Lehre.Lernen.Digital: Jahrgang 1, 2020 Ausgabe 2
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Über dieses E-Book
Die Digitalisierung hat längst Einzug in die Seminarräume sowie Lehr- und Hörsäle der Bildungseinrichtungen gehalten. Zugegeben fehlt es vielerorts nicht nur an den technischen Voraussetzungen, sondern nach wie vor sind Fragen zu Lehrdeputaten, mediendidaktischen Beratungsangeboten und strategischen Verankerungen nicht oder nur unzureichend beantwortet.
Die größten Hemmnisse für die Etablierung lehr-und lernbegünstigender digitaler Settings tragen jedoch noch die Lehrenden selbst in sich. Sie müssen sich in ihrem Berufsleben täglich den Herausforderungen der Digitalisierung stellen, ganz unabhängig davon, in welchem Bildungszweig sie tätig sind und welche Unterstützung sie dabei erfahren.
Insbesondere die Heraus- und Weiterbildung für das gesamte Leben so wichtiger digitaler Kompetenzen und insbesondere für die Lehre relevanter Medienkompetenzen braucht das integrative Zusammenspiel von Wissenschaft und Praxis und einen Raum bzw. ein Medium, in dem ein Austausch und Diskurs möglich sind.
»Lehre. Lernen. Digital!« ist eine unabhängige und interdisziplinäre Zeitschrift insbesondere für digitale Mediendidaktik.
Sie erscheint halbjährlich in gedruckter, aber auch digitaler Form. In ihr kommen Autorinnen und Autoren aus der Wissenschaft und Praxis fachlich übergreifend zu Wort.
Die Fachbeiträge in der Zeitschrift sollen Neugierde wecken, zum Nachdenken, Nachahmen und zu fachlichen Diskursen anregen.
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Buchvorschau
Lehre.Lernen.Digital - Verlag für Polizeiwissenschaft
Erfolgsfaktoren für Live-Online-Veranstaltungen
So machen Sie das Beste aus virtuellen Klassenräumen
Alexandra Altmann¹, virtuu
Erfahrungsbericht
Die Corona Pandemie hat in vielen Bildungsinstitutionen zu einer „Schnell-Digitalisierung" geführt. Fast über Nacht musste allerorts die Präsenzlehre auf eine reine Online-Lehre umgestellt werden. Das hat gezeigt, was aktuell schon möglich ist, aber auch, an welchen Stellen noch nachgesteuert werden muss. Denn auch in Zukunft werden die digitalen Lernformate wohl nicht mehr wegzudenken sein. Dieser Artikel gibt Anregungen für die Ausgestaltung und Einführung von Live-Online-Veranstaltungen im virtuellen Klassenraum.
1. Was bedeutet Live Online
?
Bei Live-Online-Veranstaltungen kommen Lehrbeauftragte und Lernende gleichzeitig (live) über das Internet (online) in einem virtuellen Klassenraum zusammen. Dort können sie sich dann über Webcams sehen, miteinander sprechen, gemeinsam Präsentationen oder Dokumente ansehen, ihren Bildschirm miteinander teilen und auf vielfältige Weise miteinander interagieren.
Live-Online-Veranstaltungen werden häufig auch als „Web-Seminare, Webkonferenzen
, „virtueller Unterricht oder „Online Vorlesungen
bezeichnet.
2. Der Nutzen von Live-Online-Veranstaltungen
Live-Online-Unterricht stellt eine effektive Alternative zu aufwändiger Präsenzlehre und zum unpersönlichen asynchronen E-Learning, bei dem die Lernenden eigenständig das Lernmaterial bearbeiten, dar:
• Dieses Format bringt Menschen und verschiedene Experten schnell zusammen. Man sieht sich über Webcams von Angesicht zu Angesicht und kann sich persönlich austauschen. So ist trotz physischer Distanz soziale Nähe möglich. Gerade in Krisenzeiten kann das bei aller Unsicherheit und Isolation den Studierenden wertvollen Halt bieten.
• Die Funktionalitäten der virtuellen Klassenräume erlauben vielfältige Interaktionsmöglichkeiten, sodass man auch ohne Sprechen schnell Fragen stellen und erörtern oder Meinungen zusammentragen kann (siehe Punkt 4.).
• Niemand muss extra anreisen und es braucht keine Präsenzräume, die organisiert, betreut und gereinigt werden müssen. Virtuelle Räume sind also insgesamt wesentlich kostengünstiger. Natürlich fallen dafür Lizenzgebühren an. Die Kosten für die IT-Infrastruktur sind aber im Vergleich wesentlich niedriger als die Kosten für zentrale Schulungsorte und für Reise- und Verpflegungsaufwand bei Präsenzveranstaltungen.
• Mehrere kürzere Einheiten können zeitlich verteilt hintereinandergeschaltet werden. Dieses „verteilte Lernen" wirkt nachhaltiger als geballte Präsenztage, denn so kann der Stoff zwischen den Unterrichtseinheiten individuell vertieft oder angewendet werden.
• Gerade in der Weiterbildung ist es für viele Studierende einfacher, sich für ein paar Stunden aus dem Arbeitsalltag zu ziehen als für mehrere Tage.
• Diese Unterrichtsform spart im Vergleich zu Präsenzveranstaltungen durchschnittlich 80-90% der schädlichen Klimaemissionen ein, abhängig davon, wie sich die Anreise der Teilnehmenden gestalten würde.
