Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Die Partisanen
Die Partisanen
Die Partisanen
eBook834 Seiten12 Stunden

Die Partisanen

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Es scheint erst nur eine zufällige Begegnung zu sein, als Christina Testilopoules dem gut aussehenden Fremden in London zum ersten Mal über den Weg läuft, doch das Schicksal führt dazu, dass sich ihre Wege immer wieder kreuzen.
Denn auch Orlando Santiago de Maliñana ist auf dem Weg in den Irak, um den irakischen Partisanen des vom Krieg bedrohten Landes tatkräftig zur Seite zu stehen.
Die beiden verbindet jedoch mehr als die Freundschaft zu den irakischen Rebellenführer Ali Imam al-Moktada, denn bald stellt sich heraus, dass Christina Geschäfte mit dem spanischen Mafiaboss Alejandró macht, Orlandos Vater…
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum15. Sept. 2016
ISBN9783738084498
Die Partisanen

Ähnlich wie Die Partisanen

Ähnliche E-Books

Allgemeine Belletristik für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für Die Partisanen

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Die Partisanen - Elle West

    Inhaltsverzeichnis

    Titel

    Kapitel 1

    Kapitel 2

    Kapitel 3

    Kapitel 4

    Kapitel 5

    Kapitel 6

    Kapitel 7

    Kapitel 8

    Kapitel 9

    Kapitel 10

    Kapitel 11

    Kapitel 12

    Kapitel 13

    Kapitel 14

    Kapitel 15

    Kapitel 16

    Kapitel 17

    Kapitel 18

    Kapitel 19

    Kapitel 20

    Kapitel 21

    Kapitel 22

    Kapitel 23

    Kapitel 24

    Kapitel 25

    Kapitel 26

    Kapitel 27

    Kapitel 28

    Kapitel 29

    Kapitel 30

    Impressum neobooks

    Kapitel 1

    Die Partisanen

    Neunter März 2003

    Der Nebel hing tief über dem Londoner Hafen. In den frühen Morgenstunden lief ein kleines, nahezu unauffälliges Schiff ein und legte an. An Bord des Schiffes war ein Mann, der im Untergrund so mancher Städte eine gewichtige Position inne hatte. Er versorgte die Mafia mit Waffen und sorgte dafür, dass Drogen durch jeden Zoll in die Stadt seiner Wahl gebracht wurden. Dieser Mann hatte so viele Feinde, wie er Verbündete hatte. Dennoch übernahm er nur die geringsten Vorsichtsmaßnahmen, die in diesem Geschäft unumgänglich waren, denn er zweifelte daran, dass einer seiner Feinde den Mut aufbrächte, ihn einem Attentat zum Opfer fallen zu lassen. Die meisten seiner Feinde würden wahrhaftig nicht den Mut aufbringen. Sie vertraten zumeist die Einstellung, dass es zwar unvorteilhaft war, Roberto Ristova seinen Geschäften nachgehen zu sehen, aber noch unvorteilhafter, sein Gefolge gegen sich aufzubringen. Alle wollten einen öffentlichen Bandenkrieg vermeiden, da durch solche Kriege auch stets die Polizei eingeschaltet wurde.

    Orlando Santiago de Maliñana ärgerte sich, da er der Polizei in dieser Situation einen Gefallen tun würde. Er handelte im Auftrag seines Vaters, aber dieses kam ihm gelegen, denn seinen eigenen Geschäften war Ristova schon lange ein Dorn im Auge gewesen. Orlando gab sich für die Öffentlichkeit als ein deutscher Bankier mit Namen Alexander Schuster aus, im Untergrund nannte man ihn Aden Hall und nahm an, dass er ein Engländer oder vielleicht ein Italiener war. Nur seine Familie nannte ihn Orlando und auch nur sie kannten einen wahren Teil seiner Lebensgeschichte, wenn auch nicht jede Einzelheit. Orlando hielt nicht viel auf Vertrauen. Es war eine Lebenseinstellung geworden und bisher hatte sich sein Misstrauen bewährt.

    Nun hielt er ein Scharfschützengewehr in der Hand, hatte ein winziges Loch in die Fensterscheibe vor sich geschnitten und beobachtete Ristovas Bewegungen. Sobald er sich ihm als Ziel bieten würde, würde Orlando seine Chance nutzen. Erst nach dem Mord würden Probleme für ihn auftreten. Roberto Ristovas Gefolgschaft würde seinen Mörder überall suchen und seinen Tod rächen wollen. Vermutlich würde ein Bandenkrieg ausbrechen. Orlando interessierten die Probleme der Banden jedoch nicht, auch wenn sein Vater Alejandró Santiago den Maliñana ein Mafiaboss war und ebenfalls eine große Gefolgschaft in Spanien unterhielt. Alejandró sah in Ristova einen Feind, da dieser begann, Geschäfte mit den Amerikanern zu machen und seine Karten gerade in den bevorstehenden Irakkrieg, der für alle politisch Interessierten absehbar war, mischen wollte. Somit hatte er seinen Sohn mit dem Mord an seinem Feind beauftragt. Orlando vermutete, dass sein Vater sich die Geschäfte mit den Amerikanern selbst sichern wollte und seinen Gegenspieler nur deshalb ausschalten ließ. Es war für ihn nicht von Bedeutung, denn er wollte Ristovas Tod aus einem anderen Grund. Dieser Mann war sehr einflussreich und er hatte bereits dafür gesorgt, dass Orlando zwei Geschäfte versagt geblieben waren. Diese Misserfolge ließ er nicht auf sich beruhen.

    Er warf einen Blick durch das Zielfernrohr seines Gewehres. Die rundliche Figur Ristovas versuchte sich ungeschickt an Land zu retten. Zwei Männer streckten ihm die Hände entgegen und boten somit an, ihn an Land zu ziehen, ehe er ins Wasser fiel. Doch sie konnten es nicht verhindern. Ein Schuss fiel, ein einziger Schuss. Dieser hatte Roberto Ristova direkt ins Herz getroffen, ihn den helfenden Händen seiner Männer entrissen und ins kalte Wasser der Themse stürzen lassen.

    Orlando nahm sein Gewehr herunter und begann es in Ruhe, wenngleich auch mit geübter Schnelligkeit, auseinander zu setzen und in seinem Koffer zu verstauen. Er hörte die aufgeregten Stimmen vom Hafen her zu sich herauf dringen. Ein Mann sagte auf Russisch, der Schuss müsse aus dem Hotel gekommen sein.

    „Wie scharfsinnig.", kommentierte Orlando sarkastisch.

    Er klappte den Koffer zu, griff sich einen weiteren Koffer, zog sich seinen Mantel an und verließ das Hotelzimmer. Er hatte bei seiner Ankunft und der Buchung einen Namen angegeben, der vermutlich nicht existierte und alles in bar bezahlt. Der Namen, den er angegeben hatte, würde den Russen nur Rätsel aufgeben und sie nicht auf seine Spur führen. Um sich nicht durch die Potiers verraten zu lassen, veränderte er, noch während er mit dem Fahrstuhl hinunter zur Haupthalle fuhr, sein Äußeres. Er nahm den unechten Schnauzbart ab, ließ das falsche Gebiss in seiner Manteltasche verschwinden und entfernte das Toupet von seiner Glatze. Als er eingecheckt hatte, tat er so, als wäre sein linkes Bein verletzt gewesen und war auffällig gehumpelt. Auch hatte er eine unförmige Brille getragen, die er nicht gebrauchen konnte, da seine Augen hervorragend waren. Nun, wo er weder den unechten Bart, noch der restlichen Verkleidung ausgesetzt war, fühlte er sich wohler. Er fuhr sich mit der Hand über den kahl geschorenen Kopf und betrachtete sich in der Tür des Fahrstuhles. Er konnte nichts Deutliches ausmachen, nur ein braunes Gesicht und eine kräftige Schulterhaltung. Orlando blickte an die Decke des Lifts und wunderte sich erneut, dass man es versäumt hatte, Kameras zu installieren. Ihm selbst gereichte dies nun zum Vorteil, aber es wäre auch nicht viel umständlicher gewesen, hätte er seine Verkleidung schon im Hotelzimmer ablegen müssen.

    Als er aus dem Fahrstuhl trat und sich in die Lobby begab, wunderte er sich, dass die Zeit ihm noch nicht davon gelaufen war. Er hatte sich immerhin nicht selbst zur Eile angehalten und stattdessen alles mit innerlicher Ruhe und geübtem Routineverhalten erledigt. Nun setzte er sich in die Lobby, schlug eine englische Tageszeitung auf und blickte über den Rand hinweg auf die Eingangstüren.

    Es dauerte nicht lange und die russischen Begleiter Ristovas stürmten in die Halle. Die Männer hielten ihre Schusswaffen zwar nicht in den Händen, aber Orlando fand, dass es nicht zu übersehen war, dass sie welche besaßen. Er hörte einen Mann auf Russisch Anweisungen erteilen: „Ihr drei nehmt die Treppe! David und Georg, zum Hintereingang! Und ihr anderen durchsucht die Flure!" Er selbst drückte den Knopf des Aufzuges und wartete, während seine Männer ausschwärmten.

    Orlando wartete geduldig, bis der Aufzug seine Türen öffnete und der Russe dahinter verschwand. Dann erst erhob er sich und verließ das Hotel. Eigentlich hatte er erwartet, vor dem Hotel auf weitere Russen zu treffen, aber offensichtlich hatten diese an ihre Vorbereitung zur Suche nicht allzu viel Zeit verschwendet. Es war nicht zu verkennen, dass keiner von ihnen mit einem Mordanschlag auf ihren Boss gerechnet hatte. Orlando hatte sie überrascht und durfte nun die Vorzüge seines Erfolges genießen.

