Achtung, Stiftung!: Gemeinnützige Stiftungsarbeit in Österreich: Gründen, Führen, Auflösen
Von Markus Achatz, Sonja Jöchtl, Nikola Leitner-Bommer und
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Über dieses E-Book
Vorliegende Publikation soll einen Orientierungsrahmen geben und zeitgleich ein praktisches Nachschlagewerk für die Praxis sein. Die Inhalte wurden von Expert*innen und Praktiker*innen erstellt und setzen einen Maßstab für zeitgemäße Best Practice.
Markus Achatz
Markus Achatz ist Steuerberater und Partner bei LeitnerLeitner und lehrt an der Universität Linz. Er befasst sich in seiner wissenschaftlichen wie auch seiner praktischen Tätigkeit schwerpunktmäßig unter anderem mit Fragen des Stiftungssteuer- und Gemeinnützigkeitsrechts.
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Buchvorschau
Achtung, Stiftung! - Markus Achatz
Die Projektpartner*innen
Über den Verband für gemeinnütziges Stiften
Der Verband für gemeinnütziges Stiften ist die politisch unabhängige Interessensvertretung über 100 gemeinnützig aktiver Stiftungen und Fonds in Österreich. Seit seiner Gründung im Jahr 2014 vertritt der Verband selbstständig gemeinnützige Akteur*innen in Österreich. Er versteht sich als Sprachrohr gegenüber Politik und Gesellschaft. Ziel des Verbandes ist es, seine Mitglieder zu vernetzen und sie in ihrem engagierten Handeln bestmöglich zu unterstützen.
Mehr zum Verband unter:
www.gemeinnuetzig-stiften.at
Über LeitnerLeitner
Bei LeitnerLeitner hat die Betreuung von Non-Profit-Organisationen und Stiftungen langjährige Tradition. Die enge Zusammenarbeit mit den Jurist*innen von LeitnerLaw Rechtsanwälte ermöglicht rechtliche und steuerliche Lösungen aus einer Hand. LeitnerLeitners Expert*innen haben eine tiefe Kenntnis der Materie und vereinen Know-how aus Berater*innenpraxis und Wissenschaft – immer dabei im Fokus: die beste Handlungsempfehlung für die jeweiligen Mandant*innen.
Mehr zu LeitnerLeitner unter:
www.leitnerleitner.com
www.leitnerlaw.at
Wir bedanken uns herzlich für die Unterstützung bei dieser Publikation!
Grafik und Design
Andreas Berger und Thomas Kratky, kratkys.net agency in progress
Sandra Mosch, MoschDesignWien
Expert*innen Beiträge
Michael Fembek, Essl Foundation
Franz Fischler, European Forum Alpbach
Wiebke Gülcibuk, PHINEO gemeinnützige AG
Reinhard Heiserer, Jugend Eine Welt gemeinnützige Privatstiftung
Andreas Koman, Internet Privatstiftung Austria
Franz Karl Prüller, ERSTE Stiftung
Samira Rauter, People Share Privatstiftung
Peter Scheuch, Familie Scheuch Privatstiftung, Ennovent GmbH
Markus Schweiger, Marshallplan-Jubiläumsstiftung
Katharina Turnauer, Katharina Turnauer Privatstiftung
Ronald Würflinger, Blühendes Österreich – gemeinnützige Privatstiftung
Norbert Zimmermann, Berndorf Stiftung
Besonderer Dank gilt auch
den SwissFoundations, namentlich Beate Eckhardt, und den Autoren des Swiss Foundation Code Philipp Egger, Georg von Schnurbein, und Thomas Sprecher für die kollegiale Unterstützung bei der Erstellung von „Achtung, Stiftung!".
