Nie zu alt, sich jung zu fühlen: 33 Strategien für gesundes Altern – So bleiben Sie körperlich, psychisch und mental fit
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Über dieses E-Book
In diesem Buch werden die Leser mit 33 Strategien vertraut gemacht, die Ihre körperliche, psychische und mentale Fitness stärken. Das Konzept entspricht dabei einem "Werkzeugkasten". Jede Intervention ist für sich alleine nützlich. Die Interventionen lassen sich aber auch kombinieren, vor allem, wenn die Strategien aus den drei Bereichen Ernährung, Bewegung und Mentales zu einem Ganzen verbunden werden.
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Buchvorschau
Nie zu alt, sich jung zu fühlen - Dr. med. Michael Teut
Wie Altern erfahren wird
Altern zu beschreiben und zu definieren ist nicht einfach, denn dabei spielen verschiedene körperliche und psychologische Aspekte eine Rolle.
Zu den typischen körperlichen Veränderungen, die mit dem fortschreitenden Alter in unserem Körper auftreten, zählen Ergrauen und Verlust der Haare, Abnahme der Elastizität der Haut und Zunahme des Körperfetts; außerdem werden die Gelenke abgenutzt, die Elastizität der Blutgefäße und der Lunge nimmt ab, die Funktion des Immunsystems wird reduziert und die Funktion des Gehirns vermindert. Es wundert nicht, dass die Defizite des Alterns von vielen Menschen als beängstigend erlebt werden. Die Probleme und die Herausforderungen nehmen im Alter häufig zu, während die körperliche und mentale Funktionsfähigkeit nachlässt. Im fortgeschrittenen Alter kann es schließlich zu Gebrechlichkeit sowie zum Verlust der Autonomie und Selbstbestimmung kommen, ehe letztendlich der Tod eintritt.
Die hochbetagte Schweizer Psychoanalytikerin Ingrid Riedel stellt auf wunderbare und überraschende Weise diesen biologischen und psychologischen Defiziten des Alters die »innere Freiheit des Alters« gegenüber (Riedel 2009). Für sie, aus eigener Erfahrung als Seniorin schreibend, ist das Altern eine wertvolle Zeit. Es steht noch begrenzte Lebenszeit zum Gestalten zur Verfügung, aus der das Beste gemacht werden will. Das Alter eröffnet die Möglichkeit, in der gegebenen Zeit Dinge zu erleben, zu erfahren, zu entdecken, die vielleicht sonst im Leben zu kurz gekommen sind oder die noch einmal genossen werden wollen. Zugleich unterliegen alte Menschen weniger den Zwängen des Berufs, der Familie, der Erwartungen und den entsprechend notwendigen Anpassungen. Daraus entsteht die innere Freiheit, das Leben auszukosten und zu gestalten. Aus ihrer Sicht ist für die »jungen« Alten, die 60- und 70-Jährigen, die Zeit gekommen »die Ernte einzufahren«. So kann man Reisen machen, dorthin, wo man schon immer einmal hinwollte, sich mit Themen beschäftigen, für die vielleicht nie genug Zeit blieb, oder mit den Enkelkindern das alles genießen, was mit den eigenen Kindern zu kurz gekommen sein mag.
Zugleich tritt aber mit zunehmendem Alter die Notwendigkeit auf, bestimmte Dinge und Angelegenheiten des Lebens loszulassen – was wiederum Freiheit verspricht. Riedel erwähnt den mittelalterlichen Mystiker Meister Eckhart, der die »Gelassenheit« als spirituelle Kraftquelle einführte: »sich und es lassen zu können«. Die Psychoanalytiker Fritz Riemann und Wolfgang Kleespies führen die Gelassenheit des Alters auf die Distanz zurück, die aus der »Entpflichtung« kommt – es müssen keine Rollen mehr erfüllt werden, Verantwortung kann losgelassen werden.
