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Doppelt oder aus
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eBook223 Seiten2 Stunden

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Über dieses E-Book

Einmal im Monat lässt die TV-Quizsendung Doppelt oder aus die Einschaltquoten in die Höhe schnellen. Die Straßen sind leer gefegt. Erwin Rampendahl ist der unübertroffene Star der Sendung, Jung und Alt vergöttern ihn, den charmanten Junggesellen. Ein Dutzend Live-Ausstrahlungen haben ihn so populär gemacht, und Rampendahl ist ein Vollprofi. Doch ein anonymer Gegenspieler hat es auf ihn abgesehen und schmuggelt die sexy Ina unter die Kandidatinnen, und Ina schafft es, den Fernsehstar in eine ganz und gar unmögliche Situation zu befördern. Das Rampenlicht hat ganz offensichtlich auch seine Schattenseiten, und das muss Rampendahl nun am eigenen Leibe erfahren. Ein erotisch-prickelnder Roman und zugleich ein schonungsloser und amüsanter Blick hinter die Kulissen des Showbusiness.-
SpracheDeutsch
HerausgeberSAGA Egmont
Erscheinungsdatum14. Aug. 2017
ISBN9788711727126
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    Buchvorschau

    Doppelt oder aus - Will Berthold

    www.egmont.com

    Die Schönen belagerten den Berühmten. Er stand in ihrer Mitte, genoß ihre Rivalität, und vergaß offensichtlich, daß er zumindest im deutschsprachigen Raum vom Leben auf Diät gesetzt war. Es sah aus, als würde eine stramme Dreißigerin, deren großzügiger Dirndl-Ausschnitt tiefe Einsicht in ihre freitragenden Werte zuließ, das Rennen machen, aber Mueller, der Producer, ließ Erwin Rampendahl nicht aus den Augen und würde schon dafür sorgen, daß es ein totes Rennen bliebe.

    Er bewachte seinen Star wie der Ober-Eunuche im Serail die Lieblingsfrau des Sultans, und dafür gab es einen triftigen Doppelgrund: Mueller hatte vor Jahren einen gefeierten Schlagersänger an das frühere TV-Spektakel der goldene schuss ausgeliehen und ihn in seiner Garderobe eine knappe Stunde mit einer kessen Autogrammjägerin alleingelassen; das Ergebnis waren Zwillinge gewesen. Der Produzent – flott im Geschäft: Vorabend-Serien Dokumentationen, Sport-Features, Musik-Shows, vor allem aber doppelt oder aus – wollte nicht noch einmal in verzweifelte Anstrengungen verstrickt werden, einen Skandal abzudichten.

    Edward Mueller war rund und geschäftig. Weiße Lokken ringelten sich um eine Stirnglatze. Er trug eine dicke Brille, in deren Gestell ein Hörgerät eingelassen war. Er war schwerhörig, besonders wenn man ihn um Gagenerhöhung anging. Vergaß er seine Brille, erwies er sich als ebenso blind wie taub. Doch selbst in diesem Zustand verließ ihn nicht seine Witterung für gängige Effekte. Im heimlichen Unterton der Anerkennung und zur Unterscheidung zwischen ihm und einer in der Branche weit verzweigten Müllerei hieß der 55jährige deshalb Nasen-Mueller.

    Er schob sich in der Dorfschenke Zur Post von Groß-Kleinersdorf in die Mitte weiblicher Rampendahl-Fans und behauptete: »Es klart gleich auf, Erwin.«

    Es war eine vorsätzliche Falschmeldung. Der original oberbayerische Schnürlregen, der auf den Chiemgau fiel, hielt an. Das kleine Fernsehteam sollte hier nur einen Werbe-Vorspann für doppelt oder aus drehen, höchstens 40 bis 45 Sende-Sekunden als Anreiz für das Rate-Programm, aber selbst dafür benötigte man besseres Wetter. So lange es weiter in Strömen goß, würde der Hauptdarsteller – sonst nur live in Direktübertragungen zu sehen – als Zeitvertreib weiter Enzian in sich hineinschütten und seine Bewunderinnen bewundern.

    Er war ein Trinker und ein Steher und auf den ersten Blick alles andere als ein Frauenheld, aber gerade Evas Töchter hatten entscheidend zu seiner Blitzkarriere beigetragen, wobei ihm sein von der Werbung betonter Junggesellen-Status durchaus nicht hinderlich gewesen war. Der 42jährige war untersetzt, massiv, ohne dick zu sein. Er hatte wache Augen, kurze Haare, war zuvor politischer Korrespondent in aller Welt gewesen, vor Ort arbeitend, bis er als Entertainer entdeckt worden war.

