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Angriff der Keshani: Drittes Buch der Keshani-Trilogie
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eBook290 Seiten4 Stunden

Angriff der Keshani: Drittes Buch der Keshani-Trilogie

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Über dieses E-Book

Nach ihrer Flucht haben Nadira und ihre Gefährten es geschafft Miragar zu verlassen, und befinden sich jetzt wieder in Erel Trel. Doch die Armee der Keshani ist bereits auf dem Weg nach Alluria. Die nächste Stadt ist Giagan. Werden die Gefährten die Stadt rechtzeitig erreichen, um die Dynari vor dem Feind zu warnen? Ist Alluria in der Lage, sich gegen die schreckliche Armee der Keshani zu verteidigen? Am Ende wird das Schicksal ihrer Heimat von Nadira und ihren Gefährten abhängen.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum28. Juni 2016
ISBN9783738075175
Angriff der Keshani: Drittes Buch der Keshani-Trilogie

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    Buchvorschau

    Angriff der Keshani - Lina-Marie Lang

    Die Ashara-Chroniken

    Buch Drei

    Angriff der Keshani

    Das dritte Buch der Keshani-Trilogie

    Lina-Marie Lang

    EREL TREL

    Nach den schrecklichen Entdeckungen in Miragar und der Begegnung mit der Aillyl Moriel, waren Nadira und ihre Gefährten jetzt wieder in Erel Trel angekommen. Ihre Erlebnisse, als sie das Gebiet der Zwillingsstädte das erste Mal durchquert hatten, waren ihnen noch gut in Erinnerung. Keiner von ihnen wollte, dass sich diese Erfahrungen wiederholten. Damals waren sie nur knapp mit dem Leben davongekommen.

    „Was machen wir jetzt?", fragte Callanor. Sie hatten zwar die Höhle verlassen, waren aber noch nicht in das Tal von Erel Trel hinuntergestiegen. Noch immer hatten sie einen beeindruckenden Blick über das Land. Vor ihnen erstreckte sich das Tal von Erel Trel, das Land der verfluchten Zwillingsstädte. Ein Land in dem kaum Pflanzen wuchsen und keine Menschenseele lebte. Dahinter erstreckte sich der große Südwald von Alluria. Gerade noch vom Wald versteckt verlief der große Strom, der Lissiri, der aus Androtor kam und im Süden in das Meer mündete. Dieses erstreckte sich zu ihrer Rechten bis weit in den Horizont hinein. Der Lissiri war außerdem die Westgrenze ihres Heimatlandes Alluria.

    Zu ihrer Linken erstreckte sich das Tal von Erel Trel bis zum Horizont. Dahinter lag das alte Kaiserreich Androtor, aber es war von hier aus nicht zu sehen. Nadira glaubte einen dunklen Schatten im Norden über dem Tal hängen zu sehen, das musste Trel sein. Die verfluchte Stadt, in der sie auf seltsame Schattenwesen getroffen waren. Ein kalter Schauer der Angst fuhr durch Nadiras ganzen Leib und sie sah schnell weg. An der Küste, etwa auf halben Weg zum Wald, lag die zweite verfluchte Stadt: Erel.

    Sie mussten so schnell wie möglich nach Alluria gelangen und die Dynari warnen. Die Keshani bereiteten einen Krieg vor und hatten bereits eine ganze Armee schrecklicher Monster über den Pass der Tokar Berge geschickt. Ob diese schon in Erel Trel angekommen waren oder die Gefährten einen Vorsprung hatten, wusste niemand.

    „Im Süden liegt Giagan", sagte Darec. Giagan war die westlichste Stadt Allurias. Sie lag Mitten im Delta des Lissiri und war, nach dem Untergang von Erel, eine der wichtigsten Handelsstädte des Südens geworden. Giagan war außerdem die nächste Stadt, die sie erreichen konnten.

