Philosophie des Psychischen: Vom Abriss der Psychoanalyse zur Zukunft einer Illusion
Von Harun Pacic
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Harun Pacic
Harun Pacic ist Privatdozent der Universität Wien, Professor an der Fachhochschule des BFI Wien und Inhaber der Stadt Wien Stiftungsprofessur für Arbeitsrecht im Digital HR-Management.
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Buchvorschau
Philosophie des Psychischen - Harun Pacic
Inhaltsverzeichnis.
VORWORT
Teil
DIE NATUR DES PSYCHISCHEN
Teil
DIE PRAKTISCHE AUFGABE
Teil
DER THEORETISCHE GEWINN
Teil
DIE ZUKUNFT EINER ILLUSION
VORWORT
Der Abriss der Psychoanalyse ist eine dogmatische Darstellung der Lehrsätze von Sigmund Freud;¹ ich habe sie zur Grundlage, nicht zum Rahmen, für einen Impulsvortrag gemacht.²
Um die Psychoanalyse gebührlich zu umreißen, habe ich die Impulse mit Bezug zu zahlreichen Werken von Sigmund Freud ausführlich erläutert.³
Hernach habe ich die Erläuterung zu einem Kommentar ausgebaut, der anhand der Psychoanalyse eine Philosophie des Psychischen entfaltet.⁴
Hinzugefügt habe ich ein Kapitel in Anlehnung an: Die Zukunft einer Illusion, von Sigmund Freud.⁵
Aus dem anfänglichen Referat habe ich am Ende eine Vorlesung gemacht; dieses Buch versteht sich als Nachlese.⁶
Wien, im April 2020 Harun Pačić
¹ Diese kleine Schrift ist in der Internationalen Zeitschrift für Psychoanalyse und Imago, Bd. 25 (1940), Heft 1, S. 8 bis 67, erst nach Freuds Ableben (1939) veröffentlicht worden.
S. Freud wollte darin in gedrängter Form und entschiedener Fassung die Lehrsätze der Psychoanalyse gleichsam dogmatisch zusammenstellen, ohne Glauben zu fordern; dies geht aus seinem Vorwort hervor.
Some Elementary Lessons in Psycho-Analysis aus der zweiten Hälfte des Jahres 1938 ist der Beginn einer Alternativfassung, die auch den Weg zu den Aufstellungen der Psychoanalyse nachzeichnet (genetische Methode).
² Das Manuskript zum Abriss der Psychoanalyse von S. Freud endet mit einer Reihe von Gedankenstrichen, die uns daran erinnern, dass die Psychoanalyse als Lehrgebäude unfertig ist; wir sind aufgerufen, sie durchzudenken, kritisch zu überdenken und weiterzudenken. Vgl. H.-M. Lohmann im Nachwort zu: S. Freud, Abriss der Psychoanalyse, Reclam, Stuttgart (2010, Nachdruck 2013), S. 109 und 118.
³ Anna Freud hat mit E. Bibring, W. Hoffer, E. Kris und O. Isakower bei Imago Publishing Co., Ltd., in London, Gesammelte Werke (GW) von S. Freud, auf die ich verweise, herausgegeben. Schriften aus dem Nachlass sind in Band 17 zu finden, Erstdruck 1941; der Abriss ist auf den Seiten 63 bis 138 abgedruckt.
⁴ Philosophie ist Wissenschaftlichkeit, soweit diese zur Klärung der Gedanken anhält: zur Ordnung der Begriffe, Sprachkritik; sie ist geistige Aufräumarbeit. Vgl. L. Wittgenstein, Logisch-philosophische Abhandlung (1918), Suhrkamp, 34. Aufl., Frankfurt am Main (2013); seine Philosophischen Untersuchungen, hrsg. von J. Schulte, Suhrkamp, 7. Auflage, Frankfurt am Main (2003); sowie die Vorlesungen und Gespräche über Ästhetik, Psychoanalyse und religiösen Glauben, hrsg. von Barett, übers. von R. Funke, 3. Auflage, Fischer, Frankfurt am Main (2005).
⁵ Freud, Die Zukunft einer Illusion, Internationaler Psychoanalytischer Verlag, Leipzig/Wien/Zürich (1927); Bd. 14 der GW, Nachdruck 1955, S. 323 bis 380.
⁶ Zur Einführung vgl. J. Heise, Sigmund Freud, Reclam, Stuttgart (2010, 2019); D. Pick, Psychoanalyse, aus dem Englischen von: B. Pohl, Turia + Kant, Wien (2019); P. Schuster und M. Springer-Kremser, Bausteine der Psychoanalyse, Einführung in die Tiefenpsychologie, Vorlesungen, in 4. Aufl. im WUV, Wien (1997); S. Freud, Zur Geschichte der psychoanalytischen Bewegung, Bd. 10 der GW, (Nachdruck 1949,) S. 43 bis 113.