    Wenn er lächelte, sich bewegte, konterte oder bekümmert aussah, weil er einen Kandidaten durchfallen lassen mußte, überwältigte er die Zuschauer mit seinem Charme.

    Er stellte Fragen, aber kein Bein. Er ließ keinen Zweifel darüber aufkommen, daß die Kandidaten von doppelt oder aus meistens mehr wußten als er, und daher konnte er Verlierer so entlassen, daß sie wie Sieger wirkten.

    doppelt oder aus war ein Ratespiel wie viele andere und alles andere als eine donnernde Novität – neu war nur, wie der Quizmaster mit seinen Kandidaten umging: Er machte die Schüchternen selbstsicher und entlarvte die Bluffer, er blieb stets schlagfertig, doch nie auf Kosten seiner Partner. Wenn einer stolperte, dann war er es, ohne dabei wie ein Tolpatsch auszusehen. Wenn er einmal mehr wußte als sein Kandidat, war ihm dies offensichtlich peinlich. Und das alles nahm man ihm ab, weil er selbst noch geschminkt unerhört echt wirkte.

    Ein Dutzend Ausstrahlungen hatte genügt, um Erwin Rampendahl zu einem der beliebtesten deutschen Fernsehstars zu machen. In der Einschaltquote lag doppelt oder aus Kopf an Kopf mit wetten dass. Und wie Frank Elstner, der andere Millionenliebling, arbeitete auch Erwin Rampendahl am Hochseil ohne Netz. Die beiden Top-Entertainer bewiesen bisher immer wieder, daß in einem Land, in dem Oberlehrer und Kulturwarte Unterhaltung als Trivialität abtun, die Zuschauer trotzdem noch etwas zum Lachen haben.

    Für die Männer war Rampendahl ein Mann, mit dem man am Tresen ein Bier trank, ein geradliniger Kerl, durchtrieben, doch offen. Die Mädchen mochten ihn als Mann, und selbst gesetzte Damen konnten ihn sich als Liebhaber vorstellen. Seinetwegen versäumten die Jungen die Disco und gingen die Alten verspätet zu Bett. Das kritische Fernseh-Magazin Playback – gefürchtet, weil es hinter den Kulissen der Fernsehanstalten herumstocherte, doch gerade daher auch von TV-Leuten umworben – hatte den Quizmaster zum ›Mann des Jahres‹ erkoren und ihm dadurch als Massenidol seinen Segen gegeben.

    Das war um so bemerkenswerter, als die Programmzeitschrift im gleichen Heft den Lesern auch unbequeme Wahrheiten über den TV-Betrieb servierte: Da bezogen zum Beispiel beim Bayerischen Rundfunk 124 beamtete Redakteure ein gleich hohes Gehalt wie Landräte oder der Oberbürgermeister von München. Innerhalb der TV-Besoldungs-Oase nahmen beim Westdeutschen Rundfunk 14 Quasi-Beamte die salärmäßige Planstelle von Staatssekretären, 12 von Generalbundesanwälten, 13 von Regierungspräsidenten, 10 von Generalstaatsanwälten und 43 von Regierungs-Vizepräsidenten ein, und mitunter sah das Programm auch danach aus, als würde es von solch ehrenwerten, doch TV-fremden Persönlichkeiten gemacht.

    Playback hatte diese Tatsachen als Beitrag zur Diskussion über die Erhöhung der Fernsehgebühren gebracht, dabei aber auch auf Aktivposten wie zum Beispiel Erwin Rampendahls doppelt oder aus hingewiesen.

    Jeden letzten Freitag im Monat fegte sein Auftritt die Straßen leer, und gewitzte Wirte konnten einer Umsatzminderung nur dadurch entgehen, daß sie einen Fernsehapparat im Schankraum aufstellten.

    doppelt oder aus kam aus den USA wie der Begriff ›Quiz‹, die Kartoffel, das Fließband, der Muttertag, die Supermärkte, die Jeans und die Care-Pakete. Von allen US-Importen brachte das Ratespiel, in Amerika unter dem Namen twenty-one entstanden, den schlechtesten Ruf aus Übersee mit. Von den mächtigen TV-Gesellschaften NBC und CBS war es von Küste zu Küste ausgestrahlt worden. Ganz Amerika hatte am Bildschirm gesessen und mit den Kandidaten gefiebert und gelitten, bis ein Skandal einen halben Kontinent erschütterte und Millionen von Mattscheiben für diese Sendung erblinden ließ.