• Und was jetzt gerade sehr wichtig ist: dieses Format ist garantiert virenfrei und erlaubt es, den Lehrbetrieb auch bei reduzierten Kontaktzeiten aufrecht zu erhalten.
Auch in Nicht-Krisenzeiten schaffen Sie mit digitaler Lehre attraktive Angebote für Ihre Studierenden, die diese Form des Lernens ergänzend zu Präsenzveranstaltungen gerne akzeptieren.² Sie können effektiv und kostenfreundlich auch wachsende Studiengänge ohne wesentliches Aufstocken der Lehrkapazität betreuen. Und bei sich ständig verändernden Anforderungen können Sie so schnell neues Wissen und neue Kompetenzen in die Fläche bringen.
3. Konzeptionelle Überlegungen für dieses Format
Trotz der vielfältigen positiven Aspekte stoßen Live-Online-Veranstaltungen in der Praxis jedoch oft noch auf eher negative Resonanz. Sie werden als langweilig oder zweitklassig erlebt und anfängliche technische Probleme schrecken ab. Um das Potenzial dieser Lehrform zu heben, sollten Sie deshalb ein besonderes Augenmerk auf die sorgfältige Vorbereitung und kompetente Durchführung dieser Online-Vorlesungen und Seminare legen.
Dies beginnt damit, sich zunächst klar zu überlegen, welche Inhalte Sie in diesen synchronen Veranstaltungen, bei denen Ihre Lernenden zur gleichen Zeit zusammenkommen, diskutieren wollen und welche diese selbständig in asynchroner Form (E-Learning Videos, Dokumente, Aufgaben, Diskussionsforen etc.) bearbeiten sollen.³ Diese konzeptionellen Überlegungen und Entscheidungen werden je nach Zielgruppe unterschiedlich ausfallen.
Im Rahmen von Blended-Lösungen können virtuelle Klassenräume zusätzlich zu Präsenzveranstaltungen zur Vorbereitung, Vertiefung oder Nachbereitung eingesetzt werden. Und die „Online-Semester" in der Corona-Krise haben gezeigt, dass man auch ausschließlich auf dieses Format setzen kann, wenn auch idealerweise nur für kurze Zeit.
3.1. Anwendungsmöglichkeiten
Die Einsatzszenarien für den virtuellen Klassenraum sind vielfältig, z.B.:
• Vorbereitung einer Präsenzeinheit: Die Gruppe lernt sich kennen, klärt Erwartungen und erhält Vorbereitungsaufgaben.
• Rein virtueller Unterricht: Durchführung kurzer, zeitlich verteilter Fort- und Weiterbildungsschulungen, entweder in großen Gruppen als „Vorlesungen oder in kleineren Gruppen als „Online-Seminare
• Durchführung von Kurssequenzen, bei denen verschiedene Experten aus der Praxis jeweils für kurze Zeit im virtuellen Klassenraum zur Gruppe stoßen und intensiv eingebunden werden. Da für die Experten nur ein geringer Zeitaufwand entsteht, weil keine Anreise erforderlich ist, kann man sie einfacher für die Teilnahme gewinnen.
• Studien- oder Prüfungsvorbereitung in Kleingruppen
• Regelmäßiger Austausch in Fach- oder Lerngruppen
• Weiterbildung für die Lehrbeauftragten
• „Onboarding" von neuen Dozenten oder Mitarbeitenden
• Nachbereitung einer Präsenzeinheit: Die Teilnehmenden berichten, wie es ihnen mit der Umsetzung des Gelernten in der Praxis ergangen ist, klären offene Fragen und erhalten vertiefendes Wissen.
3.2. Geeignete Themen
Das Live-Online-Format eignet sich für ein sehr breites Themenspektrum und daher besonders für die Fort- und Weiterbildung: Schulungen zu Fachthemen, technische Themen, neue Geräte und Produkte, Inhalte rund um Sozialkompetenz, Kommunikation und Führung, IT-Training, Sprachtraining, Projektbegleitung, Coaching und Supervision, usw. Nur wenn physisches Anfassen, Riechen oder die tatsächliche Bedienung von Fahrzeugen oder Maschinen erforderlich sind, bietet der virtuelle Klassenraum keine Lösung.
Sobald Sie dann für sich festgelegt haben, welche Inhalte Sie in virtueller synchroner Präsenz abdecken wollen, kommt es darauf an, diese auch anregend, interaktiv und kurzweilig zu gestalten. Die wichtigsten Erfolgsfaktoren dafür sind die Didaktik, die Ausnutzung der Funktionalitäten Ihres virtuellen Klassenraums und die Durchführungskompetenz der Lehrenden. Diese Faktoren werden im Folgenden näher beleuchtet:
4. Erfolgsfaktor Tool
Die Gestaltungsmöglichkeiten für Ihren Online-Unterricht werden natürlich stark durch die Software bestimmt, die Sie als virtuellen Klassenraum benutzen, wie z.B. Adobe Connect, Edudip, Yulinc etc.
Bei der Auswahl des passenden Tools sind vielfältige Aspekte zu beachten: Didaktische Möglichkeiten, Datensicherheit, Teilnehmerverwaltung, Integration in die bestehende Systemlandschaft und in Lern-Management-Systeme, Kosten, Verfügbarkeit usw.
Es folgt die Konzentration auf die didaktische Funktionalität, die ein guter virtueller Klassenraum bieten sollte: