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Operation Werwolf - Teufelspakt: Kriminalroman
Operation Werwolf - Teufelspakt: Kriminalroman
Operation Werwolf - Teufelspakt: Kriminalroman
eBook257 Seiten3 Stunden

Operation Werwolf - Teufelspakt: Kriminalroman

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Über dieses E-Book

Serientäter gefasst, Mission erfüllt? Bei weitem nicht. Denn kaum hat Tom Sydow den »Werwolf von Berlin« zur Strecke gebracht, da taucht die Frage nach dessen Rolle bei Kriegsbeginn auf. Und das umso drängender, als Sydow herausfindet, dass der S-Bahn-Mörder Verbindungen zu SS-Kommandeuren besaß. Für Heydrich, den allmächtigen Chef des Sicherheitsapparats, ein Grund mehr, den unbequemen Ermittler mundtot zu machen, indem er Sydows Geliebte Mira Schultz entführen lässt.
Kollaboration oder KZ-Haft für Mira. Sydow hat die Wahl.
SpracheDeutsch
HerausgeberGMEINER
Erscheinungsdatum13. Apr. 2022
ISBN9783839271520
Operation Werwolf - Teufelspakt: Kriminalroman

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    Buchvorschau

    Operation Werwolf - Teufelspakt - Uwe Klausner

    Zum Buch

    Pakt mit dem Henker Serientäter gefasst, Mission erfüllt? Bei weitem nicht. Denn kaum hat Tom von Sydow den »Werwolf von Berlin« zur Strecke gebracht, taucht die Frage nach dessen Rolle bei Kriegsbeginn auf. Und das umso drängender, als Sydow herausfindet, dass der S-Bahn-Mörder, ehemals Mitglied einer SS-Kommandoeinheit während des Polenfeldzugs, über exzellente Verbindungen verfügte, darunter auch zur Führungsriege der SS. Einer Einheit, deren Aufgabe darin bestand, hunderte von Zivilisten, allen voran jedoch die Juden, zu beseitigen. Das Brisante daran: Im Laufe der Ermittlungen fällt Sydow das Kriegstagebuch des Kommandos „Werwolf" in die Hände, in dem sämtliche Verbrechen aufgelistet sind. Für Reinhard Heydrich, Chef der Gestapo und Himmlers rechte Hand, ein Grund mehr, den unbequemen Ermittler mundtot zu machen, indem er die Gestapo anweist, dessen Geliebte Mira Schultz zu entführen. Nun stellt sich nur noch eine Frage: Kollaboration oder KZ-Haft für Mira? Tom Sydow hat die Wahl.

    Uwe Klausner wurde in Heidelberg geboren und wuchs dort auf. Sein Studium der Geschichte und Anglistik absolvierte er in Mannheim und Heidelberg, die damit verbundenen Auslandsaufenthalte an der University of Kent in Canterbury und an der University of Minnesota in Minneapolis/USA. Heute lebt Uwe Klausner mit seiner Familie in Bad Mergentheim. Neben seiner Tätigkeit als Autor hat er bereits mehrere Theaterstücke verfasst, darunter »Figaro – oder die Revolution frisst ihre Kinder«, »Prophet der letzten Tage«, »Mensch, Martin!« und »Anonymus«, ein Zweiakter über die Autorenschaft der Shakespeare-Dramen, der 2019 am Martin-Schleyer-Gymnasium in Lauda uraufgeführt wurde.

    Impressum

    Personen und Handlung sind frei erfunden.

    Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen

    sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

    Immer informiert

    Spannung pur – mit unserem Newsletter informieren wir Sie

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    info@gmeiner-verlag.de

    Alle Rechte vorbehalten

    Lektorat: Claudia Senghaas, Kirchardt

    Herstellung/E-Book: Mirjam Hecht

    Umschlaggestaltung: U.O.R.G. Lutz Eberle, Stuttgart

    unter Verwendung eines Fotos von: © https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Landesarchiv_Baden-Wuerttemberg_Staatsarchiv_Freiburg_W_134_Nr._001497_Bild_1_(5-94486-1).jpg

    ISBN 978-3-8392-7152-0

    DER NS-SICHERHEITSAPPARAT

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    VIERTES BUCH

    Teufelspakt

    »Die Nazi-Partei duldete keine kriminellen Banden neben sich. Sie machte Berlin zur Kommandozentrale von Verbrechen einer ganz neuen Dimension: der staatlich gedeckten Entwürdigung, Freiheitsberaubung, Ausplünderung und Ermordung von Millionen unschuldiger Menschen.«

    (Michael Bienert / Elke Linda Buchholz, Die Zwanziger Jahre in Berlin. Ein Wegweiser durch die Stadt, Berlin 2018, S. 255)

    FIKTIVE CHARAKTERE

    (alphabetisch, Teil I–IV)

    Elsa Bruckmann, Schülerin

    Paul Derpa, Revierleiter

    Paul Hanke, Polizeibeamter

    August Henschel, Justizoberrat

    Sven Hinnerksen, Internist

    Erich Kalinke, Kriminalassistent und Sydows rechte Hand

    Hertha Krause alias Bijou, Animierdame im Tanz-Kabarett »Kakadu«

    Max Jakubeit, Unterscharführer des SD der SS

    Rudolf Lehmann, Kriminalhauptsekretär der Gestapo

    Karl Lennert, Leiter des Sittendezernats

    Emil Leschek, genannt Hantel-Emil, Türsteher im Tanz-Kabarett »Kakadu«

    Brad Macintosh alias Mark Cameron, Redaktionsleiter der Nachrichtenagentur Reuters in Berlin

    Jacques Mannsdörfer, Pathologe

    Jens Marquardt, Internist

    Wilhelm Maschke, Streifenpolizist

    Erna Mentzel, Hausverwalterin der Vehrenkamps

    Hagen Mertz, Kriminalobersekretär der Gestapo

    Eberhard Michalski, Kriminalassistent und stellvertretender Leiter der Spurensicherung

    Adele Mürwitz, Pensionärin

    Rudolf Novotny, Zuhälter

    Adolf Peschke, Frührentner

    Erna Pommerenke alias Tante Lola, Grande Dame der Berliner Halbwelt

    Karl Prittwitz, Oberbahninspektor

    Luise Stendhal, Vehrenkamps Schwester

    Arndt Streckenbach, Verhörspezialist der Gestapo

    Mira Schultz, Personalsachbearbeiterin beim RSHA

    Friedbert Schultze-Maybach, Sydows Vorgesetzter und Leiter der Kriminalgruppe M der Kripo Berlin

    Ava Schumann, Revue-Tänzerin

    Tom von Sydow, Kommissar der Mordinspektion Berlin

    Ida Varese, Ehefrau des italienischen Botschafters

    Fritz-Dietlof Vehrenkamp, Korvettenkapitän

    Vera Marie Vehrenkamp, seine zweite Frau

    Immanuel von der Tann, Rechtsanwalt

    Theodor Wattke, Leiter der Spurensicherung

    Lutz Weigand, Revierleiter in Berlin-Steglitz

    Bodo Wilmers, Chefarzt

    Heinz Wischulke, Sanitätsgefreiter

    REALE CHARAKTERE

    (alphabetisch)

    Reinhard Heydrich (1905-1942), Chef des RSHA

    Heinrich Himmler (1900-1945), Reichsführer-SS, Reichsinnenminister und Chef der Deutschen Polizei

    PROLOG

    SAMSTAG, 5.7.1941

    1

    Berlin-Mitte, Dircksenstraße

    08:16 Uhr

    »Geben Sie es doch zu, Sydow. Sie stecken ziemlich in der Klemme. Also ganz ehrlich, ich wollte nicht in Ihrer Haut stecken.«

    Nichts ging mehr.

    Wie wahr.

    So sehr er sich dagegen sträubte, die Tatsachen sprachen für sich.

