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Einzige Chance: Überleben!
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eBook365 Seiten5 Stunden

Einzige Chance: Überleben!

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Über dieses E-Book

Plötzlich und ohne Vorwarnung hat sich die Welt in ein Schlachtfeld verwandelt.
Mittendrin vier Freunde auf der Flucht. So hatten sie sich ihren Urlaub nicht vorgestellt.
Niemand weiß, was die Menschen verrückt macht und sie zu Monstern mutieren lässt. Doch sind in einer Welt ohne Gesellschaft und Regeln für die kleine Gruppe Überlebender wirklich die Monster die größte Gefahr?
SpracheDeutsch
HerausgeberXinXii
Erscheinungsdatum27. Okt. 2020
ISBN9783969370056
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    Buchvorschau

    Einzige Chance - Ann B. Widow

    Ann B. Widow

    Originalausgabe, erschienen 2020

    1. Auflage

    ISBN: 978-3-96937-005-6

    Copyright © 2020 LEGIONARION Verlag, Steina

    www.legionarion.de

    Text © Ann B. Widow

    E-Book Distribution: XinXii

    www.xinxii.com

    Coverdesign: Marta Jakubowska, Legionarion

    Umschlagmotiv: © shutterstock 1769507291 / 192172745

    Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt.

    Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig.

    Dies gilt insbesondere für elektronische oder sonstige Vervielfältigungen, Übersetzungen, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

    Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

    Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über

    http://dnb.d-nb.de abrufbar.

    Die Handlung, die handelnden Personen, Orte und Begebenheiten dieses Buchs sind frei erfunden.

    Jede Ähnlichkeit mit toten oder lebenden Personen oder Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens,

    ebenso wie ihre Handlungen sind rein fiktiv, nicht beabsichtigt und wären rein zufällig.

    ©LEGIONARION Verlag, Steina

    Alle Rechte vorbehalten

    http://www.legionarion.de

    Der LEGIONARION Verlag ist ein Imprint des MAIN Verlags, Frankfurt

    Inhalt

    Prolog

    Kapitel 1

    Kapitel 2

    Kapitel 3

    Kapitel 4

    Kapitel 5

    Kapitel 6

    Kapitel 7

    Kapitel 8

    Kapitel 9

    Kapitel 10

    Kapitel 11

    Kapitel 12

    Kapitel 13

    Kapitel 14

    Kapitel 15

    Kapitel 16

    Kapitel 17

    Kapitel 18

    Kapitel 19

    Kapitel 20

    Kapitel 21

    Kapitel 22

    Kapitel 23

    Kapitel 24

    Kapitel 25

    Kapitel 26

    Kapitel 27

    Prolog

    Die Welt ist eigentlich eine unwirtliche Umgebung. Aber im Laufe der Jahrhunderte haben wir es geschafft, uns einen gewissen Standard aufzubauen.

    Wir haben Autos, Flugzeuge und Schiffe, die uns von Punkt A nach B bringen. Wir können in einen Supermarkt gehen und bekommen dort alles an Nahrungsmitteln, was wir uns nur wünschen.

    Wenn wir Hunger haben, gehen wir essen. Wenn wir durstig sind, trinken wir etwas.

    Sollten wir uns erleichtern wollen, gehen wir auf eine Toilette.

    Sollten wir uns amüsieren wollen, treffen wir uns mit Freunden, spielen miteinander, reden, treiben Sport oder gehen aus.

    Wir gehen zur Arbeit, um uns ein Leben frei von finanziellen Sorgen zu ermöglichen. Wir schauen in die Auslagen der Geschäfte und suchen nach Dingen, die uns gefallen, die uns schmücken und die uns damit zu etwas Besonderem machen. Wir freuen uns auf den Urlaub. Abends genießen wir den Moment, in dem wir fernsehen oder etwas lesen.

    Die Welt ist berechenbar geworden. Wir haben versucht alles für uns passend zu machen.

    Haben wir es geschafft?

    Haben unsere Kinder keine Angst mehr vor dem Monster im Schrank? Haben wir keine Angst mehr in der Dunkelheit? Fürchten wir uns nicht mehr vor dem Ungewissen?

