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Die Zeitreisenden des Quantum
Die Zeitreisenden des Quantum
Die Zeitreisenden des Quantum
eBook329 Seiten4 Stunden

Die Zeitreisenden des Quantum

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Über dieses E-Book

In einer Zukunft, in der Janis Joplin die Leadsängerin der Rolling Stones ist und Afrika die herrschende Supermacht, während das unterentwickelte Europa in Elend dahinsiecht, begibt sich ein Team von Wissenschaftlern auf die Spuren eines Zeitreiseteams aus einer früheren Epoche. Sie stellen fest, dass dabei etwas gewaltig schiefgegangen ist und ihre Zeitlinie nicht unbedingt die best mögliche aller denkbaren Varianten ist und machen sich daran, den Fehler zu beheben ...

Diese Zeitreise ist nicht nur rasantes Abenteuer, das nicht nur durch die europäische und amerikanische Geschichte führt, verschiedene historische Varianten durchspielt und Begegnungen mit berühmten Zeitgenossen wie unter anderem Napoleon bietet, sondern auch ein knallharter Thriller, denn die Machthaber der aktuellen Zeitlinie sind nicht bereit zu riskieren, dass sie nach einer Änderung womöglich gar nicht mehr existieren, und schicken den Forschern eine Sondereinheit hinterher …
SpracheDeutsch
Herausgeberepubli
Erscheinungsdatum1. Dez. 2015
ISBN9783737577847
Die Zeitreisenden des Quantum
Autor

Ron Wall

Ron Wall, geboren am 17.11.1969 in Irland in eine Familie von Künstlern und Freigeistern. Aufgewachsen und Studium in der Schweiz und Deutschland. Nach mehrjähriger Tätigkeit in der Finanzbranche in New York, Los Angeles, London, Zürich und Paris, Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit als Galerist und Art Consultant. Neben der bildenden Kunst begeisterter Hobbymusiker (Gitarrist in einer kleinen Bluescombo). Nach einem schweren Skiunfall 2014, der ihn für mehrere Monate ans Bett fesselte, begann er mit dem Schreiben von Büchern.

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    Buchvorschau

    Die Zeitreisenden des Quantum - Ron Wall

    Ron Wall

    Die Zeitreisenden des Quantum

    Imprint

    Ron Wall

    ronwallbooks@gmail.com

    Die Zeitreisenden des Quantum

    Copyright: © 2015 Roland Muri

    Cover: Roland Muri

    Lektorat: Erik Kinting / www.buchlektorat.net

    Cover: Erik Kinting

    Konvertierung: Sabine Abels / www.e-book-erstellung.de

    published by: epubli GmbH, Berlin

    www.epubli.de

    ISBN 978-3-7375-7784-7

    Inhaltsverzeichnis

    1. Kapitel: Die Anreise zum Quantum

    2. Kapitel: Numibia und Kelly-Ann

    3. Kapitel: Die Kammer

    4. Kapitel: Roadtrip

    5. Kapitel: Dumas und die No Names

    6. Kapitel: Ashford

    7. Kapitel: Im Zigeunercamp

    8. Kapitel: Die Zeitmaschine

    9.Kapitel: Amerika im 18. Jahrhundert

    10. Kapitel: Veränderung der Zeitgeschichte

    11. Kapitel: Ihr erster Zeitsprung

    12. Kapitel: Beim Verleiher

    13. Kapitel: Die Kanal-Überfahrt

    14. Kapitel: Feldmarschall Wellesley

    15. Kapitel: Nach Berlin zu von Blücher

    16. Kapitel: Waterloo

    17. Kapitel: Erste Rückkehr

    18. Kapitel: Erneuter Zeitsprung

    19. Kapitel: Bei Napoleon

    20. Kapitel: Das neue Europa

    21. Kapitel: Die Verlobung

    1. Kapitel: Die Anreise zum Quantum

    Müde vom langen Flug war Levi Rosenfeld froh, endlich aus dieser unbequemen, fliegenden Konservendose steigen zu können. Linienflug mit dem besonderen Touch, nannte es die Switzerland Air. Ja, den besonderen Touch hatte er wirklich auf diesem Flug bekommen. Der achtstündige Direktflug, vom Nairobi International Airport in Kenia nach Luzern International Airport in der Schweiz, dauerte statt acht satte 20 Stunden. Wegen technischer Probleme musste der Flieger zweimal außerplanmäßige Stopps einlegen, um repariert zu werden. Dass die internationale Flugsicherheits-Behörde die europäischen Fluggesellschaften mit ihren mangelhaft ausgebildeten Piloten und den hoffnungslos überalterten und schlecht gewarteten Flugzeugen noch fliegen ließ, grenzte für ihn an ein Wunder.