    „Wir sollten direkt nach Seraint", sagte Brancus. Seraint war die Stadt, in der die meisten von ihnen lebten. Nadira konnte Brancus Bedürfnis nach Hause zurückzukehren sehr gut verstehen. Aber der Weg war zu weit. Sie würden Seraint niemals reichen, bevor die Guul, die Kreaturen der Keshani, in Alluria angekommen waren.

    „Dazu müssten wir nach Norden, sagte Callanor. „Und dort sind die Guul.

    „Wir wissen nicht, ob sie schon dort sind", wandte Brancus ein.

    „Aber der Weg nach Seraint ist zu lang, sagte Nadira. „Wir müssen die Dynari früher warnen, und dafür sorgen, dass die Bevölkerung in Sicherheit gebracht wird.

    Brancus musterte Nadira einige Zeit stumm. Wahrscheinlich überlegte er gerade, ob er wieder versuchen sollte, ihre Autorität zu untergraben. Aber diesmal schien er sich dagegen zu entscheiden. „Du hast recht, fürchte ich, sagte er. Aber es gefällt mir nicht.

    „Mir gefällt die ganze Situation nicht, sagte Nadira. „Aber ich kann sie auch nicht ändern.

    „Also gehen wir nach Giagan?", fragte Darec. Nadira sah erst Callanor dann Brancus fragend an. Keiner der beiden widersprach. Der Weg nach Giagan würde sie nicht weit in den Norden führen, wo sich wahrscheinlich eine ganze Armee von Monstern aufhielt. Aber er führte sie gefährlich nahe an Erel heran.

    „Aber wir halten uns erst nördlich, sagte Nadira. „Ich will Erel nicht zu nahe kommen. Niemand widersprach ihr. Also setzen sie sich schließlich in Bewegung. Es dauerte nicht lange, bis sie den schmalen Pass, der von dem geheimen Durchgang herab führte, hinter sich gelassen hatten.

    Der trockene Boden und die brauen Pflanzen des Tals von Erel Trel weckten in Nadira sofort Unbehagen. Sie hatten bei ihrer ersten Reise durch Erel Trel einige unangenehme Erfahrungen mit den tierischen Bewohnern des Landes gemacht. Erfahrungen, die keiner von ihnen wiederholen wollte. Mit etwas Glück hielten die Wölfe und Bären sich weiter im Norden auf, aber Nadira wollte nicht so recht daran glauben, dass sie so ein Glück haben würden.

    Nachdem sie einige Stunden durch das Ödland geritten waren, bewegte sich die Sonne langsam aber sicher dem Horizont entgegen. In der letzten Nacht hatten sie nicht viel geschlafen und die Erschöpfung saß tief in ihnen. Vor allem Tinju, der vor wenigen Tagen schwer verletzt worden und noch nicht wieder ganz bei Kräften war, sah erschöpft aus. Aber er war zu sehr Krieger, um sich zu beklagen.

    „Es wird Zeit, dass wir einen Lagerplatz suchen", sagte Callanor und Nadira glaubte zu hören, wie alle erleichtert aufatmeten. Ähnlich wie in ihrer ersten Nacht in Erel Trel, wählten sie den Schutz eines großen Felsens als Platz für ihr Lager. Inzwischen waren sie geübt darin das Lager aufzubauen und gut aufeinander eingestellt.

    Aurel bereitete das Essen zu und Callanor teilte Wachen ein. Zu ihrer Überraschung wurden auch Nadira und Brancus zur Wache eingeteilt. Nur Aurel und Tinju blieben verschont. Tinju wegen seines Gesundheitszustandes, Aurel wegen … das blieb Callanors Geheimnis.

    Nadira würde die letzte Wache zusammen mit Lledar übernehmen, aber zunächst kroch sie in ihr Zelt und schlief innerhalb kürzester Zeit ein. Anfangs hatte sie in dem Zelt so gut wie gar nicht schlafen können. Sie war es gewöhnt, in mehr oder weniger komfortablen Betten zu schlafen. Das Schlafen in einem Schlafsack auf dem harten Boden hatte sie zunächst auf eine harte Probe gestellt, sie hatte sich jedoch daran gewöhnt.