Dazu gehört auch, die Dinge den Jüngeren zu überlassen, loszulassen, vom »Haben« zum »Sein« hinüberzuwachsen. Die Psychoanalytiker ermutigen uns dazu, diesen Übergang lustvoll zu gestalten, in innerer Freiheit die Ernte einzufahren und schließlich loszulassen. Neben der »Integration der Lebensgeschichte« ist es das Höchste im Leben der späteren Jahre, Authentizität und innere Freiheit zu gewinnen. So kann das Alter die große Chance bieten, zu einer neuen Identität zu finden, ohne dass man sich vom Zwang, in bestimmte Rollen zu schlüpfen, einengen lassen muss.
Zugleich stellt diese Übergangsphase aber auch eine Herausforderung dar; so kann es zu Ängsten, psychischen Störungen und Krankheit kommen, wenn der Übergang nicht gelingt, wenn eben nicht losgelassen werden kann, sondern festgehalten wird (Riemann und Kleespies 2016).
Die Bilder, die wir als Gesellschaft vom Altern haben, entstehen aus gesellschaftlichen Prozessen und wandeln sich im Lauf der Zeit. Das Bild vom Altern ist historisch, sozial und kulturell konstruiert (Glöckenjahn 2009). Während vor dem 19. Jahrhundert nur äußerst wenige Menschen überhaupt älter als 60 Jahre wurden, veränderten sich im 19. und 20. Jahrhundert die Lebensverhältnisse in Europa und Nordamerika radikal. Im 19. Jahrhundert kam es erstmals zur Einführung von Sozialversicherungen inklusive Rentenversicherungen.
Im 20. Jahrhundert erfolgten weitere grundlegende Veränderungen der Lebensbedingungen. Hygiene, Bildung, Wissen und Wohlstand nahmen zu, und nicht zuletzt dank der medizinischen Fortschritte kam es zu einer deutlichen Verlängerung der Lebenszeit, sodass (erstmals in der Geschichte der Menschheit) eine beachtliche Anzahl von Menschen, finanziell abgesichert durch eine Rentenversorgung, ein höheres Alter erreichen konnte.
Mit der Rentenreform 1957 erfolgte in Deutschland ein Umdenken: Das Altern wurde erstmals als eine Phase der Ruhe und Freizeit aufgefasst, in der sich die Rentnerinnen und Rentner »auf dem Altenteil ausruhen« und vorangegangene Mühen und Anstrengungen des Arbeitslebens ausgeglichen werden sollen. Für den berühmten Soziologen Helmut Schelsky stellte dieses Leitbild eine »Entwurzelung« dar, da der alte Mensch seiner Funktion und Rolle in der Gesellschaft beraubt würde: »Die Freizeitbeschäftigungen werden zum Lebenskontinuum« (Schelsky 1959).
Das Altersbild des »wohlverdienten Ruhestands« als Rückzugsaufforderung war bis in die 1980er-Jahre hinein akzeptiertes Leitbild für alte Menschen. In den 1990er-Jahren veränderte sich das Altersbild, und es kamen die bestimmenden Themen »Aktivität«, »Flexibilität« und »Selbstbestimmtheit« zur Diskussion um das Altern dazu (Ruff 2009). Die geburtenstarken Jahrgänge im Nachkriegsdeutschland, die sogenannten »Babyboomer«, brachten schließlich das Thema individuelles Altern mit einer Vielzahl von Modellen, einer Pluralisierung der Lebensmodelle, in die Diskussion ein: »Sie wollen auf keinen Fall altern wie ihre Eltern« (Ruff 2009). Stattdessen treten die aktive Gestaltung des Alterns, Aktivität, Mobilität und der individuell gestaltete Lebensentwurf in den Vordergrund.