    Seit 28 Stunden war er mittlerweile auf den Beinen. Der Rücken schmerzte und die zwölf Grad im regnerischen Luzern verbesserten seine Laune nicht wirklich. Vor 24 Stunden schlürfte er in Nairobi unter Palmen, bei 32 Grad, einen Bluemountain Coffee in seinem Stammlokal und jetzt stand er in diesem verwahrlosten Schweizer Flughafen frierend in der Schlange der Passkontrolle und wartete darauf, den Zoll zu passieren. Levi glaubte nicht daran, dass der Chauffeur, ein gewisser Ulli, der ihn gestern abholen sollte, noch auf ihn wartete. Von unterwegs hatte er leider vergeblich versucht, eine Telefonverbindung in die Schweiz zu bekommen, um seine neuen Arbeitgeber über seine Verspätung zu informieren.

    Europa hatte es bis heute, trotz Milliardenhilfe aus Afrika und Indien, nicht geschafft, ein einigermaßen taugliches Kommunikationsnetz aufzubauen. Wo die Milliarden geblieben waren, wusste niemand so genau, Korruption und Vetternwirtschaft waren in Drittweltstaaten wie Europa und Amerika üblich und damit musste man wohl oder übel leben.

    Er hatte keine Ahnung, wie es weitergehen sollte. Im Flughafenhotel ein Zimmer buchen, ausschlafen und morgen irgendwie versuchen, ins Quantum zu kommen, dachte er, während er den Zoll passierte.

    Als er durch den Ausgang schritt und einen groß gewachsenen, weißhaarigen Mann Mitte 50 erblickte, der ihm lächelnd ein Namensschild, auf welchem Mr. Rosenfeld stand, entgegenhielt, schwand seine Hoffnung auf ein paar Stunden Schlaf im Hotel.

    »Mr. Rosenfeld?«

    »Ja, aber nennen Sie mich einfach Levi.«

    »Hallo Levi, ich bin Ulli, der Ingenieur.«

    »Hallo Ulli. Sorry wegen der Verspätung.«

    »Kein Problem, das ist in der Schweiz so üblich. Kann ich dir mit dem Gepäck helfen?«

    »Geht schon, ich habe nur diesen Koffer und mein Handgepäck.«

    »Okay, gehen wir zum Auto.«

    Ulli wirkte auf ihn mit den langen weißen Haaren, der legeren, schwarzen Kleidung, einer Weste voller Rolling-Stones-Pins, diesem bekannten Emblem eines großen Ohres in dem ein Steinsticker steckte und dieser kleinen Brille mit runden Gläsern etwas sonderlich, aber sympathisch.

    Nachdem das wenige Gepäck im Heck des alten Land Rovers verstaut war, stiegen sie ein und fuhren Richtung Jura los. Er wunderte sich über den Oldtimer, der wohl aus den 50er-Jahren stammte, aber allem Anschein nach noch fahrbar war.

    »In Afrika sieht man praktisch keine Land Rover mehr … nur ein paar sind in Sammlungen übrig geblieben.«

    »Es ist schade, dass Land Rover vor zwanzig Jahren in England seine Fabriken schließen musste. Gegen die technisch überlegenen afrikanischen und indischen Autos hatten unsere europäischen Produkte auf Dauer leider keine Chance.«

    »Der würde selbst in diesem Zustand in Afrika ein nettes Sümmchen einbringen.«

    »Ich weiß, aber den gebe ich nicht her, wir haben zusammen zu viel erlebt. Ruh dich jetzt aus. In drei Stunden werden wir am Ziel sein.«

    Das Schaukeln des fahrenden Autos und der auf die Frontscheibe prasselnde Regen entspannten Levi. Er lehnte sich zurück, schloss die Augen und döste etwas vor sich hin. Beim Reisen gelang es ihm leider nie zu schlafen, weder im Zug, Auto oder Flieger, aber ein wenig auf Stand-by schalten, das ging.