    Die Nacht war viel zu schnell um und ihre Wache begann. Callanor weckte sie und Nadira schleppte sich müde und noch schläfrig nach draußen.

    In der Mitte des Lagers brannte ein Feuer, die Zelte waren wie immer im Kreis darum errichtet worden. Lledar saß bereits neben dem Feuer, und als Nadira aus dem Zelt kletterte, sich streckte und ausgiebig gähnte, konnte er sich ein Grinsen nicht verkneifen.

    „War irgendwas?", fragte sie Callanor schließlich.

    „Nein. Bis jetzt war alles ruhig", sagte er, dann kroch er in sein Zelt. Er schien die mittlere, und damit die anstrengendste Wache, allein übernommen zu haben.

    „Ich bin froh, dass ich nicht die mittlere Wache hatte", sagte Lledar. Mitten in der Nacht aus dem Schlaf gerissen zu werden war nicht besonders angenehm. Von Darec hatte Nadira erfahren, dass er dann oft Probleme hatte, wieder einzuschlafen, wenn seine Wache vorbei war. Das Ergebnis war, dass man am nächsten Morgen nicht ausgeschlafen war. Nadira selbst hatte noch nie die mittlere Wache übernommen. Und darüber war sie froh und hoffte, dass es so bleiben würde.

    Sie setzte sich gegenüber Lledar ans Feuer und die Zeit zog sich zäh dahin. Ab und zu stand einer von beiden auf und sah sich im Lager und in der näheren Umgebung ein wenig um, aber es blieb alles ruhig.

    Die Stunden zogen sich dahin, aber schließlich zeigte eine leichte Rotfärbung des Horizonts, dass der Morgen langsam dämmerte. Eine leichte Briese hatte eingesetzt und mit ihr kam nicht nur Bewegung in die stickige Luft, die Briese trug auch noch etwas anderes mit sich, ein Geräusch: Heulen.

    Das Geräusch war leise, sehr leise und Nadira war sich nicht einmal sicher, ob es wirklich existierte. Sie sah zu Lledar hinüber und zu ihrem Schrecken erkannte sie, dass auch dieser wachsam in die Nacht lauschte.

    „Du hörst es auch?", fragte sie, nachdem sie endlich genug Mut für die Antwort gesammelt hatte.

    Lledar nickte. „Ich höre es. Und ich hoffe, es ist nicht das, was ich befürchte."

    „Sollen wir Callanor wecken?"

    „Es scheint weit weg zu sein, sagte er. „Ich glaube nicht, dass Gefahr besteht. Lassen wir ihn schlafen, solange es nicht näherkommt.

    Es kam nicht näher, und als die Sonne ganz aufgegangen war, weckten sie nach und nach ihre Gefährten auf. Callanor war der Erste, obwohl Nadira ihn eigentlich lieber noch eine Weile schlafen lassen wollte. Aber sie wollte mit ihm über das Heulen sprechen, ehe sie die anderen weckten.

    „Ich glaube nicht, dass Gefahr besteht, sagte Callanor. „Geräusche können hier über sehr weite Entfernungen getragen werden. Trotzdem sollten wir sehr aufmerksam sein.

    Also weckten die anderen, frühstückten und machten sich schließlich wieder auf den Weg. Im Laufe des Tages hörten sie das Heulen noch einige Male, aber es schien nicht näherzukommen. Niemand von ihnen sprach es an, aber an ihren Gesichtern, konnte Nadira ablesen, dass sie alle es gehört hatten. Und sie alle hatten Angst.

    Am späten Nachmittag waren sie auf Höhe von Erel und sie ritten weiter, bis die Sonne fast untergegangen war. Sie wollten einen größeren Abstand zu der verfluchten Stadt gewinnen. Aber sie mussten auch auf ihre Kräfte achten.