    In dieser schönen, perfekten Welt sollten unsere Ängste abgestellt sein, doch sind sie das wirklich?

    Was geschieht, wenn unser fragiles System nicht mehr funktioniert?

    Sind wir noch in der Lage zu überleben ohne unsere ganzen Annehmlichkeiten?

    Kapitel 1

    Alles war ruhig. Fast schien es, als wären sie alleine.

    Doch alle wussten: Das waren sie nicht.

    Irgendwo dort draußen schlichen sie suchend durch die Gegend. Ihre einzige Chance, nicht entdeckt zu werden, bestand darin, sich in ihrem Unterschlupf absolut ruhig zu verhalten. Aber damit war es nun zu Ende, sie mussten hinaus. Hier wurde es zu unsicher. Zum einen gingen die Vorräte in der Umgebung zur Neige, zum anderen waren sie nicht mehr sicher, ob sie hier weiterhin unentdeckt bleiben würden.

    Die vier Menschen hatten sich im Keller bereit gemacht. Wehmütig packten sie ihre Sachen und stopften die letzten Lebensmittel in die Rucksäcke der Männer. Über drei Monate hatten sie hier gelebt. Und während sie nachts im Keller saßen, hatten sie die Monster vor Wut schreien gehört. Tagsüber war es nicht ganz so schlimm. So lange es hell war, konnte man diese Kreaturen sehen. Außerdem waren sie bei Tageslicht um einiges langsamer als in der Dunkelheit. Doch selbst wenn die Sonne schien, musste man unglaublich vorsichtig sein. Denn auch wenn diese Monster nicht gerade über eine berauschende Intelligenz verfügten, so waren sie doch nicht vollkommen dämlich. Vor drei Tagen waren Pascal und Mario am helllichten Tag fast mit einer Gruppe zusammengestoßen. Die beiden entkamen so knapp, dass sie sich nicht sicher sein konnten, ob sie die Monster wirklich abgehängt hatten. Und da sie in den letzten Nächten vermehrt diese Dinger in der Nähe des Hauses gehört hatten, mussten sie handeln. Vor der Haustür schulterten sie ihre Sachen. Pascal sah aus dem kleinen Fenster. Alles schien leer zu sein. Jeder hatte einen Rucksack auf dem Rücken und alles am Körper, was irgendwie tragbar war.

    Alexandra sah an sich herunter und musterte dann Nora.

    Beide sahen aus, als ob sie an einer Arktisexpedition teilnehmen wollten: dicke Jacke über dickem Pullover, darunter noch zwei T-Shirts, Mütze, zwei Hosen, feste Schuhe und Lederhandschuhe.

    Alex griff ihre Axt und die Armbrust. Das Gewicht des an der Hose befestigten Messers beruhigte sie. Gerne hätte sie noch ihre Pistolen gehabt, doch außer den Armbrustpfeilen hatten sie alles an Munition verschossen. Viel war es eh nicht gewesen, was sie bei den paar toten Polizisten gefunden hatten. Daher steckten die zwei leeren Pistolen in ihrem Rucksack.

    Seitdem das passiert war, verfluchte sie es, aus Deutschland zu kommen und nicht aus einem Land, in dem Waffen Normalität waren. Wie viel schöner wäre es doch, dicke Pistolen oder sogar Schnellfeuergewehre zur Verfügung zu haben. Alex lächelte bei dem Gedanken, wie sie sich den Dingern gegenüberstellen und ihnen mit einem breiten Grinsen ihre mutierten Köpfe wegballern würde.

    Nora packte ihr Schwert und tätschelte fast zärtlich das große Küchenmesser in der improvisierten Beinscheide.

    Die beiden Männer nahmen ihre Samuraischwerter und Armbrüste. Keiner außer Pascal konnte mit einer Armbrust umgehen, doch jede Waffe war besser als keine Waffe. Nachdem alle ihre Sachen geschultert hatten, sahen sie sich noch einmal wehmütig um. Auch wenn es nur ein paar Monate gewesen waren, spürte jeder, dass sie hier das erste Mal seit langem so etwas wie ein Heim gefunden hatten.