    Seine eigene Herkunft, die mit seiner Geburt vor 24 Jahren in einem jüdischen Getto in Palästina begonnen hatte, zog an ihm vorüber. Geboren wurde Levi Rosenfeld als Sohn zweier jüdischer Lehrer im Judengetto Israel in der Demokratischen Republik Palästina. Die Palästinenser unterdrückten die Juden und behandelten sie wie Zweitklassmenschen. Die Juden, die das Getto verlassen wollten, brauchten ein Visum, um Palästina betreten zu dürfen. Sofern ein Jude in Palästina eine Anstellung fand, so handelte es sich dabei meistens um eine unterbezahlte Arbeit, die kein Palästinenser für den offerierten Hungerlohn erledigen wollte.

    Glücklicherweise erkannte damals, vor 15 Jahren, als er die vierte Klasse besuchte, sein damaliger palästinensischer Englischlehrer seine Hochbegabung. Arafat, wie sein Englischlehrer hieß, hatte kein Klassendenken und wollte dem damals Neunjährigen helfen, dem zukunftslosen Elend des Gettos zu entfliehen. Nachdem Arafat Levis’ Eltern davon überzeugen konnte, dass es für ihren Sohn eine riesige Chance wäre, mit einem Stipendium des afrikanischen Stipendienprogramms zur Förderung für Hochbegabte der Trostlosigkeit und Armut des Gettos zu entfliehen, stimmten sie dieser Bewerbung schweren Herzens zu.

    Er musste damals zur Beurteilung, ob er die Kriterien für das Hochbegabten-Stipendium erfüllte, nach Kenia fliegen. Zwei Wochen lang wurde er dort auf Herz und Nieren geprüft. Da er zu der Zeit erst neun war, durfte ihn seine Mutter begleiten. Sie war eine starke Frau, die er vorher noch nie hatte weinen sehen. Doch angesichts des in Nairobi herrschenden Reichtums – der schier unerschöpflichen Menge an Gütern, des Fehlens der bewaffneten Soldaten an jeder Ecke sowie der Möglichkeit, sich zu jeder Tages-und Nachtzeit frei bewegen zu können, ohne Angst zu haben erschossen oder in die Luft gesprengt zu werden – war sie derart überwältigt gewesen, dass sie weinen musste. Sie erkannte, welche Chance es für ihren Sohn bedeuten würde, an einem solch freien, friedlichen und wohlhabenden Ort aufwachsen zu können und sie stimmte schweren Herzens der Annahme des Stipendiums zu, nachdem die Tests für ihn positiv verlaufen waren und die Zulassung feststand.

    Mit dem Stipendium erhielt Levi einen Platz in der renommierten Internatsschule in Accra in Ghana. Nach dem Abschluss der regulären Schulzeit wurde sein Stipendium für die Zeit des Studiums an der weltweit führenden Uni in Nairobi, verlängert. Er hatte aus Geld- und Zeitgründen seine Eltern seither nur noch vier Mal gesehen.

    Am Anfang litt er unter der Trennung von zu Hause und den Eltern. Mittlerweile war das Getto Israel für ihn aber nur noch eine Erinnerung und eine Meldung in den Nachrichten, wenn irgendwo wieder eine Bombe hochgegangen war. Seine Eltern waren nun mehr Mail-Freunde als physisch präsente Personen in seinem Leben.

    Jetzt, 15 Jahre später, gerade 24 Jahre alt geworden und fertig mit seinem Physikstudium, war er auf dem Weg zu seiner ersten Anstellung und konnte es kaum erwarten, sie anzutreten. Seit seinem Artikel im Sciences Magazin, in dem er seine Diplomarbeit über die mathematische Lösung der Zeitachsenproblematik veröffentlicht hatte, bekam er Jobangebote von Universitäten und Forschungslaboren aus der ganzen Welt zugesandt. Eigentlich wollte er sich Zeit nehmen, um die Angebote eingehend zu prüfen, aber dann kam ein Brief, der alles veränderte: Das Quantum meldete sich bei ihm und lud ihn zu einem Vorstellungsgespräch ein.