    An diesem Abend, sie waren gerade beim Essen, hörten sie wieder Geräusche. Sie waren nicht lauter als das Heulen, das Nadira und Lledar in der letzten Nacht zum ersten Mal gehört hatten. Aber diesmal war es nicht nur Heulen, Knurren und Fauchen mischten sich dazu.

    „Was ist das?", fragte Aurel beunruhigt.

    „Ich glaube sie kämpfen", sagte Callanor.

    „Dann sind die Guul also in Erel Trel angekommen", sagte Brancus düster.

    Callanor nickte. „Ich fürchte, es gibt noch ein Problem, sagte er. „Die Wölfe werden sicherlich vor den Guul fliehen, wahrscheinlich nach Süden.

    „Also auf uns zu", sagte Nadira. Plötzlich war ihr der Appetit auf ihr Essen vergangen.

    ***

    Trotz ihrer aller Befürchtungen blieb die Nacht ruhig. Zwar war immer wieder das Heulen der Wölfe, und gelegentlich Knurren und Fauchen zu hören, aber es schien nicht näherzukommen.

    „Die Warge scheinen um ihr Revier zu kämpfen", sagte Callanor am Morgen.

    „Können sie gewinnen?", fragte Aurel.

    Callanor schüttelte den Kopf. „Wenn wirklich eine ganze Armee von diesen Kreaturen über den Pass gekommen ist, haben die Warge und Wölfe keine Chance."

    „Also ist es nur eine Frage der Zeit, bis sie fliehen werden", sagte Tinju. Er war in den letzten Tagen sehr ruhig gewesen. Aber langsam schien es ihm wieder besser zu gehen.

    „Und dann auf uns treffen", sagte Lledar.

    „Wir sollten uns also nicht zu lange hier aufhalten", sagte Callanor und bestätigte damit ihre Befürchtungen.

    „Dann brechen wir besser auf", sagte Nadira.

    Brancus saß mit gesenktem Kopf und grimmigen Gesichtsausdruck da. Hatte er Angst? „Kannst du sie sehen?", fragte Nadira ihn. Durch seine besondere Gabe Leben zu entdecken, war Brancus in der Lage, die Wölfe zu entdecken, lange bevor die anderen sie sehen konnten. Nadira wusste nicht genau, wie er Lebewesen wahrnahm, in ihrer Vorstellung glich das Ganze aber ihrer eigenen Fähigkeit Ashara wahrzunehmen. Wenn ein Mensch über Ashara verfügte, sah sie das als ein warmes Leuchten, das von dieser Person ausging. Je stärker das Ashara war, desto heller war das Leuchten.

    Brancus sah zu Nadira auf, als müsste er sich erst vergewissern, dass sie mit ihm gesprochen hatte. Dann stand er auf und wandte sich in die Richtung, aus der das Heulen kam. Er starrte konzentriert in die Ferne und schien den ganzen Horizont vor sich zu mustern. Schließlich drehte er sich wieder zu den anderen herum. „Nein. Ich kann sie nicht sehen. Sie müssen noch ein weites Stück entfernt sein."

    „Darüber können wir auch froh sein. Sie sind schneller als wir. Sie würden uns einholen, ehe wir einen sicheren Ort erreichen können", sagte Callanor. Nadira konnte zwar nur für sich sprechen, aber sie war wirklich froh darüber. Wenn ein Rudel der Größe, wie bei ihrem ersten Besuch in Erel Trel, sie hier im offenen Land erwischen würde, konnten selbst die beiden Dynari sie nicht aufhalten.

    Das Lager war schnell abgebaut und sie waren schnell wieder auf dem Weg. Da sie jetzt an Erel vorbei waren, wandten sie sich stärker in südliche Richtung, auf Giagan zu.

    Am Abend waren die ersten Ausläufer des Waldes schon fast in greifbarer Nähe. Trotzdem würde es noch mehrere Stunden dauern, bis sie das Lissiri Delta erreichten. Da die Sonne bereits unterging und sie und die Pferde von dem langen Ritt erschöpft waren, beschlossen noch einmal in Erel Trel zu lagern.

