Sprachgewalt: Warum Manipulation und Framing so gut funktionieren – und wie wir uns davor schützen können
Von Susanne Weiss
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Buchvorschau
Sprachgewalt - Susanne Weiss
Einführung
„Es ist viel leichter, Menschen zu belügen, als sie davon zu überzeugen, dass sie belogen wurden."
Mark Twain
Es gibt ein paar dunkle Geheimnisse in den Tiefen des Schädels, die kaum jemand kennt und die uns täglich Streiche spielen. Niemand lässt sich gern manipulieren und hinters Licht führen. Aber es geschieht millionenfach. Wir rühmen uns unserer Freiheit. Aber sind wir wirklich frei? Gleichzeitig beleidigen wir unsere Mitmenschen, ohne es zu ahnen (Das habe ich nicht gewollt ...) und setzen ohne Ende Missverständnisse in die Welt (das habe ich so nicht gemeint ...) Und warum, so fragen sich Chefs und streitende Paare, reagiert mein Gegenüber nicht so, wie ich es gern hätte? Nun, der Glaube, unsere goldenen Worte kämen 1 : 1 beim anderen an, ist magisches Denken. Und mehr Menschen als je zuvor glauben jeden Mist, der ihnen in Kübeln voller Plastikwörter vor die Füße gekippt wird.
Fake News, Hate Speech und Framing sind in aller Munde, aber leider nicht in jedermanns Verstand. Von wenigen Dingen haben Menschen so wenig Ahnung wie von diesem großartigen Werkzeug echter Aufklärung, das zugleich so viel Schaden anrichten kann: Sprache. Sie umgibt uns wie Luft und Leben. Und dennoch wissen wir mehr über Autos, Fernseher, Smartphones, Fußball und Wimperntusche als über eine unserer wichtigsten Kulturtechniken. Wir nutzen sie täglich. Aber wir sind ihr auch täglich ausgesetzt. Um das Maß voll zu machen, erklären uns funktionale Analphabeten, es läse ja sowieso niemand mehr und Bilder täten es auch. Hier trifft es ein altes Sprichwort auf den Punkt: Wenn dein einziges Werkzeug ein Hammer ist, ist jeder Gegenstand ein Nagel.
Sucht Euer Heil nicht in den „Leitmedien heutiger Tage. Sogenannte „Alpha-Journalisten
denunzieren jedes noch so seriöse und robuste Wissen zum Thema Sprache und Sprachwirkung als „akademische Spielereien und ähnliches. Ich für mein Teil würde zu gern erleben, wie Klaus Kleber Wilhelm von Humboldt als Verschwörungstheoretiker (die neue Allzweckwaffe der „Leitmedien
) entlarvt, weil der ihm erklärt, wie Sprache funktioniert.
Nun führt die manchmal anarchische Ausdifferenzierung des Medienangebots zu einer gewissen Gereiztheit bei den Granden der „Leitmedien. Sie wissen, dass immer mehr Menschen an ihrer Glaubwürdigkeit zweifeln. Überall grassiert die Furcht vor Bühnenverkleinerung und vor dem Verlust der alleinigen Deutungshoheit. „Hinzu kommt
, so der Kommunikations- und Medienforscher Norbert Bolz in einem Interview, „dass sich viele Journalisten als Oberlehrer der Nation missverstehen - und das lassen sich viele Menschen nicht mehr bieten. Die Objektivität der Medien steht also nicht nur ‚erkenntnistheoretisch’ zur Debatte. Man hat als Leser oder Zuschauer immer häufiger den schlechten Geschmack der Manipulation auf der Zunge."
Die irrwitzige Konzentrations- und Konkurrenzsituation im Mediensektor führt darüber hinaus zu nie gekannter handwerklicher Schlamperei. Framing, Fake News und seit 2020 sogar Hate Speech kommen da gerade recht, um das Terrain zu verteidigen und um Auflage zu machen. Wenn aber unbescholtene Bürger plötzlich als rechtsradikale, antisemitische, psychisch labile Verschwörungstheoretiker und Spinner diffamiert werden, weil sie eine Frage stellen, von verfassungsmäßigen Rechten Gebrauch machen oder eine Debatte fordern, ist etwas ganz und gar schief gelaufen. Unfreiwillig komisch wird es, wenn man im Zuge solcher Kampagnen die neuen Staatsfeinde unter „Homöopathen und „Grundgesetzträgern
ausmacht. Ein fast schon gruseliges Beispiel hat der Medienwissenschaftler Michael Meyen, Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität München in eigener Sache zu berichten.
https://medienblog.hypotheses.org/9621
„Pseudoumwelt"
Nicht, dass an Fake News und Framing irgendetwas neu wäre. Die Welt, welche die Medien erschaffen, ist ohnehin eine Konstruktion, die mit der Wirklichkeit nichts zu tun hat. Walter Lippmann, berühmt-berüchtigter Propagandist der „gelenkten Demokratie", wusste schon vor mehr als 100 Jahren genau, dass Worte und Sprachbilder soziale Realitäten gestalten. Er nannte