    London war eine Stadt, die im Gegenteil zu seiner Heimat Santander, Spanien, stand. Während Santander den atlantischen Ozean und stetige Wärme zu bieten hatte, hatte London Kühle und die dreckige Themse. Orlando spottete nicht über diese Stadt, er genoss die Unterschiede vielmehr. Eines der Vorteile eines Kriminellen, war es, die Welt bereisen zu können. Orlando war den Kulturen und Sitten gegenüber stets tolerant und schickte sich an, die Sprache eines jeden Landes, das er bereiste, zu erlernen. So beherrschte er neben seiner Heimatsprache auch Französisch, Russisch, Deutsch, Englisch und Arabisch. Jedoch nicht alle gleich gut. Während es ihm leicht gefallen war, Russisch und Arabisch zu erlernen, hatte er sich besonders mit Deutsch und Französisch schwer getan und beherrschte Letztere noch immer nicht fließend. Vermutlich gab es dafür nicht einmal einen besonderen Grund, denn er drückte sich in jeder Sprache gleich gerne aus. Natürlich gab er dem Spanischen einen gewissen Vorzug, aber er war nicht annähernd so patriotisch, wie sein Vater es wünschte.

    In vielerlei Hinsicht entsprach Orlando nicht den Wünschen seines Vaters. Dieser hätte seinen durchaus sehr klugen Sohn gerne mit einer liebevollen, aber naiven Frau verheiratet gesehen, denn er schätzte die Familie überaus. Orlando hingegen konnte sich auch in ferner Zukunft keine Ehe vorstellen. Vielleicht lag es daran, dass er sein Leben genoss, wie es war, vielleicht konnte er sich auch nur nicht vorstellen, einer Frau zu begegnen, die ihm ebenbürtig war oder ihn sogar überragte. Orlando liebte Herausforderungen, nicht nur bei Frauen, und musste sich deshalb nicht selten den tadelnden Blick seiner Mutter aussetzen und ihre Vorwürfe anhören, er sei halsbrecherisch und zu mutig. Ihm machte es nichts aus, auch wenn er sich selbst nicht so sah. Eigentlich war ihm sehr an seinem Leben gelegen, da es Menschen gab, die davon abhängig waren. Sein Leben war aus vielen Perspektiven zu betrachten, doch es spielte in jeder Perspektive eine gewichtige Rolle.

    Während Orlando sich von der Themse entfernte und auf die Londoner Innenstadt zuhielt, fragte er sich, wie sein Vater reagieren würde, wenn er ihm mitteilte, erneut in den Irak reisen zu wollen. Wahrscheinlich würde er sich nun nicht mehr erzürnen, da er plante mit der amerikanischen Mafia in Verhandlung zu treten. Orlando hoffte nur, sein Vater wolle nicht mit ihm reisen, denn er selbst hatte im Irak viele Dinge zu erledigen, von denen seine Eltern nichts wussten.

    Während Orlando sich einem eher herunter gekommenen Viertel von London näherte, kreisten seine Gedanken um seine Familie. Er hatte vier Schwestern und einst hatte er auch einen Bruder gehabt, doch dieser war in jungen Kinderjahren an einer Lungenentzündung gestorben. Seither behandelte Alejandró seinen nun einzigen Sohn mit übertriebener Strenge. Orlando entzog sich seinem festen Griff jedoch immer wieder. Er liebte seine Familie und war bereit, beinahe alles für ihr Wohlergehen zu opfern. Allerdings ließ er sich nicht niemals in seiner Persönlichkeit einschränken, nur um seinen Vater zu gehorchen. Und sein individuelles Moralempfinden ließ er niemals durch seine Handlungen in Zweifel ziehen. Die Moral und das Ehrgefühl seines Vaters waren jedoch sehr unterschiedlich zu seinen eigenen. Orlando gab sich ihm zuliebe stets zurückhaltender und naiver als er war. Er verriet seinem Vater nicht, welche Geschäfte er ohne sein Wissen abwickelte, und verheimlichte ihm, einen großen Teil seines wahren Ichs. Er wollte seinen Vater nicht belasten und keinen Streit zwischen ihm und seiner Mutter heraufbeschwören. Würde er die meiste Zeit in seinem Elternhaus verbringen, hätte er ein solches Versteckspiel allerdings nicht lange ausgehalten, aber durch seine vielen Reisen und sein eigenes Haus in der Heimat, wich er ihnen einfach aus, wenn es ihm zuviel wurde. Dennoch hatte man als Erbe eines spanischen Dons einige Aufgaben zu erfüllen, denen man sich nicht entziehen konnte. So musste Orlando in der Heimat stets auf sein Auftreten achten, da er seinen Vater unter keinen Umständen blamieren durfte. Der Zusammenhalt einer spanischen Familie war groß und die Kinder hatten sich stets ihren Eltern unterzuordnen, auch wenn sie, wie Orlando, bereits die Volljährigkeit überschritten hatten. Orlando hatte als Junge gehofft, dass sich der Griff seines Vaters lockern würde, wenn er erst mal ein erwachsener Mann wäre. Nun, wo er bereits 29 war, wusste er, dass sich sein Vater diesbezüglich vermutlich niemals ändern würde.

    Während er seinen Gedanken nachgegangen war, hatte er kaum bemerkt, dass er bereits sein Ziel erreicht hatte. Er schüttelte über sich selbst den Kopf. Würde man ihn verfolgen, er hätte es nicht bemerkt, da er zu sehr mit der eigenen Familie beschäftigt gewesen war.

    Orlando trat in den Hausflur und wartete dort einige Minuten. Vielleicht hatte man ihn tatsächlich verfolgt. Er wollte nur sicher gehen, dass er nicht wegen seiner Unvorsicht bestraft würde und damit vielleicht auch noch seinen Bekannten in Gefahr brächte. Als nach etwa zehn Minuten noch immer niemand im Treppenhaus auftauchte, ging Orlando die Treppen bis zum vierten Stock hinauf.

    Das Treppenhaus stank sowohl nach Rauch, als auch nach Fäkalien. Orlando hätte niemals in einem solchen Haus leben können, denn dazu liebte er den Luxus wohl doch zu sehr. Zwar hatte er nichts dagegen in der Wildnis unter dem freien Himmelszelt zu nächtigen und sich sein Essen in der Natur selbst zu besorgen, aber dies erschien ihm vergleichsweise ebenfalls ein großer Luxus zu sein, den er schätzte. In einem stinkenden Haus wie diesem jedoch, wurde er sich eingesperrt und schmutzig vorkommen und dies war auf Dauer nicht zu ertragen.

    Orlando klopfte drei Mal kurz hintereinander und klingelte danach fünf Mal in kurzen Abständen. Dies tat er nicht, weil er aufdringlich war, sondern damit der Bewohner der kleinen Wohnung wusste, dass ein Verbündeter vor der Tür stand.

    Es dauerte nicht lange und die Tür wurde von einem kleinen, dicken Mann geöffnet. „Kenne ich Sie?", fragte der Mann unfreundlich und auf Arabisch. Es wirkte misstrauisch. Seine Augen huschten nervös hin und her, als erwarte er, dass sein Gegenüber nicht alleine gekommen war, wenngleich er bereits durch dessen Statur eingeschüchtert war.

    Orlando lächelte. „Du wohl nicht.", antwortete er in Englisch. Ohne auf ein weiteres Wort des Mannes zu warten, schob er selbigen mit samt der Tür zur Seite und verschaffte sich selbst somit Zutritt zur Wohnung. Der Mann schloss die Tür schnell wieder und folgte Orlando, der zielgenau zum Wohnzimmer gegangen war. Wie erwartet, fand Orlando seinen Bekannten auf dem Sofa. Der Fernseher lief und der schlanke Iraner drehte sich eine Zigarette, während er mehr oder weniger aufmerksam zum Bildschirm blickte.

    „Wer war das, Haschem?", fragte er, ohne zur Tür zu sehen und seinen Gast somit zu bemerken.

    „Ich bin es.", antwortete Orlando und schob eine Hand locker in die Hosentasche. Sein Bekannter wandte sich augenblicks um und starrte ihn im ersten Moment fassungslos entgegen. Beinahe so, als sehe er einen Geist vor sich. Doch schon im nächsten Moment überwandt er den Schock und ein Lächeln erschien auf seinem Gesicht. Er erhob sich sogleich und umarmte und küsste seinen Freund kulturgemäß.

    „Aden Hall!", brachte er hervor. Sein Freund Haschem erschien neben Orlando im Türrahmen und stammelte Entschuldigungen, weil er Orlando nicht hatte einlassen wollen, da er ihn nicht erkannt habe. Er war nicht wichtig genug, um das Gesicht dem Namen Aden Hall zuordnen zu können. Orlando war sich sogar sicher, dass dieser Mann noch nie London verlassen hatte. Ja, er ging sogar davon aus, dass er, obgleich er ihn auf Arabisch angesprochen hatte, hier in England geboren worden war. Vermutlich hatte er keine Ahnung, wie es um die Politik im Irak stand und interessierte sich nur für solche Auswirkungen, die ihn unmittelbar betrafen. Daraus machte Orlando ihm keinen Vorwurf, denn die meisten Menschen kümmerten sich eben nur um das, was sie unmittelbar betraf. Jedoch hatte er nicht vor, sich diesen Menschen anzuvertrauen oder ihre Hilfe in Anspruch zu nehmen.

