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Die Gum: Erzählung aus "Sand des Verderbens", Band 10 der Gesammelten Werke
Die Gum: Erzählung aus "Sand des Verderbens", Band 10 der Gesammelten Werke
Die Gum: Erzählung aus "Sand des Verderbens", Band 10 der Gesammelten Werke
eBook162 Seiten2 Stunden

Die Gum: Erzählung aus "Sand des Verderbens", Band 10 der Gesammelten Werke

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Über dieses E-Book

In Algir ist der Ich-Erzähler mit Sir Emery Bothwell verabredet, doch er trifft seinen Freund nicht an. Stattdessen erfährt er, dass die Gum, eine Raubkarawane, die Karawane eines Händlers überfallen hat, wobei auch der Sohn des Händlers entführt wurde. Sir Emery folgte der Gum und bittet nun den Ich-Erzähler, ihm zur Seite zu eilen.
"Die Gum" ist eine Kurzgeschichte. Sie wurde bereits in "Sand des Verderbens" (Band 10 der Gesammelten Werke) veröffentlicht.
SpracheDeutsch
HerausgeberKarl-May-Verlag
Erscheinungsdatum10. Aug. 2020
ISBN9783780213013
Die Gum: Erzählung aus "Sand des Verderbens", Band 10 der Gesammelten Werke
Autor

Karl May

Karl Friedrich May (* 25. Februar 1842 in Ernstthal; † 30. März 1912 in Radebeul; eigentlich Carl Friedrich May)[1] war ein deutscher Schriftsteller. Karl May war einer der produktivsten Autoren von Abenteuerromanen. Er ist einer der meistgelesenen Schriftsteller deutscher Sprache und laut UNESCO einer der am häufigsten übersetzten deutschen Schriftsteller. Die weltweite Auflage seiner Werke wird auf 200 Millionen geschätzt, davon 100 Millionen in Deutschland. (Wikipedia)

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    Buchvorschau

    Die Gum - Karl May

    Räuberwürger

    DIE GUM

    1. Dschessâr Bei, der Menschenwürger

    Afrika! –

    Sei mir gegrüßt, du Land der Geheimnisse! Ich soll auf edlem Ross deine kahlen, leeren Steppen, auf flüchtigem Kamel deine gluterfüllte Hammada durchreiten, soll unter deinen Palmen wandeln, deine Spiegelung schauen und auf grünender Oase an deine Vergangenheit denken, deine Gegenwart betrauern und von deiner Zukunft träumen.

    Sei mir gegrüßt, du Land des Sonnenbrandes, des tropischen Pulses und der riesenhaften Ausmaße! Ich habe im eisigen Norden deine Wärme gefühlt, dem wunderbaren Klang deiner Märchen gelauscht und das ferne Rauschen der Psalmen vernommen, die deine überwältigende Natur zum Himmel braust. Da brandete das Meer der Springböcke über die Ebene, das Flusspferd tummelte sich im tiefen Wasser, der Wald brach unter den Tritten des Elefanten und des Nashorns, im Schlamm wälzte sich das Krokodil und unter stacheligen Mimosen röchelte der schlafende Löwe. Mein Fuß war gefesselt, aber meine Seele eilte zu dir. Da donnerte die Büchse des Buren, da erklangen die Speere der Hottentotten und Kaffern; schwarze Gestalten wanden sich im Ringen, Ketten rasselten, Sklaven heulten und schwer beladen zog die Karawane nach Osten, das Schiff aber dem Westen zu.

    Im einsamen Duar erscholl der schmetternde Chor der Hariri[1]; vom hohen Minarett rief der Muezzin zum Gebet, die Söhne der Wüste wandten ihre Augen gen Aufgang und der Dschellab sang sein frommes ,Lubbekka Allah hümeh – hier bin ich, o mein Gott!‘

    Sei mir gegrüßt, du Land meiner Sehnsucht! Jetzt endlich sehe ich deine Küste winken, atme die Flut deiner reinen Luft und trinke den süßen Hauch deiner Düfte. Deine Zungen sind mir nicht fremd, doch will kein Angesicht mir entgegenlächeln und keine Hand die meinige erfassen, aber vom grünen Strand herüber neigen sich die Palmenwedel, und die Höhen strahlen im freundlichen Glanz mir zu ihr ,Habakek – sei uns willkommen o Fremdling!‘ –