    Der Finsterling hinter dem Steuer, den Rangabzeichen zufolge Untersturmführer der SS, dazu die motorisierten Leibwächter, die ihn mit Argusaugen musterten, und dann auch noch der Zeremonienmeister des Schreckens, dessen Stimme vor Hohn aus den Fugen geriet. Eine Stimme, die er aus Tausenden heraushören konnte – im Extremfall schrill, zumeist jedoch hart wie Stahl.

    Die Stimme eines Mannes, der kein Erbarmen kannte.

    Erbarmen, Gnade, Mitgefühl. Im Vokabular des SS-Gruppenführers kamen die Begriffe nicht vor. Wie auch. Besaß er doch keine Skrupel, auch nicht einen Hauch davon. Wehe denjenigen, die ihm in die Quere kamen, ihr Leben hing am seidenen Faden. So ihnen denn Zeit blieb, sich daran zu klammern.

    Allein, den Mut hatten nur die wenigsten. Und wenn doch, fand er Mittel und Wege, seine Widersacher geräuschlos aus dem Weg zu räumen.

    Egal, wie man es drehte oder wendete, Tom Sydow hatte denkbar schlechte Karten. Unnütz, sich überflüssigen Illusionen hinzugeben.

    Vier gegen einen.

    Schöne Aussichten, Herr Kommissar.

    Da blieb nur eins, die Flucht nach vorn. Und das hieß, er musste aufs Ganze gehen. Jetzt oder nie, ohne Rücksicht auf Verluste. Auch wenn er dabei auf der Strecke blieb.

    Anders wusste er sich nicht zu helfen.

    »Lassen Sie die Waffe stecken, das bringt doch nichts.«

    Auch wieder wahr.

    Er musste sich etwas einfallen lassen. Dringend. Miras Leben stand auf dem Spiel. Das bedeutete, reden führte zu nichts.

    Er musste handeln.

    Jetzt gleich.

    »Die geringste Bewegung, und Sie sind ein toter Mann. Ein Prachtkerl von Polizist unter der Erde, man stelle sich das mal vor. Ihr Betthäschen wäre untröstlich – woher so schnell Ersatz nehmen – und nicht stehlen!«

    »Wie mitfühlend von Ihnen, mir kommen die Tränen.«

    Kein Zweifel, die Operation Werwolf stand auf der Kippe. Und er, Tom Sydow, stand mit einem Bein im Grab. So weit der momentane Stand der Dinge. All die Anstrengungen der vergangenen drei Tage, sie hatten ihn seinem Ziel nicht nähergebracht. War doch der Preis, den er für die Enttarnung des S-Bahn-Mörders zahlen musste, sehr hoch gewesen.

    Zu hoch, um ganz ehrlich zu sein.

    Der Serienmörder gefasst, die Jagd nach dem Phantom beendet, der Mitwisser im Hintergrund enttarnt. Na, wer sagte es denn. Wenigstens das hatten der Dicke und er erreicht.

    Fünf Opfer in nur wenigen Monaten, und das sechste, eine 17-Jährige aus Karlshorst, dem Tod nur um Haaresbreite entronnen. Der spektakulärste Fall seit Langem, in der Kriminalhistorie ohne Beispiel. Und was noch schlimmer war, die Kripo hatte eine denkbar schlechte Figur abgegeben, hatte sich bis auf die Knochen blamiert. Hätte es da nicht Kalinke, seines Zeichens Kriminalassistent bei der Mordinspektion Berlin, und seinen blaublütigen Freund und Kollegen nicht gegeben. Ein, wenngleich spärlicher, Trost für ihn. Denn damit, das kristallisierte sich immer mehr heraus, war das Duell mit der Gestapo noch nicht ausgestanden.

    Im Gegenteil.

    Er hatte sich zu früh gefreut.

    Der Schlamassel, er hatte gerade erst begonnen. Und ein Ende war längst noch nicht in Sicht.

    Hopp oder Top.

    Darauf lief es hinaus.

    »Warum so wortkarg, Herr Kollege? Ihnen hat es doch nicht etwa die Sprache verschlagen?«

    Aber so war das nun mal. Wer seine Gegner unterschätzte, durfte sich nicht wundern, wenn er den Kürzeren zog. Speziell, wenn es sich um die Bluthunde von der Gestapo handelte. Ein falsches Wort, und die Schlinge, die man um den Hals trug, zog sich zu.

