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Die Mätresse aus dem Hurenhaus: Teil 1 - Der Weg zum Kaiser
Die Mätresse aus dem Hurenhaus: Teil 1 - Der Weg zum Kaiser
Die Mätresse aus dem Hurenhaus: Teil 1 - Der Weg zum Kaiser
eBook228 Seiten2 Stunden

Die Mätresse aus dem Hurenhaus: Teil 1 - Der Weg zum Kaiser

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Über dieses E-Book

Als Neugeborenes bei Zigeunern ausgesetzt, entwickelt sich Clara zu einer wunderschönen jungen Frau. Durch den Tod ihrer Ziehmutter macht sie sich auf den Weg zu ihrem Geburtsort Regensburg, um nach ihrer Herkunft zu suchen. Clara landet als Jungfrau in einem Hurenhaus. Der mächtige Bischof möchte ihre Unschuld für anstehende Religionsgespräche nutzen. Kaiser Karl V. verliebt sich in das junge Mädchen und nimmt sie mit auf einen Heerzug gegen die Osmanen.
Leider hat sie sich zuvor in Regensburg einflussreiche Feinde gemacht, die ihr Leben mit aller Macht zerstören wollen. Auch der Kaiser kann seine Mätresse vor den Machenschaften ihrer Gegner nicht schützen.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum22. März 2021
ISBN9783753183480
Die Mätresse aus dem Hurenhaus: Teil 1 - Der Weg zum Kaiser

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    Buchvorschau

    Die Mätresse aus dem Hurenhaus - Lea Sörensen

    Die Mätresse aus dem Hurenhaus

    Der Weg zum Kaiser - Teil 1

    Die Mätresse aus dem Hurenhaus – Teil 1

    Konfetti Verlag, Neuenburg

    Urwaldstr. 2

    Coverbild: stock.adobe.com

    Teufelskind

    Regensburg 1527. Es war ein regnerischer Tag. Mühsam zogen zwei Braune einen mit Töpferwaren und Fellen hoch beladenen Wagen über das nasse Kopfsteinpflaster, es herrschte reger Betrieb.

    Fast unbeachtet hetzte eine vermummte Frau mit einem Bündel in den Armen, wie von wilden Hunden verfolgt, durch die Gassen. Ihr Atem ging keuchend, ängstlich schaute sie sich immer wieder um und sah dann auf das greinende Kind in ihrem Arm. Ein Neugeborenes, doch zu groß. Dieses Ding hatte die Gerbersfrau in den Tod gerissen.

    Es war kein Kind, sondern ein Ungetüm. Sie musste es entsorgen, bestimmt würden die Kirchenmänner sie der Hexerei beschuldigen, wenn sie es sahen. Man würde ihr allein die Schuld geben. Das würde ihren sicheren Tod bedeuten. Der Gerber wollte mit diesem Problem nichts zu tun haben. Obwohl es sein Kind war, stritt er die Vaterschaft energisch ab. Der Mann war ihr keine Hilfe, sie hoffte nur, dass er sie nicht der Hexerei bezichtigen würde.

    In der schmalen Gasse schwirrten die Menschen durcheinander. Heute war Markttag auf dem Domplatz, überall boten Händler und alte Weiber durch lautes Rufen ihre Waren an, doch die Wehfrau hörte von alledem nichts. Schwankend wich sie schweren Fuhrwerken aus. Es kostete sie alle Mühe, auf den Beinen zu bleiben. Die Geburt hatte fast zwei Tage gedauert und ihr alle Kraft geraubt. Umsonst. Die Gerberin war tot und sie hatte dieses greinende Ungetüm am Hals.

    Am liebsten hätte sie das Kind weggeworfen, doch hier waren zu viele Menschen. Spielende Nachbarskinder kamen näher. Verzweifelt wischte sie sich den Schweiß mit dem Ärmel von der Stirn. Der Regen wurde stärker, sie hielt einen Moment inne und blickte in den Himmel.

    „Ist das Kind der Gerberin da?" Die Bälger versuchten, einen Blick auf das große Bündel im Arm der Hebamme zu erhaschen. Mit dem freien Arm stieß sie die Kinder grob beiseite, so dass diese schreiend nach allen Seiten flüchteten.

    „Nein, sie sind beide tot", schrie sie ihnen wütend hinterher. Jetzt bloß keine Mitwisser. Diese Missgeburt war gefährlich für sie, für ihr ganzes weiteres Leben.

    Warum hatte der Herr so ein Wesen auf die Erde geschickt? War es die Ausgeburt des Teufels? Ja, es musste ein Teufelskind sein. Und Zigeuner waren doch mit dem Teufel im Bunde. Dort würde man sich dieses Wesens annehmen.

    Die Hebamme hastete mit dem Bündel auf dem Arm durch das große Stadttor, vorbei an den Bütteln. Am heutigen Markttag waren diese aufmerksam.

    „Bleib stehen, Vettel! Was trägst du da auf deinem Arm?" Ein grauhaariger Wachmann versperrte ihr den Weg und blickte sie missmutig von oben bis unten an. Er hatte gegessen und wischte seine fettigen Finger an seinem Wams ab.

    „Eine Totgeburt, nicht getauft. Es kann nicht in geweihter Erde begraben werden. Lasst mich lieber vorbei, bevor euch der Fluch auch noch trifft."

    Der verfluchte Säugling in ihrem Arm war einen kurzen Moment eingeschlafen und gab keinen Ton von sich. Anscheinend hatte Gott doch ein wenig Erbarmen mit ihr und verriet sie nicht.

    Entsetzt trat der Mann beiseite.

    „Dann beeilt euch, Alte. Die Stadttore werden pünktlich geschlossen." Ohne die Wehfrau noch eines Blickes zu würdigen, drehte der Mann sich um und widmete sich wieder seinem Essen.

    Die Frau ließ sich das nicht zweimal sagen und hetzte durch das große Tor. Außerhalb der Stadtmauern fühlte sie sich gleich ein bisschen besser. Jetzt waren es nur wenige Schritte zu den Zigeunern. Mit zusammengekniffenen Augen suchte sie nach den bunten Wagen. Die Müdigkeit machte ihr zu schaffen; die Angst, als Hexe auf einem Scheiterhaufen zu landen, hielt sie wach und gab ihr Kraft.

    Ihr Blick fiel auf das Neugeborene. Scheinbar fragend sah das Kind sie an.

    „Teufelskind, Teufelskind", keuchte die entsetzte Frau. Am liebsten hätte sie dieses Bündel weit von sich geworfen und wilden Tieren überlassen. Der Blick des Kindes bereitete ihr große Angst. Er war so durchdringend - für einen Moment stockte ihr der Atem. Dann nahm sie ihre ganze Kraft zusammen.

    Eine alte Zigeunerin in bunten Kleidern saß im hohen Gras vor ihrem Wagen und verarbeitete Tierfelle. Sie schaute der Hebamme scheinbar wissend entgegen. Wurde sie etwa erwartet? Dieses Teufelsvolk war mit schwarzer Magie im Bunde, dessen war sie sich sicher. Einige Meter vor der alten Frau stoppte sie und legte das hilflose Bündel auf den Boden.

    „Es ist ein Teufelskind, macht mit ihm was ihr wollt", kreischte die Wehfrau im Wegrennen. Die Angst ließ sie ihre letzten Kräfte zusammenraffen. Je weiter sie sich von den Zigeunern entfernte, umso sicherer konnte sie sein, dass sie einem schlimmen Schicksal entgangen war.

    Schwerfällig raffte Esmeralda, die Älteste der Sippe, ihre langen Röcke und schaute genauer hin.

    „Hölle und Verdammnis. Ein Neugeborenes. Oh, meine Güte. Ein Riese …" Mit zittrigen Fingern tastete die Alte die schrumpelige, feuchte Haut des Säuglings ab. Sie kniff ihre Augen zu Schlitzen zusammen, um das Kind sehen zu können. Sie war fast blind, doch an manchen Tagen sah sie besser als an anderen Tagen. Heute war einer ihrer guten Tage.