    Drüben im ,far west‘ hatte ich einen Mann getroffen, der sich ebenso wie ich aus reiner Abenteuerlust ganz allein in die ,finsteren und blutigen Gründe‘ des Indianergebietes gewagt hatte und mir bei allen Fährlichkeiten ein treuer Freund geblieben war. Sir Emery Bothwell war ein Mann, wie man ihn selten findet, stolz, edel, kalt, wortkarg, kühn bis zur Verwegenheit, geistesgegenwärtig, ein starker Ringer, ein gewandter Fechter, ein sicherer Schütze und dabei voller Aufopferungsfähigkeit, wenn sein Herz einmal freundschaftlichen Regungen zugänglich geworden war.

    Neben diesen zahlreichen Vorzügen besaß der gute Sir Emery allerdings einige kleine Eigentümlichkeiten, die ihn sofort als Angelsachsen kennzeichneten und einen Fremden gar wohl abzustoßen vermochten. Mir aber hatten sie keinerlei Störung, sondern im Gegenteil öfters eine kleine, allerdings heimliche und unschuldige Belustigung gebracht, und wir waren schließlich in New Orleans als die besten Freunde geschieden. Wir hatten uns das Versprechen gegeben, uns wieder zu sehen. Die Begegnung sollte – in Afrika stattfinden.

    Dass wir uns für Algier entschieden, geschah nicht ohne Gründe. Mein braver Bothwell war ebenso wie ich das, was man einen ,Weltläufer‘ zu nennen pflegt. Er hatte fast alle Winkel der Erde durchkrochen, von Afrika aber im Süden nur die Kapstadt gesehen und im Norden das ,Gharb‘, wie der Araber die Küstenstrecke von Marokko bis Tripolis nennt, bereist.[2] Natürlich lag ihm da der Wunsch nahe, auch das Innere dieses Erdteils, vor allem die Sahara, den Sudan, kennenzulernen; über Dar Fur und Kordofan wollte er dann auf dem Nil zur Zivilisation zurückkehren. In Algier lebte ein Verwandter von ihm, ein Onkel mütterlicherseits, bei dem er früher einmal längere Zeit gewesen war, um das Arabische zu lernen. Dieser Franzose namens Latréaumont war Leiter eines Handelshauses, das sehr fruchtbringende Beziehungen zum Sudan unterhielt. Bei ihm wollten wir uns treffen.

    Was mich anlangt, so hatte ich mich bereits in früherer Zeit aus besonderer Liebhaberei auch mit der arabischen Sprache beschäftigt. Unser Beisammensein in der Prärie hatte treffliche Gelegenheit geboten, beiderseits in Übung zu bleiben, und so ging ich mit dem Dampfer ,Vulkan‘, der der Messagerie Impériale gehörte, in der beruhigenden Überzeugung von Marseille ab, es werde mir nicht schwer fallen, mich mit den Kindern der Sahara in ihrer Muttersprache zu verständigen.

    Afrika galt uns, wie ja auch einem jeden anderen, als das Land großer, noch ungelöster Rätsel, die uns genug des Merkwürdigen und wohl auch Gefährlichen bieten würden. Doch erfüllte uns besonders eins mit erwartungsvoller Begeisterung: Wie wir den grauen Bären und den Büffel getötet hatten, so wollten wir unsere Büchsen auch an dem schwarzen Panther und dem Löwen versuchen. Emery Bothwell hatte mit einer Art von Eifersucht die Berichte über Gérard, den kühnen Löwenjäger, vernommen und war fest entschlossen, sich auf alle Fälle einige Mähnenhäute zu holen.

    Es waren bereits drei Monate seit unserer Trennung vergangen, doch kannte er ungefähr die Zeit meines Eintreffens, und da er ebenso wusste, dass ich mit dem französischen Dampfer kommen würde, so fühlte ich mich einigermaßen enttäuscht, als ich ihn beim Landen nicht unter der bunten Menge erblickte, die auf dem Kai die Ausschiffung der Fahrgäste erwartete oder in Booten herbeigeeilt kam, um Freunde und Bekannte in Empfang zu nehmen.