    „Hier sollten wir einigermaßen sicher sein, sagte Callanor. „Ich glaube nicht, dass die Wölfe so nah an die Stadt herankommen werden.

    So wirklich beruhigen wollte Nadira das Ganze nicht. Sie hatte durchaus schon von Wölfen gehört, die sich deutlich näher an Seraint herangewagt hatten. Allerdings waren das immer einzelne Tiere gewesen, kein riesiges Rudel, angeführt von einem Warg. Callanor kannte das Verhalten dieser Tiere besser als jeder andere aus der Gruppe. Trotzdem wurde Nadira das Gefühl nicht los, dass er sie nur beruhigen wollte. Vielleicht auch sich selbst.

    Da es Tinju inzwischen wieder besser ging, wurde auch er in dieser Nacht zur Wache eingeteilt. Zusammen mit Nadira. Sie bekam wieder die letzte Wache vor Anbruch des Tages.

    Nadira hatte den Eindruck, dass das Heulen häufiger und lauter geworden war, aber Tinju meinte, das läge nur an der Nacht. „In der Nacht klingen Wölfe noch unheimlicher als tagsüber", sagte er. Nadira hatte immer gedacht, dass Wölfe ohnehin nur in der Nacht heulten, aber offensichtlich machten sie eine Ausnahme, wenn Gefahr bestand.

    „Trotzdem, sagte Nadira. „Es klingt näher.

    „Ich habe viel mehr Erfahrung als Nachtwache als Ihr", sagte Tinju.

    Damit hatte er recht. „Aber hast du auch viel Erfahrung mit Wölfen?", fragte Nadira. Jetzt kam Tinju ins Stocken. Erwischt, dachte Nadira. „Ich werde Callanor wecken", sagte sie und stand auf.

    „Er braucht seinen Schlaf."

    „Aber wenn ich doch recht habe, ist das wichtiger als zu schlafen", sagte Nadira. Sie würde sich nicht von Tinju abhalten lassen, aber dieser widersprach nun auch nicht mehr.

    Callanor war zwar mürrisch als Nadira in weckte, doch kaum hatte er sein Zelt verlassen und das Heulen gehört, war er hellwach. „Es klingt tatsächlich lauter", sagte er.

    „Ich wecke Brancus", sagte Nadira und eilte zum Zelt des anderen Dynari. Brancus war noch wesentlich mürrischer als Callanor als Nadira ihn weckte.

    „Was soll das? Ich bin gerade erst eingeschlafen." Das stimmte nicht ganz, er hatte zwar die mittlere Wache gehabt, aber war schon vor mehr als zwei Stunden Schlafen gegangen. Aber Nadira hatte keine Lust und keine Zeit für seine Spielchen.

    „Das Heulen ist lauter geworden. Wir brauchen deine speziellen Talente", sagte sie.

    „Weckt Callanor", sagte Brancus und drehte sich von Nadira weg.

    „Das habe ich bereits. Er sagte auch, dass das Heulen lauter klingt."

    Brancus seufzte, setzte sich auf und funkelte Nadira böse an. Er wollte etwas sagen, aber in diesem Moment war wieder ein Heulen zu hören. Selbst hier drin im Zelt war es deutlich lauter. Brancus schien einen Moment zu erbleichen, dann stand er auf und schob Nadira einfach zur Seite, um das Zelt verlassen zu können.

    Er warf nur einen Blick nach Nordwesten und erstarrte.

    „Was ist?", fragte Nadira, obwohl sie die Antwort schon kannte.

    „Ich kann sie sehen, sagte Brancus. „Sie kommen.

    „Auf uns zu?", rief Callanor.

    Brancus schüttelte den Kopf. „Nicht auf uns zu, aber sie strömen nach Süden."

    „Wie viele? Ist das Rudel so groß, wie damals bei Trel?", fragte Nadira.

    „Nein, sagte Brancus. „Viel größer. Es müssen Hunderte sein.