    „Was ist los, Mutter?" Eine raue Männerstimme erklang aus dem Wagen; der Säugling in ihren Armen zuckte zusammen. Dann tauchte ihr Sohn Ricardo vor ihr auf.

    „Ein Kind. Hier wurde gerade ein Kind einfach abgelegt. Von einer alten Vettel. Sie ist fortgelaufen." Kopfschüttelnd und klagend zeigte sie auf den verschmierten Säugling vor ihren Füßen. Esmeralda bückte sich erneut, um das Kind genauer zu betrachten.

    „Lass das Gör hier liegen, das gibt nur Ärger mit den Bütteln. Die wollen uns sowieso nicht hier haben." Hektisch riss Ricardo seine Mutter am Arm, den Säugling beachtete der junge Mann nicht. Ricardo war außergewöhnlich hübsch, groß und sein Haar glänzte lackschwarz in der Sonne. Mit funkelnden Augen starrte er seine Mutter auffordernd an,

    seine Finger gruben sich schmerzhaft in ihren Arm.

    Doch Esmeralda ließ sich nicht beirren und nahm das mittlerweile schreiende Kind an sich. Mit einem wütenden Zischen ließ Ricardo ihren Arm los.

    Jetzt kam Leben in das Lager. Jeder hatte mitbekommen, dass irgendetwas nicht stimmte.

    Ein kleiner Tumult brach los. Ratlos standen die Zigeuner um Esmeralda herum und versuchten, einen Blick auf das Neugeborene zu erhaschen.

    „Wir brechen sofort auf. Überlass das Kind seinem Schicksal." Ricardo gestikulierte wild mit den Armen herum. Die anderen Lagerbewohner standen auf seiner Seite, was er genüsslich auskostete. Wenn seine Mutter einmal nicht mehr leben würde, wollte er die Führung der Kolonne übernehmen. Ihr Tod sollte jedoch ruhig noch warten. Er liebte seine Mutter, auch wenn er es ihr so gut wie nie zeigte. Schließlich war er ein Mann. Esmeralda blickte dem Kind tief in die Augen.

    „Nein! Wir bleiben oder nehmen dieses Geschöpf mit." Als Älteste hatte sie immer das letzte Wort. Eine wilde Diskussion brach aus. „Mutter! Was sagst du da? Sieh dieses Monster an. Es ist kein Kind, es ist ein Monster.

    Dieser dicke Kopf, dieser große Körper. Das soll ein Neugeborenes sein?"

    Vorsichtig zog die alte Zigeunerin das blutige Laken auseinander. Nun lag das Kind nackt da, schreiend. Es fror. Die Nabelschnur war schlecht abgebunden.

    „Gerade erst auf dieser Welt und schon solche Probleme." Mit diesen Worten machte die alte Zigeunerin eine Brust frei und legte das Kind zärtlich an. Sofort fing das Mädchen kräftig an zu saugen. Milch floss.

    „Oh Mutter! Was tust du nur? Du bist viel zu alt für so was."

    „Hör auf, Sohn. Es ist ein Wunder, dass ich Milch habe. Das ist ein Zeichen. Ich werde dieses Kind großziehen."

    Einige Zigeuner protestierten laut, andere kehrten kopfschüttelnd zu ihren Wagen zurück. Sie kannten die Alte zu gut und wussten, dass jede Diskussion mit ihr sinnlos war.

    Esmeralda zog sich auf den Platz vor ihrem Wagen zurück und setzte sich. Sie beobachtete das Mädchen genau.

    „Du hast dunkle Haare, doch die werden sicherlich noch einmal blond." Die Stimme der Frau beruhigte das Kind.

    „Clara, du sollst Clara heißen. Wie meine Mutter. Ich hatte nie eine Tochter. Alles nur Söhne, von denen nur noch einer lebt. Du bist für mich wie eine Tochter." Sanft strich sie dem mittlerweile eingeschlafenen Kind über den Kopf.

    Clara

    „Heute ist dein vierzehnter Geburtstag." Mit zittrigen Händen reichte Esmeralda ihrer Ziehtochter ein Stoffbündel.