Mit einem gesundheitsbewussten und präventionsorientierten Verständnis von Gesundheit und Altern und den Fortschritten in der wissenschaftlichen Altersforschung eröffnet sich eine kontinuierlich anwachsende Lebensspanne, die gestaltet, genutzt und gefüllt werden möchte. Altern wird heute (und zukünftig) als gestaltbar angesehen. Der Zukunftsforscher Frank Ruff sieht das Altern der Zukunft als eine »subjektiv formbare Realität«, bei der es um »Self-Design«, »Langlebigkeit«, »Regeneration« und »Ressourcenmanagement« geht (Ruff 2009).
Schon früh haben sich Wissenschaftler mit der Frage beschäftigt, was eigentlich »erfolgreiches Altern« ist. Während im 20. Jahrhundert sehr lange die negative Wahrnehmung von Altern im Fokus stand, das sogenannte »Defizitmodell«, richtet sich der Blick heute, da die Zahl älterer Menschen ständig zunimmt, auf die aktive Gestaltbarkeit des Alterns.
Ein wichtiger Motor für diesen gesellschaftlichen Perspektivwechsel war das Konzept vom »erfolgreichen Altern«. Die Altersforscher John W. Rowe und Robert L. Kahn leiteten 1997 mit ihrem Aufsatz »Successful Aging« (»Erfolgreiches Altern«) in der Zeitschrift The Gerontologist eine Denkwende in der Altersmedizin ein (Rowe und Kahn 1997). Während zuvor erfolgreiches Altern eher als eine Anpassungsleistung des älteren Menschen an die mit dem Alter eintretenden Funktionsverluste und den Stress verstanden wurde, schlugen Rowe und Kahn ein Modell vor, das positiv ausgerichtet ist und biologische und psychologische Aspekte beinhaltet. Für sie besteht erfolgreiches Altern nicht allein in der Abwesenheit von Krankheit oder in der Bewältigung von altersbedingten Veränderungen, sondern aus drei Faktoren, die einander gegenseitig bedingen und verstärken:
1.Eine geringe Wahrscheinlichkeit von Krankheit und krankheitsbedingter Behinderung
2.Eine hohe geistige und körperliche Funktionsfähigkeit
3.Die aktive Auseinandersetzung mit dem Leben
Innovativ an ihrem Konzept ist, dass sie die Gestaltbarkeit des Alterns betonen: Durch gesunden Lebensstil, mentale und körperliche Aktivität, aktives Engagement, soziale Beziehungen, körperliches und geistiges Training, Lernen und Bildung lässt sich die Gesundheit bis ins fortgeschrittene Alter hinein fördern und so ein erfolgreiches, erfüllteres und gesünderes Altern gestalten.
Dieser gestalterische Ansatz, der von einem »plastischen« und »formbaren« Altern ausgeht, hat sich in der Altersmedizin heute durchgesetzt. Auch die Weltgesundheitsorganisation hat mittlerweile aufgrund der zunehmenden demografischen »Überalterung« in vielen Ländern der Welt den Fokus auf gesundes Altern gelegt und eine UN-Dekade des gesunden Alterns (2021–2030) mit vielfältigen Aktivitäten ausgerufen. Der Fokus verschiebt sich von den Krankheiten (Defizitmodell) auf die Kapazitäten und Gestaltungsmöglichkeiten, und zwar nicht nur auf den Einzelnen bezogen, sondern auf die gesamte Gesellschaft.
Es kommt auf uns alle an, wie wir Altern verstehen, wie wir es gestalten und wie wir damit umgehen.
Was in den Zellen geschieht
Die biologischen Vorgänge, die zum körperlichen Altern führen, sind sehr komplex und wissenschaftlich auch heute nur teilweise verstanden. Es gibt Hunderte von Theorien, wie und warum es zum Altern kommt. Viele Wissenschaftler beschreiben einzelne Aspekte des Alterns, die erst in Kombination ein verständliches Mosaik ergeben.
Klassischerweise gehen Wissenschaftler, wenn sie biologische Alterungsprozesse betrachten,