    Das Europäisches Zentrum für angewandte Quantenphysik oder kurz das Quantum, im Neuenburger Jura in der Schweiz, war das Mekka für Quantenphysik. Jeder Physiker auf dieser Welt wünschte sich wohl, einmal in die heiligen Hallen des Quantums blicken zu dürfen. Das Quantum wurde von den USA, den United States of Afrika, der mächtigsten und reichsten Wirtschafts- und Militärmacht der Welt, geleitet und finanziert. Die Forschungsanlagen gehörten dem Militär und unterstanden der höchsten Geheimhaltungsstufe, weshalb praktisch niemandem, der nicht an den Forschungsprojekten direkt arbeitete, Zulass gewährt wurde. Da so gut wie keine Informationen aus dem Quantum drangen, wurde es mit der Zeit zu einem Mythos, um den sich Legenden bildeten, welche die Fantasie vieler Studenten beflügelten. Das Quantum könne mittlerweile in die Zukunft und die Vergangenheit reisen oder sogar die Zeit stillstehen lassen, hieß es unter anderem. Diese Geschichten inspirierten auch Levi während seiner Studienzeit, an der Nutzung der Zeitachse zu forschen.

    Als vor vier Wochen die Einladung in seinem Briefkasten lag, glaubte er zunächst an einen Scherz seiner Kommilitonen. Ein Brief vom Quantum aus der Schweiz an einen Studienabgänger war nicht nur sehr ungewöhnlich, sondern nahezu undenkbar. Normalerweise holten sie Professoren und Doktoren mit jahrelanger Erfahrung, welche sich im Bereich der Forschung bereits einen Namen gemacht hatten, an Bord. Im Quantum gab es die höchste Dichte an Nomura-Preisträgern, dem angesehensten Preis für Intellektuelle und kluge Köpfe, der jedes Jahr in Accra, der Hauptstadt von Ghana, verliehen wurde. Er fragte sich, was diese Ansammlung von Intelligenzia von ihm, einem 24-jährigen Grünschnabel, der noch keine Leistungsbilanz im Bereich der Forschung vorweisen konnte, wollte. Aus dem Brief konnte er es nicht entnehmen, da standen lediglich zwei Sätze:

    Haben Assistenzplatz für ein Projekt, das 12 Monate dauert, zu vergeben. Interessiert, dann Bitte um Kontaktaufnahme mit Office des Quantums betr. Reisedokumente und Infos. Kontaktdaten liegen bei.

    Das Schreiben trug die Unterschriften von Prof. Dr. Numibia Djioufur, Nomura-Preisträger und Inhaber vieler wichtiger Auszeichnungen im Bereich der Physik und Mathematik, galt zurzeit – sicherlich zu Recht – als die führende Koryphäe im Bereich der Quantenphysik, sowie von Dr. Kelly-Ann Mulligan, einer 32-jährigen Quantenphysikerin, die schon vor über sechs Jahren von Prof. Djioufur ins Quantum geholt worden war. Seither hatte sie mehrere Artikel über das Quantenchopping veröffentlicht und mit ihren Thesen die Fachwelt aufgerüttelt. Aufgrund der Komplexität der aufgestellten neuen Sichtweise auf die Quantenphysik, im Dialog mit der Zeitachse, unter Berücksichtigung Einsteins Relativitätstheorie, war in Levis’ Augen klar, dass es sich bei Frau Dr. Kelly-Ann Mulligan um eine der brillantesten und genialsten Wissenschaftler ihrer Zeit handelte. Levis ganzes Physikstudium basierte auf ihren Theorien des Quantenchopping und nach mehreren Jahren der mathematischen Berechnungen ihrer Thesen fand er den rechnerischen Schlüssel dazu, was letztendlich – wenn auch nur theoretisch – eine physische Zeitreise möglich machen könnte. Seit er sich mit dem Quantenchopping befasste, versuchte er, Dr. Kelly-Ann zu treffen. Leider gab sie keine öffentlichen Vorträge. Einige Versuche, sie über das Quantum zu erreichen, blieben leider erfolglos. Alles, was er über sie in Erfahrung bringen konnte war, dass sie genau wie er selbst in Nairobi studiert und dort vor acht Jahren als Jahrgangsbeste abgeschlossen hatte. Nur acht Jahre war sie älter als er, aber schon eine der wichtigsten und bekanntesten Physikerinnen weltweit. Auf keinem der an der Uni vorhandenen Studentenfotos konnte er sie finden. Vermutlich verbrachte sie schon zu Studienzeiten ihre Stunden lieber in den Labors als auf Partys oder dergleichen. Also blieben lediglich die Schilderungen seiner Professoren, die ein paar Jahre zuvor Dr. Kelly-Ann betreut hatten. Sie beschrieben sie als kleines, neugieriges, aufgewecktes Energiebündel mit einer außergewöhnlichen Auffassungsgabe und einem brillanten, wachen Geist.