    „Ein neues Kleid", jubelte das Mädchen und tanzte durch den Wagen, so dass dieser heftig ins Schwanken geriet.

    „Hör sofort auf damit. Wir kippen gleich noch um", schimpfte Esmeralda. Die alte Zigeunerin war in den letzten Jahren erblindet, doch mit ihren Händen konnte sie gut sehen.

    Clara war groß gewachsen und hübsch. Aus dem hässlichen Baby war eine wunderschöne junge Frau geworden. Oft dachte Esmeralda an den Tag zurück, an dem ihre Tochter in ihr Leben getreten war.

    Die anderen Lagerbewohner trauten ihr immer nicht über den Weg. „Sie gehört hier nicht hin. Sieh dir ihr Haar an. Du musst sie verstecken, die Leute glauben, dass wir Kinderdiebe sind. Wegen ihr haben wir nur Scherereien. Sie muss weg!", sagten sie oft. Esmeralda musste das Mädchen häufig verteidigen.

    Clara war eine gute Tochter, sie half der alten Zigeunerin fleißig. Das war der einzige Grund, warum sie von den anderen nicht aus dem Lager gejagt worden war.

    Sie setzte sich auf einen kleinen Schemel und betrachtete nachdenklich ihr Geschenk näher. Das Kleid war wunderschön, aus dunkelblauem grobem Leinen. Gedankenverloren strich Clara mit ihrer Hand über den Stoff, fast als wolle sie ihn streicheln.

    „Warum bin ich so anders als ihr? Meine Haare sind hell, meine Augen blau und ich könnte jedem hier auf den Kopf spucken, ohne mich zu mühen."

    „Das würde ich an deiner Stelle nicht tun. Du gehörst zu uns, auch wenn du ein wenig anders aussiehst. Wir fahren morgen nach Regensburg, dort bist du zu uns gekommen. Es war für mich der wundervollste Tag, meine Tochter." Mit diesen Worten konnte Clara nicht viel anfangen. Die anderen wichen im Lager vor ihr zurück, mieden sie sogar. Die Jungs ärgerten sie häufig und spielten üble Streiche. Doch die blinde Esmeralda überschüttete sie mit Liebe und das tat ihr gut.

    „Ach, Mama …"

    Esmeralda spürte, dass es Zeit war, das Thema zu wechseln. Sie schaffte es nicht, Clara die ganze Wahrheit zu sagen. Kummervoll strich sie eine Haarsträhne unter ihr Kopftuch, dann tastete sie sich zu ihrer Ziehtochter und nahm sie fest in den Arm.

    „Wir müssen noch in den Wald und Vorräte sammeln. Du weißt doch, dass ich es alleine nicht schaffe."

    Clara ging gerne mit Esmeralda in den Wald. Sie sammelten Pilze, Beeren und Wurzeln.

    Nicht selten fingen sie Hasen und Ratten mit ihrer selbstgebauten Falle. Mit einem kräftigen Ruck brach Clara ihnen dann das Genick, brach sie auf und zog ihnen das Fell über die Ohren. Mit Rattenfell konnten sie nichts anfangen, es war zu klein. Es fühlte sich zwar angenehm weich an, doch daraus Kleidung zu nähen, wäre zu anstrengend gewesen. Die Hasenfelle waren da schon besser. Aus diesem Fell fertigte ihre Mutter trotz ihrer Blindheit wunderschöne Westen und Jacken an. Für den Winter gab es dann auch Mützen. Es fehlte ihnen wirklich an nichts.

    Das Mädchen griff nach einem Beutel und fasste Esmeralda behutsam am Arm.

    „Komm, Mutter."

    Die beiden liefen über den Platz, während die anderen Zigeuner sie beobachteten. Auch Ricardo schaute einen kurzen Augenblick missmutig auf. Dieses Mädchen hatte ihm die Mutterliebe gestohlen. Eifersucht stieg in ihm auf. Verächtlich spuckte er in den Staub, als die beiden Frauen langsam vorbeiliefen. Esmeralda blieb unvermittelt stehen und horchte einen Moment auf.