    Der Iraner, Baran, achtete nicht länger auf Haschem, ein weiteres Zeichen für Orlando, dass der Mann mehr als unwichtig für ihn und sein Anliegen war. Baran zog Orlando mit sich in die kleine Küche, in die außer ihnen kaum eine weitere Person passte. Orlandos ohnehin breite Statur wirkte in dieser Miniatur geradezu monströs.

    „Wer hätte gedacht, dass wir uns so schnell wieder sehen, mein Freund?", fragte Baran und bat ihn, Platz zu nehmen. Das letzte Mal hatten sie sich vor eineinhalb Jahren gesehen, damals eher zufällig, doch meistens waren die Abstände ihrer Zusammentreffen größer. Zusammen gereist waren sie das letzte Mal vor etwa fünf Jahren.

    Orlando kam der Geste nach und setzte sich mit dem Rücken zur Wand, dem Iraner gegenüber. Im ersten Moment hatte er Angst, der Stuhl würde unter seinem Gewicht nachgeben, aber nach dem ersten Ächzen beim Hinsetzen, blieb der alte Stuhl standhaft. „Wie geht es dir, mein Freund?", fragte er mit einem Lächeln, das ihm sowohl als charmant, als auch als geheimnisvoll ausgelegt werden konnte. Orlando betrachtete Baran aufmerksam. Der Iraner hatte seit seiner Flucht aus der Heimat an Gewicht zugenommen, was ihn nun zu einem schlanken Mann, mit einem leicht gewölbten Bauch machte. Bei ihrer ersten Begegnung im Iran war Baran so unterernährt gewesen, dass Orlando sich gefragt hatte, wie dieser Mann sich überhaupt noch auf den Beinen hatte halten können. Mittlerweile war der Iraner gesund und hatte sein wärmendes Lächeln zurück gewonnen.

    „Mir geht es hervorragend, vielen Dank., antwortete er nun aufrichtig. „Allerdings mache ich mir nun Sorgen, da du mich aufsuchst., räumte er verlegener ein.

    Orlando lächelte still und nahm diesen Einwand nicht persönlich. „Ich war zufällig in der Gegend.", sagte er.

    „Natürlich., erwiderte Baran voller Ironie. „Von Spanien aus ist es nach London ein Katzensprung, nicht wahr?

    Orlando musste lachen. Seine Ausrede war zu offensichtlich gelogen gewesen, aber dies war ihnen beiden ohnehin bewusst, sodass er sich keine Mühe machte, glaubhaft zu lügen. „Ich bin hier, weil ich bald in den Irak reise., antwortete er nun ehrlich. „Vielleicht willst du mich begleiten?

    Das Lächeln wich aus Barans Gesicht und er sog nervös an seiner Zigarette. Der Stress, den sein altes Leben mit sich gebracht hatte, hatte maßgeblich zu seiner damaligen schlechten gesundheitlichen Verfassung beigetragen. Und er wollte dieses stressige, gefährliche Leben nicht erneut gegen sein nun so bequemes Leben in England tauschen. Nervös machte ihn die Aufgabe, die nun vor ihm stand: Aden Hall einen Wunsch abzuschlagen. Er mochte diesen undurchschaubaren Europäer, aber er wollte sich nicht seinen Zorn zu ziehen. Nicht unbedingt wegen der ungewöhnlichen Freundschaft, die sie verband, sondern weil ihm viel an seiner Gesundheit gelegen war. „Nein, wirklich nicht, mein Freund., überwandt er sich. Er fürchtete ihn nicht, er hatte Respekt vor ihm. „Als ich das letzte Mal mit dir gegangen bin, hat es mich beinahe den Kopf gekostet.

    Orlando erinnerte sich, es war keine Metapher. „Aber du warst mir auch eine große Hilfe., sagte er dennoch. „Wir müssen uns überlegen, wie wir unauffällig an Waffen kommen und ich dachte dabei an dich, weil du gute Kontakte zum Zoll und zu den iranischen Behörden hast. Orlando wusste, dass Baran, auch wenn er nun zurück gezogen lebte, noch immer seine Kontakte pflegte. Und er erfuhr alles, was es zu erfahren gab. Die Bindung an sein Heimatland war nicht abgerissen und somit auch nicht das Interesse am Nachbarland.

    Baran nickte zustimmend. Es war sinnlos vor diesem Mann zu leugnen, denn er besaß ein übernatürliches Gespür dafür, Lügen aufzudecken. Und doch machte es ihn zunehmend nervös, dass er ausgerechnet auf den Irak zu sprechen kam. „Im Iran, aber wir sprechen hier von dem Irak, nehme ich an.", sagte er und hoffte, auch für die Gesundheit seines Freundes, dass es ihm den Wind aus den Segeln nehmen würde. Die Wolken über dem Irak verdüsterten bereits das Land, ein Krieg war für einen Kenner unvermeidlich. Und nachdem Aden bereits vom Waffenschmuggel sprach, war es offensichtlich, dass auch er Bescheid wusste.

    „Der Iran liegt neben dem Irak., sagte Orlando unbeirrt. Es wäre nicht das erste Mal, dass er auf diesem Weg Waffen ins Land schmuggeln würde. „Wir könnten über Ahvaz fliegen und von dort in den Irak übersetzen. Wenn du mit mir reist, werden weniger Unschuldige sterben.

    Baran blickte auf und versuchte Unentschlossenheit in den Augen seines Gegenübers zu finden, stattdessen wurde ihm nur noch deutlicher bewusst, wie ernst es seinem Besucher war. Er seufzte. „Ich werde nicht mehr aus England abreisen, um mich dem Tod an den Hals zu werfen, Aden., sagte er aufrichtig und versuchte damit seiner Entschlossenheit in dieser Sache Ausdruck zu verleihen. „Aber ich werde dir einige Namen nennen. Von diesen Leuten wirst du vor Ort Hilfe bekommen, falls du die überhaupt brauchen solltest. Wenn sie deinen Namen nicht kennen sollten, nenne ihnen meinen.

    Orlando nickte. Eine solche Entwicklung hatte er erwartet. Baran war mit seinem friedlichen Leben in London zufrieden. Er war nicht der Typ Mensch, der sich gerne in Gefahr begab oder auch nur bereit war, Wagnisse einzugehen. Damals hatte er es getan, weil er im falschen Land aufgewachsen war und er überleben musste. Dies hatte sich nun geändert und so hatte Orlando nicht aufrichtig angenommen, dass er sein neues Leben erneut aufs Spiel setzen würde. Es ging Baran, anders als ihm selbst, nicht um Werte wie Freiheit oder Loyalität. Er hatte niemanden, den er beschützen oder helfen wollte, niemanden außer sich selbst. Vor etwa viereinhalb Jahren waren sie zusammen über den Iran in den Irak gereist. Damals hatten sie die Grenze mit ein paar Pfund Sprengstoff in den Taschen überschreiten wollen und waren dabei von den Zollbeamten erwischt worden. Zu der Zeit hatte Orlando sich nicht lange bitten lassen und sich einen erbitterten Kampf mit den Beamten geliefert. Er war 24 gewesen und hatte nichts gehabt, dessen Verlust er bedauert hätte. Er war selbstzerstörerisch, weniger beherrscht und hatte sich kaum einen Plan zurecht gelegt um ein Ziel zu erreichen. Auch Baran hatte sich mit den Schusswaffen verteidigt, die sein Freund immer bei sich zu haben schien –damals wie heute-, obwohl er sehr religiös war und ihm eigentlich nichts ferner gelegen hatte, als Menschen das Leben zu nehmen. In diesem Gefecht damals war Baran eine Pistolenkugel am Kopf vorbei geschossen und hatte noch seine Wange eingerissen. Die Narbe, die er seither trug, gemahnte ihn daran, ein gottesfürchtiges, friedliches Leben zu führen, so zu sagen, um Buße zu tun. Orlando hatte damals im Iran eine Schussverletzung im Bauchbereich erlitten, war jedoch durch ärztliche Hilfe bald genesen. Während Orlando sich nicht mehr mit den Erinnerungen an diesen Zwischenfall beschäftigte und diese Narbe nur eine unter vielen an seinem Körper war, schien Baran es nicht nur nicht vergessen zu können, sondern er erinnerte sich auch absichtlich, reumütig daran. Aus diesem Grund gelang es Orlando Verständnis für seinen Bekannten aufzubringen. Baran war nicht für den Krieg geschaffen, ganz gleich wessen Krieg es war. Damals hatte sich ihm der Iraner nur angeschlossen, weil Orlando ihm die Flucht nach Europa ermöglichte. Er wusste, dass er Aden Hall sein neues Leben verdankte, aber ebenso gut erinnerte er sich an den Leichtsinn dieses Mannes, durch den er beinahe sein Leben verloren hätte. Er sah sich nicht verpflichtet, mit ihm auf gefährliche Reisen zu gehen.

    Baran reichte ihm einen Zettel, auf den er einige wichtige Namen und deren Positionen aufgeschrieben hatte. „Ich muss mich entschuldigen, mein Freund, aber ich sehe mich wirklich nicht Imstande wieder den gleichen Weg einzuschlagen, den wir bereits vor fünf Jahren beschritten haben., sagte Baran schuldbewusst. „Ich kann nur für dich beten und hoffen, mein Freund. Hoffentlich wirst du dieses Mal weniger Probleme bekommen.