    Immer fester, bis einem am Ende die Luft ausging.

    Bis sie einen dort hatten, wo sie wollten. Entweder am Galgen oder in einem Kellerverlies in der Prinz-Albrecht-Straße 8, je nachdem.

    Folterkeller oder Plötze, er hatte die Wahl.

    »Keineswegs, Gruppenführer. Man macht sich eben so seine Gedanken, das ist alles.«

    »Freut mich zu hören. Und zu welchem Ergebnis sind Sie gekommen, wenn man fragen darf?«

    Sydow blieb die Antwort schuldig. Die Luft im Innern des Mercedes-Benz W 142 mit dem Kennzeichen SS-3 war zum Schneiden dick, und wie um seine Gemütslage zu illustrieren, fegte ein Unwetter über den menschenleeren Alexanderplatz hinweg. Hagelkörner so groß wie Projektile prasselten vom teerfarbenen Himmel, im Duett mit wild zuckenden Blitzbündeln, die sich wie Phosphorgeschosse über dem Dächermeer entluden. Fast schien es, als nehme das Inferno kein Ende, wohin man auch blickte, das Gewitter schien überall gleichzeitig zu sein. Je länger es anhielt, desto zahlreicher die explosionsartigen Einschläge, desto lauter das ohrenbetäubende Grollen, vergleichbar mit dem Motorengeräusch von Bombern, die ihre todbringende Fracht über der Stadt entluden. Schier endlos auch die Regenschleier, die wie eine Sturzwoge aus dem Nichts heranbrandeten, schier übermächtig der orkanartige Wind, der alles, was sich ihm in den Weg stellte, beiseite zu fegen schien. »Zur Sache, Gruppenführer. Worauf wollen Sie hinaus?«

    Der Mann, der wie kaum ein anderer Angst und Schrecken verbreitete, griente amüsiert, beugte sich nach vorn zum Beifahrersitz und flüsterte in mephistophelischer Manier: »Auf die Gefahr, mich zu wiederholen, Herr Kommissar: Ich fürchte, Ihnen wird nichts anderes übrigbleiben, als die in Ihrem Besitz befindlichen Dokumente rauszurücken. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht, machen wir uns nichts vor. Andernfalls, das sei in aller Deutlichkeit gesagt, sehe ich mich gezwungen, Ihrem Lebensglück ein jähes Ende zu bereiten.«

    Pause.

    Ein kurzes Innehalten, um zu zeigen, wie ernst es Heydrich mit seiner Drohung war. Danach die Pointe, nahezu im Flüsterton: »Mit anderen Worten, sollten Sie sich weigern, mit mir zu kooperieren, werde ich dafür sorgen, dass Ihre Gespielin für immer aus dem Verkehr gezogen wird. KZ Sachsenhausen oder eine Verurteilung auf Bewährung, Sie haben es in der Hand.« Der Uniformierte im Fond kehrte zu seinem normalen Tonfall zurück, die Gesichtszüge, in denen die nach unten abknickende Nase dominierte, wie in geschliffenen Granit gehauen. »Reicht das, Herr Kommissar, oder muss ich etwa noch deutlicher werden?«

    »Mira trifft keine Schuld, das wissen Sie so gut wie ich.«

    Reinhard Heydrich, Chef des RSHA und Himmlers rechte Hand, lachte gehässig auf. »Ich bin mir zwar nicht ganz sicher, was Sie unter dem Verrat von Staatsgeheimnissen verstehen, von Sydow, aber was mich betrifft, reichen die mir vorliegenden Informationen aus, um Fräulein … Wie lautete doch gleich der werte Name?«

    »Mira Schultz.«

    »Genau.« Sichtlich entspannt ließ sich Heydrich in den mit Rosshaar gepolsterten Rücksitz sinken, griff nach seinem silbernen Zigarettenetui und zündete sich eine weitere Juno ohne Filter an, der Tonfall so gleichmütig, als handele es sich um einen Plausch unter Freunden. »Sie haben Geschmack, Herr Kommissar – mein Kompliment!«