    Vor einem Untersuchungsausschuß hatten die Kandidaten gestanden, daß ihnen im voraus nicht nur die Antworten, sondern auch Seufzer, Gesten und Schweißausbrüche beigebracht worden waren. Alles war gefixt, manipuliert und getürkt gewesen, und zwar gegen Geld.

    Die amerikanischen Sünden zwangen die deutschen Veranstalter von doppelt oder aus zu ungewöhnlichen Auflagen. Sie mußten ständig vorführen, wie peinlich genau es bei der beliebten Seriensendung zuging. Deshalb hatten sie keine Chance, Reporter oder andere Zaungäste abzuschütteln. Bei doppelt oder aus ging es zu wie in einer Küche, die inmitten eines Nobelrestaurants etabliert worden war: Jeder Genießer konnte mit eigenen Augen verfolgen, wie appetitlich die Speisen zubereitet wurden und welch saubere Hände die Köche hatten.

    Der Quizmaster lernte die Kandidaten gleichzeitig mit dem Publikum kennen, nicht vorher. Natürlich waren sie von der Sendeanstalt ausgesucht worden – von tausend Bewerbern kamen hundert in die engere und allenfalls zehn in die engste Wahl –, aber Erwin Rampendahl erfuhr vor seinem Auftritt lediglich die Sachgebiete, um die es ging, zum Beispiel: ›Alles über das Automobil‹.

    Der 32000-Mark-Gewinner war ein knapp 16jähriger Junge aus Groß-Kleinersdorf gewesen, der so viel über das Lieblingsspielzeug der Deutschen gewußt hatte, daß er wahrscheinlich sogar Gottfried Daimler zum Stottern gebracht hätte. Der Gewinn wurde von den Eltern des Siegers der fünf Frage-Runden auf ein Sparkonto gelegt – vom Kauf eines Mopeds abgesehen. Auf diesem Zweiradgefährt sollte Rampendahl in dem Vorspannfilm mit dem Sieger eine Runde durchs Dorf drehen, aber es regnete und regnete, und sah aus, als würde es nie wieder aufhören. Das kostete Zeit, und Zeit war Geld, vor allem, wenn die mueller-production – eine freie Herstellerfirma – die Kalkulation einhalten wollte, wofür sie bekannt war.

    »Wetterbesserung, Edward?« fragte Erwin Rampendahl den Geschäftsführer und Hauptgesellschafter. »Laß mal lieber mein Ticket für den morgigen New-York-Flug stornieren.«

    »Nun sei nicht gleich so ungeduldig!« Der kleine Dicke verströmte ziemlich erfolglos Optimismus. »In dieser Gegend kann das Wetter ganz schnell umschlagen.«

    »Du hast wohl ’ne Meise«, erwiderte der TV-Star und goß sich nach.

    »Laß den Enzian stehen!« forderte ihn der Producer freundlich, doch unmißverständlich auf. »Und nimm gefälligst die Finger aus der Dame.« Er musterte die pralle Schöne geringschätzig. »Falls sie eine Dame ist.«

    »Ist sie«, entgegnete der Quizmaster grinsend und zog das Mädchen an sich. »Hau ihm eine runter, Annamirl«, sagte er dann. »Er hat dich beleidigt.«

    »Keine Zeit«, versetzte das Mädchen, legte die Arme um Rampendahl und küßte ihn.

    Die Umstehenden lachten und klatschten.

    Ausgerechnet in diesem Moment betrat Conny Ritter, die stellvertretende Chefredakteurin von Playback, die überfüllte Wirtsstube, gefolgt von einem Fotografen. Für den Schnappschuß des Kamerajägers war es schon zu spät, aber die clevere Journalistin – und Frau des Verlegers – hatte den Zwischenfall natürlich gesehen.

    »Servus, Conny!« winkte ihr der Entertainer zu.

    »Freut mich, daß Sie sich so gut amüsieren, Erwin«, entgegnete die Journalistin. Sie trug einen schicken Hosenanzug; ihre sanftroten Haare waren unsymmetrisch geschnitten.

    »Was soll man schon machen – bei diesem Sauwetter!« versetzte Rampendahl.

