtuch, in der linken Hand nahm er das Tablett und ging zur Feuerstelle. Auf einem kleinen Stein stellte er das Tablett ab und den Tisch daneben auf. Mit einigen Handbewegungen versuchte er das Tischtuch zu glätten. Aus dem Auto holte er zwei mit Segeltuch bespannte Klappstühle, die er neben das Klapptischchen stellte. Zum Glück besaß er wenigstens zwei Esslöffel und ein Steakmesser, sonst hätten sie abwechselnd essen müssen.

    Noch in Sydney kaufte er sich, bevor er auf Reisen ins Outback ging, eine komplette Campingausrüstung. Im Stadtteil Kings Cross fand er einen Trödelladen, der ausgemusterte Militärutensilien preiswert anbot. Mit der Zeit ging einiges kaputt oder „verloren", weil manche Leute gar nichts hatten und meinten, fehlende Gegenstände auf diese Weise bei ihm besorgen zu dürfen. Ihm war es recht so, denn je weniger er mitschleppte, desto leichter fiel ihm das aus und einpacken.

    Mit dem Esslöffel fischte er ein Paar Lammkoteletts aus dem Topf und kippte die Suppe über dem Teller aus, bis dieser randvoll war. Dann leckte er den Esslöffel sauber ab und legte ihn auf seine Tischseite. Den zweiten Esslöffel und das Messer legte er formell, wie ein eleganter Oberkellner es tun würde, neben den Teller der alten Dame. Er ging um den Tisch, rückte den Klappstuhl zur Seite und mit einer galanten Handbewegung bat er die alte Frau zu Tisch. Sie folgte seiner Einladung sehr würdevoll, stellte sich vor den Stuhl und wartete darauf, dass er, ganz Gentleman, ihr den Stuhl nachrückte. Er vollendete diese Zeremonie sehr höflich und setzte sich ebenfalls zu Tisch.

    „Dann lassen Sie es sich gut schmecken, gute Frau", sagte er, nahm den Topf mit beiden Händen und klemmte ihn zwischen seine Schenkel.

    „Danke für die Einladung, junger Mann, ich wünsche meinerseits einen guten Appetit", erwiderte die alte Dame und griff nach dem Löffel.

    Beide aßen schweigend nur Don José merkte schnell, dass der Topf viel zu heiß war, um ihn lange zwischen den Schenkeln zu halten. Er stellte ihn auf den Tisch und schnitt mit dem zu groß geratenen Buschmesser das Fleisch von den Knochen.

    Diesmal war er schnell fertig, entschuldigte sich kurz ging zum Wagen zurück um den Teekessel zu holen. Während die alte Dame noch immer schwieg, bereitete er einen Hagebuttentee zu, fand auch noch eine Packung Kekse in der Vorratskiste. So viel Aufwand wollte er heute Abend gar nicht veranstalten, aber er war schließlich nicht alleine, eine unbekannte alte Dame hatte sich als Gast eingeladen.

    Als diese endlich fertig gegessen hatte, nahm er Teller und Topf vom Tisch, stellte beide Tassen, Zuckerdose, die Packung mit Keksen dazwischen und setzte sich wieder. Die alte Dame goss den Tee in die Tassen, nahm einen Löffel Zucker und rührte alles sehr langsam, als würde sie nachdenken, wie die Konversation nun weiter gehen sollte. Don José eröffnete ungeduldig das Gespräch:

    „Ich hoffe, Sie sind mit dem Hagebuttentee einverstanden? Etwas anderes habe ich heute nicht anzubieten."

    „Oh doch, das ist mir recht so. Du hast sicherlich einen Tropfen Rum oder?"

    „Leider nicht, verehrte Dame", antwortete Don etwas sarkastisch und dachte über seinen Gast als mögliche Alkoholikerin nach. Das fehlte ihm gerade noch.

    „Ich habe etwas Alkohol für medizinische Zwecke. Damit kann man keinen Tee trinkbar machen."

    „Das ist mir auch lieber so, junger Mann. Ich trinke den Tee lieber naturbelassen."

    „Na also, dachte er, „wenn es keinen Rum gibt, geht es auch so.

    Sie schlürften eine Zeit lang den heißen Tee, tunkten ab und zu einen Keks hinein und schwiegen.

    „Deine Großmutter hat auch gerne Hagebuttentee getrunken, nehme ich an", bemerkte die alte Dame.

