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Mords Happen 2: Sieben schlimme Stories
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Mords Happen 2: Sieben schlimme Stories
eBook160 Seiten2 Stunden

Mords Happen 2: Sieben schlimme Stories

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Über dieses E-Book

Ein Junge, der später einmal der größte Kriminalbiologe der Welt werden will …
Ein Serienkiller auf der Suche nach der großen Liebe …
Eine werdende Mutter im Horrorwinter 1944 in Ostpreußen …

In sieben Geschichten setzt U.L. Brich seine Helden verhängnisvollen Situationen aus. Schwarzer Humor ist ihr einziger Trost. Oft, aber nicht immer.

Bonus: In kurzen Making-Offs plaudert der Autor über die Entstehung der Geschichten.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum5. Feb. 2017
ISBN9783742797681
Mords Happen 2: Sieben schlimme Stories

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    Buchvorschau

    Mords Happen 2 - U.L. Brich

    Der Fliegenjunge

    Im Alter von sechs Jahren fand Benny heraus, dass seine Eltern den Weihnachtsmann getötet hatten. Er war auf den Dachboden gestiegen, um einen Karton mit Spielfiguren zu suchen, die er seit dem Umzug in ihr neues Haus vermisste. Statt der Figuren entdeckte er eine Kiste, in der ein roter Mantel, eine schwarze Pluderhose, ein Paar blitzblank gewienerte Stiefel und ein ausgeblichener Jutesack lagen. Benny kannte die Kiste. Sie gehörte seinem Vater. Auch die Kleidungsstücke hatte er schon gesehen, zuletzt im alten Jahr, als der Weihnachtsmann Geschenke gebracht hatte.

    Nun lagen die Sachen versteckt auf dem Dachboden, und das konnte nur eines bedeuten. Seine Eltern hatten ihre Drohung wahrgemacht. Wenn du nicht artig bist, sorgen wir dafür, dass dir der Weihnachtsmann nie wieder etwas bringt. Sogar die Gesichtshaut hatten sie dem alten Knaben abgezogen und seinen Bart als Skalp genommen.

    Kreidebleich schlug Benny den Kistendeckel zu und verließ verstört die Bodenkammer.

    Vielleicht erklärt dieses Erlebnis, warum Benny zu einem jungen Mann heranwuchs, der anders war als viele Gleichaltrige.

    Neun Jahre später ging Benny aufs Gymnasium, Klasse 10. Er war ein fleißiger Schüler und kam mit den meisten seiner Klassenkameraden gut zurecht. Trotzdem sorgte er für Naserümpfen, als er das Thema der Facharbeit bekanntgab, die er für den Biologieunterricht zu schreiben gedachte: Leicheninsekten.

    Mit anderen Worten: Maden, Schmeißfliegen und Käfer.

    Nicht sehr appetitlich, vor allem wenn man bedachte, warum die Objekte von Bennys Interesse so hießen wie sie hießen.

    „Hast du dir das gut überlegt?", fragte die Biologielehrerin, Frollein Gründler.

    Benny nickte. „Ich denke schon. Ich finde Kriminalbiologie total krass." Was in der Sprache seiner Altersgruppe hieß, dass ihn das Thema faszinierte. Welcher moderne Pädagoge hätte ihn angesichts derartiger Begeisterung von seinem Weg abbringen wollen?

    „Na schön, aber eines muss dir klar sein: Es reicht nicht, aus irgendeinem obskuren Buch abzuschreiben, das zu Hause bei euch im Regal steht. Zur Facharbeit gehört zwingend ein praktischer Teil. An dieser Stelle legte Frollein Gründler eine Pause ein. „Willst du es dir vielleicht doch noch anders überlegen?

    „Ich denke nicht", sagte Benny.

    Nach der Stunde kam sein bester Kumpel Lars zu ihm. „Was hat sie mit dem praktischen Teil gemeint?"

