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zeichnen nach der natur: gedichte.sprüche.gesänge
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eBook86 Seiten41 Minuten

zeichnen nach der natur: gedichte.sprüche.gesänge

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Über dieses E-Book

Die in diesem Band versammelten Gedichte entstammen einer rund vierzigjährigen schriftstellerischen Tätigkeit der
Autorin. Einigen der Texte wird die Leserschaft anmerken, dass sie zu DDR-Zeiten entstanden sind. Dort, wo es angezeigt schien, sind deshalb zum besseren Verständnis die Jahreszahlen der Entstehungszeit vermerkt. Nichtsdestotrotz haben die Gedichte unseres Erachtens nichts an Aktualität und dichterischem Reiz verloren, widrigenfalls wären sie nicht in diese Auswahl aufgenommen worden. Entsprechend vielfältig ist ihre Gestalt. Es finden sich streng metrische Odenformen neben so genannten freien Rhythmen. Gelegentliche Anklänge an das Volkslied sind unübersehbar. Bereits im Jahre 2002 ist der Kern dieser Sammlung unter dem Titel "Mein Feind die Finsternis" ein erstes Mal erschienen. Die jetzt vorliegende Ausgabe ist dem gegenüber korrigiert, bereinigt und um einige neue Texte erweitert.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum21. Apr. 2017
ISBN9783742790521
zeichnen nach der natur: gedichte.sprüche.gesänge

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    Buchvorschau

    zeichnen nach der natur - Doris Claudia Mandel

    SPRÜCHE

    haeretisches haiku

    die götter sind fern.

    wie entbehrlich also

    wär’n unsre münder.

    zweifel

    ich -

    eine lüge

    niemand

    fasst mich

    eines morgens

    früelinc ist kumen

    hab gleich dem vogelîn sungen

    sint mir diu lungen sprungen

    situation kurz vor einbruch der kälte

    november ist

    die störche ziehen fort

    die männer ziehen ein

    wo sie einander hätten treffen können

    wächst kein gras mehr

    (1975)

    sehnsucht

    nicht

    ypernmütig sein

    müssen

    druckfehler

    (34. Woche, 1980)

    deutsche banden

    haben der polnischen regierung

    kredite versprochen.

    plötzliche erinnerung an Miro Šelestiak, slowakei

    er klagte

    er dürfe nicht schreiben

    wie er denke und

    tötete sich

    nun kann er

    weder schreiben noch

    denken.

    (1978)

    zigeunerweisheit

    meine herzklappen sind aktendeckel

    mich die ich zwischen den zeilen zu lesen geübt bin

    narrten die schwüre aus kusswunden mündern

    um lieben zu lernen

    bräuchten wir neununddreißig leben heißt es

    um den wir lieben zu verstehen

    bräuchten wir sechsundzwanzig leben heißt es

    doch einen winzigen Atemzug nur bräuchten wir

    um den wir lieben zu verraten.

    rundgesang

    es regnet

    tropfen tropfen

    begeg net

    net begeg

    tropfen tropfen

    es regnet

    Umzug ins Neubauviertel

    O Lob der Bedachtsamkeit!

    Am zweiten Tage vermisst’ ich der Platane Wispern.

    Am dritten Tage das wollüstige Wirken

    einer zögernd sich wärmender Stube.

    (1981)

    Bäume

    Bäume! Fassungslos lauere ich am Fenster meines Arbeitszimmers und

    starre auf den Beton zwischen den Plattenhäusern hinab. Auf dem

    gegenüberliegenden Parkstreifen ist ein LKW vorgefahren, sein Kranarm

    hievt die Stämme von der Ladefläche, feuchtes, graues Holz mit klobigem,

    sackleinenumschnürtem Wurzelwerk. Zwischen den Stoffzipfeln hervor

    quillt die Muttererde, sepiafarben und festgestampft. Buchen, jetzt

    stehen sie auf dem toten Beton und warten, hilflos wie Delegierte in

    der Fremde. Ich denke an Karl Kraus, der den Zustand eines Staates

    daran maß, auf welche Weise jene, die ihm vorstanden, mit den Bäumen

    umsprangen. Ich hoffe: Jetzt wird alles gut. So hoffend, lauere ich am

    Fenster meines Arbeitszimmers und starre gläubig hinab auf das Wunder.

    (1981)

    SPIEGEL

    IN DER STADT

    AUF DEM LANDE

    VOR DEM MEER

    Merseburg kurz vorm ende

    (1978)

    I samstagmorgen

    starrkrämpfig tauber nonnenschoß.

    der grobe stein schwitzt orgelpunkt

    meiner brust bemooste kälte sprengt das spiegelbild

    und wie von eisesscherben schneidet scharf das licht kontur:

    geil der abrisshäuser ausgestochne augen

    der einen grauen stirn ist aufgebrannt:

    Ich fürcht mich nicht — der Herr ist bei mir.

    Was können mir die Menschen thun?

    II in der aue

    hier

    ist die welt hindurchgezogen

    wie weiland blüchers truppe auf napoleonjagd

    gerad’

    sah man sie noch um den schlossberg toben

    schon ist sie weg, vergrämt, verzagt

    die wolken hängen tief hier in der aue

    und sind nicht echt

    damit er den versprechen traue

    sei dem daheim Ersatz recht.

    III stiftskirche st. sixi

    was übrig bleibt sind nicht einmal die mauern,

    ist sonne auf den trümmern wasser wind

    solange wir die wir im wetter sind

    uns vag erinnern dass da mal was war

    wir glauben eine wasserpumpe scheu im kirchhof

    die schlürfend schlug wie unser phosphorherz

    und müde einen schlag dem anderen nachschleifend

    entspiegeln hieß der zeit furchtsames werk

    das zögerliche ab und ab und ab

    das man dem wasser nachsagt über müllersteinen

    dem wind der wie die spreu zerstreue die gottlosen

    solange wir die wir im wetter sind

    uns vag erinnern dass da mal was war

    wir glauben glauben eine

    glauben

    IV zeitlos

    verätzt die brust von den nebelschleiern im dreiflusstal

    röchelnd sackt die stadt in den schwaden vergessen

    blind zwischen den gestaltlosen fronten

    schmecke ich JETZT nichts als JETZT

    das helle klicken der wanduhr

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