    »Wie darf ich das verstehen?«

    »Nun ja, nach allem, was man so hört, hat die Dame einiges zu bieten. Zumindest optisch, wenn ich das mal so sagen darf. Dumm nur, dass Sie nichts mehr davon haben werden. Denn wie es aussieht, sind die Tage der Verräterin gezählt. Es sei denn, Sie nehmen Vernunft an. Sollte dies der Fall sein, wäre ich bereit, ein gutes Wort für sie einzulegen. Man ist ja schließlich kein Unmensch, eine Hand wäscht bekanntlich die andere. Und Ihrem Glück im Wege stehen möchte ich auch nicht, wo kämen wir da hin.«

    »Die Schuld liegt bei mir, wenn ich es Ihnen doch sage!«

    »Schuld oder nicht, Ihr Betthäschen befindet sich in Haft. Für wie lange, hängt von Ihrer Kooperationsbereitschaft ab. Und darum nochmals, zum Mitschreiben: Entweder Sie springen über Ihren Schatten und ringen sich dazu durch, mir das in Ihrem Besitz befindliche Kriegstagebuch der Einsatzgruppe Werwolf vom September ’39 zu übergeben, oder es bleibt Ihnen nichts weiter übrig, als sich eine andere Gespielin zu suchen. Ein wenig Abwechslung kann bekanntlich nicht schaden, oder was meinen Sie dazu?«

    »Mira hat nichts mit der Sache zu tun, mehr kann ich dazu nicht sagen.«

    »Um es drastisch zu formulieren, Herr Kommissar: Wer hier wen vor wessen Karren gespannt hat, interessiert mich nicht im Geringsten. Fakt ist, Fräulein Schultz wurde dabei beobachtet, als sie im Archivraum zugange war, um die Personalakte Ihres Vorgesetzten abzulichten. Mit dem Sie, wie jedermann im Präsidium weiß, eine innige Abneigung verbindet. Beziehungsweise verband. Falls Sie verstehen, was ich damit andeuten möchte.«

    Und ob Sydow verstand.

    Der Wink mit dem Zaunpfahl war deutlich genug.

    Heydrichs Schnüffler waren bekanntlich überall. Vor allem dort, wo man sie nicht vermutete.

    »Damit wir uns nicht falsch verstehen, Sydow: Ich persönlich weine Schultze-Maybach keine Träne nach. Was diesen Speichellecker betrifft, halten sich meine Emotionen in Grenzen. Sie wissen ja, man liebt den Verrat, aber nicht den Verräter.«

    »Julius Cäsar.«

    »Eine weitere Gemeinsamkeit, wie mich das freut!«

    »Die worin bestünde?«

    »Ich will es mal so sagen: Neun Jahre auf einem humanistischen Gymnasium hinterlassen ihre Spuren.«

    »Aber nicht bei jedem, wie wir beide wissen.«

    »Chapeau, Herr Kommissar. So sehr Sie darauf bedacht waren, mir ins Handwerk zu pfuschen – auf den Mund gefallen sind Sie nicht. Ich weiß, Sie werden mir nicht glauben, aber was den Umgang mit Subalternen betrifft, lege ich auf Direktheit großen Wert.«

    »Wenn Sie es sagen, wird es ja wohl stimmen, Gruppenführer«, gab Sydow mit unbewegter Miene zurück und ließ seinen Kontrahenten, dessen Gesichtspartie im Rückspiegel wie eine Totenmaske anmutete, auch nicht eine Sekunde aus den Augen. Insgeheim wurde Heydrich »Die blonde Bestie« genannt, nur einer von mehreren Spitznamen, die man dem Henker von Himmlers Gnaden verpasst hatte. Ob zutreffend oder nicht, allein schon der Name verbreitete Furcht und Schrecken. Reinhard Tristan Eugen Heydrich, SS-Gruppenführer, General der Polizei und Leiter des Reichssicherheitshauptamts, ein Vollstrecker so recht nach dem Geschmack des Reichsführers-SS, als dessen Nachfolger er bereits jetzt, da Himmler gerade einmal 40 war, hinter vorgehaltener Hand gehandelt wurde. Entsprach der 37-Jährige doch genau dem Bild, das man sich von einem Nazi-Schergen machte. Blonder Kurzhaarschnitt, überdurchschnittlich groß, athletischer Körperbau, sportversessen bis ins Extrem und ohne jegliche Skrupel. Auch und gerade, wenn es um die Ausschaltung von missliebigen Personen ging. Der wölfische Blick, mit dem er so wie jetzt auf Beute lauerte, nicht zu vergessen. »Wer bin ich, der ich Ihrem Wort misstrauen würde!«