    Levis anfängliches Misstrauen betreffend der Echtheit des Briefes wandelte sich – nachdem er die Echtheit mittels einer Mail ans Quantum hatte bestätigen lassen – in eine fast unaushaltbare Neugier um. Was wollten die von ihm? Wie konnte er dem Quantum von Nutzen sein? Ihm war lediglich klar, dass die Einladung etwas mit seinem Artikel im Sciences Magazin zu tun hatte.

    Vier Wochen waren seither vergangen und jetzt saß er, trotz der Müdigkeit, neugierig und ungeduldig im Land Rover, der sich unaufhaltsam die kurvige, steile Bergstraße in den Jura hineinkämpfte.

    »Ulli … weißt du, wieso die mich eingeladen haben?«

    »Natürlich weiß ich das, aber es steht mir nicht zu, dich zu informieren.«

    Levi schaute Ulli fragend an. Dieser begann, offensichtlich über die Situation belustigt, vergnügt einen Rolling-Stones-Song zu pfeifen.

    »Purple Haze von Jimi und Keith?«

    »Ja, Purple Haze, Rolling Stones, toller Song!«

    »Ja, toller Song. Purple Haze ist auch einer meiner Lieblings-Songs von den Stones. Keith Richard, Jimi Hendrix, Bill Wyman, Ringo Starr und die Stimme von Janis Joplin, eine wirklich geile Band.«

    Ulli drehte die Lautstärke auf und beide ließen sich während der Fahrt von den Songs etwas treiben. Nach Purple Haze folgten Gimme Shelter, Under my Thumb, Hey Joe und Ruby Tuesday.

    Nachdem sie Neuenburg passiert hatten, schaltete er die Stereoanlage aus.

    »Gleich müssen wir beim Checkpoint halten. Hast du deine Papiere und das Schreiben vom Quantum dabei?«

    »Ja, alles griffbereit.«

    »Gut, denn diese Armeeköpfe verstehen keinen Spaß. Viele von denen sind Rassisten und glauben, alle Christen seien Selbstmordattentäter oder zumindest Bombenbastler.«

    Sie schauten sich an und mussten lachen.

    Ein paar Minuten später hielt der Land Rover vor einem klobigen, rechteckigen, gelb gestrichenen Haus an, welches auf dem Dach einen kleinen Turm hatte. Beide blieben im Auto sitzen und nach einer Weile kam ein großer, schlanker, schwarzer Soldat in Uniform aus dem Haus. Ulli zog das Schiebefenster des Autos zurück und übergab dem Soldaten seine und Levis Unterlagen. Der Soldat begutachtete die Papiere genau und begann dann, die beiden zu mustern.

    »Christ und Jude?«

    »Ja, genau. Ich Christ, er Jude«, entgegnete Ulli.

    »Die lassen auch jeden ins Quantum. Würde mich nicht wundern, wenn denen einmal alles um die Ohren fliegt!«

    Offensichtlich missmutig schritt der Soldat ins Haus und kam nach einer Weile wieder zurück.