    »Trinken und Knutschen«, erwiderte Conny. »Oder?«

    »Ausfallprogramm«, antwortete der Quizmaster lachend. »Aber Sie brauchen sich um mich nicht zu sorgen, Conny.« Er deutete auf Nasen-Mueller: »Da steht mein Anstandswauwau und paßt auf wie ein Schießhund, daß ich auch eine TV-Jungfrau bleibe.«

    »Lieber Mueller, mach mich fromm«, spottete die Journalistin lachend und reichte dem Producer die Hand, »daß ich in die Glotze komm’.« Sie merkte, daß Rampendahls Augen sie kennerisch abtasteten, und hatte nichts dagegen; sie bot ihnen ein gelassenes Ziel. »Wir bringen eine neue Titelstory über Sie, Erwin«, sagte sie. »Stellen Sie sich also gut mit mir.«

    »Das ohnedies«, erwiderte er. »Und Ihr Interesse ehrt mich. Trotzdem frage ich mich«, setzte er hinzu, »ob euch eigentlich nichts anderes mehr einfällt.«

    »Wir haben mehr Einfälle als eine Rothaarige Sommersprossen im Gesicht«, entgegnete Conny. »Aber Sie, lieber Erwin, erscheinen uns momentan attraktiver.« Sie schob ihre linke Hand in Rampendahls Arm, mit der rechten griff sie nach Nasen-Mueller und zog beide aus dem Kreis der Bewunderer. »Ich will mal aus dem Nähkästchen plaudern«, fuhr sie fort. »Sie wissen doch, daß wir schnellere Informationen haben als die anderen und daß sie meistens stimmen.«

    »Keine Frage«, bestätigte der Producer und beugte sich zu der Journalistin hinab, um seine Hörbrille in Position zu bringen.

    »Eine heiße Nachricht«, versetzte sie. »Bleibt sie unter uns?«

    »Ehrenwort«, versicherte Nasen-Mueller treuherzig.

    »Es ist so gut wie durch: Der Hauptgewinn von doppelt oder aus soll von 32000 auf 64000 Mark erhöht werden.«

    »Trotz der leeren Kassen?« fragte der Producer schnell und erregt.

    »Das Geld spart man anderswo ein«, antwortete die Vizechefin von Playback. »Und Ihre Sendung, Erwin, wird dann wohl doppelt so aufregend.«

    »Mir ist sie jetzt schon aufregend genug«, erwiderte der Quizmaster mit dem ehrlichen Unterton, der so gut ankam.

    »Sie hören wohl das Gras wachsen, Conny«, sagte Mueller.

    »Das Gras wie das Unkraut«, antwortete die adrette, selbstbewußte Besucherin; sie ließ keinen Zweifel darüber aufkommen, daß bei ihr die Karriere nicht auf Kosten der Weiblichkeit ging.

    Erwin Rampendahl sah sie an, bewundernd, doch nur mit halber Kraft. Er war nicht ganz bei der Sache. Connys Eintritt hatte bei ihm die unbestimmte Vorahnung verstärkt, daß seine nächste Sendung katastrophal verlaufen würde. Er fragte sich, ob es schon Lampenfieber sei oder tatsächlich ein sechster Sinn, wie er ihn zum Beispiel damals in Vietnam, im Kongo und in Uganda entwickelt hatte. Er versuchte, die stummen Unkenrufe zu überhören, aber sie wurden nur lauter.


    Zunächst verlief alles überraschend gut, viel zu gut für Abergläubische. Der Regen ließ nach und hörte in der Nacht schließlich ganz auf. Bereits am frühen Morgen stand eine schüchterne Sonne am Himmel. Der Quizmaster drehte mit dem siegreichen Autofan vielbewunderte Mopedrunden durchs Dorf; es reichte sogar noch für einen kurzen Mahn-Spot zur Anmeldung der Fernsehgeräte, da sich die Playback-Journalistin bereit erklärt hatte, Rampendahl nach München-Riem zum Weiterflug nach New York zu bringen und erst unterwegs das gewünschte Interview abzuwickeln. Sie jagte ihren Porsche geschickt durch enge Kurven, überholte beherzt, routiniert wie eine Rallye-Fahrerin.

    »Angst?« fragte sie.