    „Goldrichtig, gute Frau. Ach, da fällt mir ein, wir haben uns noch gar nicht vorgestellt. Mein Name ist..."

    „Ich kenne deinen Namen „ fiel sie ihm ins Wort, „du kannst mich Oma nennen, oder besser gleich Uroma zu mir sagen, weil ich eben eine bin."

    Als er gerade ansetzen wollte sie zu fragen, woher sie seinen Namen kenne, sprach die alte Dame weiter.

    „Ich weiß, dass du viele Fragen an mich richten möchtest. Hab Geduld mein Sohn, du wirst mit der Zeit alle Fragen beantwortet bekommen und auch solche, über die du jetzt gar nicht nachgedacht hast. Alles zu seiner Zeit."

    „Moment mal, gute Uroma, gehe ich richtig in der Annahme, dass deinem Erscheinen eine bestimmte Mission zu Grunde liegt, von der ich aber erst viel später erfahren werde?"

    Er konnte seine Gedanken nicht weiter zu Ende verfolgen, weil sie ihre Hand hob und abblockte.

    „Nicht so hastig, junger Mann, alles zu seiner Zeit."

    „Der junge Mann, den du meinst zu kennen hat einen Namen, auf den der junge Mann sehr stolz ist. Also, wie heiße ich? Und wie, bitte schön ist dein Name?" fragte Don José mit ernstem schneidigen Ton.

    „Wenn du es auf dieser Ebene haben möchtest, soll es mir recht sein. Du heißt Don José de Gracias, bist Bergbauingenieur und Geologe, aber auch Seemann. Deine Leute nennen dich Kapitän Don José, weil du ein kühner Segler bist. So weit, so gut. Was deinen Namen anbelangt, auf den du so stolz bist, stammen deine Urahnen nicht aus Spanien, wie es in deinem Stammbuch steht, sondern aus Ägypten. Die Wurzeln deiner Urahnen gehen viel tiefer als du es dir vorstellen kannst. Soll ich weiter reden?"

    Das verschlug Don José nun endgültig die Sprache, was ihm nicht so leicht passierte. Unzählige Fragen türmten sich nun in seinem Kopf auf. „Ist diese Frau ein Geist, woher kommt sie, woher weiß sie soviel über mich, was hat sie vor?" Da er nicht antwortete, sprach sie weiter.

    „Jetzt bist du sprachlos und verwirrt und grübelst fieberhaft, was hier eigentlich mit dir geschieht. Ich bin hier und heute, weil du mich gerufen hast, weil du an einen Punkt gelangt bist, an dem das Gedächtnis deiner Urahnen die Barriere deines Bewusstseins durchbrechen muss, damit du in deinen Überlegungen vorankommst", erklärte sie weiter in einem gütigen Ton, der ihm so vertraut vorkam, aber er wusste nicht woher.

    „Du meinst sicherlich meine Überlegungen hinsichtlich der Aborigines und deren Traumweltphilosophie?"

    „Goldrichtig, mein Sohn. Von Anfang an hast du diese Menschen wie kaum ein anderer verstanden. Auch wenn es dir nicht bewusst war, bist du doch tief in ihre Traumwelt eingedrungen."

    „Demnach bist du mir gerade hier nicht zufällig begegnet?"

    „Das erste Postulat, das du tief in dein Gedächtnis eingravieren sollst, ist die Tatsache, dass im Universum absolut nichts zufällig geschieht. Absolut nichts, mein Sohn, nicht mal der Sprung eines Flohs, oder das Heulen einer Hyäne, oder die Geburt eines Kindes. Alles geschieht auf Wunsch des Träumers und hat einen allumfassenden Sinn des Universellen."

    Don José schaute zu den Felsen, sah sie aber nicht, weil sein Hirn fieberhaft nach einer rationalen Erklärung suchte. Letztendlich entschied er sich, die Situation mit etwas Humor unter Kontrolle zu bekommen.

    „Wir hätten uns allerdings etwas Leichteres zum Abendbrot kochen müssen", lächelte er sie charmant an.

    „Mit Bohnensuppe und Lammkoteletts im Bauch lässt es sich leider schwer sinnieren."

    „Ich sehe ein, dass du dir etwas Zeit verschaffen möchtest, um mit den Umständen unserer Zusammenkunft fertig zu werden. Ich weiß, wie schlau du bist, und das erfreut mich jedes Mal sehr, wenn ich mit dir rede", antwortete die alte Dame.

