Anindos 134. Leben
Von Rolf Freiberger
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Über dieses E-Book
Das Buch beschreibt realitätsnah die Lebensumstände sehr armer Menschen in Sri Lanka mit den Augen eines Kindes. Neben der Eintönigkeit der Armut und Chancenlosigkeit gibt es auch Freude und Hoffnung, erlebt Anindo schöne wie traurige Momente. Auf verschlungenen Pfaden treibt ihn das Schicksal durch eine unvollkommene Welt. Der größte Tsunami der Neuzeit zerstört seine Heimat. Kraft findet Anindo in seiner Familie, vor allem bei seinem Opa und seinem besten Freund Ramesh.
Anindo erlebt den Zauber der ersten Liebe wie den Hauch des Todes und die Wandlung seiner Heimat durch die Globalisierung.
Du nimmst teil an spannenden Erlebnissen, erlebst überraschende Wendungen und lernst nebenbei eine Menge über das Leben in Sri Lanka und seine wundervollen Menschen.
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Rezensionen für Anindos 134. Leben
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Buchvorschau
Anindos 134. Leben - Rolf Freiberger
In einem Armenviertel von Sri Lanka lebt Anindo, ein achtjähriger Junge. Die Familie ist sehr arm und Anindo muss für den Lebensunterhalt der Familie betteln gehen. Anindo träumt davon, eines Tages eine Schule besuchen zu können und schreiben und lesen zu lernen. Kann dieser Traum in Erfüllung gehen?
Das Buch beschreibt realitätsnah die Lebensumstände sehr armer Menschen in Sri Lanka mit den Augen eines Kindes. Neben der Eintönigkeit der Armut und Chancenlosigkeit gibt es auch Freude und Hoffnung, erlebt Anindo schöne wie traurige Momente. Auf verschlungenen Pfaden treibt ihn das Schicksal durch eine unvollkommene Welt. Der größte Tsunami der Neuzeit zerstört seine Heimat. Kraft findet Anindo in seiner Familie, vor allem bei seinem Opa und seinem besten Freund Ramesh. Daneben trifft er auf Menschen, die ihn beeindrucken und prägen.
Anindo erlebt den Zauber der ersten Liebe wie den Hauch des Todes und die Wandlung seiner Heimat durch die Globalisierung.
Du nimmst teil an spannenden Erlebnissen, erlebst überraschende Wendungen und lernst nebenbei eine Menge über das Leben in Sri Lanka und seine wundervollen Menschen.
Rolf Freiberger
Anindos 134. Leben
Die spannenden Erlebnisse eines achtjährigen Jungen
im Armenviertel von Sri Lanka
Impressum
Anindos 134. Leben
Rolf Freiberger
Copyright: © 2014 Rolf Freiberger
published by: epubli GmbH, Berlin
www.epubli.de
ISBN 978-3-8442-7971-9
Dieses Buch ist allen Kindern gewidmet, die nicht richtig lesen können und auch den Kindern, die in der Welt der Armut darauf hoffen, eine Schulbildung zu erhalten. Möge die Kraft und Ausdauer, die auch mein Lesekind, der 10-jährige Joel, entwickelt hat, auf andere Kinder überspringen und sie zu Aufgaben anspornen, die sie sich nie zugetraut hätten.
Vorwort
Die Basis für dieses Buch war ein Experiment. Als sog. Lesepate unterstütze ich ehrenamtlich leseschwache Kinder. Die Gründe für die Leseschwäche sind vielfältig. Häufig besitzen solche Kinder auch nur ein geringes Selbstvertrauen und erhalten wenig Bestätigung. Sie brauchen deshalb Unterstützung.
Während der Lesestunden keimte die Idee auf, die Fantasie und Lesefreude meines Lesekindes durch Formulieren eigener Geschichten zu stärken und den Wortschatz zu bereichern. Dazu haben wir uns wechselweise sechs beliebige Wörter (zwei Substantive, zwei Verben und zwei Adjektive) genannt und kleine Geschichten entwickelt, in denen die Wörter vorkommen mussten. Hieraus entstand dann bei mir die Idee, nicht immer neue Geschichten zu erfinden, sondern eine große Geschichte zu schreiben und zu einem Buch zu entwickeln.
Von meinem Lesekind habe ich zu jedem Kapitel neue Wörter bekommen, die ich einfließen lassen musste. Die Wörter durften der Situation angepasst z. B. im Plural oder in anderen Zeiten verwendet werden.
Vielleicht ist es das erste Buch, das auf diese ungewöhnliche Weise geschrieben wurde.
Kapitel 1 - Wie die Familie lebt
Wohnung, Schule, schreiben, spielen, nass, kaputt
Anindo Bandanage ist ein achtjähriger Junge. Er wohnt im Armenviertel von Chenkaladi auf der Insel Sri Lanka. Auf Sri Lanka leben hauptsächlich Singhalesen und im Norden eine größere Anzahl Tamilen. Anindo ist Singhalese und er träumt schon lange immer wieder einen vielleicht unerfüllbaren Traum.
