Zur Aktualität der stoischen Lebensweise im Zeitalter der Globalisierung
Von Elenor Jain
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Über dieses E-Book
Die Stoa ist praktische Philosophie, deren Lehre sich auf den Menschen, seine Lebenswelt und auf die Natur konzentriert, sich auf die Einheit des Kosmos bezieht und Wissen und Vernunft als Ausgangspunkt ihrer Theorie bezeichnet. Dabei geht es um die zu erstrebende Weisheit, die durch tugendhaftes, sinnvolles Leben zu erreichen ist und ein glückliches Dasein verspricht. Ihr Anspruch an den Menschen ist groß, denn dieser wird seine Lebens- und Weltsicht zu verändern haben, wenn die Menschheit endlich in Frieden und Freiheit leben will, wie die Autorin mit zahlreichen Belegen der stoischen Philosophie darlegt.
Elenor Jain
Elenor Jain hat zahlreiche Bücher und Aufsätze zur Philosophie publiziert, insbesondere zur Ethik, Anthropologie und Kulturkritik sowie zur philosophischen Ästhetik, Kunstwissenschaft und Pädagogik.
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Buchvorschau
Zur Aktualität der stoischen Lebensweise im Zeitalter der Globalisierung - Elenor Jain
...was uns zum Lebensglück verhelfen kann, dazu fehlt uns der richtige Blick…
Glücklich kann derjenige genannt werden, der weder von Begierden noch von Furcht erregt wird – wohlverstanden dank seiner vernünftigen Einsicht.
Seneca
Inhalt
Einleitung
I. Kapitel: Anfang und Fortentwicklung der Stoa
Naturphilosophie – Metaphysik – Kosmos – Logos –Weltgesetz – Weisheit – Sinneswahrnehmung – Stoa – geistiges Leben – Ethik – Vernunft – römische Stoa – Selbstbesinnung – Humanismus – Renaissance – Tugendethik – ökologie
II. Kapitel: Das geistige Leben
Weisheit – Erkenntnis – Naturphilosophie – Logik – Dialektik – Weltgesetz – praktische Philosophie – Affekte – Innenwendung – Lebenszeit – Muße – Logos – Vernunft – Tod – Furcht – Alter – Zeitfluß – Wissen – Freiheit
III. Kapitel: Die Grundlagen der stoischen Ethik
Gemeinschaft – Individualität – Würde – Lebenskunst – Vernunft – Weisheit – Geistiges – Affekte – Glück – Natur – Weltganzes – Zeit – Wissen – Humanität – Masse – Eigenverantwortung – Werte – Pflicht – Empathie – Tod – Freiheit – Askese
IV. Kapitel: Das Menschenbild der stoischen Philosophie
Streben – Freiheit – Sittenverfall – Würde – Empathie – Zorn – Erziehung – Vorbild – Toleranz – Gleichwertigkeit – Selbstkontrolle – Menschlichkeit – Dankbarkeit – Gemeinwohl – Freundschaft
V. Kapitel: Zur Aktualität den Stoizismus
Herrschaft – Umdenken – Kosmos – Anthropozän – Technologie – Kritikfähigkeit – Existenz – Massengesellschaft – Gemütsruhe – Seelenzustand – Konsum – Empathie – Gerechtigkeit – Menschenrechte – Kosmopolitismus – Demokratie – Pflichterfüllung
Nachwort
Bibliographie
Einleitung
Um Verständnis für die Absicht zu wecken, daß eine vor über zweitausend Jahren entstandene philosophische Lehre Gegenstand der folgenden Überlegungen sein wird, die von der Aktualität dieser Lehre handeln will, gilt es zunächst, einige Begründungen für dieses Vorhaben zu liefern. Eine erneute Besinnung von philosophischem Denken und Erkenntnissen längst vergangener Zeiten erhält ihre Berechtigung zum einen aus der Tatsache, daß die Erkenntnisse der alten Philosophen hinsichtlich vieler Probleme ihrer Zeit keineswegs an Bedeutung verloren haben, sondern unsere Gegenwart in der Tat in vielerlei Hinsicht auch betreffen. Zum anderen offenbart ein Blick auf unsere Zeit, daß diese kaum Lösungen ihrer sozialen, interkulturellen und politischen Probleme anzubieten hat, und daß eine neue Welt- und Selbstsicht sogar zu verhindern scheint, daß bewährte Erkenntnisse wieder ins Bewußtsein gehoben werden. Dazu läßt sich eine Vielzahl von Erklärungen heranziehen, von denen sicherlich auch eine veränderte Le bensweise durch den technologischen Fortschritt, durch einen unbegrenzten Individualismus, durch ein von Konsum dominiertes Leben oder durch den Verlust der individuellen Entfaltung der Innenwelt des Menschen zu nennen ist.