    „Reiß dich zusammen, Ricardo", grollte Roma hinter ihm. Seine Frau war froh, dass es dieses Mädchen gab, denn sonst hätte sie Esmeralda helfen müssen und die Alte war nicht gerade einfach.

    „Ich weiß auch nicht. Dieses Riesenkind ist mir unheimlich. Schau sie dir doch einmal an.

    Wir müssen ja alle an ihr hochschauen. Dabei ist sie gerade mal 14 Jahre alt. Das ist doch nicht normal. Wenn sie so weiter wächst, bekommen wir eines Tages Ärger mit den Bütteln. Sie wird ihnen genauso unheimlich sein wie uns, dann brauchen wir uns nirgendwo mehr blicken zu lassen." Der Zigeuner schlug ärgerlich mit einer Axt einen dicken Holzklotz in zwei Teile. Roma schaute ihren Mann fragend an.

    „Was willst du tun?"

    „Ich weiß es nicht."

    „Du kannst ihr nichts tun. Deine Mutter würde dir die Augen auskratzen. Auch wenn sie blind ist, so bekommt sie doch noch alles mit."

    Clara und Esmeralda hatten unterdessen Glück. Zwei Hasen waren ihnen in die Falle gegangen und sie hatten viele Pilze gefunden.

    „Heute Abend gibt es ein Festmahl, dein Geburtstagsessen."

    Mit einem Strick band das Mädchen die Hasen an den Beinen zusammen und warf sie sich über den Rücken, um den Beutel mit den Pilzen besser tragen zu können. Mit der freien Hand stützte sie ihre Mutter. Mühsam kämpften die beiden sich mit ihren langen Röcken durchs Unterholz, Äste knackten und Clara musste gut aufpassen, damit sie ihre Kleidung nicht zerrissen.

    Zurück im Lager zeigte sie voller Stolz ihre Beute.

    „Schau mal, Ricardo, du bist heute Abend zu meinem Geburtstagsessen eingeladen."

    Der Mann reagierte nicht. Roma stieß ihn wütend an.

    „Lass mich", fauchte er und drehte demonstrativ Clara und seiner Mutter den Rücken zu. Er verschränkte die Arme vor seiner Brust. In diesem Moment spürte Roma, dass es besser war, zu schweigen. Wütend raffte sie ihre bunten Röcke und drehte sich zum Gehen um. Esmeralda entging die Feindseligkeit ihres Sohnes ebenfalls nicht. Sie musste mit ihm reden, doch ohne Clara und Roma.

    Clara schlief längst, als ihre Mutter spätabends leise tastend den Wagen verließ. Esmeralda hörte die Stimme ihres Sohnes und ging mit unsicheren Schritten in die Richtung. Ihre Hände weit von sich gestreckt. Den dicken Stein am Boden spürte sie zu spät. Sie stolperte, ein ängstlicher Aufschrei entfuhr ihr, bevor sie mit dem Kopf auf das am Mittag frisch gehackte Holz ihres Sohnes schlug. Ein hässliches Knacken war deutlich zu hören, ihr Genick war gebrochen. Esmeralda war tot.

    Fassungslos brüllte Ricardo auf. Ein Tumult brach los.

    Clara schrak von ihrer Bettstatt hoch. Mit zittrigen Händen griff sie in der Dunkelheit nach ihrer Mutter. Der Platz war leer. Ängstlich wickelte sie sich in ihren Umhang und lief aus dem Wagen. Was sie dort sah, ließ ihr den Atem stocken.

    „Mutter, Mutter."

    Ricardo blickte voller Trauer und Wut auf.

    „Warum hast du nicht besser auf sie aufgepasst?"

    „Ich dachte, sie schläft", weinte Clara hilflos.

    „Pah, du hast sie auf dem Gewissen", schrie der Zigeuner hasserfüllt auf.

    „Aber nein, ich habe doch gar nichts gemacht." Das Mädchen stürzte sich schluchzend auf ihre Mutter und schüttelte sie. Der Kopf der Alten schlackerte, wie an einem Faden hängend, hin und her. Clara hatte genug Hasen getötet, um

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