    Callanor und Tinju begangen zu fluchten. Tinju eilte zu den Zelten, um die anderen aufzuwecken. Lledar war bereits durch die Diskussion zwischen Nadira und Brancus wach geworden und stieg aus seinem Zelt.

    „Wir müssen sofort das Lager abbauen, sagte Callanor. „Falls wir dazu noch Zeit haben. Er sah Brancus fragend an.

    „Sie haben uns offenbar noch nicht bemerkt, oder wir interessieren sie nicht. Sie laufen direkt nach Süden."

    „Dann schnell", sagte Callanor und fing sofort mit der Arbeit an. Obwohl sie inzwischen wirklich geübt daran waren, das Lager zügig auf- und abzubauen, beeilten sich deutlich mehr, arbeiteten dafür aber weniger sorgfältig.

    Die Sonne war noch nicht am Horizont zu sehen, als sie sich wieder auf den Weg machten. Wenn die Sonne aufgegangen war, würden sie aus weiter Entfernung zu sehen sein. Nadira war sich nicht sicher, ob die Wölfe sie sehen mussten, aber trotzdem beunruhigte sie diese Tatsache.

    Da Erel Trel ein Tal war, befand sich der Wald ein Stück über ihnen. Genau gesagt waren es weniger als zwei Meter. Aber diese zwei Meter waren eine Steilwand aus loser Erde. Die Pferde hatten nicht den Hauch einer Chance dort hinaufzukommen. Aber selbst zu Fuß und ohne Ausrüstung hätten sie es kaum geschafft, dieses kurze Stück zu überwinden.

    Sie ritten zügig, und vom Horizont her tasteten sich die ersten Sonnenstrahlen durch das Land. Die Wölfe waren nicht zu sehen, aber deutlich zu hören. Nadira war sich ziemlich sicher, dass das Heulen noch näher gekommen war. Aber noch war es nicht so nah, dass sie in unmittelbarer Gefahr waren.

    Als die Sonne sich halb über den Horizont nach oben geschoben hatte, wich der Wald zu ihrer Linken plötzlich zurück. Die braune, trockene Steppe Erel Trels ging über in saftige, grüne Wiesen. Vor ihnen lag die Mündung des Lissiri. Hier spaltete sich der gewaltige Strom in eine ganze Reihe kleinere Flüsse auf. Wie ein Fächer teilte sich der Fluss auf und erschuf so ein Stück fruchtbaren Landes am Rand des trockenen, verfluchten Erel Trel.

    Kleine Wälder bedeckten einige der Landzungen, die zwischen den Flussarmen lagen. Zwischen ihnen erhielt Nadira einen ersten Blick auf Giagan. Genau gesagt, auf die massiven Stadtmauern, die von noch massiveren, rechteckigen Türmen durchbrochen wurden.

    Sie durchquerten den ersten Flussarm an einer Furt. Dahinter lag ein gepflegter, kleiner Wald, der wahrscheinlich von Menschenhand angelegt worden war. Dort wuchsen nämlich fast nur Bäume, die Früchte trugen, Apfelbäume, wenn Nadira sich nicht irrte.

    Sie kamen an einigen Arbeitern vorbei, die zu dieser frühen Stunde wohl auf dem Weg zu einer der Plantagen waren. Sie warnten die Männer und Frauen, aber diese wollten ihnen nicht glauben.

    Schließlich stießen sie auf eine Straße, die bis zur Stadt führte. Die nächsten Flussarme würden sie auf Brücken überqueren. Dann schnitt ein ohrenbetäubendes Heulen durch den Morgen. Nadira kannte dieses Heulen bereits, es war kein Wolf, es war ein Warg.

    Sie drehte sich im Sattel um, und zog sofort an den Zügeln, um ihr Pferd anhalten zu lassen. Auf einem Hügel am Übergang zwischen der Steppe und dem fruchtbaren Land der Flussmündung stand ein riesiger Wolf. Nein, kein Wolf, ein Warg.