Die Philosophie – die Liebe zur Weisheit – erscheint nicht selten in Gestalt bloß abstrakten Denkens, das mit Begriffen operiert und vom realen Leben weit entfernt zu sein scheint. Tatsächlich aber ist die Philosophie eine Disziplin, die die Fakten des Lebens und den Menschen selbst zum Zentrum ihres Denkens macht und sich kritisch und zukunftweisend zu ihren Problemen äußert. Vor allem die praktische Philosophie ist in der Lage, sehr zielgerichtet zur Klärung und auch zu Lösungen der vielfältigen Verwicklungen und Konflikte der menschlichen Existenz beizutragen. Schon seit der Antike haben Philosophen immer wieder trotz aller Widerstände den Versuch unternommen, auf die Menschen einzuwirken, und dies besonders in der Ethik und Moralphilosophie.
Diese Ansätze sind natürlich sehr unterschiedlich, sie differieren und widersprechen sich teilweise sogar, aber hinter jedem dieser Konzepte steht die Absicht, auf diese Welt und die Menschen zu ihrem Wohle, ihrer Fortentwicklung einzuwirken, ja, diese Lebenswelt zu bereichern und zu verbessern. Dies setzt nun voraus, den Menschen selbst in den Blick zu nehmen, seine Eigenart, Fähigkeiten und Möglichkeiten zu analysieren, die sein In-der-Welt-Sein fundieren. Die Anthropologie – eine jüngere Disziplin der Philosophie – versucht nun, dies zu leisten.
Sowohl die Ethik als auch die Anthropologie bilden von daher den Hintergrund unserer Überlegungen, die sich dezidiert auf die Erkenntnisse der Stoa beziehen, insofern diese einige bemerkenswerte und durchaus aktuelle Argumente hinsichtlich menschlichen Verhaltens liefern, die auch in der Gegenwart ihre Berechtigung finden.
Im ersten Kapitel skizzieren wir zunächst Anfang und Fortentwicklung der stoischen Philosophie und ihren geistesgeschichtlichen Hintergrund, ihre wesentlichen Argumente und ihre Ziele in bezug auf die Lebensführung des Menschen. Das zweite Kapitel behandelt die zentralen Aspekte der Stoa als praktische Philosophie, die Ethik bzw. Moralphilosophie, die in ihren Grundzügen auf Sokrates und die Kyniker zurückgeht (Zenon, der Begründer der Stoa, war ein Schüler des Kynikers Krates, der Bedürfnislosigkeit und Selbstgenügsamkeit lehrte). Dabei konzentrieren wir uns ausführlich auf den Stoiker Seneca, der die Leitlinien der ´alten´ Stoa zwar beibehält, aber insofern modifiziert, als er praktikablere und der Lebenswelt nähere Lösungen an bietet als die rigorosen und dogmatischen Thesen Zenons, des Stifters der Stoa (von dem nur Bruchstücke seiner Schriften überliefert sind). Das geistige Leben bestimmt die Erörterung im folgenden, dritten Kapitel, das auch – obwohl in der Stoa das reale Leben im Zentrum steht – metaphysische Gedanken thematisiert.
Im vierten Kapitel wird der Blick auf das Menschenbild der Stoa gerichtet, das bei Zenon noch auf durchaus elitären Vorstellungen beruht und die praktische Anwendung der stoischen Lebensführung auch fragwürdig und undurchführbar erscheinen läßt, später aber – besonders in der römischen Stoa – ein äußerst modernes Bild des Menschen liefert, das unserer Zeit in vielen Bereichen weit voraus ist.