    „Ich danke dir, Baran.", sagte Orlando förmlich. Er war weder enttäuscht, noch wütend über die Entscheidung des Iraners. Da Orlando noch nicht wusste, wie er an die Waffen gelangen sollte, wollte er noch ein paar Tage in London verbringen um weitere Bekannte aufzusuchen. Seinen Vater konnte er nicht fragen, denn dieser wusste nicht, dass sein Sohn mit den Irakern sympathisierte und somit schieden auch alle Kriminellen aus, die mit seinem Vater zu tun hatten. All jene zu umgehen, war nun die eigentliche Schwierigkeit.

    Ursprünglich hatte Orlando Baran um eine Übernachtungsmöglichkeit bitten wollen, aber nun, wo er gesehen und vor allem gerochen hatte, wie dieser Mann hauste, entschied er sich anders. Er würde sich doch ein Hotelzimmer nehmen müssen, auch wenn die Russen vermutlich eben dort zuerst suchen würden. Niemand hatte ihn erkannt und er würde sich nicht unter seinem richtigen Namen ein Zimmer nehmen, sodass auch zu seinem Vater keinerlei Rückschlüsse angestellt werden könnten.

    Orlando erhob sich.

    Baran tat es ihm augenblicklich nach. „Unterrichte mich bitte, wie es dir ergangen ist und grüße meine Freunde recht herzlich."

    Orlando nickte. „Das werde ich., sagte er, obgleich er sich dessen nicht sicher war. Die beiden Männer reichten einander die Hände. Schließlich konnte Orlando sich einen Kommentar zur Behausung seines Freundes nicht verkneifen. „Vielleicht bist du bis zu unserem nächsten Wiedersehen in eine Wohnung gezogen, die weniger an eine öffentliche Toilette erinnert.

    Baran blickte ihn im ersten Augenblick verwundert an, nickte dann jedoch verstehend und brach in Gelächter aus. Er war erleichtert, dass er trotz seiner Ehrlichkeit nichts verloren hatte. Aden Hall schien ihm nichts nachzutragen und er wusste es aufrichtig zu schätzen. Es machte ihn zu einem großen Mann, der bewies, dass er den Respekt, den alle Welt vor ihm hatte, auch verdiente. „Ich werde sehen, was sich tun lässt."

    „Auf Wiedersehen, mein Freund.", sagte Orlando lächelnd.

    „Auf Wiedersehen, Aden Hall.", erwiderte der Iraner respektvoll und lächelte ebenfalls. Dann begleitete er Orlando zur Tür und blickte ihm nach, bis er das Treppenhaus verließ.

    Mit einem schlechten Gewissen und doch auch erheblicher Erleichterung setzte er sich wieder vor den Fernseher und drehte sich neuerlich eine Zigarette.

    „War das eben wirklich Aden Hall?", fragte Haschem fassungslos. Er war vielleicht kein integriertes Mitglied des Untergrundes, aber natürlich hatte er Freunde in diesen Kreisen und so hatte auch er schon mehrfach von Aden Hall gehört. Allerdings hatte er ihn mehr für eine Legende denn für einen wahren Menschen gehalten. Es gab sicherlich keinen Partisanen, der diesen Namen noch nicht gehört hatte, wenngleich ihm kaum einer je wahrhaftig begegnet war. Man erzählte sich viel über diesen Mann und sprach nur gut über seine großzügigen Taten, die alle ausnahmslos ehrenvoll und uneigennützig zu sein schienen. Haschem konnte kaum fassen, dass sein Mitbewohner tatsächlich mit diesem Mann bekannt war.

    Baran maß ihn mit einem herablassenden Blick. Der dickliche Mann war irakischer Abstammung und ein überzeugter Gegner der Briten, wenngleich er eigentlich selbst einer war, und er hasste die Amerikaner. Von Aden Hall hatte er mit Sicherheit über seinen Bruder gehört, der ein ernstzunehmendes Mitglied der Partisanenbewegung war, die sich bereits über eine Verteidigungsstrategie gegen die Alliierten im eigenen Land berieten. „Was meinst du denn wohl, Haschem?, fragte er schließlich. Er wusste, dass sein Gesprächspartner nicht gerade durch Intelligenz bestach, aber er war ein gutherziger Mensch und dafür respektierte Baran ihn mehr oder weniger. „Natürlich war das Aden., setzte er kopfschüttelnd hinzu. Er steckte sich seine Zigarette an und lehnte sich im Sessel bequem zurück.

    Die Augen von Haschem funkelten voller Ehrfurcht. „Wieso kommt ein Held wie Aden Hall zu dir, Baran?", wollte er wissen. „Wieso hast du mir nicht erzählt, dass du den Helden kennst?"

    Der Iraner lächelte wissend. „Es ist nicht ratsam, seine Geheimnisse auszuplaudern. Also schweigst auch du über diesen Besuch, so, als hätte der niemals stattgefunden., antwortete er entschieden. „Und nun lass uns nicht mehr davon sprechen, mein Freund.

    Orlando setzte sich in ein Café und blickte auf die Straße hinaus. Immer wieder fragte er sich, wie ein bescheidenes Leben wohl verlaufen mochte. Ein Leben, ohne ungewöhnliche Gefahren und ständige Flucht. Ein Leben ohne Krieg, Gewalt und Not. Er selbst hatte niemals ein gewöhnliches Leben führen können, doch damals, als er sich für dieses Leben entschieden hatte, war ihm nicht bewusst gewesen, dass er praktisch hinein geboren worden war. Er war der Erbe seines Vaters und so war es nur angemessen, dass er sich schon lange vor dessen Tod mit dem Illegalen auskannte, sich einen eigenen Namen machte. Damals hatte er sich auch nicht gefragt, ob sich ein normales Leben überhaupt für ihn eignen würde. Mit dem Alter war die Zufriedenheit, die er anfänglich über seine ausschweifenden Freiheiten empfunden hatte, jedoch gewichen und er hatte angefangen, die Menschen zu beobachten, sich zu fragen, ob sie wohl zufrieden mit ihren Leben waren. Manchmal saß er stundenlang an einem öffentlichen Ort und beobachtete die vorbeigehenden Menschen einfach nur. Wenn er einen Taxifahrer sah, wunderte er sich, wie dessen Leben ausgefüllt sein konnte. Bei einem Polizisten, fragte er sich, weshalb diese Menschen sich für Retter hielten, obwohl die meisten in ihrer ganzen Laufbahn niemals einen Menschen retten konnten und, und das erschien ihm schlimmer zu sein, in ihrer Arbeit immer dem Gesetz verpflichtet waren, was sie häufig vom wirklicher Gerechtigkeit entfernte. Und wenn er einen Verkäufer anblickte, fragte er sich, ob dieser Mensch sich niemals mehr vom Leben erhofft hatte und wie man es fertig brachte, jeden Tag für eine solche Arbeit aufzustehen. Orlando verachtete ehrliche Arbeit nicht im Geringsten. Er bewunderte es vielmehr, wenn man sich damit zufrieden geben konnte. Er selbst hatte schon immer mehr gewollt. Als kleiner Junge hatte er wie Che Guevara sein wollen, ein Rebell, obwohl ihn alle dafür ausgelacht hatten, weil sie Feuerwehrmänner oder Ärztinnen hatten werden wollen. Heute machte er sich eigene Gesetze, folgte seinen eigenen Regeln und rebellierte gegen alles, was ihm falsch erschien. Nicht mit der pubertären Ideologie eines Träumers, sondern schlicht wegen dem Freiheitsdrang und dem Wissen, dass er die Möglichkeit hatte, sich einzumischen. Er hatte auf sein Ziel hingearbeitet und es erreicht, wobei ihm seine Unzufriedenheit zum Vorteil gereichte, denn sie machte ihn ehrgeiziger, entschlossener. Dennoch fühlte er sich stets so, als fehle ihm noch etwas zu seinem Glück, er fühlte sich unvollständig. Noch war er jung und sehnte sich weder nach ruhiger Geborgenheit, noch nach einem Leben ohne Angst und Nervenkitzel. Doch er fragte sich immer häufiger, wann und wie sich dies ändern würde. Er ging davon aus, dass es geschehen würde, aber er wollte die Hintergründe begreifen. Manchmal gab es Tage, da war er so deprimiert über die Welt und das Leben, dass er das Haus nicht verließ, sich betrank und sich in seine Gedanken zurück zog. Seine Mutter sagte dann stets, dass er sich endlich eine Ehefrau nehmen sollte, die ihn sicherlich von der Melancholie befreien würde. Isabella Santiago de Maliñana war fest davon überzeugt, dass ihrem Sohn eine Frau fehlte und dass dies der Grund für seine zeitweilige Unzufriedenheit war. Sie wusste nicht, dass Orlando in jeder Stadt, in die er reiste, eine oder mehrere Frauen fand, die ihn beglückten, ihm die Zeit vertrieben und zeitweilig auch die Melancholie. Er selbst erinnerte sich an keine von ihnen länger als eine Woche, aber dies ließ ihn noch mehr auf die Sinnlosigkeit der Suche nach einem festen Lebenspartner schließen. Orlando empfand das Heiraten und das Gründen einer eigenen Familie als eine wunderschöne Angelegenheit fürs Leben, aber er war nicht bereit, sich dazu irgendeine Frau zu suchen, nur damit seine Mutter zufrieden wäre. Er wollte eines Tages eine eigene Familie haben, aber dies nur, wenn er eine Frau finden würde, die seinen Ansprüchen genügte, für die er zu einem besseren Mann werden wollte.