    Algier ist an der Westseite eines halbmondförmigen Golfs gelegen. Die Stadt kehrte dem Schiff ihre ganze Stirnseite zu und gewährte ein sonderbares, fast geisterhaftes Bild. Eine an dem grünen Gebirge aufsteigende, kreideweiße und ineinander fließende Häusermasse ohne Dächer und Fenster starrte herab in den Hafen und sah beinahe aus wie ein Kalksteinfelsen, eine riesige Gipsgruppe oder ein Gletscher bei Sonnenbeleuchtung. Hoch oben auf dem Gipfel des Gebirges erschienen die Bollwerke des Kaiserforts, und an seinem Fuß zogen sich außer der Festung Mersa Edduben verschiedene Befestigungen hin.

    Auf dem Kai bewegten sich Gruppen weißer Burnusgestalten, Neger und Negerinnen in den buntesten Gewändern, Frauen, vom Kopf bis zum Fuß in weiße Wollschleier gehüllt, Mauren und Juden in türkischer Tracht, Mischlinge aller Farben, Herren und Damen in europäischer Kleidung und französische Soldaten aller Grade und Truppenteile.

    Ich ließ mein Gepäck nach dem Hotel de Paris in der Straße Bab-el-Oued schaffen, stärkte mich dort nach Bedürfnis und begab mich dann in die Straße Bab-Azoun, wo die Wohnung Latréaumonts lag.

    Meine Karte wurde abgegeben und sofort erschien der Hausherr unter der Tür seines Arbeitszimmers.

    „Soyez le bienvenu, Monseigneur, aber nicht hier, nicht hier! Bitte, kommen Sie mit mir, damit ich Sie Madame und Mademoiselle vorstelle! Wir haben seit langem mit Schmerzen auf Sie gewartet!"

    Dieser unerwartete Empfang musste mich überraschen. Mit Schmerzen hatte man auf mich, den Unbekannten, gewartet? Aus welchem Grund?

    Latréaumont, ein kleiner, beweglicher Mann hatte die breiten, marmornen Stiegen erklommen, noch ehe die Hälfte hinter mir lag. Das Haus war früher der Palast eines reichen Muselmanen gewesen, und die Vereinigung arabischer Baukunst mit französischer Ausstattung brachte eine eigentümliche Wirkung hervor. Ich wurde durch den glänzend eingerichteten Empfangsraum ins Familienzimmer geführt, eine Auszeichnung, die mit dem Schmerz, womit man mich erwartet hatte, in Verbindung stehen musste.

    Madame saß, in einem Roman blätternd, auf einem niedrigen Stuhl; sie war nach europäischem Schnitt in schwarze Seide gekleidet. Mademoiselle lag auf einem samtenen Diwan und trug das bequeme morgenländische Gewand. Ein weites seidenes Beinkleid reichte vom Gürtel bis zum Knöchel herab, während der nackte Fuß in blauen, goldgestickten Pantoffeln steckte. Feine Spitzeneinsätze, mit Gold und Silber durchwirkt, bedeckten Hals und Brust, und darüber trug sie eine samtene türkische Jacke, die mit kostbaren Schnörkeln verziert und mit Reihen wertvoller Knöpfe besetzt war. Das dunkle Haar war von Gold- und Perlenschnüren durchflochten und in blaue und rosa indische Seide eingebunden.

    Beide Damen erhoben sich bei unserem Eintritt. Sie konnten ihre Überraschung über den gesellschaftlichen Fehler kaum verbergen, den der Hausherr dadurch beging, dass er einem Fremden so ohne vorherige Anmeldung Zutritt in diesen Raum gestattete. Kaum aber hatten sie meinen Namen gehört, so machte diese Überraschung dem Ausdruck unverhohlener Freude Platz.

    Madame eilte auf mich zu und ergriff meine Hand. „Welch ein Glück, Monseigneur, dass Sie endlich kommen! Unsere Sehnsucht nach Ihnen ist grenzenlos gewesen. Nun aber dürfen wir ruhiger sein, denn Sie werden unserem wackeren Bothwell nacheilen und ihm helfen, Renaud zu finden!"

    „Gewiss, Madame, werde ich dies tun, wenn Sie es wünschen. Nur bitte ich Sie, mir zu sagen, wer Renaud ist und was für eine Bewandtnis es mit ihm und Emery hat, den ich hier zu treffen hoffte!"