    Doch so weh es auch tat, in dieser Zeit konnten sie sich solch einen Luxus nicht mehr leisten. Sie konnten schon froh sein, überhaupt so lange überlebt zu haben.

    Die Sonne ging gerade auf, als sie vorsichtig die Straße betraten. Schon jetzt war abzusehen, wie unglaublich warm es werden würde.

    Innerlich verfluchte Alex ihre ganzen Klamotten, doch sie würde nicht nur nachts oder an kühleren Tagen dafür dankbar sein. Dieses Lagensystem dicker Sachen war wenigstens ein kleiner Schutz, sollten die Viecher sie doch angreifen.

    Mario hatte vor einiger Zeit am eigenen Leib erfahren, wie wichtig die dicke Jacke und der Pulli sein konnten.

    Eine dieser Kreaturen hatte ihn angefallen und sich in ihm verbissen. Zum Glück waren ihre Zähne nicht lang genug, um durch die Kleidung zu dringen. Daher konnten sie das Ding erledigen, bevor es selbst erkannte, dass es ihm nichts brachte, an dem Stoff herumzureißen.

    Penibel hatten sie Mario abgesucht, doch Gott sei Dank hatte er keinen einzigen Kratzer abbekommen, sondern nur ein paar blaue Flecken vom Zusammenprall und dem Sturz.

    Blaue Flecken langten aber zum Glück nicht, um infiziert zu werden.

    Alex verscheuchte ihre trüben Gedanken. Jetzt war nicht die Zeit für solche Ablenkung. Einer nach dem anderen bog um die letzte Ecke. Gottlob war die Straße leer. Schnell machten sie sich dicht an den Häusern entlang auf den Weg, das Dorf zu verlassen. Noch ein paar zwei- bis dreistöckige Gebäude und sie würden flaches Land erreichen. Das war der gefährlichste Moment eines jeden Aufbruchs. Alle umklammerten ihre Waffen und machten sich darauf gefasst, doch noch einem der Monster zu begegnen.

    Als die kleine Gruppe die letzten zwei Häuser am Feldrand ohne irgendeinen Zwischenfall erreicht hatte, hielt sie an. Vor ihnen lag offenes Gelände, kein Schutz vor den Blicken der Kreaturen und ein langer Weg bis zu dem dichten Waldstück, welches das Dorf von der Autobahn trennte.

    Wieder verfluchten sie, sich genau dieses Dorf ausgesucht zu haben. Was war das denn für ein Örtchen, in dem die Bewohner sich nicht mal Pferde hielten? Pferde würden ihnen jetzt helfen, sie waren schnell und ausdauernd. Aber hier gab es außer den obligatorischen Ratten und Mäusen keine nützlichen Tiere.

    Vorsichtig sah sich Pascal um. Seine Handbewegung zeigte an, dass die Luft rein war und alle vier huschten aus dem Schatten des Hauses hinaus auf die verwilderte Wiese.

    Jeder rannte, so schnell er konnte, durch das hohe Gras und die ehemaligen Felder. Sie wussten, sie waren jetzt für alle sichtbar und die Monster würden, sollten sie sie entdecken, alles daransetzen, sie zu bekommen. Auch wenn diese Kreaturen während des Tages eher langsam waren, sie hatten einen enormen Vorteil: Sie wurden einfach nicht müde.

    Ihre Lungen schmerzten. Wie gerne hätte Alex den Rucksack weggeworfen, die Jacke ausgezogen und eine Pause gemacht. Doch ohne die Sachen würde sie nicht lange überleben. Also rannte sie weiter und hoffte, die Biester hielten sich irgendwo im Inneren des Dorfes auf, weit abseits und ohne Blick auf die Felder.

    Nora rannte dicht hinter Mario her. Sie konnte den schützenden Waldrand schon vor sich sehen, als sich plötzlich genau dort etwas bewegte. Einen Sekundenbruchteil war sie versucht anzuhalten, doch wenn es eine dieser Kreaturen war, würde diese eh bald auf sie zukommen. Die Dinger waren für einen Hinterhalt einfach nicht schlau genug.