    Orlando erhob sich. Die vielen verliebten Paare in der Stadt gingen ihm auf die Nerven. Er hatte weitaus Wichtigeres zu tun, als sich um seine Einsamkeit zu sorgen. Er bezahlte den Kaffee und legte ein gutes Trinkgeld neben seine leere Tasse. Langsam schlenderte er hinaus. Er zog seinen Mantel fester um die Schultern und senkte den Kopf um dem kalten Wind und dem leichten Nieseln entgegen zu wirken.

    Orlando nahm sich ein Zimmer in einem großen und edlen Hotel. Er hatte sich als Alexander Schuster angemeldet. Alexander Schuster war die Person, die sich unauffällig überall aufhalten konnte, während Aden Hall jedem im Untergrund bekannt war. Seinen wahren Namen hielt er aus persönlicher Eitelkeit, aber auch aus instinktiver Vorsicht geheim.

    Orlando betrat die Hotelsuite und warf seine Koffer auf das große Bett. Seinen Waffenkoffer legte er vorsichtshalber unter das Bett, während er den Koffer mit seiner Kleidung auf dem Bett öffnete. Dann ging er sofort ins Badezimmer. Nach dem Besuch bei Baran musste er sich erst einmal säubern, denn er hatte den Gestank des Hauses noch immer in der Nase. Er drehte den Wasserhahn auf und ließ die Badewanne voll laufen, während er sich seiner Kleidung und seiner 45er Magnum entledigte. Als er nackt dastand, roch er an der Kleidung, an der seiner Meinung nach noch immer der Gestank haftete, und beschloss, sie weg zu schmeißen. Da sie ohnehin Teil seiner Tarnung gewesen war, bedauerte er den Verlust nicht. Es war eher die Kleidung eines alten Mannes, als die eines 30-jährigen, sportlichen Mannes. Während das Wasser weiterhin in die Wanne rauschte, öffnete er erneut seinen Reisekoffer und nahm sich neben einer frischen Boxershorts ein einfaches T-Shirt und eine lockere Jeans heraus. Dann ging er ins Badezimmer zurück und betrachtete sein Gesicht im Spiegel. Er sah nicht annähernd so müde aus, wie er sich fühlte. Sein Körper hatte sich längst an das viele Fliegen und die wenigen Stunden Schlaf gewöhnt. Nachdem er bei Baran gewesen war und sich wieder an seine ausgetragenen Kämpfe erinnert hatte, betrachtete er seit langer Zeit die Narbe über seiner linken Augenbraue wieder. Damals war er in einer Bar in eine Messerstecherei geraten, weil er jung und übermütig gewesen war und sich nicht um die Konsequenzen seines Handelns gekümmert hatte. Er hatte Spaß an Schlägereien gehabt und die Narbe, die so unauffällig geworden war, dass er sie beim Blick in den Spiegel gewöhnlich übersah, erinnerte ihn an sein altes Ich. Sein Körper trug noch mehr Narben, überall und kaum eine davon war durch Kindereien entstanden. Er fuhr sich müde mit der Hand übers Gesicht. Einen Tag lang hatte er sich nicht rasiert und schon waren seine Wangen überall von schwarzen Stoppeln geziert. Da er keine Lust hatte schon wieder zum Schlafzimmer zu gehen, um nach seinen Hygieneartikeln zu suchen, beschloss er, den Bart vorerst stehen zu lassen. Vielleicht würde ihm dies im Irak zum Vorteil gereichen. Auch seine Kopfhaare waren wieder sichtbar geworden, doch diese würde er nicht wachsen lassen. Er hatte seit Jahren keine Frisur mehr gehabt. Sich den Kopf zu rasieren war einfach praktischer. Er wandte den Blick ab und stieg ins heiße Wasser in der Badewanne.

    Am nächsten Tag begann Orlando nach einen Mann namens Edgar Ambrose zu suchen. Er fragte bei seinen Leuten nach ihm, aber keiner schien auch nur von ihm gehört zu haben. Ambrose war also schwieriger zu finden, als Orlando gehofft hatte und so dauerte es weitere zwei Tage, bis er die Adresse herausgefunden hatte. Zu seiner Schande hatte er dazu nur die Gelben Seiten nutzen müssen, denn Ambrose war wie alle gewöhnlichen Bürger Londons im Register eingetragen.

    Dann endlich suchte er ein elegantes Viertel in London auf um seinen Verbündeten zu treffen. Edgar Ambrose lebte in einer kleinen Villa, zusammen mit seiner Frau, deren Schwester und den eigenen zwei Kindern, die ebenfalls weiblich waren. Der Vorgarten war so sauber und gepflegt, dass Orlando schlussfolgerte, dass Ambrose einen Gärtner beschäftigte. Vielleicht wollte er wie ein typischer Brite wirken. Es wunderte Orlando in jedem Fall, dass dieser Mann sich so öffentlich prunkvoll präsentierte. Andererseits war das Offensichtliche manchmal schwerer zu erkennen als das Verborgene. Immerhin hatte auch er drei Tage gebraucht, bis er überhaupt auf die Idee kam, die öffentlich zugänglichen Informationen zu nutzen. Als er sich nun dem Haus näherte, erkannte er jedoch, dass Ambrose nicht ganz so leichtsinnig war, wie er beim ersten Hinsehen schien. Am Haus waren überall Kameras installiert und Orlando war sich sicher, dass sein Geschäftspartner auch Sicherheitspersonal beschäftigte, die die Kamerabilder auswerteten und die Familie zu beschützen wussten.

    Orlando klopfte an die Tür und wartete, dass ihm der Holländer öffnete. Dass er dabei gefilmt wurde, gefiel ihm gar nicht. Er hatte es nicht gerne, wenn seine Anwesenheit von anderen bewiesen werden konnte. Doch vorerst hatte er keine Wahl.

    Als die Tür von einem Butler geöffnet wurde, konnte sich Orlando ein Grinsen nicht verkneifen. Edgar Ambrose schien seinen Reichtum in vollem Ausmaß zu nutzen. Die beiden Männer machten seit vielen Jahren gemeinsame Geschäfte und eigentlich war Edgar nur durch Orlandos Hilfe und Unterstützung zu Geld gekommen. Es wunderte ihn, dass dieser Mann, der sein Geld nicht ehrlich erarbeitet hatte, nun so offenkundig mit selbigen um sich warf. Die Übertriebenheit dieser Tatsache amüsierte ihn dennoch.

    „Sir? Wen darf ich anmelden?", fragte der Butler und betrachtete Orlando dabei beinahe gleichgültig. Es war ihm nicht anzumerken, wie er seinen Gegenüber einschätzte.

    „Alexander Schuster.", antwortete Orlando routiniert. Es war nicht immer leicht zwischen den verschiedenen Identitäten zu wechseln, aber mit den Jahren gewöhnte man sich daran. Auch gab es meistens nur zwei Identitäten, die Orlando nutzte und dies war nicht schwer zu merken.

    „Bitte haben Sie einen Moment Geduld, Mr. Schuster.", bat der Butler höflich. Er ließ Orlando in der Empfangshalle unmittelbar hinter der Haustür warten und verschwand im Haus um seinem Arbeitgeber den Gast zu melden.

    Orlando wartete geduldig, immerhin war er nun nicht mehr den Kameras, die ihn nervös gemacht hatten, ausgesetzt. Diese Prozedur des Butlers kannte er vom Haus seiner Eltern und war deshalb daran gewöhnt. Seine Eltern hatten so viele Bedienstete, dass sich Orlando auch nach all den Jahren nicht jeden einzelnen Namen hatte merken können.

    „Bitte folgen Sie mir, Sir.", sagte der Butler und hielt ihm die Tür zum Nebenraum auf. Nachdem Orlando eingetreten war, er befand sich in einer Art Kaminzimmer, schloss der Butler die Tür wieder und deutete ihm mit ausgestrecktem Arm den Weg.

    „Mr. Ambrose freut sich sehr über Ihren Besuch, Sir.", merkte er noch an.

    Orlando lächelte spöttisch. „Das kann ich mir vorstellen.", kommentierte er, sicher, dass Ambrose es auf einen weiteren, gewinnbringenden Auftrag abgesehen hatte.

    Als der Butler ihn in das Esszimmer geleitete, stellte Orlando fest, dass er Edgar Ambrose gerade beim familiären Abendessen gestört hatte. „Verzeihen Sie die Störung. Bitte, essen Sie nur weiter.", sagte er an den gesamten Tisch gewandt. Dann drehte er sich kurz zu dem Butler um und steckte ihm ein Trinkgeld zu, was mehr affektiv, denn bewusst geschah. Vermutlich hatte er in den vergangenen Wochen zu häufig in Hotels genächtigt, denn er hatte sich an das Trinkgeldgeben gewöhnt.

    „Alexander, bitte nimm an meinem Tisch Platz.", sagte Edgar freudig. Nachdem Orlando seiner Aufforderung nachgekommen war, richtete sich der Hausherr an den Butler und wies ihn an, dem Gast ein feines Mahl aufzutischen und ein Glas mit Wein auszuschenken.

    Orlando betrachtete derweil Ambroses Familie. Während der Hausherr selbst einen vom Alkohol gerundeten Körper hatte, waren sowohl seine Frau, als auch die Kinder ungemein schlank. Edgar hatte aschblondes Haar gehabt, das mittlerweile nur noch grau war und schon die Ansätze einer Glatze zeigte. Seine Frau hingegen hatte hellblondes Haar, so wie eine ihrer Töchter. Die andere hatte rotes Haar.