    »Hier sind Ihre Unterlagen und Ausweise. Man erwartet Sie bereits, Sie kennen den Weg.«

    Während der Soldat, dem das kalte Klima offensichtlich nicht gut bekam, sich wegdrehte, hörten sie ihn »Scheiß Weiße, Scheiß Land, Scheiß Europa!« fluchen, dann war er weg. Sie ignorierten diese Sprüche. Beide hatten schon mehrfach mit Diskriminierung und Fremdenfeindlichkeit von Schwarzen gegen Weiße zu tun gehabt. Der Rassismus war in Afrika weit verbreitet und als Weißer war man in den Augen von vielen Schwarzen nur ein Schmarotzer, der nach Afrika ging, um sich dort ein gutes Leben zu machen ohne dafür irgendeine Gegenleistung zu erbringen, geschweige denn zu arbeiten.

    Während sie weiterfuhren, kam seine Neugier zurück: »Und … Prof. Djioufur und Dr. Kelly-Ann … wie sind die so?«

    »Wirst du gleich selber sehen, wir werden in fünfzehn Minuten das Quantum erreichen.«

    Levi war froh, dass sie bald ankommen würden, nicht nur um seine Fragen, die ihn seit vier Wochen beschäftigten, beantwortet zu bekommen, sondern auch, weil ihm jetzt durch die kurvige Straße übel wurde und er sich see- respektive landkrank fühlte. Wie auch immer: Ihm wurde schlecht.

    15 Minuten später bogen sie rechts von der Straße ab, fuhren auf einer kleinen Naturstraße 100 Meter weiter und stoppten abrupt, als die Straße plötzlich zu Ende war und eine steile Felswand direkt vor ihnen in den Himmel ragte. Levi fragte sich, ob Ulli sich nicht verfahren hatte. Bevor er aber etwas sagen konnte, begann sich die Felswand unter lautem Quietschen zu öffnen und ein riesiger, hell beleuchteter Stollen tat sich vor ihnen auf.

    Ulli fuhr durch den Stollen ins Berginnere, bis sie nach rund zwei Kilometern auf einen großen Parklatz einbogen, wo noch circa 30 andere Fahrzeuge, die meisten offensichtlich Militärfahrzeuge, standen. Einige bewaffnete Soldaten bewachten den Parkplatz – Levi befand sich jetzt auf militärischem Gebiet der United States of Afrika.

    Ein Offizier, der sich als Leutnant Arcolor vorstellte, begrüßte beide höflich und erklärte dem Neuankömmling, während er ihm einen Besucherpass ausstellte, dass es sich hier um eine militärische Anlage mit höchster Sicherheitsstufe handelte: »Alles, was Sie hier sehen oder hören, Mister Rosenfeld, untersteht der höchsten Geheimhaltung. Sollten Sie außerhalb dieser Anlage mit irgendjemandem über das Quantum sprechen, können Sie vom Militärgericht mit einer mehrjährigen Gefängnisstrafe oder sogar dem Tod bestraft werden.«

    Nach weiteren zehn Minuten, in denen Leutnant Arcolor ihm zwar höflich aber unmissverständlich die Regeln des Quantums erklärt hatte, betraten Levi und Ulli den riesigen Lift am Ende des Parkplatzes. Er brachte sie hinunter zu den Labors und den Unterkünften des Quantums.

    »Wir befinden uns zwei Kilometer im Berg und jetzt geht es mit dem Lift noch weitere hundertfünfzig Meter runter«, bemerkte Ulli schmunzelnd.