    Ein weiteres Heulen durchschnitt die Stille. Die anderen Menschen hatten inzwischen auch bemerkt, dass etwas nicht stimmte. Rufe wurden laut, die auf den riesigen Wolf hinwiesen. Einige Menschen begangen zu fliehen.

    Aber es war schon zu spät. Mit dem dritten Heulen des Wargs kamen die Wölfe. Wie eine gewaltige Welle schwemmten sie über den Hügel auf das Gebiet von Giagan zu. Geradewegs auf Nadira, ihre Gefährten und die schutzlosen Menschen aus der Stadt zu.

    ***

    Brancus war der Erste, der seinem Pferd die Sporen gab. Die Erinnerung an das, was ihm in Trel passiert war, musste noch sehr gegenwärtig sein. Deshalb war der Anblick der gewaltigen Welle von schwarzen, pelzigen Körpern, die sich noch immer über den Hügel ergossen, schlimm genug, um in Panik auszubrechen.

    Nadira und die anderen hatten schon eine ganze Gruppe einfache Leute hinter sich gelassen. Sie versuchten der Flut von Wölfen zu entkommen, aber sie hatten keine Chance. Wie eine Sturzflut brachen die Tiere über die fliehenden Menschen her. Ihre Todesschreie wurden zum Glück vom Heulen der Wölfe verschluckt.

    „Die Menschen hier haben keine Chance, rief Nadira. „Wir müssen ihnen helfen!

    „Aber wie?, rief Darec. „Selbst eine ganze Einheit der Wache könnte sie nicht aufhalten.

    „Ich will hier weg", rief Aurel.

    „Reitet hinter Brancus her. Ich versuche sie ein wenig aufzuhalten, rief Nadira. Darec zögerte, er würde nicht so ohne Weiteres von ihrer Seite weichen. „Los, verschwinde, rief sie.

    Nadira hatte keine Zeit mehr darauf zu achten, ob ihre Anweisungen ausgeführt wurden. Die Wölfe waren nicht mehr weit entfernt und sie musste anfangen, sie abzuwehren. Als erstes zog sie ihren Fokusstein, der nicht mehr im Diadem befestigt war, aus der Satteltasche. Sie hatte ihn an einem Lederriemen festgebunden, so konnte sie ihn sich um den Hals hängen.

    Dann griff Nadira nach ihrem Ashara und fokussierte die Kraft durch den Stein. So schickte sie Schlag um Schlag nach der Welle aus schwarzen Leibern. Sie musste nicht zielen, denn die Masse der Wölfe war so groß, dass sie sie gar nicht verfehlen konnte.

    Leider waren die Wölfe nicht wie die Guul. Sie fielen nicht über ihre verwundeten Kameraden her. Ihre Schläge zeigten kaum Wirkung. Sie konnte mit einem Schlag nur zwei oder drei Tiere treffen, die anderen aber ließen sich davon nicht aufhalten. Noch immer rasten sie wie eine unaufhaltsame Flutwelle auf sie zu.

    Hilflos musste Nadira dabei zusehen, wie noch zwei Menschen unter der Flut aus schwarzen Leibern verschwanden. Die Front der Welle aus Raubtieren war zu breit, um sie mit einem Energiefeld abzuwehren. Alleine wäre sie nicht in der Lage dazu. Aber selbst wenn Brancus nicht geflohen wäre, hätte sie es nicht geschafft. Nadira schätze, dass sie mindestens fünf Dynari gebraucht hätten, um ein Energiefeld zu schaffen, das sowohl stark genug als auch groß genug war.

    Die letzten Menschen hatten inzwischen den Wald hinter sich gelassen, die Wölfe würden den Wald jeden Moment erreichen. Nadira blieb nur noch eine Chance. Sie änderte ihre Taktik. Statt Schläge aus reiner Energie zu führen, ließ sie ihr Ashara zu einem brodelnden Feuer auflodern. Außerdem sandte sie das Feuer nicht nur auf die Wölfe, sondern vor allem in die

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