    „Ich kann mich nicht entsinnen, jemals mit dir gesprochen, geschweige dich vorher gesehen zu haben, liebe Uroma. Lass bitte die Katze gleich aus dem Sack, damit ich vor dem Einschlafen weiß, womit ich morgen rechnen muss", antwortete er mit einer gespielten Gütigkeit.

    „Ich sehe du bist müde mein Sohn. Sind wir uns einig, dieses Gespräch morgen fortzusetzen?", fragte sie gütig. Ohne eine Antwort abzuwarten stand sie auf und ging langsam in die Nacht hinein. Als wäre sie von der Dunkelheit verschluckt worden, löste sie sich buchstäblich in Nichts auf.

    Don José erschrak über das abrupte Ende und das Verschwinden der alten Frau. Er bekam ein schlechtes Gewissen, weil er seinen Gast so unhöflich verabschiedet hatte. Lange schaute er ihr in die Dunkelheit nach und hoffte, sie werde wiederkommen und ihm die Chance geben, alles wieder gut zu machen. Eigenartigerweise dachte er nicht darüber nach, wo die alte Frau in dieser Wildnis übernachten konnte, als lebte sie mitten in einer Großstadt.

    Schließlich gab er die Grübelei auf und wandte sich praktischeren Dingen zu. Er sammelte das Kochgeschirr ein und ging noch einmal mit der Gießkanne am Arm zum Wasserloch. Mit etwas Sand auf dem Schwamm rieb er den Kochtopf vom Angebrannten frei, spülte ihn mit Wasser aus der Gießkanne ab und trocknete den Topf mit einem Tuch. Nachdem alles gereinigt war, nahm er die Kerosinlaterne vom Felsenvorsprung und verstaute die Kochutensilien wieder in den Holzkasten. Schließlich sammelte er noch die anderen Kerosinlampen ein, und deponierte alles, bis auf Tisch und Stühle, an dem gewohnten Platz auf der Wagenpritsche.

    Diese Arbeit lenkte ihn für eine Weile von dem Gespräch mit der alten Frau ab. Irgendwie wirkte sie beruhigend auf seine Seele, obwohl er ihr heute das erste Mal begegnete. Er hatte den Schlaf bitter nötig. Wie jeden Abend breitete er den Schlafsack auf dem Rücksitz des Wagens aus. Zwischen Vorder- und Rücksitz stellte er zwei Kühlboxen, die mit der Batterie verbunden waren. Die Stromversorgung erfolgte aber über den Zündschlüssel, so dass die Kühlung nur bei laufendem Motor arbeitete. Damit die Boxen nun längere Zeit kühlten, breitete er mehrere Pferdedecken als Polster darüber aus. Auf diese Art gestaltete er sich ein bequemes Bett mit reichlich Platz in der freien Natur.

    Da er meistens alleine in der Wildnis nächtigte, lagen für alle Fälle Waffen und Munition immer griffbereit. Eine doppelläufige Schrotflinte hing an Federklemmen über der Vordersitzlehne. Ein zweiter Karabiner Kaliber 22 mit Magnum Munition hing genau über seinem Schlafplatz. In jeder Seitentasche der Wagentüren steckte ein neun Millimeter Automatikrevolver. Selbst die Machete lag immer an seiner Seite. Don José war weder paranoid, noch ein Waffennarr. Diese Schutzmaßnahmen hatten ihm die erfahrenen Buschmänner Australiens empfohlen, die sich in der Wildnis sowohl mit gefährlichen Tieren, aber auch mit Herumtreibern sehr gut auskannten. Er war froh in den drei Jahren auf keinen Menschen geschossen zu haben, aber einige Dingo Rudel verjagte er öfter mal durch laute Knallerei.

    Er kniete sich hin, öffnete die Seitenfenster eine Handbreit, klemmte ein aus Edelstahlnetz bespannten Stahlrahmen zwischen Scheibe und Holm, kurbelte das Fenster etwas hoch, damit der Netzrahmen fest dazwischen einklemmte. Zum Schluss verriegelte er die Türen von innen, schaltete die Deckenbeleuchtung aus, kroch langsam in den Schlafsack und streckte sich genüsslich. Als er es sich so richtig schön bequem gemacht hatte, fiel ihm die alte Frau wieder ein und er begann erneut über sie nachzudenken.