    Die braunhaarige Frau fokussierte ihren Blick auf die Stelle. Da war es wieder! Eindeutig eine Bewegung. Ihre Mundwinkel zuckten. Was, wenn die Viecher doch schlauer geworden waren? Unmerklich verlangsamte sie ihre Schritte und tippte Mario an die Schulter. Als er sich gehetzt umsah, zeigte sie in Richtung der Bewegung.

    Sie wusste, sie konnte nicht stehen bleiben, aber sie wollte auch nicht direkt in eine Falle rennen. Der große, eher schlaksige Mann verminderte seine Geschwindigkeit ebenfalls und blickte wieder nach vorne.

    »Ja, ich hab es auch gesehen«, flüsterte er atemlos.

    Die beiden hinter ihnen passten ihre Geschwindigkeit an und folgten ihren Blicken.

    »Dort ist etwas.« Nora hechelte die Worte zu Alex und Pascal, ohne den Kopf zu drehen.

    Hier konnten sie aber nicht verweilen. So auf offenem Feld war es zu gefährlich. Besser eine mögliche Falle im Wald als ein Entdecktwerden ohne Schutz.

    Der Schrei hinter ihnen ging allen durch Mark und Bein.

    Auch wenn sie es schon so oft gehört hatten, hatte keiner von ihnen sich daran gewöhnen können. Wie sollte man sich auch an so was gewöhnen? Es war einfach unmenschlich. Pure Gier, absolutes Verlangen, nie endender Schmerz und vollkommene Wut. Selbst aus weiter Entfernung ging dieser Ton noch durch und durch.

    Pascal blickte sich um. Noch war keines dieser Monster zu sehen. Scheinbar galt der Schrei nicht ihnen, doch sicher war er sich nicht.

    »Wir müssen weiter. Schnell. Ab in den Wald. Wir stehen hier wie auf einem Präsentierteller.«

    Pascals Stimme wirkte wie eine Peitsche. Jeder fasste seine Hiebwaffe fester und rannte los.

    Sie mussten endlich aus der Sichtweite des Dorfes verschwinden. Der Wald war nun nur noch ein paar Schritte entfernt und keinem wäre auch nur ein fallendes Blatt entgangen, doch alles blieb ruhig. Keine Bewegungen mehr.

    Mit einem letzten wehmütigen Blick über die Felder hin zum Dorf, in dem sie für ein paar Monate mal wieder so etwas wie ein Leben gehabt hatten, verschwand Nora hinter dem Rest der Gruppe im Dickicht.

    Aufs Äußerste angespannt erwarteten die vier keuchend den unausweichlichen Angriff.

    Das Atmen fiel ihnen schwer, die Glieder schmerzten, es war heiß, doch sonst geschah nichts. Es war und blieb ruhig. Nicht einmal ein einziger Vogel zwitscherte. Nur der Wind, der die Blätter zum Rascheln brachte, und ihr Keuchen sorgte dafür, dass keine absolute Stille herrschte.

    »Weiter!«

    Pascal fühlte sich nicht sicher genug. Noch waren sie viel zu dicht am Dorf. Die vier setzten ihren Weg durch die dichte Vegetation fort. Nach fast einer Stunde blieben sie wieder stehen. Hier waren sie weit genug von allen menschlichen Bauten entfernt.

    »Ich habe es vorhin aber gesehen.«

    Nora blickte sich skeptisch um. Sie war noch nicht paranoid, hoffte sie zumindest.

    »Ich weiß, ich hab es doch selbst gesehen.« Auch Mario ließ seinen Blick schweifen und suchte die grüne Umgebung ab.

    Pascal lauschte nach verdächtigen Geräuschen und verfluchte innerlich die rasselnde Stoßatmung der kleinen, brünetten Frau.

    »Halt mal kurz die Luft an, Alex.«

    Alexandra plusterte demonstrativ die Wangen auf. Auch die beiden anderen stellten die Aufnahme von Sauerstoff ein und lauschten.

    »Hier ist nichts. Und schon gar nicht welche von denen. Lasst uns noch schnell einen Schluck trinken und dann weitergehen.«

    Alex stierte den Mann ihrer besten Freundin an. Ihre Wangen waren fast so dick wie der Rest des Kopfes.