    »Was wollen Sie hören, Conny?« entgegnete er. »Sag’ ich ja, bin ich ein Hasenfuß, wenn ich verneine, ein Lügner.«

    Sie lächelte. Die Journalistin hatte den Hosenanzug mit einem Reisekostüm vertauscht. Das Interview ließ sich wie ein Flirt an. Sie war ebenso sprunghaft wie beharrlich, überlegen und doch auch burschikos. Rampendahl betrachtete sie wie ein Hungerleider die Diamantbrosche in Cartiers Schaufenster. Er versuchte, ihr Alter zu schätzen, und Conny führte ihm ihre fatale Eigenschaft, Gedanken zu erraten, gleich vor:

    »Ich bin neunundzwanzig«, sagte sie und setzte lächelnd hinzu: »Und das schon seit vier Jahren. Was schauen Sie mich so an?«

    »Sie gefallen mir.«

    »Nichts dagegen«, erwiderte sie, »aber ich will nicht über mich, sondern über Sie schreiben.« Die Journalistin hatte den Blick auf der Straße, wich geschickt und ohne Schrecksekunde einem plötzlich über die Dorfstraße laufenden Kind aus, stellte dann fest, daß ihr Begleiter weniger auf die Verkehrssituation achtete, sondern es vorzog, ihre Beine anzustarren. Mit einer eher koketten als prüden Geste schob sie den Rock der Chanel-Kreation wieder über die Kniescheibe.

    »Oh, Entschuldigung!« sagte er, wenig zerknirscht.

    »Wofür?« fragte sie. »Wäre doch ziemlich peinlich für uns beide, wenn Sie Ihren Männlichkeitswahn nicht entfalten würden.« Sie ließ sich Feuer geben, bedankte sich durch ein Kopfnicken. Ihre Frisur war heute anders drapiert, ihr Make-up betont auf ihre braunen Augen abgestellt. »Schlimm für mich, wenn ich miese Beine hätte, schlimm für Sie, wenn Sie geschlechtsneutral wären.«

    »Hübsch gesagt«, entgegnete Rampendahl. »Schade, daß alle klugen, attraktiven und reizvollen Frauen, denen ich begegne, schon in festen Händen sind.«

    »Und darum sind Sie noch immer Junggeselle?« sie ging geschickt auf seinen Ton ein.

    »Sieht so aus«, brummte er, und Conny Ritter hörte eine Verlegenheit heraus, die sie nicht zu deuten wußte.

    »Glauben Sie, wir hätten Ihnen Ihre Rolle als TV-Kapaun auch nur eine Minute abgenommen?« Die Journalistin bog vom Zubringer auf die Autobahn nach München ein. »Sie werden sich in New York schon Ihre Abenteuer pflücken.«

    »Himmel!« versetzte der Quizmaster. »Und Sie hetzen Reporter hinter mir her.«

    »Das scheitert schon an den Spesen«, erwiderte die Playback-Vizechefin.

    »Und Sie haben keinen US-Korrespondenten?«

    »Drei«, antwortete die Journalistin. »Aber wir setzen keinen der drei auf Sie an. Das verspreche ich Ihnen.«

    »Warum?« fragte der Quizmaster.

    »Sieben Tage Schonfrist«, erklärte sie. »Ich bin ziemlich sicher, daß Sie eine Erholung von der Öffentlichkeit brauchen.«

    »Richtig, Conny«, erwiderte er. »Und sehr einfühlsam – aber Sie nehmen doch nicht wirklich an, daß ich über den großen Teich fliege, um mich auszutoben?«

    »Nicht nur«, entgegnete sie. »Es ist vermutlich nur einer von mindestens fünf Gründen.«

    »Und die anderen vier?«

    »Erstens sind Sie hochgradig New-York-süchtig, wie viele, die einmal dort gelebt haben. Zweitens versuchen Sie, Ihr Lampenfieber vor Ihrem nächsten Auftritt in drei Wochen in Dortmund zu betäuben. Zum dritten nutzen Sie die Zeit, sich in die Fragenkomplexe von doppelt oder aus einzuarbeiten, und nicht zuletzt – das ist jetzt nur eine Annahme von mir – werden Sie die Gelegenheit nutzen, einen alten Freund wiederzusehen.« Sie stellte genüßlich fest, daß sie ihn überfahren hatte, und setzte hinzu: »Florian Feiler.«

    »Nur so weiter«, brummelte er. Ziemlich erfolglos versuchte Rampendahl sein Erschrecken über soviel Wissen zu verbergen.

    »Ein führender Kybernetiker der Nasa, lebt seit sechzehn Jahren in den Staaten. Ist

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