Als Fazit der bisherigen Beschäftigung mit dem stoischen Denken handelt das letzte Kapitel von der Aktualität der Stoa in der Gegenwart, denn es ist nicht von der Hand zu weisen, daß genau jene Kategorien der Stoa in der Gegenwart in Vergessenheit geraten sind, die ein humanes, dem menschlichen Wesen entsprechendes Verhalten erst er möglichen. Dieser Verlust einer elementar-menschlichen, also ethisch gegründeten inneren Haltung, ist zumindest ein wesentlicher Grund für die Dilemmata unserer Zeit in allen Lebensbereichen.
Die Philosophie der Stoa setzt auf Vernunft als wirkende Kraft und Humanität, aber genau diese Eigenschaften scheinen in unserer globalen Welt keine Beachtung mehr zu finden, und es ist offenkundig, daß mit diesem Verlust auch Toleranz, Akzeptanz des Anderen, Selbstbescheidung etc. (die in der Stoa zu den Tugenden gehören) verlorengegangen sind und Feindseligkeiten aller Art Oberhand gewinnen können. Befinden wir uns in einer selbstzerstörerischen Zeit, in der lediglich Macht und Gewalt regieren, wie viele kritisch Denkende bereits glauben? Wird ein Umdenken, eine Umkehr nur durch äußeren Druck möglich sein oder ist die Menschheit angesichts der katastrophalen Weltlage bereit, ihr wahres Menschsein wieder zu entdecken? Diese Frage hat die großen Philosophen seit der Antike schon immer bewegt, doch ihre Erkenntnisse haben bisher nur unwesentlich zu einer Veränderung der menschlichen Haltung zur Welt beigetragen. Doch die Philosophie sieht ihre Aufgabe vornehmlich darin, immer wieder auf Vernunft und Humanität als Grundlage menschlicher Existenz zu verweisen, denn wir können es, wenn wir wollen
.¹
1 Pico della Mirandola, G.: Über die Würde des Menschen. Hamburg 1990, S. 11. Der neueren Forschung zufolge soll der Philosoph und Humanist (1463-1494) im Auftrag der Inquisition wegen seiner als subversiv verstandenen Thesen ermordet worden sein. Sein Einfluß auf die Denker seiner Zeit – u.a. auf Leonardo – scheint dagegen bedeutend gewesen zu sein.
I. Kapitel
Anfang und Fortentwicklung der Stoa
Der Ursprung der abendländischen Philosophie liegt in Griechenland, genauer: in der Polis, dem griechischen Stadtstaat. Sie war anfangs so wohl politisches Machtzentrum als auch der Mittelpunkt der geistigen Entwicklung, des Sozialgefüges und der moralischen Ordnung. Es war der Ort, an dem der Mensch in der Gemeinschaft zum zoon politikon erzogen wurde, das dem Staat Respekt zu zollen und diesem seine individuellen Ansprüche unterzuordnen hatte.
Erst um 600 v. Chr. erwachte das wissenschaftliche Streben in Griechenland, während die Kolonien dem Mutterland bereits inbezug auf ihre geistige und wirtschaftliche Kultur überlegen waren, und die Philosophie, zunächst identisch mit der Wissenschaft überhaupt, entstand in ihrer Eigenständigkeit nicht auf althellenistischem Boden, sondern in Kleinasien, Unteritalien und Thrakien. Und auch Zenon, der Begründer der Stoa, dessen Lehre uns im folgenden beschäftigen wird, stammte nicht aus Athen, obwohl er seine Schule dort gründete, sondern aus Zypern.
1.
Das philosophische Denken Griechenlands war von einer bemerkenswerten Vielseitigkeit geprägt, beginnend mit naturphilosophischen bzw. metaphysischen Themen, um einerseits die Natur und ihre Ursachen zu erklären und andererseits das Wesen aller Dinge zu erforschen (als ontologisches Problem) und schließlich die Stellung des Menschen im Kosmos zu verstehen und zu definieren. Die Naturphilosophen wie z. B. Thales oder Anaximander konzentrierten ihr Denken um 600