    »Ja, du darfst wieder atmen.«

    Hörbar sog die kleine Frau Luft ein. »Danke.«

    »Gern geschehen.«

    Beide lächelten sich schräg an. Mario schüttelte amüsiert den Kopf.

    Nachdem jeder einen weiteren Schluck aus seinem Wasserbehälter genommen hatte, gingen sie langsam und aufmerksam weiter. Der dichte Wald stand immer noch in vollem, grünem Kleid da und bot so den Sichtschutz, den die kleine Gruppe Überlebender benötigte. Allerdings bot genau dieser Schutz auch potenziellen Feinden eine gute Chance, ungesehen an die vier heruntergekommenen Gestalten heranzukommen.

    Nora wusste, was sie gesehen hatte. Und auch, wenn jetzt alles still und verlassen wirkte, sie war sich sicher: Hier lag irgendetwas im Verborgenen und beobachtete sie.

    Aber ihr Mann hatte Recht, es war keine der Kreaturen, denn die würden sich niemals so lange beherrschen können. Vielleicht war es ein Reh oder ein Wildschwein. Die wären auf jeden Fall scheu genug, sich nicht blicken zu lassen. Aber so dicht an Ortschaften hielten sie sich eigentlich nicht mehr auf.

    Die Sonne stand hoch und strahlend am Himmel. Keine Wolke trübte das herrliche Blau. Wenn man nicht wusste, in welcher Situation sie und ihre Freunde sich befanden, hätte man, wenn man sie so durch den Wald laufen sah, an eine schöne spätsommerliche Wanderung denken können. Jeder hätte sich bei ihrem Anblick ein rot-weiß kariertes Picknicktuch, leckeres selbstgemachtes Essen und ein paar gute Rotweinflaschen in einem Korb vorgestellt.

    Doch leider war niemand da, der sie sah.

    Nicht nur die ehemalige Publizistin, sondern alle vier Gefährten waren sich in diesem Moment so schmerzhaft wie seit Wochen nicht mehr dessen bewusst, dass nichts mehr so war, wie noch vor einem Jahr. Sie hatten nicht nur gesehen, wie fremde Menschen von diesen Dingern förmlich zerrissen wurden oder wie selbst kleinste Kinder zu blutrünstigen Monstern mutierten, ihre Eltern angriffen und sie, soweit sie konnten, auffraßen. Nein, vor allem hatten sie Freunde sterben sehen. Sie hatten miterleben müssen, wie alles, was sie kannten, verschwand. Wie ihr ganzes Leben, ihr ganzes Sein ausgelöscht wurde. Nichts war mehr wie früher. Es gab kein Zuhause mehr. Es gab keine Sicherheit mehr. Es gab nur noch die Flucht und den Kampf ums nackte Überleben.

    Ruhig und vorsichtig liefen sie durch den Wald. Kein Tier ließ sich blicken und keine Bewegung in der Nähe zeigte an, dass sich etwas um sie herum aufhielt. Pascal war froh, dass es keine streunenden Hunde gewesen waren. Meistens blieben sie ja auf Abstand, aber wenn ein Rudel ausgehungert war, konnten selbst die besten Freunde des Menschen unberechenbar werden.

    Gerne hätte er wie früher einen Hund gehabt.

    Nach dem Ausbruch waren sehr schnell fast alle Hunde den Dingern zum Opfer gefallen. Die, die überlebt hatten, wurden im Laufe der Monate scheu und hielten sich abseits. Und selbst, wenn er doch irgendwo einen finden würde, der die Gesellschaft der Menschen der seiner eigenen Gattung vorzog, was wäre, wenn der Hund in einer unpassenden Situation bellen und damit die Monster zu ihnen führen würde?

    Außerdem, was sollte er ihm zu fressen geben? Sie hatten doch selbst kaum was. Nein, es war unmöglich, einen Hund zu haben.

    Während alle ihren Gedanken nachhingen und stur vor sich hinliefen, begann sich der Wald um sie herum langsam zu lichten.

    Sie hatten die Autobahn erreicht.