    „Also, Alexander, lass mich dir meine Familie vorstellen., sagte Edgar dann. Er zeigte auf die schlanke Blondine, die eine schmale Brille trug und ihre Haare streng nach hinten gebunden hatte. „Das ist meine bezaubernde Frau Jessica., sagte er lächelnd.

    Orlando deutete eine Verbeugung an und erwartete, dass die Frau etwas sagen würde, doch sie schwieg verlegen und nickte nur leicht mit dem Kopf.

    „Daneben sitzt meine 14-jährige Tochter Clarissa.", fuhr er fort.

    Orlando lächelte dem blondhaarigen Mädchen bemüht freundlich zu. „Hallo.", sagte er, woraufhin sie verlegen ihr Haupt senkte. Er hatte das Gefühl, in der Zeit zurück gereist zu sein, in eine Zeit, in der Frauen das Sprechen in der Anwesenheit von Männern nur bedingt zugestanden worden war.

    „Dann kommt meine Schwägerin Meredith."

    Die ältere Frau betrachtete Orlando mit Misstrauen, eine verhältnismäßig natürliche Neigung, wie er fand. Dann nickte sie ihm höflich zu und brachte ihn damit beinahe zum Lachen. Er konnte sich nicht erinnern, jemals eine so seltsam verhaltene Familie kennen gelernt zu haben und wenn er ehrlich war, hätte er gerne darauf verzichtet.

    „Und meine 19-jährige Tochter Anabelle. Sie ist letztes Jahr ausgezogen und nur zu Besuch.", erklärte Edgar und es blieb offen, ob er ihren Entschluss gut hieß.

    Orlando lächelte und machte in Gedanken bereits Amish-Witze. „Freut mich, Sie kennen zu lernen.", sagte er und blickte ihr in das harte Gesicht.

    Die Rothaarige erwiderte sein Lächeln mit einer Kühnheit, die im Rahmen ihrer Familie völlig hervorstach. „Freut mich auch.", sagte sie.

    Einen Moment lang sahen sie einander in die Augen ohne ein Wort zu sprechen. Dann fragte sie schließlich: „Und wie ist Ihr Name doch gleich? Mein Vater stellte uns sehr ausführlich vor, doch wir kennen nicht einmal Ihren kompletten Namen."

    Edgar schnaubte ärgerlich auf, aber da berührte Orlando bereits seine Schulter, beinahe so, als wären sie Freunde, und lächelte ihm ebenso zu. Offensichtlich durfte in seinem Haus niemand außer ihm selbst unaufgefordert sprechen. Orlando konnte mit dieser Prüderie nichts anfangen und es erheiterte ihn, dass zumindest eine Frau in diesem Haus sich darüber hinweg setzte. Er konnte sich ganz gut vorstellen, warum sie ausgezogen war. „Mein Name ist Alexander Schuster. Ich bin ein alter Bekannter Ihres Vaters.", sagte er und diese Lüge ging ihm so leicht über die Lippen wie jede andere davor und danach.

    Anabelle nickte. „Und warum suchen Sie meinen Vater zu so unpassender Stunde noch auf, Mr. Schuster?"

    Orlando trank genüsslich einen Schluck des herben Weines und blickte sie dann erneut an. Sie begann ihm zu gefallen, da er eine besondere Vorliebe für schwierige Frauen hatte. Er mochte es, wenn Frauen unabhängig, selbstständig und frech waren und sich nicht unterdrücken ließen. „Ich fürchte, dies werden Sie nie erfahren, Anabelle., sagte er, um sie zu reizen, aber auch, weil es eine Tatsache war. „Vermutlich sind diese geschäftlichen Dinge auch nicht unbedingt etwas für Sie.

    Anabelle blickte verlegen auf die Tischplatte hinab um seinem Blick auszuweichen. Orlando hoffte, sie würde etwas Spitzes erwidern, aber sie schwieg und traute sich nicht erneut, das Wort an ihn zu richten. Augenblicklich hatte Orlando das kaum geweckte Interesse an ihr verloren. Er schalt sich im Stillen, weil er überhaupt in Erwägung gezogen hatte, mit ihr zu schlafen. Immerhin war sie erst 19 und was noch viel mehr wog, sie war die Tochter seines Geschäftspartners.

    Während Orlando der Essenseinladung nachkam, wunderte er sich, dass sich diese Familie nichts zu sagen hatte, denn sie schwiegen nun alle samt ohne Ausnahme. Entweder es liegt an mir, dachte er, oder diese Familie liebt sich nicht einmal genug, um sich normal miteinander zu unterhalten. Im Haus seiner Eltern war es sowohl gewöhnlich, dass man die Etikette bei einem feinen Abendessen einhielt, als auch ein leidenschaftliches und spaßiges Essen mit der Familie abzuhalten. Ein so verschwiegenes Essen in dieser verlegenen Atmosphäre hatte er jedoch noch nicht häufig durchstehen müssen.

    Als sie endlich das Essen beendet hatten, folgte Orlando seinem Geschäftspartner in dessen Büro im ersten Stock. Oben entdeckte er dann auch die Männer vom Sicherheitsdienst, mit denen er gerechnet hatte.

    Einer der Männer verschwand gerade im Nebenzimmer, das, so weit er das durch das kurze Öffnen der Tür beurteilen konnte, wie eine Überwachungszentrale eingerichtet war.

    „Entschuldige mich kurz., sagte Orlando und folgte dem Sicherheitsmann in eben diesen Raum. „Hey Mann, is’ das die Aufnahme von heute?, fragte er und deutete auf einen der Monitore.

    Der Wachmann sah ihn forschend an. Da sein Boss jedoch hinter dem Fremden stand, wagte er keinen Einwand vor zu bringen. „Ja, ist es.", antwortete er.

    Orlando nickte und klopfte dem Mann auf die Schulter, wobei er es nicht versäumte, Druck auf selbige auszuüben. „Lösch es."

    „Alexander, was soll denn das?", fragte Edgar Ambrose verwirrt.

    Orlando warf ihm nur einen kurzen Blick über die Schulter zu. „Dein ganzes Spielzeug hier geht mir am Arsch vorbei, Edgar, aber da du mich aufgenommen hast, kann ich wohl erwarten, dass du mir den Respekt erweißt und das Bildmaterial löschst., antwortete er und sein Tonfall machte, ebenso wie seine Körpersprache, deutlich, dass er nicht vorhatte, darüber zu diskutieren. „Natürlich gilt das auch noch, wenn ich dein Haus wieder verlasse. Also? Er sah den Holländer abwartend, auffordernd an.

    Edgar nickte nachgebend. Er hatte zwar das Haus voller Wachleute, aber er wollte es nicht auf den Versuch ankommen lassen. Sein Geschäftspartner war ihm körperlich um das Vielfache überlegen und ließ, da er nun den direkten Vergleich hatte, auch sein Sicherheitspersonal schwächlich aussehen. Außerdem konnte er es sich nicht leisten, ihn als Investor zu verlieren. „Macht, was mein Freund verlangt.", wies er seine Männer also an.

    „Und keine Kopien, mein Freund.", fügte Orlando drohend hinzu.

    Nachdem er sich selbst davon überzeugt hatte, dass der Mann die Aufnahmen gelöscht hatte, folgte er Ambrose in dessen Arbeitszimmer.

    Als Edgar die Tür hinter seinem Gast verschloss, atmete er erleichtert auf. Endlich konnten sie sich auf einem Gebiet treffen, auf dem er sich auskannte und sich nicht vor dem Zorn seines Gegenübers fürchten musste.

    „Wie ich sehe, lässt du es dir durch deine Gewinne richtig gut gehen, mein Freund.", sagte Orlando und redete nun wieder mit ihm, als hätte er nie eine Drohung in seine Richtung angedeutet. Letztendlich war dieses Thema nun auch für ihn erledigt, nachdem er bekommen hatte, was er verlangt hatte. Er hatte sich selbst schützen müssen und er vertraute dem Holländer lange nicht so weit, dass er sich dabei nur auf dessen Wort verlassen hätte.

    Orlando lächelte und nahm unaufgefordert vor dem Schreibtisch Platz.

    Auch Edgar setzte sich. „Nun ja., sagte er etwas verlegen. Er schämte sich nicht für seinen Reichtum und die Art, wie er ihn zur Schau stellte, er schämte sich, weil sein Gegenüber genau wusste, woher das Geld kam und weil er es ihm zu verdanken hatte. „Das hier habe ich meiner Familie schon immer bieten wollen.

    Orlando sah ihm an, dass dies nicht ganz stimmte. Edgar Ambrose hatte sich selbst ein solches Leben finanzieren wollen und hatte dabei weniger aus Nächstenliebe, denn aus Egoismus gehandelt. Dennoch lächelte Orlando erneut. „Natürlich, ich verstehen das sehr gut., sagte er um seinem Bekannten die Verlegenheit zu nehmen. „Ich hoffe, du fühlst dich nicht unwohl, weil ich unangemeldet hier auftauche?

    „Nein, nein., sagte Edgar und winkte ab. „Ich bin gespannt, welches Angebot du mir mitgebracht hast.

    Orlando wusste, dass es Edgar darum ging, möglichst schnell möglichst viel Geld heraus zu schlagen, aber dies war für ihn nicht von Bedeutung. Im Gegenteil, diese Gier kam seinen eigenen Vorhaben stets zugute, da es den Holländer zur Höchstform antrieb. „Ich brauche Waffen und ich brauche sie schnell.", sagte er also ohne weitere Umschweife.

    Edgars Gesicht entspannte sich und er steckte sich genüsslich eine Zigarre an. „Wie viele Waffen und welche?"