    „Das bedeutet, dass wir alles, worüber wir schreiben, aus eigener Anschauung kennen müssen."

    „Wow, machte Lars. „Heißt das, dass du Maden und Fliegen züchten und sie durch eine Lupe anstarren willst?

    „So ähnlich, sagte Benny. „Sag mal, lebt dein Hamster noch?

    Benny war nicht sein richtiger Name. Es war eine Art Koseform seines Familiennamens, die Benny ganz in Ordnung fand. Alle in seiner Klasse, sogar die Eltern seiner Mitschüler nannten ihn so. Selbst einigen Lehrern war der Spitzname schon herausgerutscht.

    „Hi, Boomer, sagte Lars an diesem Nachmittag zu seinem Goldhamster. „Benny hier hat einen Job für dich!

    Als das Fehlen des betagten Nagers ein paar Tage später auffiel und Lars‘ Mutter bei Bennys Mutter wütend nachfragte, wann ihr Sohn gedenke, den alten Boomer zurückzubringen, da verzichtete sie auf den Gebrauch von Bennys Kosenamen.

    „Welcher Hamster?" Bennys Mutter war ahnungslos.

    „Boomer. Lars hat das Tier seit drei Jahren."

    „Und was hat mein Sohn damit zu tun?"

    „Fragen Sie ihn doch mal!"

    Das tat Bennys Mutter.

    „Den Hamster hab ich nicht mehr", sagte Benny.

    Das stimmte im Prinzip. Der alte Boomer lag mit gebrochenem Genick in einem Schuhkarton hinter dem Haus. Benny ging jeden Tag nachsehen, welche Fliegen oder Käfer sich an der Leiche einfanden. Als die ersten Maden schlüpften, gab das ein ziemliches Gewimmel, doch als Benny im Biologieunterricht die Frage aufwarf, ob er im praktischen Teil seiner Facharbeit über kleine Nagetiere schreiben könne, schüttelte Frollein Gründler den Kopf.

    „Mit Kriminalbiologie hat das eigentlich nichts zu tun."

    Vermutlich war die Lehrerin nur in Gedanken versunken. Für Benny jedoch klang ihre Antwort eindeutig.

    Er musste größer denken.

    Ein Meerschweinchen war größer als ein Hamster, doch Benny hatte so eine Ahnung, dass auch das nicht reichen würde. Schließlich gehörten Meerschweinchen zu den Kleinnagern. Er vermutete jedoch, dass der Kater ihrer Nachbarin die Anforderungen erfüllte. Er hieß Fritzi, aber heimlich nannten ihn alle Garfield. Der Grund dafür war offensichtlich: Fritzi-Garfield war vollgefressen und anderthalb mal so groß wie normale Katzen.

    An einem sonnigen Nachmittag legte Benny sich am Zaun zum Nachbargrundstück auf die Lauer. Der Kater lümmelte auf der Sitzbank im Garten und hatte die Augen zu schmalen Schlitzen zusammengekniffen. Auch er schien zu warten, vermutlich auf die nächste Fütterung. Nun, Benny hatte da etwas für ihn. Eine kleine Dose Katzenfutter, Gourmet Premium, mit Rindfleisch, Ente, Kaninchen und Hochseefisch. So stand es auf der Dose.

    Benny überlegte, was für ein Fisch das sein mochte. Heilbutt? Kabeljau? Lachs oder Dorsch? Thunfisch womöglich. Vielleicht schrieben sie es nicht auf die Verpackung, weil der Inhalt häufig wechselte. Fischabfälle der Saison klang nicht so lecker wie die unverbindliche, aber hochtrabende Bezeichnung Hochseefisch.

    Benny hatte eine Latte am Zaun gelockert und dann eine zweite, damit der fette Kater auch tatsächlich hindurchpasste. Er hatte sich einen Hammer aus dem Werkzeugkeller seines Vaters besorgt, den er jetzt in der rechten Hand hielt, während er mit der Linken die Futterdose ans Zaunloch schob.