    „Woher kann sie wissen, dass meine Urahnen aus Ägypten stammen?", grübelte er nachdenklich. Sein Großvater erzählte ihm kurz vor dessen Verschwinden etwas von Ägypten, aber er war damals noch viel zu klein gewesen um alles zu verstehen. Seine Familie hatte nie herausfinden können, ob sein Großvater in eines der Konzentrationslager verschleppt worden war, oder ob er sich irgendwo vor den Nazis verstecken musste.

    Seine Mutter hatte ihm von einer Schatulle erzählt, die von seinem Großvater irgendwo im Garten vergraben worden war. Die ganze Gegend war jedoch nach dem Krieg geräumt und mit Wohnsilos bebaut worden. Er konnte sich noch lebhaft an den Garten erinnern. Insbesondere an die Obstbäume, die sein Vater im Herbst immer beschnitten und im Frühling veredelt hatte. In diesem Garten blühten Jasmin und viele Rosen verschiedener Sorten. Als kleiner Junge war dieser Ort ein Spielplatz, wo er seine kleinen Konservendosen mit Knickern und sonstigen für ihn wichtigen Schätze verbuddelt hatte, noch bevor die Räumungstrupps der Zwangsumsiedler seine Familie aus ihrem halbzerbombten Haus vertrieben.

    Immer wenn er als Kind etwas wahrnahm oder Neues entdeckte, machte er sich einen Gedächtnisknoten, wie es ihm sein Großvater beigebracht hatte. Irgendwann würde er in seiner alten Heimat nach der Schatulle forschen. „Das wird noch lange warten müssen dachte er, „denn die Kommunisten sind zähe Burschen. Mit diesem Gedanken tauchte er in den wohl verdienten Schlaf ein.

    Am nächsten Morgen durch das Licht der Morgendämmerung geweckt, streckte sich Don José ausgiebig in seinem Schlafsack und rieb sich die noch verschlafenen Augenlider. Nachdem er sich aus dem Schlafsack befreite und zwischen den Vordersitzen nach vorne kletterte, fiel ihm ein, dass er diese Nacht gar nichts geträumt hatte. Das wunderte ihn umso mehr, weil er gewöhnlich vielerlei Träume hatte und nach zweiwöchiger Abstinenz auch erotische Träume seinen Schlaf begleiteten.

    Er entriegelte und öffnete die Vordertüren, beugte sich nach hinten und holte aus der Rücklehnentasche seinen Kulturbeutel. Den elektrischen Rasierapparat mit aufladbarer Batterie verkabelte er im Zigarettenanzünder und rasierte sich gründlich. Sein Bartwuchs war spärlich, so hatte er keine Probleme, wie manche bärtigen Männer, die lieber ein Rasiermesser bevorzugten. Dagegen war seine lockige Haarpracht pechschwarz und er hatte echte Probleme einigermaßen ordentlich gekämmt auszusehen.

    Das Badetuch lag noch immer auf der Pritsche, wo er es gestern Nacht abgelegt hatte. Es war etwas feucht vom Morgentau, aber das störte ihn wenig. Er ging zum Klapptisch prüfte den Boden rund herum nach Fußabdrücken in die Richtung, in der die alte Frau verschwunden war. Fand jedoch keinerlei Spuren im Sand. Das überraschte ihn nicht weiter, er hatte eine Vorahnung. Dass die Frau aus dem Nichts erschienen war und sich danach im Nichts auflöste, bereitete ihm keine Kopfschmerzen. Diese Vorahnung beruhigte ihn, dass die Begegnung doch einen bestimmten Sinn ergeben würde. Das reichte ihm vorerst. Die alte Frau hatte ja versprochen, alles aufzuklären. So blieb ihm nichts anderes übrig, als geduldig darauf zu warten.

    Die aufsteigende Sonne erreichte inzwischen die Felsen, die sie zum purpurroten Elefantenbuckel erleuchten ließ, aber der Range Rover stand noch im Schatten. Don José zog seinen Trainingsanzug aus, breitete ihn auf dem Felsvorsprung zum Lüften aus, wickelte das feuchte Badetuch um seine Hüften und spazierte zum Wasserloch. Mit ein wenig Überwindung und leichter Gänsehaut stieg er ins Wasser, putzte zuerst seine Zähne und planschte eine Zeit lang herum, bis sein Magen zu rebellieren begann. Es war an der Zeit das Frühstück zu machen, ehe die Sonne dazu einlud, sich in der Gegend umzusehen. Als er schließlich zum Wagen zurückkam, war die alte Frau schon dabei Tee zu kochen und den Tisch zu decken. Nun wunderte er sich über gar nichts mehr. Sie war nun einmal da und irgendwie schien es ihm so, als wäre sie seine richtige Uroma.