    »Danke, sehr beruhigend. Besonders, wenn man an Platzangst leidet.«

    2. Kapitel: Numibia und Kelly-Ann

    Vom Quartiermeister wurde Levi ein kleines Zimmer, das ihn mehr an eine Knastzelle als an eine Arbeitsunterkunft erinnerte, zugewiesen. Nachdem er seine Sachen verstaut hatte, setzte er sich hin und betrachtete seine neuen vier Wände, während er darauf wartete, abgeholt zu werden. Drei mal vier Meter schätzte er die Grundfläche, wirklich wie eine Gefängniszelle, nur dass die im Knast ein Fenster mit Tageslicht hatten. Mit einem Bett, einem Schreibtisch mit Sessel und einem kleinen Schrank, alles aus Metall und in Militärgrün, war das Zimmer möbliert. Anstelle eines Fensters hing ein billig gerahmter Druck eines Bergdorfes mit bewölktem Himmel, vom Künstler Adler, an der Wand. Er hasste die Bilder von Adler und ihm war unerklärlich, wie dieser Schmierfink es geschafft hatte, der größte und bedeutendste Künstler der Postmoderne zu werden. Jedenfalls bereute er jetzt, dass er seine zwei kleinen Bilder von Picasso, einem unbekannten aber, wie er fand, tollen Maler, die bei ihm zu Hause herumlagen, nicht mitgenommen hatte. Die hätten gut an die Wand gepasst. Bei seiner ersten Europareise vor zwei Jahren hatte er auf einem Flohmarkt in Paris zwei kleine Ölgemälde von diesem Picasso entdeckt und billig erstanden. 150 Afrikanische Pfund hatte er nach langem Verhandeln dafür bezahlen müssen. Picasso war eben nicht Adler, in der Kunstszene nicht anerkannt und deshalb billig zu haben. Ja, diese Bilder hätten wirklich besser in sein Zimmer gepasst als diese pseudo-epochale Schmiererei von Adler.

    Es klopfte an der Tür. Er öffnete und Sergeant Kenyata, der Quartiermeister, stand vor ihm.

    »Herr Rosenfeld, sind Sie bereit? Ich bin hier, um Sie in die Mensa zu Herrn Professor und Frau Doktor zu bri…«

    Levi war so angespannt und neugierig auf die zwei, dass er bereits durch die Tür getreten war, bevor Sergeant Kenyata ausgesprochen hatte.

    »Folgen Sie mir bitte.«

    »Wieso in die Mensa? Ich habe keinen Hunger … ich würde lieber gleich ins Labor.«

    »Der Professor und die Frau Doktor wollen Sie lieber bei einem Abendessen kennenlernen und erst morgen mit der Arbeit beginnen.«

    Etwas enttäuscht folgte Levi dem Sergeant in die Mensa.

    Fünf Minuten später, nachdem sie durch ein Gewirre enger, kühler und schlecht beleuchteter Gänge marschiert waren, traten sie durch eine Tür in die Mensa ein. Es war eine große Halle, in der gut zwei- oder dreihundert Leute Platz fanden. Die Wände waren in freundlichen hellen Farben gestrichen und angenehm ausgeleuchtet. Aus Lautsprechern rieselte in dezenter Lautstärke afrikanische Popmusik. Die Tische und Stühle waren aus Holz und der Fußboden aus Parkett. Wäre da nicht die Tatsache gewesen, dass man sich hier Hunderte von Metern unter der Erdoberfläche befand, hätte sogar ein Gefühl von Behaglichkeit aufkommen können.

    Er folgte dem Sergeant durch die Halle, bis dieser am hintersten Tisch stehen blieb.

    »Herr Professor, Mister Rosenfeld.« Der Sergeant salutierte und verabschiedete sich von den Anwesenden.

    Der Professor stand auf und drückte Levi mit einem breiten Lächeln die Hand. »Sie müssen völlig erledigt sein, nach dieser Odyssee.«

    »Ja, Herr Professor, ich bin wirklich etwas ausgelaugt und erschöpft. Andererseits kann ich es kaum erwarten, mit Ihnen zu arbeiten.«

    Er war überrascht darüber, wie groß Prof. Djioufur war. Breitschultrig und topfit sah der Mann aus. Anfang 50 hätte er den Professor geschätzt, höchstens, aber tatsächlich war der Mann 64 Jahre alt, das sah man ihm wirklich nicht an. Levi hatte eher den Eindruck einen Sportler als einen Akademiker vor sich zu haben.

    »Und ich? Mit mir zusammenzuarbeiten, darauf freuen Sie sich nicht?«

    Der Professor trat zur Seite und jetzt sah Levi die Frau hinter ihm. Es musste sich um Doktor Kelly-Ann Mulligan handeln.