Inhalt
Thema: Gründung
1.1. Empfehlung 1: Formulierung Stifter*innen-Willen
1.1.1. Gesellschaftlicher Bedarf
1.1.2. Berücksichtigung bestehender Organisationen
1.1.3. Gründung zu Lebzeiten / von Todes wegen
1.1.4. Gründung durch eine/n oder mehrere Stifter*innen
1.1.5. Stiftungsformen
1.1.6. Unternehmensstiftung
1.1.7. Kosten
1.1.8. Mindestvermögen
1.1.9. Errichtung auf bestimmte oder unbestimmte Dauer
1.1.10. Auflösung von Stiftungen
A Stimmen aus der Praxis zur Gründung einer StiftungMag. Norbert Zimmermann und Mag.a Samira Rauter
1.1.11. Rahmenbedingungen der Spendenbegünstigung
1.2. Empfehlung 2: Stiftungszweck, Stiftungsvermögen, Stiftungsorganisation und Einflussrechte des/der Stifter*in
1.2.1. Mindestinhalt
1.2.2. Stiftungszweck
1.2.3. Begünstigte
B Stimmen aus der Praxis zu UnternehmensstiftungenMag. Ronald Würflinger
C Stimmen aus der Praxis zur Gründung einer Stiftung durch eine NGOIng. Reinhard Heiserer
1.2.4. Ideelle und materielle Mittel
1.2.5. Organe
1.2.6. Stifter*innen-Rechte
1.2.7. Verlust der Entscheidungsfähigkeit der Stifter*innen
1.2.8. Veranlagungsrichtlinien
1.2.9. Weitere empfohlene Inhalte der Stiftungserklärung
1.2.10. Errichtung einer Stiftungszusatzurkunde
1.3. Empfehlung 3: Kontroll- und Beratungsorgane
1.3.1. Stiftungsbeirat
1.4. Empfehlung 4: Möglichkeit der Umwandlung der Stiftung und Errichtung von Substiftungen
1.4.1. Umwandlung
1.4.2. Substiftungen
1.5. Vergleich: Bundesstiftung und Privatstiftung
Thema: Führung
2.1. Empfehlung 5: Organisation des Stiftungsvorstands
2.1.1. Bestellung und Funktionsdauer
2.1.2. Auftragsverhältnis
2.1.3. Innere Ordnung
2.1.4. Geschäftsordnung
2.1.5. Abberufung
2.1.6. Anforderungsprofil
2.1.7. Pflichten und Aufgaben des Stiftungsvorstands
2.1.8. Geschäftsführung
2.1.9. Vertretung
2.1.10. Einzel- und Gesamtvertretung
2.1.11. Insichgeschäfte
2.1.12. Rechnungslegung und Controlling
2.1.13. Haftung – Sorgfaltsmaßstab
2.1.14. Unternehmerische Entscheidungen – Ermessensspielraum – Business Judgement Rule
2.1.15. Entlastung
D Stimmen aus der Praxis zur GeschäftsführungDr. Andreas Koman
2.2. Empfehlung 6: Entschädigung von Stiftungsorganen
2.2.1. Vergütungsmodelle
2.2.2. D&O-Versicherung
2.2.3. Besteuerung der Vergütungen
2.3. Empfehlung 7: Transparenz, Kommunikation
2.3.1. Gesetzliche Verpflichtungen – DSGVO
E Stimmen aus der Praxis zur KommunikationDipl.-Ing. Dr. Franz Fischler
2.4. Empfehlung 8: Rechnungsprüfung, Stiftungsprüfung
2.4.1. Gesetzliche Verpflichtung
2.4.2. Aufgaben
2.4.3. Unabhängigkeit
2.4.4. Fachliche Eignung
2.4.5. Prüfungskosten
Thema: Förderung
3.1. Empfehlung 9: Förderstrategie
3.1.1. Wirkungsvolle Fördertätigkeit
3.1.2. Förderinstrumente
3.1.3. Satzungsmäßigkeit
3.2. Empfehlung 10: Effizienz und Wirksamkeit
3.2.1. Professionelle Führung
3.2.2. Zeitnahe Mittelverwendung
3.2.3. Angemessene Verwaltungsausgaben
3.3. Empfehlung 11: Projektauswahl
3.3.1. Steuerliche Rahmenbedingungen für Mittelweitergabe
3.3.2. Steuerliche Rahmenbedingungen für Hilfsbetriebe und Erfüllungsgehilfen
3.3.3. Festlegung von Prozeduren und Kommunikation
3.3.4. Wettbewerb und Selektion
F Stimmen aus der Praxis zur Wirkung und WirkungsorientierungWiebke Gülcibuk
3.3.5. Neue Fördermodelle