    „Wozu aufregen?, dachte er, „abwarten was sich daraus ergibt.

    „Einen schönen guten Morgen, Uromachen", begrüßte er sie fröhlich.

    „Guten Morgen, mein Sohn, du hast gut geschlafen, gebadet und jetzt hast du Hunger?", fragte sie freundlich. Es klang mehr nach einer Feststellung, als nach einer Frage.

    „Ich hüte mich zu fragen, wie und wo du geschlafen hast, weil ich vermute dass du nicht ausgefragt werden willst."

    „Du spekulierst sonst selten, mein Sohn, dein Motto ist es doch das Vermutungen und Annahmen keine verlässlichen Gedanken sind. Was zählt, sind Fakten und die muss man sich durch Fragen erarbeiten", belehrte ihn die alte Dame eines Besseren.

    „Goldrichtig, Omchen. Es ist weniger eine Vermutung, vielmehr eine Gewissheit, dass du nicht von meiner Welt bist. Denkbar wäre auch, dass du ein Geist aus der Vergangenheit bist."

    „Über dieses Thema reden wir nach dem Frühstück, wenn wir zu meiner Behausung aufbrechen", erwiderte sie resolut und stellte die Teekanne auf den Tisch.

    „Dann bin ich die Geduld in Person, Omchen. Möchtest du etwas Käse und Brot mit mir teilen?"

    „So ist es recht, mein Sohn", erwiderte sie und setzte sich.

    Don José ging zu seinem Wagen, öffnete die hintere Tür, rollte seinen Schlafsack und Decken zusammen. Öffnete den Deckel der zweiten Kühlbox, entnahm zwei grüne Tomaten, eine Packung Vollkornbrot und Tiroler Schinken, den er in Sydney in einem Kolonialladen gekauft hatte. Dazu einen Plastikbehälter mit Schafskäse. Dann ging er zur Pritsche und holte zwei Holzplatten, Messer, Zucker und ein Glas Honig. Die alte Dame schenkte inzwischen den Tee ein und schwieg.

    „Lassen wir es uns gut schmecken, Omchen, obwohl ich weiß, dass du keinen Hunger hast, weder Essen noch Trinken, geschweige denn Schlaf benötigst."

    „Das ist richtig mein Sohn. Trotzdem, macht es mir große Freude dir Gesellschaft zu leisten."

    „Dann sind wir der Wahrheit ein Stück näher gekommen, Omchen."

    „Alles zu seiner Zeit, mein Sohn, iss jetzt, sonst wird dein Tee kalt."

    Don José musste seinen Appetit zügeln, sonst hätte er glatt drei Tagesrationen verschlungen. Es war auch an der Zeit zu packen und aufzubrechen, solange der Tag noch jung war. Die alte Dame setzte sich auf den Beifahrersitz und wartete geduldig bis Don alles ordentlich verstaut und die Zeltplane festgezurrt hatte. Endlich nahm auch er seinen Platz auf dem Fahrersitz ein, wischte sich mit einem Tuch den Schweiß von der Stirn, startete den Motor und fragte:

    „Wohin soll die Reise gehen, liebe Uroma?"

    „Wir fahren zurück zur Straße, biegen aber nicht ab, sondern folgen dem ausgetrockneten Flussbett weiter", entgegnete sie mit sanfter Stimme.

    Er schaltete den Rückwärtsgang ein, manövrierte mal vorwärts, mal rückwärts, ehe der Wagen die Durchfahrt zwischen den Felsen erreichte. Er fuhr bis zum Flussbett, hielt den Wagen an stieg aus und zog einen Besen unter der Pritsche hervor. Damit verwischte er alle Reifenspuren die sein Wagen hinterlassen hatte. Das war eine Geste mit Rücksicht auf die Natur, dieses heile Fleckchen Erde noch unberührt zu belassen. Ehe sie weiter fuhren legte die alte Dame ihre Hand auf die Seine, als Don José gerade den Gang einlegen wollte. Mit diesen Worten ermahnte sie ihn eindringlich:

    „Wohin wir jetzt fahren und was wir dort vorfinden, worüber wir weiter reden werden, darüber darfst du mit

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