I. Teil
DIE NATUR DES PSYCHISCHEN
Die Psychoanalyse gründet im Begriff des Psychischen; darauf, wie wir darüber reden.⁷
Der Inbegriff des Psychischen ist die Psyche; ihre Natur (ihr Wesen) ist tiefgründig.⁸
1. Kapitel
DER PSYCHISCHE APPARAT
Was wir unsere Psyche: Seelenleben nennen, das ist uns allein vom Körper, woran sie sich abzeichnet, und vom Geist, worin es sich zeigt, her bekannt; was dazwischen ist, das ist mithin unbekannt.⁹
Unsere beiden Grundannahmen setzen an diesen Enden oder Anfängen unseres Wissens an.¹⁰
Zuerst nehmen wir an, dass das Seelenleben die Funktion des biotischen Apparates ist, der die psychische Grundordnung des Menschen veranschaulicht.¹¹
Sie weist drei Instanzen auf.¹²
Die niedere Instanz beinhaltet alles, was wir ererbt haben; was genetisch festgelegt ist, vor allem die im Nervensystem zu verortenden Antriebe.¹³
Das ist Es, was das Verhalten erklärt.¹⁴
Die mittlere Instanz ist das denkende, vostellende Subjekt als (willentlich) handelnde Person; das bin Ich. ¹⁵
Die Vernunft (Vernünftigkeit) ist die Haltung (Ethik), die sich in derTat bewährt, weil sie zeitlos haltbar; weil sie mit der Um- und Mitwelt verträglich ist.¹⁶
Das Motiv für die Tat ist die Rhythmik der Reizspannung (die Ästhetik), die wir als angenehm (befriedigend, wohltuend) empfinden.¹⁷
Insoweit Anspannung zu befürchten ist, signalisiert Angst absehbare Gefahr.¹⁸ Der Schlaf löst von Zeit zu Zeit willentliche Spannungsenergie durch geistige Entspannung.¹⁹
Die höhere Instanz ist Macht der Mitwelt: Das Gewissen ist soziale Angst.²⁰ Die Sitten prägen den Richtwert (Normalität), der sich in unserer Moral spiegelt; sie ist das Richtmaß, das wir gelten lassen.²¹ Dies ist das soziale Ideal, das über mir ist.²²
Integrität ist Verträglichkeit mit der inneren und äußeren Wirklichkeit zugleich; der Weg (Dao) von Maß (Kultur) und Mitte (Natur) ist von (An-)Beginn an das zeitlose (End-)Ziel.²³
Der psychische Apparat ist als allgemeines Deutungsschema auf alle Lebensformen übertragbar, soweit ihre Lebensweise der menschlichen vergleichbar ist.²⁴
2. Kapitel
TRIEBLEHRE
Was den Menschen antreibt, das weist den natürlichen Bedarf aus, der auf Befriedigung drängt; insoweit es ihn bedrängt, wird es kultürlich verdrängt.²⁵
Die Kräfte hinter den Bedürfnisspannungen bezeichnen wir als (An-)Triebe; sie repräsentieren körperliche Anforderungen an das Seelenleben.²⁶
Ihr Netzwerk ist die Ursache der Verhaltensmuster, auf denen die eingeübte Handlungsweise (als Lebensstil) aufbaut, indem sie es um-, ab- oder ausbaut.²⁷
Das Trieb ziel ist variabel (Verschiebung), Triebe können einander ersetzen, sodass Energie übergeht.²⁸ Ihr Schicksal ist einsehbar, aber kaum absehbar.²⁹
Die (mythischen) Urtriebe heißen (Him-)Eros und Thanatos (Hypnos).³⁰ Die erotische Grundkraft ist verbindend, während die thanatische entbindend ist; sie sind an einander gebunden: Libido und die destruktive oder aggressive Triebenergie sind ursprünglich im Gleichmaß.³¹
Infolge der Sozialisation wird Aggression unterbunden; Übermaß führt zum Konflikt (Kränkung), bedarf des Ausgleichs durch Umwandlung (Sublimierung).³²
Alle Libido ist uranfänglich im Subjekt bewahrt (absoluter primärer Narzissmus), bis es anfängt, die Objektvorstellungen damit zu besetzen; narzisstische in Objekt-Libido umzusetzen, bei Wahrung ihrer Beweglichkeit, aber auch durch Fixierung.³³
Die Quellen der Libido sind somatisch (körperlich); das wird von erogenen Zonen