    Etwas verunsichert hielt er ihr die Hand hin. »Natürlich freue ich mich auch darauf, mit Ihnen, Frau äh … Doktor, zu arbeiten. Sehr sogar.«

    Sie musste schmunzeln, machte einen Schritt nach vorne und umarmte ihn kurz aber herzlich. »Kelly, nicht Frau Doktor. Nur Kelly.«

    »Ja, äh, Levi, freut mich, Kelly …«

    Levi spürte, wie er errötete. Jetzt stand er endlich vor der Frau, die ihn sein ganzes Studium hindurch inspiriert und beeinflusst hatte. Irgendwie hatte sich über die Jahre ein Bild von dieser Frau Doktor, diesem Physikgenie, in seinem Kopf festgesetzt, das nichts mit der Person, die jetzt vor ihm stand, zu tun hatte. Auch wenn er wusste, dass sie erst 32 war, so hatte bisher das Bild einer älteren, weißhaarigen, etwas langweilig wirkenden Intellektuellen in seinem Kopf herumgegeistert. Sie sah jedoch alles andere als langweilig aus. Eine junge, hübsche Frau stand da vor ihm und lächelte ihn herzlich an. Mit dem zu einem Pferdeschwanz gebundenen dunkelblonden Haar, dem farbigen T-Shirt und den engen Jeans, welche in Stiefelletten steckten, wirkte sie eher wie eine Studentin als wie eine der führenden Wissenschaftlerinnen der Gegenwart. Ihr Gesicht wirkte hübsch und harmonisch. Die vollen Lippen hatte sie mit einem dezenten, aprikosenfarbenen Lippenstift betont. Die Augen, die hinter einer dunkelrandigen Brille hervorblinzelten, waren leicht mit Mascara hervorgehoben worden. Ansonsten verzichtete sie, so schien es, auf weiteres Make-up, was ihr sehr gut stand, wie er fand.

    »Setzen wir uns … es wäre etwas angenehmer, beim Essen zu sitzen«, meldete sich der Professor und setzte sich.

    Kelly nahm Platz neben dem Professor und Levi setzte sich gegenüber den zwei hin.

    »Ich bin übrigens Numibia.«

    »Freut mich, Numibia, ich bin Levi … aber das weißt du ja.«

    Der Professor überreichte ihm die Speisekarte. »Wir wissen bereits, was wir essen wollen.«

    »Was esst ihr?«

    »Taboulé mit Hühnchen à la Maroccaine.«

    »Eine meiner Lieblingsspeisen. Darf ich mich anschließen?«

    Nachdem der Professor die Bedienung herbeigewinkt und dreimal das marokkanische Taboulé bestellt hatte, fragte er die anderen, was sie trinken wollten. Der Professor bestellte als gläubiger Muslime, denen der Konsum von Alkohol streng untersagt war, Tee und Wasser.

    »Ich bin Jude, ich darf Alkohol trinken. Ich hätte gerne ein Glas Wein«, bemerkte Levi.

    Kelly blickte zu ihm hinüber und fügte hinzu: »Und ich bin Christin und darf ebenfalls Alkohol trinken. Ich schließe mich dir an und nehme ebenfalls ein Glas Wein.«

    »Wieso habt ihr mich ins Quantum eingeladen?« Diese Frage hatte ihn nun schon so lange beschäftigt. Er musste sie jetzt stellen.

    »Ach, lieber Levi, lass uns den Abend gemütlich verbringen. Morgen im Labor ist es früh genug, um mit der Arbeit zu beginnen«, erwiderte der Professor freundlich aber bestimmt.

    Nach dem Essen blieben sie noch einige Zeit sitzen und redeten über alles Mögliche – Familie, Reisen und Politik. Vergeblich versuchte Levi einige Male, das Thema auf die Quantenphysik zu lenken; Numibia und Kelly ließen ihn immer wieder ins Leere laufen.

    Nach diesen erfolglosen Versuchen und einigen Gläsern Wein stand er schließlich auf und verabschiedete sich: »Ich muss dringend schlafen. Ich bin seit über dreißig Stunden auf den Beinen.«

    »Na, dann schlaf gut. Morgen neun Uhr im Labor?«

    »Okay.«

    Anhand der Nummerierungen, die an den Gängen

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