    „Miezmiezmiez", machte Benny und kam sich reichlich blöd dabei vor. Doch für die Wissenschaft musste man Opfer bringen.

    Der Kater blickte träge herüber. Entweder war er zu faul, das leckere Mahl zu wittern, oder er musste erst abwägen, ob Gourmet-Premium-Futter die Mühe lohnte, sich von seinem Sonnenplatz zu erheben. Komm schon, dachte Benny, Hochseefisch!

    Nach einer Weile hatte er den Kater halb überzeugt. Der schwarze Fellbatzen plumpste wenig anmutig von der Bank auf die Steinfliesen und näherte sich zögerlich dem Zaun.

    „Miezmiezmiez, hol dir das Leckerli", säuselte Benny.

    Der Kater konnte die Dose jetzt genau sehen. Er musste das Fleisch riechen. Dennoch drückte sein Katzengesicht Argwohn aus. Womöglich hatte der Hersteller Barrakuda in das Futter gemischt, überlegte Benny, oder Katzenhai.

    Er wackelte mit der Dose und zog sie ein paar Zentimeter vom Zaunloch weg. Wenn der Kater seinen Kopf weit genug unter dem Zaun durchsteckte, würde er mit dem Hammer zuschlagen. Er hatte die Bewegung geübt und war sicher, dass es klappte.

    Aber der Kater blieb misstrauisch. Er schien irgendetwas zu ahnen. Benny steckte einen Finger in die Futterdose und leckte ihn ab. „Leckerleckerlecker", sagte er, und das war nicht gelogen.

    Schließlich kam der Kater. Vielleicht wollte er verhindern, dass ihm Benny das Premium-Futter wegfraß. Der Grund war eigentlich vollkommen egal. Der Kater kam durch den Zaun, das war alles, was zählte. Benny drosch mit dem Hammer zu. Es war vermutlich derselbe Hammer, mit dem sein Vater damals den Weihnachtsmann getötet hatte, aber der Kater, so fett er auch sein mochte, reagierte schneller als der Weihnachtsmann. Wie eine fellummantelte Rakete schoss er unter dem Hammerkopf davon, stieg am Zaun hoch und entschwand auf der anderen Seite, als trudele das Raumschiff führerlos ins All.

    „Scheißescheißescheiße", sagte Benny. Solch eine Reaktionsschnelligkeit hatte er dem fetten Viech nicht zugetraut. Er hatte den Kater unterschätzt, worunter nun seine Facharbeit leiden musste.

    Während Benny noch mit sich haderte, hörte er auf einmal ein Schmatzen zu seinen Füßen. Er blickte nach unten, und da saß ein Hund und leckte die Katzenfutterdose aus. Es handelte sich um eine schwarz-weiß-schmutzige Promenadenmischung namens Sammy. Er gehörte einer Witwe ein paar Häuser die Straße runter. Sammy war bekannt dafür, dass er gerne ausbüxte. Er war ein kleiner Hund, aber klein bedeutete in diesem Fall, dass er fast doppelt so groß wie der Nachbarskater war.

    Mit anderen Worten: groß genug.

    Außerdem war er nicht schneller als der Weihnachtsmann.

    Natürlich glaubte Benny schon lange nicht mehr an den Weihnachtsmann. Auch im Jahr seines grausigen Dachbodenfunds war der Weihnachtsmann am Heiligen Abend zu ihm gekommen, aber Benny hatte rasch erkannt, dass es in Wirklichkeit sein Vater war, der ihm etwas vorspielte. Er hatte sich die Kleider aus der Bodenkammer angezogen und sich die getrocknete Gesichtshaut des Toten wie eine Eishockeymaske umgebunden. Benny spielte mit, doch sein Vertrauen war erschüttert.

    Ein oder zwei Jahre später eröffnete ihm einer seiner Freunde, er habe herausgefunden, dass es keinen Weihnachtsmann gibt. „Ich weiß, hatte Benny gesagt, „nicht mehr.