Chenkaladi liegt in der Nähe der Hauptstadt des gleichnamigen Distrikts Batticaloa. Batticaloa heißt auf Singhalesisch „Schlammige Lagune". Das Armenviertel befindet sich außerhalb des Dorfes Chenkaladi. Über der Ansammlung selbstgebauter Hütten schwebt das durchdringende Parfüm von Armut, eine Duftfahne, in der sich Staub, Urin und Kotgeruch, Müllgestank und Brandgeruch vermengen. Zwischen den Hütten winden sich schmale Rauchfahnen von den Feuerstellen hoch, um sich über den Hütten zu einem Schleier auszubreiten. Der schwache Wind, der manchmal vom Meer herüber weht, verschafft den Bewohnern klare Luft und Erlösung vom Gestank. Die Behausungen der Armen sind ohne eine verbindende Ordnung einfach irgendwo errichtet worden, wo gerade Platz war.
Anindos Familie lebt in einer kleinen aus Abfällen, Ästen und Plastikfolien zusammengebauten Hütte. Zwei nicht verschließbare Öffnungen dienen als Eingang und Fenster. Obwohl die Hütte sehr klein ist, schafft es das Tageslicht nicht, bis in die letzten Winkel zu kriechen. Schutz vor der sengenden Sonne und Regen bietet das Dach aus mehreren Lagen Palmwedeln. Möbel sucht man vergebens, der einzige Luxus sind mit Pflanzen gepolsterte Schlafstellen auf dem Boden. Diese Hütte dient als Wohnung für Anindos Eltern, Oma und Opa, Anindo und seine zwei Schwestern. Beena ist fünf, Ragini drei Jahre alt.
Anindos Eltern sind sehr arm, sie können nicht einmal regelmäßig etwas zu essen kaufen. Für jeden der Familie gibt es am Tag nur eine handvoll Reis. Für die Kinder streuen die Eltern ein paar Kristalle Zucker darauf, weil es ihnen sonst nicht schmeckt und sie nicht genug essen. Den Reis kocht die Mutter in einem verbeulten Metalltopf über einem offenen Feuer.
Die Hütte besitzt weder Strom noch Wasser. Wasser muss sich die Familie wie alle anderen Armen in Kanistern aus dem Dorf holen. Dort gibt es einen alten Trinkwasser-Brunnen mit einem verrosteten Handschwengel. Von lautem Quietschen begleitet lässt sich der Schwengel nach widerwilligem Auf- und Abbewegen dazu herab erst ein paar Tropfen und dann ein unregelmäßiges Rinnsal herzugeben. Die Pumpe spuckt eine leicht trübe nach Salz schmeckende Brühe aus. Das Wasser muss immer abgekocht werden, bevor man es trinken kann, es ist nicht keimfrei. Das Wasserholen erledigt meistens Anindos Mutter. Es bereitet ihr große Mühe, die schweren Kanister die weite Strecke zu tragen.
Wasser zum Waschen gibt es im Armenviertel nicht. Die Menschen gehen mehrmals in der Woche zu einer nahe gelegenen Wasserstelle an einem kleinen Fluss, hier können sie sich reinigen. Ein Stück daneben waschen sie ihre wenige Wäsche.
Tagsüber sitzt die Familie vor ihrer Hütte, die unerträgliche Hitze des Tages und die Enge zwingen sie nach draußen. Ihr Leben ist eintönig und anstrengend, aber die Familie erträgt ihr Schicksal, denn sie glaubt an eine Wiedergeburt nach ihrem Tode. Es kann ein Leben als Affe, Schlange, als Hungergeist oder auch wieder als Mensch sein, je nachdem, wie man vorher gelebt hat. Niemand weiß es. Ihr Gott heißt Buddha, was soviel bedeutet wie „der Erwachte". Zu ihm beten alle jeden Tag für ein besseres nächstes Leben. Führt man ein gutes Leben, wird das nächste besser. Vielleicht ist Anindos Leben das fünfte oder zweihundertvierundsechzigste, das kann niemand sagen. Auch Anindo weiß es nicht und hat für sich beschlossen, es ist das einhundertvierunddreißigste.
Anindos schmaler Körper ist von schlechter Ernährung gezeichnet. Seinen Kopf bedeckt schwarzes leicht gelocktes Haar, das bis zu den Schultern reicht. Seine großen dunklen Augen blicken lebhaft umher und funkeln im Licht wie zwei polierte schwarze Glaskugeln. Das hagere Gesicht trägt oft die Spuren des Spielens in Form von getrocknetem Lehm. Obwohl er nicht sehr muskulös ist, bewegt Anindo sich schnell und kraftvoll. Das Besondere an diesem kindlichen Gesicht, das nicht oft gewaschen wird, ist die Lebensfreude, die es ausstrahlt. Beim Lachen bilden sich um die Nasenflügel kleine verschmitzte Falten und seine schneeweißen Zähne blitzen durch den leicht geöffneten Mund. Ein strahlender Kontrast zu der goldbraunen Farbe seiner Haut. Über einem zum Lendenschurz gebundenen Tuch trägt er ein zerrissenes viel zu großes T-Shirt mit dem Aufdruck Hard Rock Cafe Las Vegas. Ein Tourist schenkte es ihm letztes Jahr, als Anindo ihn im Dorf angebettelt hatte.