    „Sie wissen es noch nicht, wirklich noch nicht? Mon dieu, die ganze Stadt weiß es ja schon längst!"

    „Aber, Blanche, fiel Latréaumont ein, „magst du nicht bedenken, dass Monseigneur jedenfalls soeben erst mit dem Schiff angekommen ist?

    „Vraiment, das ist wahr! Sie können noch nichts wissen. Bitte, nehmen Sie Platz, und, Clairon, begrüße doch unseren Gast!"

    Die junge Dame verneigte sich und ich wurde von der Mutter zu einem Sitz geleitet. Der Empfang war geheimnisvoll und ich sah dem Kommenden mit Erwartung entgegen.

    „Sie finden uns in einer Lage, begann Latréaumont, „die uns gebietet, von den gewöhnlichen Formen abzusehen. Emery hat uns sehr viel von Ihnen erzählt, was bei seiner verschlossenen Art für uns eine Veranlassung ist, Ihnen unser ganzes Vertrauen zu schenken.

    „Ja, unser unerschütterliches Vertrauen, Monseigneur, bekräftigte Madame, nach dem höflichen Gebrauch des Südens das Monseigneur an Stelle des einfachen Monsieur setzend. „Sie haben so viel Schlimmes mit unserem Neveu gewagt, dass Sie wohl auch nicht vor der Erfüllung unserer Bitte zurückschrecken werden.

    Ich musste über die rasche Art und Weise lächeln, womit diese liebenswürdigen Leute über mich verfügten. Den Grund dafür kannte ich zwar noch nicht, nach den Worten der Dame aber schien die Sache offenbar mit irgendeiner Gefahr für mich verbunden zu sein.

    „Mesdames und Monseigneur, gestatten Sie mir, mich Ihnen für alles, was Sie von mir wünschen, zur Verfügung zu stellen!"

    „Eh bien! Nach dem, was wir von Ihnen hörten, konnten wir nichts anderes erwarten, obgleich ich Ihnen der Wahrheit gemäß sagen muss, dass uns unsere Bitte von Bothwell vorgeschrieben wurde."

    „Liegt es in meiner Macht, so wird sie erfüllt!"

    „Ich danke Ihnen, Monseigneur, sagte Latréaumont. „Wir haben einen großen Verlust, ein fürchterliches Unglück erlitten...

    „Ja, ein grässliches Unglück, Monseigneur", fiel Madame ein, während ihr die Tränen in die Augen traten.

    Auch Clairon, die Tochter, zog ihr Taschentuch, um ein Schluchzen zu verbergen.

    „Bitte, sprechen Sie, Madame!"

    „Nein, ich kann es nicht erzählen. Der Kummer raubt mir die Worte."

    Die kleine, zarte Dame zeigte auf einmal eine Erschütterung, die so tief war, dass sie mich beinahe beängstigte.

    „Monseigneur, lassen Sie mich hören!", bat ich darum Latréaumont.

    „Kennen Sie die Imoscharh?", fragte er, fügte aber sofort in der lebhaften Weise des Südländers hinzu: „Doch nein, Sie können sie ja nicht kennen, da Sie erst heute hier ankamen. Aber ich sage Ihnen, diese Imoscharh oder Tuareg sind ein fürchterliches Volk, und die Karawanenstraße von Aïn es Salah nach Dschenneh, nach Aïr und Sokoto, auf der ich meine Güter nach dem Sudan schicke, geht gerade durch ihr Gebiet. Mein Haus ist das einzige in Algier, das unmittelbare Beziehungen nach Timbuktu, Haussa, Bornu und Wadaï unterhält, und da wir fern von jeder Straße liegen und leider erst in Aïn es Salah oder Ghadames und Ghat Anschluss finden, so ist die Unterhaltung so unsicherer Handelsverbindungen oft mit schweren Opfern und Verlusten verbunden. Das Schwerste aber ist uns mit der letzten Kâfila[3] widerfahren."

    „Sie wurde von den Tuareg überfallen?"

    „Sie raten richtig, Monseigneur. Die Gum[4] griff sie auf und machte alles nieder. Nur einer entkam; er hatte sich gleich bei Beginn des Kampfes

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