    »Wollen wir noch schauen, ob wir ein Haus finden, oder gehen wir weiter und suchen uns irgendetwas wie einen Lieferwagen für die Nacht?«

    Alex sah sich fragend nach Mario um und bemerkte mehr zu sich selbst: »Tolle Idee. Wir sind an der Autobahn, hier werden wir wohl kaum irgendwo ein Haus finden.«

    »Außerdem ist ein Lieferwagen am sichersten. Meistens streifen sie nachts durch die Orte.«

    Mario gab ihr die Antwort, ohne sich umzusehen. Alle redeten gedämpft und monoton. Sie hatten sich an diese Sprechweise gewöhnt, damit nichts und niemand unnötig auf sie aufmerksam wurde.

    Während Pascal, Alexandra und Nora am Waldrand stehen blieben, ging Mario vorsichtig die Böschung hinunter auf die Straße. Schnell und routiniert sah er sich um. Viele Autos waren kreuz und quer über die Fahrbahn verteilt liegengeblieben. Keine Menschenseele, keine Hunde und, soweit er sehen konnte, auch keine Kreaturen.

    Er kannte das Bild schon. Fast alle Autos, die sie in den Ortschaften, auf Landstraßen oder Autobahnen fanden, standen noch genauso da wie zu der Zeit, als sie verlassen wurden. Vor über einem Jahr, als das Leben noch in geordneten Bahnen verlief und Benzin an Tankstellen verkauft wurde. Die meisten Menschen dachten damals, sie wären in Sicherheit, wenn sie nur aus den Großstädten herauskommen würden.

    Doch so etwas wie Sicherheit gab es schon damals nicht mehr. Sobald die ersten Dinger aufgetaucht waren, war es mit Sicherheit, Schutz und Ordnung vorbei.

    Kapitel 2

    Lass die Sachen liegen … Wir müssen los.«

    »Aber ich kann doch die Bilder nicht hierlassen! Was, wenn … Außerdem hast du Fieber. Wäre es nicht besser, du legst dich hin?«

    »Nein, wir müssen los! Mir geht es gut genug. Ich hab ein paar Tabletten genommen.«

    Er packte seine Frau am Arm und zerrte sie aus der Tür.

    Aus dem Fernseher plärrte noch die Stimme der Nachrichtensprecherin: »Bitte geraten Sie nicht in Panik. Verriegeln Sie ihre Wohnungen und Häuser und warten Sie ab, bis die Situation unter Kontrolle gebracht wurde. Wir werden sie rund um die Uhr auf dem Laufenden halten.«

    Sie würden bestimmt nicht in ihrer Wohnung bleiben. Vor einer Stunde hatte der Nachbar von oben angefangen zu schreien. Und nun klang es so, als würde er seine ganze Einrichtung zertrümmern. Was, wenn er auch so was war wie das, was sie im Fernseher gesehen hatten? Was, wenn er auch einer der Menschen war, die andere Menschen angriffen? Nein, sie mussten raus hier. Raus aus dem Haus, raus der Stadt.

    Überall vor den Häusern packten die Nachbarn ihre Autos mit allem, was sie in die Finger bekamen.

    Scheinbar war er nicht der Einzige, der fliehen wollte. Schnell stellten sie die Koffer und Taschen auf die Rückbank.

    »Fahren wir bitte noch bei meinen Eltern vorbei?« Sie sah ihn mit großen Augen an, während sie sich anschnallte.

    »Hast du sie denn erreicht?« Der Motor heulte auf.

    »Nein … aber …«

    Aggressiv suchte er einen Weg an den Autos vorbei. »Dann sind sie wahrscheinlich schon weg. Wir haben keine Zeit für solchen Mist.«

    Die Polizei hatte Sperren aufgebaut. Doch er kannte Schleichwege. Nach einer Stunde hatte er es endlich geschafft. Hinter ihnen verschwanden die Lichter der Stadt langsam in der Dunkelheit. Vor und neben ihm war alles rot.

    »Warum fahren die nicht weiter?«

    Das Stop-and-go nervte ihn fast so sehr wie die ständige Fragerei seiner Frau.