3.3.6. Risikotoleranz
3.3.7. Informationspflichten
G Stimmen aus der Praxis zu Impact InvestingPeter Scheuch
3.4. Empfehlung 12: Projektbegleitung
3.4.1. Projektvertrag
3.4.2. Qualitätskontrolle
H Stimmen aus der Praxis zur Ableitung der FörderstrategieFranz Karl Prüller, MSc
I Stimmen aus der Praxis zur ProjektauswahlDr. Michael Fembek
Thema: Finanzen
4.1. Empfehlung 13: Rechnungswesen
4.1.1. Finanzverantwortung
4.1.2. Budget und Planungsrechnung
4.1.3. Finanzbuchhaltung
4.1.4. Kosten- und Leistungsrechnung
4.1.5. Internes Kontrollsystem
4.1.6. Besondere Anforderungen
4.2. Empfehlung 14: Herkunft des Stiftungsvermögens
4.2.1. Gesetzliche Sorgfaltspflichten
4.2.2. Reputationsschäden vermeiden
J Stimmen aus der Praxis zur Anlagestrategie von StiftungenDr. Markus Schweiger
K Stimmen aus der Praxis zur zeitgemäßen StiftungspraxisUniv.-Prof. Dr. Markus Achatz
Anhang
Literatur-Tipps
Literatur
Fachmagazine & Plattformen
Wissenswertes
Index
Glossar
Mitglieder im Verband für gemeinnütziges Stiften
Gemeinnützig aktive Stiftungen und Fonds in Österreich
Vorwort
Haben Sie sich auch schon einmal die Frage gestellt, wie Sie sich in das gemeinnützige Tun einbringen können? Auf diese Frage können wir Ihnen leider keine Antwort geben. Aber vielleicht können wir Sie dabei unterstützen, Ihrem persönlichen und sinnvollen Einsatz das richtige Vehikel zur Umsetzung zu finden.
Wenn Sie Ihren Zweck nachhaltig und professionell umgesetzt sehen wollen, Ihr Tun auf Dauer ausgelegt ist, und Sie die nächsten Generationen auch noch einbeziehen möchten, ist eine gemeinnützige Stiftung sicher eine der besten Varianten, um gemeinnützige Anliegen solide zu verwirklichen.
Die Gründung einer Stiftung kann aus verschiedenen Motiven entstehen, und stiften heißt erst einmal ein Vermögen, auf Dauer einem bestimmten Zweck zu widmen. Dieser Zweck, der von der Stifterin oder vom Stifter festgelegt wird, ist aber von großer Bedeutung, der genau überlegt sein sollte, da er die Seele einer Stiftung ist.
In Österreich sind die Rahmenbedingungen für gemeinnützige Stiftungen noch nicht wirklich ausgereift. Verschiedene Auffassungen und Interessen der öffentlichen Hand und des Stiftungswesens müssen in gegenseitiger Wertschätzung noch überbrückt werden. Letzten Endes geht es nicht um Konkurrenz, sondern um die gemeinsame Verantwortung, Österreich zum Blühen zu bringen.
Der Verband für gemeinnütziges Stiften ist 2014 entstanden. Er setzt sich auch dafür ein, dass in Österreich – vor allem rechtliche und steuerliche – Gesetze rund um gemeinnützige Stiftungen den heutigen Bedürfnissen und Gegebenheiten angepasst werden. Gemeinsam mit dem herausragenden Expert*innen Team der Kanzlei LeitnerLeitner (Wien) können wir in dieser Publikation nicht nur die Komplexität hinter der Gesetzeslage für gemeinnützige Stiftungen entwirren, sondern auch ein nützliches wegbegleitendes Praxishandbuch für Stifter*innen anbieten.
Diese Herausgabe soll auch Ihnen helfen, diese so wichtigen, dauerhaften und sinngebenden Antworten mit viel Begeisterung und Orientierung zu finden. Nicht nur das Gründen, sondern auch das Führen, Fördern, Finanzieren und sogar Auf lösen einer Stiftung werden in dieser Edition unter die Lupe genommen.