    Orlando schob ihm einen Zettel herüber und beobachtete Edgars Miene aufmerksam.

    Dieser blickte verwundert auf. „Das ist ’ne Menge., brachte er hervor. „Wozu brauchst du so viel Sprengstoff?

    Orlando zuckte die Schultern. „Darüber brauchst du dir keine Gedanken zu machen., sagte er mit freundlicher Stimme, die dennoch keine weiteren Fragen zuließ. „Kannst du mir das alles in einer Woche besorgen?

    Edgars Augen weiteten sich. „Eine Woche?, spie er aus. „Niemals! Dafür brauche ich sicherlich einen ganzen Monat und selbst dann kann ich dir nicht versichern, dass du so viel Sprengstoff bekommst, wie du forderst.

    Orlandos Gesicht wurde ärgerlich. „So viel Zeit habe ich nicht., sagte er entschieden. Allerdings würde er nichts anderes tun können, als auf das Angebot des Holländers einzugehen, denn er kannte keinen weiteren Mann, der dies möglich machen konnte ohne dass sein Vater davon erfuhr. Das war überhaupt das einzige Problem bei der illegalen Beschaffung von Waffen und Munition. Sein Vater hatte überall seine Leute. Ambrose war einer der wenigen, die nur für ihn arbeiteten und deshalb und weil Ambrose seine Lieferungen über die Armeen bezog, kam es manchmal zu Verzögerungen oder Engpässen, die Orlando dann selbst ausbügeln musste. „Was kannst du mir von der Liste innerhalb einer Woche besorgen?, fragte er einlenkend.

    Edgar betrachtete den Zettel eingehender. „Uzis sind kein Problem, wenn ich auch nur Hundert beschaffen könnte. Die russische Armee verkauft ihre immer ganz gerne an mich. Handgranaten kannst du auch bekommen und vielleicht hole ich auch noch ein paar Pfund Sprengstoff raus. Er fuhr sich mit der Hand über Kopf und Kinn und grübelte angestrengt. Je weniger Alexander Schuster mit ihm zufrieden war, desto weniger Geld bezahlte er. Vermutlich würde er nicht einmal die Angaben erfüllen können, die er eben selbst gemacht hatte. Allerdings fürchtete er, seinen Geschäftspartner an die Mafia zu verlieren und deshalb musste er vorgeben, dass es möglich war, dass er es möglich machen konnte. „Um den Rest kümmere ich mich ebenfalls, aber ich kann dir wirklich nicht sagen, wann du das ganze Zeug bekommst.

    Orlando nickte unzufrieden. Er würde nicht einmal die Hälfte von dem, was er verlangte, bekommen. Dies bedeutete, dass er sich einen anderen Weg überlegen musste, falls Edgar Ambrose zu lange zögerte. Orlando schob Edgar erneut ein Stück Papier zu. Darauf waren alle nötigen Angaben für die Auflösung eines Kontos in der Schweiz festgehalten. Ein Konto, das Orlando auf den Namen seines Geschäftspartners eröffnet hatte und auf das er Geld einzahlen wollte, wenn er die Ware erhalten hatte. „Ich werde dir vermutlich nicht die ganze Summe zahlen, da ich auch nicht die ganze Ware erhalte. Und je länger ich warten muss, desto weniger zahle ich, Edgar.", sagte Orlando ruhig, obwohl er innerlich vor Wut schäumte. Vielleicht hatte er von Edgar Ambrose zu viel erwartet, doch all die anderen Male ihrer Zusammenarbeit waren stets erfolgreich verlaufen. Und er hatte keine Wahl.

    Edgar nickte geknickt. „Ich werde sehen, was sich tun lässt um deine Wartezeit zu verkürzen., sagte er und dachte dabei nicht so sehr an den Zeitdruck, den sein Geschäftspartner auszustehen hatte, als viel mehr an das Geld, was ihm durch die Finger gehen würde. „Wie lange bleibst du in London?

    „Ich werde noch heute abreisen., antwortete Orlando. Er reichte Edgar erneut einen kleinen Zettel. „Wenn du neue Nachrichten hast, setz dich mit diesem Mann in Verbindung und ich melde mich wieder bei dir., versicherte er. Dann stand er auf, reichte seinem Geschäftspartner kurz die Hand und verließ kurz darauf, die Kapuze aus Misstrauen beinahe ins Gesicht gezogen, dessen Haus.

    Vorerst musste er sich mit diesem kleinen Rückschlag zufrieden geben, bis er eine Lösung gefunden hatte, die alles vereinfachte. Und er hatte noch immer die Hoffnung, dass der Holländer es vielleicht doch schaffte. Er vertraute dabei voll und ganz auf die Geldgier seines Geschäftspartners. Wenn es die Liebe war, die bei den meisten Menschen zum Bergeversetzen führte, so war es bei Edgar Ambrose einzig und allein das Geld, das ihn antrieb.

    *

    Alejandró und seine Frau Isabella saßen gemeinsam am Swimmingpool ihrer Villa. Die Sonne ging bereits langsam unter, aber keiner der beiden beachtete es. Sie waren in ein Gespräch über ihren Sohn vertieft. Während Alejandrós Sorge jedoch dem Auftrag seines Sohnes galt, sorgte sich seine Frau, weil Orlando noch immer keine Frau gefunden hatte. In letzter Zeit dachte sie viel über Noah, ihren verstorbenen Sohn nach. Sie fragte sich, ob alles einfach wäre, wenn er noch lebte. Sie fragte sich, ob sie sich weniger Gedanken um Orlando machen würde, wenn sie noch immer einen zweiten Sohn gehabt hätte. Manchmal glaubte sie, ihr Mann und sie sorgten sich mehr um Orlando als um ihre Töchter. Aber in einer spanischen Familie wäre er ihr nächstes Oberhaupt, seine Rolle war wichtig. Auch fand Isabella, dass ihre Töchter sich hervorragend entwickelten und sie ihnen nicht erst zu sagen brauchte, was ihre Aufgaben und Verpflichtungen in der Zukunft wären. Orlando hatte sich natürlich ebenfalls gut entwickelt, er war ein beeindruckender Mann geworden. Aber wenn sie ehrlich war, konnte sie nie sagen, was sich auch nur hinter der ausdruckslosen Miene ihres Sohnes verbarg. Sie hatte keine Ahnung, womit er sein Geld verdiente und wenn sie ihn danach fragte, gab er ihr ausweichende Antworten und verstand es doch, sie irgendwie nicht damit zu beunruhigen. Wäre er verheiratet, so glaubte Isabella, würde sich sein Temperament schon zügeln. So war es immerhin auch bei ihr und Alejandró gewesen. Erst die Ehe hatte ihren Mann ruhiger werden lassen.

    „Ich bitte dich, er ist noch jung, Bella., sagte Alejandró gerade und trank einen weiteren Schluck seines Cocktails. „Außerdem hat er viel Geschäftliches um die Ohren, da fehlt ihm einfach die Zeit, sich eine anständige Ehefrau zu suchen.

    Isabella verschränkte die Arme vor der Brust und blickte ihren Mann ärgerlich an. „Und was sind das für Geschäfte?, fragte sie, nicht zum ersten Mal. Aber ihr Mann verzog nur das Gesicht. Er würde ihr nicht antworten, diesbezüglich war er ebenso verschwiegen wie sein Sohn. Also fuhr Isabella mit dem ursprünglichen Thema fort: „Jedenfalls ist mir das ganz egal. Immerhin ist Orlando ja nicht gezwungen zu arbeiten. Du hast so viel Geld in deinem Leben verdient, dass es für die Leben all unserer Kinder reicht. Es ist an der Zeit, dass unser Junge endlich einmal sesshaft wird und ruhiger. Ich will Enkelkinder, Alejandró. Und Orlando ist ein so gut aussehender Mann, mit der richtigen Frau, würde er uns wunderschöne Enkelkinder bescheren. Und so jung, wie du sagst, ist er auch nicht mehr. Schon fast 30.

    Alejandró rollte die Augen und atmete seufzend durch. „Es ist seine Entscheidung und ich finde es mehr als richtig, dass er zu stolz ist, um mein Geld als Geschenk zu betrachten und stattdessen selbst etwas auf die Beine stellen will. Zumindest in dieser Beziehung hat er meine Erwartungen an sich perfekt erfüllt., verteidigte er seinen Sohn. Immer wieder fragte er sich jedoch, ob Orlando Erfolg gehabt hatte. Doch darüber konnte er nicht mit seiner Frau reden. Er versuchte die Familie aus seinen illegalen Geschäften herauszuhalten und bisher hatte dies auch immer hervorragend funktioniert –wenn man davon absah, dass er hin und wieder gezwungen war, seinen eigenen Sohn anzuheuern. Orlando war zu gut in seinem Job, um ihn nicht zu nehmen. Würde seine Frau jedoch davon erfahren, dann war er sich sicher, die Hölle auf Erden erleben zu müssen. „Er soll heiraten, wenn er eine Frau gefunden hat, die ihm dafür geeignet erscheint. Oder willst du ihn vielleicht mit irgendeinem dummen Ding verheiraten, das er am Ende nicht einmal ansehen mag? Diese Vorstellung war absurd. Orlando würde niemals eine Frau heiraten, nur weil seine Mutter es verlangte. Dazu hatte er auch lange genug seine eigenen Entscheidungen getroffen, war zu selbstbestimmend.