    »Du siehst es doch. Die Straßen sind dicht. Wir sind nicht die Einzigen, die raus wollen.«

    »Wir hätten zu Hause bleiben sollen.«

    Hinter ihm hörte der Fahrer nicht auf, immer wieder an ihn heranzufahren und seine Hand schien auf der Hupe festgewachsen zu sein. Seine Kopfschmerzen wurden schlimmer. Plötzlich trat er auf die Bremse, stellte auf Leerlauf und stieg aus. Der Fahrer hinter ihm hupte erneut. Als sein Vordermann auf ihn zukam, öffnete er die Tür und fing an, ihn zu beschimpfen. Ohne zu zögern schlug der junge Mann ihm mit der Faust ins Gesicht. Er hörte die Nase brechen. Er sah das Blut. Und doch schlug er wieder und wieder zu. Die Frau auf der Beifahrerseite schrie, doch das war ihm egal. Als der Mann sich nicht mehr rührte, stolperte er zu seinem Auto zurück und fuhr zitternd weiter. Nach dreißig Metern stand er wieder. Er sah kaum mehr etwas. Seine Frau sah ihn an.

    »Was ist mit dir los?«

    Er hatte das Gefühl zu verbrennen. Sein eigener Schrei war das Letzte, was er noch wahrnahm.

    Selbst wenn die Menschen es geschafft hatten, die Städte zu verlassen und den vielen kleinen Unfällen oder panischen Menschen auszuweichen, so kamen die meisten nicht sehr weit.

    Zu viele Autos für zu wenig Fläche mit angsterfüllten Fahrern, die nicht wussten, wohin sie sollten.

    Das Chaos war vorprogrammiert. Irgendwann hatten selbst dreispurige Autobahnen ihre Kapazität für liegengebliebene Autos und umherirrende Menschen erreicht. Aber die schlimmste Bedrohung befand sich mitten unter ihnen. Auch wenn sie es nicht wahrhaben wollten, sie hatten sie aus den Städten, aus den Dörfern oder wo auch immer sie hergekommen waren, mitgenommen.

    Der Vater, der seinen fiebrigen Sohn auf den Rücksitz des Autos gelegt hatte und dann plötzlich mit herausgerissener Kehle gegen die Leitplanke krachte. Die junge Frau, die, von ihrem Vater gebissen, schreiend über die Straße lief und am nächsten Tag selbst schon nach einem Opfer Ausschau hielt oder in Stücke gerissen irgendwo auf der Fahrbahn verblutete. Die Frau, die am Handy panisch versuchte, ihre Eltern zu erreichen und dabei den Irren übersah, der vor ihr Auto sprang, sich aufrappelte und weiterkroch. Sie wollte ihn gerade beschimpfen, als ihre Beifahrertür aufgerissen wurde und zwei große Hände sie aus ihrem Smart zerrten, während menschliche Zähne sich in ihrem Arm vergruben. Ihre Schreie gingen unter, als die graue Limousine ihr ins Heck knallte und der Rest ihres Körpers durch die Windschutzscheibe katapultiert wurde. Als das Chaos schlimmer wurde, ließen viele Menschen die Autos zurück und suchten ihr Heil in der Flucht zu Fuß. Ihre Haustiere folgten ihnen. Die Monster auch.

    Es gab keinen Schutz mehr. Während viele flohen, hielten andere in ihren Autos aus, pinkelten in Flaschen oder auf den Teppich, drückten sich flach auf die Sitze und versuchten, nicht aufzufallen. Sie hofften wohl, es würde irgendwann vorbeigehen. Doch fast alle wurden erwischt. Die Autobahnen wurden zu Schlachthöfen. Wer nicht gefressen wurde, wurde gebissen oder gekratzt und fraß später dann meistens selbst.

    Doch das war alles schon fast ein Jahr her. Und auch, wenn alles noch so unglaublich frisch wirkte, waren in Wirklichkeit nur noch Autowracks übrig.

    Alles erschien so ruhig. Eigentlich wie fast überall, wenn die Dinger nicht da waren.

    Mario schnaufte, vertrieb seine Gedanken und sah sich aufmerksam um.