Seine Mutter ist eine kleine zierliche Frau. Wenn man sie ansieht, hat man das Gefühl, in das Gesicht einer gütigen Fee zu blicken. Ihre langen schwarzen Haare flechtet sie zu einem kräftigen Zopf zusammen. Meistens legt sie ihn über die rechte Schulter nach vorne und er ist so lang, dass sein Ende bei jedem Schritt über ihre Oberschenkel pendelt. Anindos Mutter trägt ein dunkelrotes Wickelkleid mit goldenen Rändern entlang der Schultern und dem seitlichen Abschluss. Alle Frauen hier tragen solch ein Wickelkleid, das man Sari nennt, und jede wickelt es mit ihrer eigenen speziellen Technik. So sieht selbst bei gleichem Sari-Stoff jede Frau individuell aus. Wenn Anindos Mutter in ihrem kunstvoll gewickelten Sari durch das Dorf schreitet, spürt sie, wie ihr die Blicke der Bewunderung folgen. Sie lächelt still in sich hinein und genießt diesen Moment der unausgesprochenen Anerkennung.
Anindos Mutter hat von ihrer Mutter und die von ihrer die Technik der Batik erlernt. Das sind Bilder auf Stoff, die durch ihre besondere Herstellung ein unverwechselbares Aussehen erhalten. Die Bilder verkauft die Mutter an Touristen, denen das sehr gut gefällt. Manchmal arbeitet sie die ganze Nacht hindurch bei Kerzenschein, weil sie bis zum nächsten Morgen ein Wunschmotiv fertig stellen muss. Großmutter hilft ihr häufig bei der Arbeit.
Anindos Vater ist ein schweigsamer, geduldiger Mann, der seine Frau und drei Kinder innig liebt. Er ist sehr unglücklich darüber, dass er ihnen kein besseres Leben bieten kann. Für einfache Menschen gibt es aber hier so gut wie keine Arbeit. Man hilft sich untereinander und es gibt dafür dann mal einen Laib Brot oder Gemüse, selten mal ein Huhn. In der Hauptstadt Batticaloa gibt es einige reiche Leute in großen weißen Villen mit Swimmingpool, bei denen wenige Menschen aus Chenkaladi arbeiten. Die Reichen wollen aber kein Personal, das nicht lesen und schreiben kann. So gelingt es nur Wenigen, ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Der Vater geht jeden Tag ins Dorf, um vielleicht eine kleine Gelegenheitsarbeit zu bekommen.
Anindos Vater ist trotz seiner Armut in Chenkaladi und Umgebung ein berühmter Mann. Immer wenn Besucher kommen, fragen sie: „Wo wohnt der Wundermensch?" Vaters linke Hand trägt einen sechsten Finger neben dem kleinen. Da das jeder sehen will, lässt er sich ein kleines Trinkgeld dafür geben. Touristen lassen sich mit ihm fotografieren und bedanken sich mit einem besonders großzügigen Trinkgeld. Es kommen aber zu wenige, davon leben könnte die Familie nicht.
Weder Vater noch Mutter, erst recht nicht die Großeltern können schreiben oder lesen. Die nächste Schule ist vor ungefähr 20 Jahren in Batticaloa gebaut worden, da waren sie schon zu alt dafür. Es gibt kaum Schulen in der Nähe der kleinen Dörfer und die Lehrer unterrichten lieber in den Großstädten, weil sie da mehr verdienen. Anindos Eltern sind viel zu arm, um ihre Kinder unterrichten zu lassen, selbst wenn es hier eine Schule gäbe. Sehnsüchtig wünscht sich Anindo, trotzdem einmal eine Schule besuchen zu können. Er ist jetzt schon acht Jahre alt und verbringt fast den ganzen Tag mit Betteln. Das Geld, das ihm mitfühlende Menschen schenken, gibt er seinen Eltern, um Reis zu kaufen. Etwas von dem Erbettelten hält er jeden Abend zurück und spart es, um irgendwann davon eine Schule bezahlen zu können. Er legt das Geld in eine Plastiktüte, die er einem kleinen Erdloch in der Höhle anvertraut. Seine Eltern könnten das Geld zwar gut gebrauchen, aber sie denken auch an Anindos Zukunft und freuen sich, dass er so beständig sein Ziel verfolgt. Nur manchmal, wenn das Geld so gar nicht reicht, muss Anindo mit seinem Ersparten aushelfen. Das rückt seinen Traum weiter in die Zukunft, er macht es jedoch gerne, denn seine Familie ist wichtiger als alle seine Wünsche.
So vergeht jeder Tag wie der vorherige und es bleibt