    Isabella setzte sich neben ihren Mann auf die Hollywoodschaukel und kuschelte sich an ihn. „Nein, natürlich nicht., räumte sie ein. „Ich will, dass er mit seiner Ehefrau so glücklich wird, wie wir beide es sind.

    Alejandró lächelte erleichtert, da er seine Frau vorerst hatte überzeugen können. Orlando wäre mehr als genervt, wenn sein Vater es nicht einmal versucht hätte, obgleich er gerade für ihn die Drecksarbeit erledigte. Und doch war ihm bewusst, dass diese Diskussion bald von Neuem beginnen würde. Vielleicht sollte ich ihr sagen, dass ihr Sohn ein Auftragsmörder ist und es da sicher nicht so leicht wird, ihm die passende Frau auszusuchen, dachte er böse. Dann schüttelte er jedoch Kopf und vertrieb die Gedanken. Augenblicklich ließ sie ihn damit in Ruhe und ruhige Momente waren selten für einen so viel beschäftigten Mann wie Alejandró Santiago de Maliñana.

    Während Alejandró sich also nach Außen hin ruhig und ausgeglichen zeigte, herrschte in seinem Inneren die Besorgnis um seinen Sohn und dessen Auftrag. Er wusste noch immer nicht, ob Orlando das Attentat geglückt war und er wusste nicht, wie es seinem Sohn nun erging oder auch nur, wo er war. Orlando sagte ihm im Vorwege nie, wie, wann und wo er vorgehen würde. Diese Eigenart seines Sohnes hatte vermutlich weniger mit Misstrauen als mit seiner generellen Verschlossenheit zu tun und doch ärgerte sich Alejandró häufig genau darüber. Immerhin war er in dieser Sache der Auftraggeber und nicht nur sein Vater. Dass Orlando auch in dieser Hinsicht tat, was er für richtig hielt, war für ihn schon manchmal eine Art Mangel an Respekt. Doch er hatte seinen Sohn bereits als Kind in ein militärisches Ausbildungscamp gesteckt um ihm Gehorsam beizubringen. Und am Ende hatten auch die Soldaten ihre Probleme mit seinem Dickkopf gehabt und hatten ihm überhaupt nichts beibringen können, außer, wie man noch besser mit einer Schusswaffe umging und welche Schläge so effektiv waren, dass sie eine Schlägerei schneller beendeten. Sie hatten ihn noch gefährlicher gemacht, an seiner Einstellung jedoch nichts ändern können.

    Alejandró sorgte sich jedoch auch um seine Geschäfte. Wenn Roberto Ristova noch am Leben war, dann würde er alles in Bewegung setzen, um heraus zu finden, wer seinen Tod in Auftrag gegeben hatte. Dies würde Alejandró viele, vielleicht alle Verbindungen ins Ausland verderben und ihn zu einem unehrenhaften Mann werden lassen. Sollte Orlando jedoch erfolgreich gewesen sein, würde Alejandró bald mächtiger sein können als je zuvor. Die Geschäfte mit den Amerikanern würden ihn auch auf dem letzten, für ihn bedeutenden, Kontinent unterbringen. Nun hing vorerst jedoch alles davon ab, wie Orlando seinen Auftrag ausgeführt hatte und dann lag es an dem Don selbst, die Geschäfte auf Amerika auszuweiten. Der erste Schritt war, die stärkste Konkurrenz auszuschalten.

    „Denkst du schon wieder ans Geschäft, Alejandró?", fragte Isabella. Sie kannte die Antwort bereits, denn ihr Ehemann dachte in jeder freien Minute, von denen es ohnehin nicht sehr viele gab, an sein Geschäft. Sie hatte sich daran gewöhnt, ihren Mann stets mit etwas teilen zu müssen, was sie nicht verstand, weil man es ihr vorenthielt. Isabella glaubte, dass sowohl ihr Mann, als auch ihr Sohn in Angelegenheiten verstrickt waren, die nicht legal waren. Dennoch stellte sie diesbezüglich lieber keine direkten Fragen mehr, denn keiner der beiden antwortete ihr ehrlich darauf. Sie gab sich einfach Mühe, nicht zu besorgt zu sein. Sie wollte den beiden Männern in ihrem Leben Vertrauen schenken, wie man es von einer guten Ehefrau und Mutter erwarten konnte.

    „Ich hoffe nur, dass unser lieber Sohn bald zurückkommt und mir gute Nachricht bringt.", antwortete Alejandró, nicht ganz aufmerksam.

    Isabella streichelte seinen Arm. „Unser Sohn ist sehr klug und auch so stark. Wer sollte ihm da Steine in den Weg legen?", fragte sie, wenngleich sie nicht wusste, wovon ihr Mann sprach. Vielleicht kümmerte sich ihr Sohn im Auftrag seines Vaters um irgendwelche Erledigungen?

    Alejandró lächelte und verbarg seine Nervosität dahinter gekonnt. „Du hast wie immer Recht, meine Liebe.", sagte er und hoffte, sowohl sie, als auch sich selbst damit zu überzeugen.

    Als sich ihre innere Ruhe gerade auf ihn zu übertragen anfing, trat ein Bediensteter vor und verneigte sich elegant vor seinem Chef.

    „Verzeihen Sie die Störung, Don Alejandró., sagte der breit gebaute Mann einleitend. Er war beinahe im gleichen Alter wie sein Boss, nur fünf Jahre jünger, aber körperlich noch um einiges trainierter. Immerhin stand er dem Don auch als eine Art Leibwächter zur Seite. „Sie haben Besuch von einem Señore aus Russland, Don Alejandró. Er sagt, es sei sehr dringend.

    Alejandró erhob sich augenblicklich. „Bella, geh doch schon ins Bett.", sagte er und küsste sie auf die Wange.

    Isabella erhob sich nun ebenfalls, aber ihr Gesicht machte ihm deutlich bewusst, dass er sie verstimmt hatte. Dennoch wünschte sie den Herren eine angenehme Nacht und verschwand im Inneren der Villa. Sie war eine Donna, die guten Manieren und Eleganz waren der wichtigste Teil ihrer Erziehung gewesen und so hätte sie ihrem Mann niemals vor anderen Menschen eine Szene gemacht oder ihm widersprochen.

    „Schick mir den Russen raus, Bertosloni.", wies Alejandró seinen Leibwächter an und dieser gehorchte ihm sogleich.

    Der breite Mann nickte gehorsam. „Darf ich in der Nähe bleiben?", fragte er vorsorglich.

    Sein Boss lächelte. „Das wäre mir recht, danke."

    Bertosloni erwiderte das Lächeln und entfernte sich dann, um den Russen zu holen. Er selbst würde sich von nun an im Hintergrund halten, seinen Boss jedoch nicht aus den Augen lassen und notfalls eingreifen.

    Alejandró mochte es nicht, geschäftliche Dinge in seinem Haus zu besprechen, wenn er es nicht so verabredet hatte, weil er seine Familie aus all dem herauszuhalten versuchte. Er mochte es auch nicht, nun Neuigkeiten durch den Russen, anstelle durch seinen Sohn zu erfahren. Doch nun hatte er nun einmal keine Wahl. Der Russe würde ihm sagen, was mit seinem Sohn und Ristova geschehen war und das war augenblicklich das Wichtigste.

    Alejandró nahm auf einem gewichtigen Holzstuhl vor dem Pool, wenn auch in einiger Entfernung, und unter dem Vordach der Veranda Platz. Er blickte abwartend zur Tür. Hatte Orlando sich nicht gemeldet, weil ihm etwas zugestoßen war? Kam der Russe vielleicht, um ihn mit dem Leben seines Sohnes zu erpressen? Vielleicht versucht man auch nur, mich umzubringen, weil die Russen die Wahrheit herausgefunden haben, dachte er misstrauisch. Allerdings würde Orlando vermutlich auch unter der schlimmsten Folter nichts verraten. Doch auch diese Vorstellung war nicht dazu angehalten, ihn zu beruhigen. Alejandró erhob sich noch einmal und nahm sich seine Pistole. Damit setzte er sich wieder. Die Waffe hielt er schussbereit unter der Holzplatte des Tisches und auf die Terrassentür gerichtet.

    In diesem Moment trat ein Mann auf die Veranda. Er war sehr groß, vielleicht beinahe so groß wie Orlando, und sehr schlank, was bei seiner Körpergröße lächerlich wirkte. Augenblicklich entspannte Alejandró sich ein wenig und sicherte auch seine Waffe vorsichtshalber. Dieser Mann war ihm körperlich so sehr unterlegen, dass es einem Selbstmord gliche, würde er einen Mordversuch an Alejandró unternehmen. Vor diesem Mann konnte er sich nicht fürchten.

    Der Russe trat vor den Tisch und deutete eine Verneigung an, ehe er sich setzte.

    „Mein russischer Freund!, sagte Alejandró beinahe überschwänglich. Es ärgerte ihn sogleich und so fuhr er mit gemäßigter Stimme fort. „Mein Leibwächter richtete mir aus, dass Ihr Anliegen dringend sei, aber dennoch bin ich höchst ungehalten, zu so später Stunde in meinem eigenen Haus aufgesucht zu werden. Hat Ihnen niemand mitgeteilt, dass ich es schätze, Geschäftliches von Privatem zu trennen?

    Der Russe wirkte etwas verunsichert und eben dies hatte Alejandró bezwecken wollen. Er setzte eine mitfühlende Miene auf und beugte sich zu dem Mann vor. Erst jetzt bemerkte er, dass der Mann vom Weinen gerötete Augen hatte. Orlando, du hast es geschafft, dachte er triumphierend und

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1