Eins, zwei, Polizei
Von Adam Friedrich
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Über dieses E-Book
Eine kleine, verschlafene Polizeiwache wird plötzlich von seltsamen Ereignissen heimgesucht. Es beginnt ganz harmlos und zieht doch unaufhaltsam immer größere Kreise. Wer ist Täter, wer Opfer? Schwarz und Weiß verschwimmen zu einem unklaren Grau.
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Buchvorschau
Eins, zwei, Polizei - Adam Friedrich
Prolog: Die Kontrolle
Der Schnee schwebte in großen Flocken durch die nächtliche Luft. Eigentlich schneite es nur wenig, doch der starke Wind erzeugte das Gefühl, gerade durch einen Blizzard zu fahren. Nur das Licht einsamer Straßenlaternen, gelegentliche Leuchtwerbung sowie das gleichmäßige Brummen des Motors erinnerten an die Geborgenheit einer Zivilisation, die da irgendwo hinter dem Schneechaos lag.
Es war also eindeutig nicht die beste Nacht, die Jean je am Steuer erlebt hatte. Er ahnte jedoch nicht, dass diese Samstagnacht sogar die wahrscheinlich schlimmste Nacht seines Lebens werden sollte. Im nur begrenzt wirksamen Scheinwerferlicht tanzten die weißen Flocken mit irrsinniger Geschwindigkeit auf die Frontscheibe zu und zerplatzten an ihr, um gleich darauf vom emsigen Scheibenwischer beseitigt zu werden. Das Fernlicht einzuschalten hatte wenig Sinn. Es ermöglichte lediglich die Sicht auf noch mehr rasante Schneeflocken. Man konnte davon wahnsinnig werden.
Nur die Nebelscheinwerfer brachten etwas Erleichterung. Sie leuchteten die Fahrbahn ein wenig aus und ließen so den weiteren Straßenverlauf erahnen.
Jean wurde langsam müde. Es strengte seine Augen zu sehr an, beständig durch das Schneechaos auf die Straße zu starren. Der 20Jährige kannte die Anzeichen: Erst schmerzten die Augen, dann wurde er nervös, schließlich machte er Fehler. So war es immer, denn als Informatikstudent mutete Jean seinen Augen oft mehr zu, als für sie gesund war. Einen Bildschirm konnte man aber immerhin ausschalten. Mit dem Schneegestöber rings um sein Auto ging das leider nicht.
200 Meter voraus durchdrang das beleuchtete Logo einer Supermarktkette die schneegeschwängerte Dunkelheit. Jean seufzte erleichtert. Gleich würde er zu Hause sein. Nur noch ein paar von Laternen gesäumte Straßen, zweimal abbiegen, dann…
In diesem Moment durchdrang ein fremdes Licht den Dunst ringsum. Genauer gesagt, waren es mehrere fremde Lichter. Zunächst einmal ein Paar Autoscheinwerfer, gefolgt von einem blauen Blinken. Jean blickte in den Rückspiegel und entzifferte eine rote Laufschrift: „…te anhalten. Polizei. Bit…", las Jean, ehe er den Blick wieder abwandte. Im Schein des Supermarktlogos kam Jean am Straßenrand zum Stehen. Er schaltete die Innenbeleuchtung ein und ließ die Hände sichtbar am Lenkrad. Den Motor stellte er nicht ab, und auch die Scheibe öffnete Jean nur einen winzigen Spalt. Zwei vorwitzige Schneeflocken und jede Menge kalte Luft drangen augenblicklich ins Wageninnere.
Knirschende, schwere Schritte verrieten die Ankunft des Polizisten. „Guten Abend! POM… (der Name ging in einem zufälligen Räuspern unter). Wir führen hier eine Allgemeine Verkehrskontrolle durch. Stellen Sie bitte den Motor ab. Die Fahrzeugpapiere und den Führerschein möchte ich gern sehen!"
Trotz der vorschriftsmäßigen Ansprache war von echter Höflichkeit hier nichts zu spüren. Jean registrierte eine unangenehme, geradezu gefährliche Stimme. Sehr selbstsicher. Sehr beherrscht. Jederzeit zur Explosion bereit.
„Die Papiere sind im Handschuhfach. Ich hole sie jetzt da raus", kündigte Jean mit dünner Stimme an. Leicht zitternd setzte er seine Worte in die Tat um. Der Polizist nahm die Papiere wortlos entgegen und reichte sie gleich weiter. Jean schielte in den Rückspiegel und sah einen weiteren Polizisten zu dem im Reklamelicht schemenhaft erkennbaren Polizeiauto gehen. Der Mann kehrte fast augenblicklich zurück. Er postierte sich, gut sichtbar, schräg vor dem Wagen. Die linke Hand hielt nachlässig Jeans Papiere. Die rechte Hand lag unruhig auf dem Pistolenholster am Gürtel.
Jean kannte sich mit Polizeiarbeit nicht aus. Sein Fachgebiet war die Logik. Er wusste, was Algorithmen sind, und wie man mit ihnen arbeitete. Deshalb war ihm klar, dass der zweite Polizist seine Papiere niemals ernsthaft überprüft hatte. Ein solcher Prüfalgorithmus wäre so aufgebaut, dass gestohlene Autos und die Namen flüchtiger Verbrecher zuerst abgeglichen würden. Umso länger es dauerte, desto harmloser war also das Ergebnis. Ein gesetzestreuer Bürger wie Jean müsste demnach erst nach ungefähr einer Minute im Suchlauf auftauchen. Auch Jeans zweite Beobachtung war eine Sache der Logik: Beide Polizisten waren so postiert, dass ein Verbrecher sie selbst ohne Waffen nahezu gleichzeitig ausschalten konnte. Der am Wagenfenster hatte eh keine Chance. Der Andere schien geradezu darum zu betteln, überfahren zu werden. Professionell war so etwas nicht.
Jeans dritter Gedankengang ergab sich daher von selbst: Hier stimmte etwas nicht. Die Polizisten schienen sorglos zu sein. Trotzdem fummelte Nummer zwei ständig am Pistolengriff herum. Was war hier los? In welche Situation war er hier, wenige Meter von seiner Haustür entfernt, geraten?
„Jean, knarrte die verächtliche Stimme des ersten Polizisten plötzlich los. „Franzose, was?!
Jeans Trotz erwachte.
„Nö! Und selbst?", brachte er mit zittriger Stimme hervor.
Die Stimme des Polizisten wurde jetzt wieder ganz geschäftsmäßig:
„Steigen Sie bitte aus! Warndreieck, Verbandskasten, Warnweste!"
Jean verließ den Wagen mit weichen Knien, öffnete den Kofferraum und kramte die gewünschten Dinge hervor. Alles war in Ordnung. Der junge Mann spürte, wie Enttäuschung und Wut in dem Polizisten stiegen.
„Wann haben wir denn das letzte Mal