    „Nicht mehr?"

    „Frag nicht, es ist kompliziert."

    Benny hatte nie wieder über das Thema geredet, doch manchmal, wenn er sich langweilte, war er auf den Dachboden gestiegen, hatte die Kiste geöffnet und in morbider Faszination hineingestarrt. Einmal war ihm etwas ins Gesicht geflattert, nachdem er den Deckel gehoben hatte. Es fühlte sich an wie ein zum Leben erwachter Wattebausch, aber dann sah er, dass es eine Motte war. Empört umkreiste ihn das Insekt. Es hatte etwas von einem übermotivierten Killersatelliten an sich. Er musste ein paarmal zuschlagen, ehe die Motte zermalmt zwischen seinen Handflächen klebte.

    Später entdeckte Benny die Löcher im Mantel des Weihnachtsmannes, und er begriff, dass er die Motte beim Fressen gestört hatte. Zuerst ekelte er sich. Igitt, wem schmeckten schon die Klamotten eines Toten? Aber dann nistete sich ein Gedanke in seinem Kopf ein wie ein Wurm in einem faulen Apfel. Was, wenn die Motte vom Geruch der Kleider angezogen wurde, was, wenn sie den Duft von Toten mochte? Das war der Augenblick gewesen, in dem Bennys Interesse für Leicheninsekten erwachte.

    Benny brachte den toten Hund in ihren Garten. Damit niemand sehen konnte, was er da trug, wickelte er seine Jacke um den schlaffen Körper. Er würde sie später mit Deodorant einsprühen, um die Motten fernzuhalten.

    Benny legte den Kadaver unter ein paar Bretter hinter dem Schuppen. Bevor er Sammys Leiche abdeckte, machte er ein Foto mit seiner Handykamera. Für seine Facharbeit war es wichtig, das Experiment lückenlos zu dokumentieren, sonst würde Frollein Gründler wieder etwas zu meckern haben.

    In den folgenden Tagen gelangen ihm einige aufschlussreiche Schnappschüsse.

    Erst kamen die Fliegen. Buntschillernd bedeckten sie den Kadaver wie ein Tuch aus lebenden Edelsteinen.

    Dann kamen die Maden. Die meisten waren weiß und sahen aus wie etwas, das man durchaus essen konnte, wären da nicht auch schwarze und rote Maden gewesen, die absolut bedrohlich wirkten. Benny nahm an, dass sie einen von innen auffraßen, wenn man ihnen die Gelegenheit dazu gab.

    Als Nächstes kam Bennys Mutter. Sie hielt sich die Nase zu, riss die Augen auf, murmelte Oh mein Gott und rief Bennys Vater. Damit war das Experiment zu Ende.

    „Das könnte Sammy sein, sagte sein Vater, nachdem er den Kadaver eine Weile angestarrt hatte. „Da. Schwarz-weißes Fell. So sah Sammy aus. Auch die Größe passt.

    „Sammy?" Benny tat unschuldig.

    „Der Hund von Frau Bolte. Er ist vor ein paar Tagen wieder einmal weggelaufen und wird seitdem vermisst."

    „Aha", machte Benny.

    „Sammy war alt, sagte sein Vater. „Offenbar hat er sich hier zum Sterben verkrochen. Das tun Tiere manchmal.

    Lars‘ Hamster Boomer war auch alt gewesen.

    Mit Tieren hab ich einfach kein Glück, dachte Benny.

    Auf seinem Mountainbike kurvte Benny durch das Wohnviertel. Er war auf der Suche nach einem Platz, an dem er ungestört experimentieren konnte. Er brauchte ein Labor, so wie alle großen Forscher eines besaßen. In einem Buch hatte er über einen Ort gelesen, der neben Räumen mit Mikroskopen und Seziertischen auch über einen riesigen Garten verfügte, in dem Leichen reiften wie anderswo Kartoffeln oder Erdbeeren. Das

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