    Kapitel 3

    Schon ein paar Meter weiter fand er einen passenden Lieferwagen.

    Als er dem schwarzen Van näherkam, dachte er daran zurück, wie schön es damals gewesen war. Einfach ins Auto rein, Zündschlüssel umdrehen, dem Geräusch des Motors lauschen und aufs Gaspedal treten. Die Musik aufdrehen und sich den Fahrtwind um die Nase wehen lassen. Langsam durch die Stadt fahren oder auf der Autobahn Gas geben. Es war fast so, als ob er es spüren würde, als ob er die Freiheit, die sie damals noch hatten, durch seine Gedanken wieder zurückholen könnte. Doch als er näherkam, wurde er unsanft wieder ins Hier und Jetzt zurückgeholt.

    Selbst nach so langer Zeit war der Gestank noch unerträglich. Als er um das Auto herumgegangen war, sah er auch den Grund. Der Fahrer war einer der Unglücklichen, die es nicht geschafft hatten.

    Teile der Leiche hingen aus der Tür heraus. Die untere Hälfte des Mannes fehlte vollkommen und vom kläglichen Rest waren nur noch Stücke vorhanden. Der Kopf bestand nur noch aus dem Kiefer. Und wenn die eine Hand nicht noch im Todeskampf den Türgriff umklammert gehalten hätte, hätte sich wahrscheinlich der ganze Körper schon auf dem Boden verteilt. Die immer noch funktionierende Uhr an seinem nur noch zum Teil vorhandenen Körper wirkte grotesk realistisch in solch einer unrealistischen Szene. Mario musste würgen, auch wenn das beileibe nicht seine erste halb verweste Leiche war. Er konnte nicht einmal sagen, ob der Mann hier von den Kreaturen getötet und aufgefressen oder durch irgendwas anders zu Tode gekommen und dann von umherstreunenden Tieren so zugerichtet worden war. Aber eigentlich war es ihm auch egal. Der Typ war tot und nicht mehr in einem Stück vorhanden. Also keine Gefahr.

    Die einzige Sorge, die Mario im Moment hatte, war: Würde er irgendwelche Viecher anziehen?

    Ratten zum Beispiel nahmen alles und neben allem anderen, was hier schon so rumfleuchte, wollte er seine Nachtbehausung nicht mit kleinen, ekelhaften Nagetieren teilen und womöglich noch die Pest bekommen.

    Schnell zog er sein Tuch vom Hals hoch und schützte Mund und Nase. Der Geruch reizte ihn und er wollte das ohnehin viel zu knappe Essen keinesfalls hier zwischen den Autos verteilen. Außerdem würde frisches Essen nur noch mehr Kriechtiere anlocken.

    Der Rest des Führerhauses schien leer. Der schlaksige Mann zog sich drei Schritte zurück. In der Nähe standen dutzende weitere Karossen, alles normale PKWs, Kombis und Kleinwagen.

    Der schwarze Van wäre, von der Leiche mal abgesehen, perfekt. Aber es war erst später Mittag, sie hatten also noch Zeit.

    Mario wippte seine Schwerter hin und her. Die Bewegungen lenkten ihn ab, während er zu den anderen drei am Waldrand zurückschlenderte.

    »Ich habe ein passendes Auto gefunden. Das einzige Problem ist: Es hat noch einen Fahrer.«

    Alex’ ungläubiger Blick entlockte ihm ein breites Grinsen und selbst Pascal schüttelte lächelnd den Kopf. Nur Noras blaue Augen blieben ohne Anzeichen von Freude.

    Während sie mit der rechten Hand an ihrem Ehering herumspielte, beobachtete sie weiterhin den Wald. Sie hatte schon vor der Sache mit diesen Monstern eher zur aufmerksamen Sorte Mensch gehört und seit der Pandemie hatte es sich fast zu einer Manie gesteigert.

    Die Bewegungen im Wald heute Morgen taten ihr übriges. Sie waren ihr immer noch so vollkommen präsent, dass die schlanke Frau keine Ruhe finden konnte.

    Sie wusste, sie hatte etwas gesehen und auf ihren Instinkt

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