    Die Antwort bestand aus einem Lächeln, das in amüsiertes Schnauben mündete: »Wenn wir gerade von Subalternen reden, Herr Kommissar: Wussten Sie schon, dass Kriminalobersekretär Mertz gekidnappt wurde? Auf offener Straße, ohne Spuren zu hinterlassen?«

    »Und wieso fragen Sie das ausgerechnet mich?«

    Reinhard Heydrich lachte schrill. »Jetzt kommen Sie, junger Mann: Mir können Sie doch nichts vormachen. Dass Mertz in der Galerie Ihrer Widersacher einen Ehrenplatz einnimmt – oder einnahm, je nachdem, auf wessen Konto die Entführung geht –, hat sich im Präsidium herumgesprochen. Und nicht nur dort, sondern bis zu mir.«

    »Ja, wenn das so ist, wissen Sie ja Bescheid.«

    »Gar nichts weiß ich, das ist ja gerade das Problem!«, zischte Heydrich, die Falsettstimme kurz vor dem Überschlagen, wie die stoßweise hervorgepresste Atemluft bewies. »Was mich zu der Frage bringt, wer ein Interesse daran haben könnte, einen Agenten der Gestapo zu liquidieren.«

    »Ihn zu liquidieren? Meinen Sie das im Ernst?«

    »Ausnahmsweise schon, Herr Kollege

    Sydow reagierte mit einem Schulterzucken. »So leid es mir tut, in dem Punkt bin ich überfragt.«

    »Alles, was Recht ist, aber das kaufe ich Ihnen nicht ab.«

    »So gern ich darüber Bescheid wüsste, was die Causa Mertz betrifft, muss ich leider passen.«

    »Wirklich?«

    Sydow deutete ein Nicken an. Wie Tante Lola, ihres Zeichens ungekrönte Königin des Milieus, mit dem verhassten Exekutor umgehen würde, darüber gab er sich keinen Illusionen hin. Mertz hatte drei ihrer engsten Weggefährten auf dem Gewissen, allemal ein Grund, es ihm auf Heller und Pfennig heimzuzahlen. »Wirklich.«

    »Und da wäre noch etwas.«

    »Ich höre.«

    »Es heißt, der Werwolf habe einen Komplizen gehabt.«

    »So, hat er das.«

    Olbricht.

    Er hätte es sich denken können.

    An Maulwürfen hatte es noch nie gemangelt, am seltensten unter den Kollegen.

    »Haben Sie eine Ahnung, wer alles in meinem Sold steht, Herr Kommissar – Sie würden Bauklötze staunen, glauben Sie mir!«

    »Das wohl weniger, Gruppenführer. Ich bin Realist.« Im Bestreben, seine Gedanken zu ordnen, warf Sydow einen Blick nach draußen. Das Unwetter hatte an Heftigkeit noch zugenommen, und so weit das Auge reichte, waren die Straßen mit einer dicken Schicht aus Hagelkörnern übersät. Selbst die S-Bahn nach Erkner, die mit quietschenden Rädern über das Viadukt ratterte, war nur in Umrissen zu erkennen, von den Passanten, die sich im Laufschritt in den Eingang des U-Bahnhofs flüchteten, nicht zu reden. Wohin man blickte, war der Platz mit knöcheltiefen Pfützen übersät, ein Ende der Sintflut, welche die Gullys ringsum zum Überlaufen brachte, nicht in Sicht.

    Land unter.

    Das passte wie

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