Als ich 2009 unsere eigene gemeinnützige Stiftung gegründet habe, hätte ich „Achtung, Stiftung!" schon gerne gehabt. Es waren damals viele Fragen offen, die in diesem Buch sachlich und lebendig mit Stimmen aus der Praxis er- und geklärt werden.
Viel Vergnügen beim Lesen wünscht Ihnen im Namen des Verbands für gemeinnütziges Stiften,
Wien, 17. Juni 2020
Mag.a Katharina Turnauer
Präsidentin Verband für gemeinnütziges Stiften
Einleitende Gedanken
Von der vagen Idee zu den ersten Schritten ... einleitende Gedanken von Univ.-Prof. Dr. Markus Achatz, Universitätsprofessor für Steuerrecht, Universität Linz, Mitglied des österreichischen Verfassungsgerichtshofes, Partner bei LeitnerLeitner
Felicitas Glück ist soeben von ihrer morgendlichen Joggingrunde nach Hause gekommen und genießt ihr zweites Frühstück. Sie studiert auf ihrem Tablet die Morgenpost, checkt E-Mails und Nachrichten. Sie hält kurz inne: Ja, das Leben hat es gut mit ihr gemeint: Ihre Eltern haben vor fünf Jahren das Unternehmen, das hoch profitabel Spezialreagenzgläser für die Pharmaindustrie herstellt, an sie und ihren Bruder übergeben, ihre beiden Töchter haben vor einigen Jahren ihr Studium abgeschlossen und wurden mit Beginn dieses Jahres in die Geschäftsführung des Familienunternehmens berufen. Was braucht es noch zum Glück?
Schon länger beschäftigt sie die Idee einer Stiftung zur Unterstützung von Familien, deren Kinder an seltenen, behandlungsintensiven Krankheiten leiden. Jetzt, wo Staaten – hoch verschuldet aus der Corona-Krise – für die nächsten Jahre den Gürtel enger schnallen werden, wäre doch ein idealer Zeitpunkt, mit privaten Mittel zu helfen ... Eine Stiftung wäre doch ... Das Gespräch mit ihrem Vater und ihrem Bruder letzten Sonntag nach dem monatlichen Familienmittagessen war sehr motivierend ... 10 Millionen Euro an Liqudität wären sofort abrufbar, ohne dass damit Einschränkungen für das Unternehmen verbunden wären ... Sie steht auch schon seit einigen Tagen mit dem Anwalt der Familie Dr. Fuchs im Gedankenaustausch zum Thema Stiftung ... Sie sucht in ihren Aufzeichnungen ... ja, da hat sich einiges angesammelt ... ziemlich viel an Information ... noch wenig strukturiert ... Sie muss Dr. Fuchs heute unbedingt kontaktieren, um sich Klarheit zu verschaffen ... Sie ordnet die Themen, die ihr besonders wichtig und noch wenig verständlich sind.
Da ist einmal die Stiftung als solche: Der Anwalt sagte ihr, die Stiftung sei eigentümerlos, die Stiftung gehöre quasi sich selbst, was immer das heißen will. Merkwürdig, denkt Frau Glück ... Das Vermögen ist auf die Stiftung zu übertragen und dafür bekommt man Stifter*innen-Rechte. Was bedeutet das konkret? Am liebsten würde sie ja selbst schalten und walten ... Ihr Anwalt meinte aber, dass sie sich als Stifterin zwar weitgehende Rechte vorbehalten könne, die Unabhängigkeit des Stiftungsvorstandes, der dem Stiftungszweck verpflichtet ist, aber gewahrt bleiben muss. Ziemlich verwirrend, sagt Frau Glück zu sich selbst, eigentlich möchte ich dem Vorstand Weisungen geben können, wenn er nicht spurt ...
Auch das Thema Gemeinnützigkeit interessiert sie. Der Zweck soll ein gemeinnütziger sein, sagte ihr Anwalt. Eh klar, denkt sie und ärgert sich darüber, dass sie beim letzten Telefonat diesen Punkt nicht näher hinterfragt hat. Die Stiftung wird doch keine Gewinne erzielen, also warum hat ihr Anwalt eigens auf diesem Punkt hingewiesen? Ihr Bruder meinte nur, dass das mit der Gemeinnützigkeit gar nicht so „easy" sei, da gelte es einiges zu bedenken