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Irische Geschichten - By the Barrow River und andere
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eBook334 Seiten4 Stunden

Irische Geschichten - By the Barrow River und andere

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Über dieses E-Book

Edmund Leamy war ein irischer Patriot, dem das Schicksal seines Landes sehr am Herzen lag. Im Buch findet man Geschichten von ihm, die vorher noch nicht veröffentlicht wurden. Sie sind teils traurig oder komisch, teils gruselig oder eher banal. Sie leben weniger von literarischem Tiefgang, sind aber unbedingt etwas für den Irlandfan oder den, der es noch werden will. Die meisten Handlungen sind in die vielen Konflikte und Kriege eingebettet und in das irische Leben einer vergangenen Zeit, in das man tief eintaucht, was die eigentlichen Geschehnisse oft zur Nebensache macht. Es gibt aber auch solche Erzählungen, die eher 'neutraler' Natur sind.

Man wird in alte Zeiten zurückversetzt, die das Land geprägt haben. Insgesamt wird man Irland und den Kampf um seine Freiheit besser verstehen und - je nach Kenntnisstand - einiges Historisches dazugelernt haben.

Hier findet man alles wieder: Kleeblatt, Heidekraut und andere Gewächse der Grünen Insel, charakteristische Landschaften, die Harfe, die Irischen Brigaden, die Rapparees, die Whiteboys, die Yeoman, Geschichten vom irischen Freiheitskampf, mystische Figuren aus dem Feenreich oder Schwarzbrenner - die eigene Herstellung des ,Poitin' oder , Poteen' - Schnaps aus Getreide, Kartoffeln oder Zuckersirup ist immer noch heimlicher irischer Nationalsport - seit 1661.

Irland - man muss es einfach mögen!
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum3. März 2020
ISBN9783750450820
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    Buchvorschau

    Irische Geschichten - By the Barrow River und andere - Edmund Leamy

    INHALT

    Vorwort

    Am Barrow River

    Bendemeer Cottage

    Eine Nacht mit den Rapparees

    Schlimmer als Cremona

    Maurya Na Gleanna oder: Zu guter Letzt gerächt

    Ergänzung/Ballade: The Wearing of the Green

    Die Geschichte des Raben

    Das Gespenst von Barcelona

    Der schwarze Hund

    Der Geist von Garroid Jarla

    Treu bis in den Tod

    Das Licht in den Augen der Frauen

    Tod durch Missgeschick

    Eine Nachricht von den Toten

    Ein Traumbild der Nacht

    Die schöne Quäkerin

    Mein erster Fall

    Eine Erscheinung oder ein Traum?

    Vom Gefängnis zum Schlachtfeld

    Alles für die Augen einer Frau

    Die List der Madame Martin *

    *) siehe nächste Seite

    'Die List der Madame Martin' ist die letzte Geschichte, die der Autor geschrieben hat. Sie wurde in Frankreich verfasst, wohin er wegen seiner schlechten Gesundheit gegangen war und dort im Jahre 1904, im Alter von 56 Jahren, in der südfranzösischen Stadt Pau verstarb. Sie befasst sich mit den Zeiten nach der Französischen Revolution, die für die Iren auch stets ein Beispiel für ihren eigenen Drang nach Freiheit und der Befreiung von der lästigen englischen Besatzung war.

    Sie passt nicht direkt zum Thema des Buchs, zeigt aber, dass es Edmund Leamy auf ein höheres literarische Niveau hätte schaffen können, wenn er während seiner aktiven beruflichen und politischen Laufbahn Zeit und Muße dafür gehabt hätte.

    Sie ist mit einem köstlichen Humor versehen, der sich sonst in dieser Weise nur bei der Geschichte 'Schlimmer als Cremona' wiederfindet, wo er den Schnupftabak schniefenden Prinz Eugen von Savoyen mit seiner davon vollgerotzten Weste beschreibt.

    Es war Edmund Leamy, der immer für die Sache Irlands eingetreten war, nicht mehr vergönnt, die Entstehung der unabhängigen Dominion Irland innerhalb der britischen Monarchie im Jahre 1922 zu erleben, als Folge des Irischen Unabhängigkeitskriegs und vieler Freiheitskämpfe zuvor.

    1949 konnte der britische (englische) Einfluss mit dem Austritt aus dem Commonwealth [ = gemeinsam (common) für den Wohlstand (wealth) der Engländer] gänzlich abgeschüttelt werden, und es entstand die heutige Republik Irland, der allerdings noch ein Stück fehlt, an das sich die Engländer immer noch genauso klammern wie an Gibraltar, die Falklands am Ende der Welt oder der Taschendieb an die gestohlene Uhr.

    VORWORT von Katherine Tynan

    Edmund Leamy war das Vorbild eines ritterlichen irischen Gentleman, Patrioten und Christen. Während einer Freundschaft, die sich über viele Jahre erstreckte, konnte ich niemals feststellen, dass er auch nur im Geringsten von dem Eindruck abwich, den ich von ihm hatte. Sein Wesen war im höchsten Maße poetisch und romantisch. Über sonnige, wie auch wolkige Tage hinweg, war er durch und durch Ire, und sein Glaube an das endgültige Schicksal des Landes war unerschütterlich. Ich habe niemals eine menschliche Natur gekannt, die edler oder liebenswürdiger gewesen wäre. Lange Jahre von schwacher Gesundheit und Leiden, unter denen die meisten Menschen zerbrochen wären, konnten seine edle Natur nicht ändern. Bis zuletzt behielt er sein großes, liebevolles, treues wahres Herz. Auch wenn die Dinge für ihn traurig genug waren, war es ein Glück für ihn, wenn es Freunden und Nachbarn gut ging. Er kannte keine Missgunst in seinen Gedanken. Die Erfahrungen, die gewöhnlich das mittlere Lebensalter zu einer Zeit der Ernüchterung machen, kamen für ihn, genauso wie für andere Männer, aber er war nie desillusioniert. Er hatte das Herz eines unschuldigen und vertrauensvollen Jungen, bis zu seinem Tod.

    Um so gefestigt zu sein, gab es jemanden bei seinem Herzen, die dazu betrug, seine Illusionen am Leben zu erhalten; und seine Last der Krankheit wurde ihm, dank der Barmherzigkeit Gottes, durch eine ebensolche, fröhliche und hingebungsvolle Gefährtenschaft, erleichtert.

    Er war Irlands Mann; alles was er tat, tat er für Irland. Er hätte keine politisch angepasste Verszeile oder Prosa für die englische Leserschaft schreiben können, wie sicher ihm auch Stimmrecht und eine Belohnung gewesen wären. Er schrieb viel für Irland, und obwohl er, wie ich glaube, die Höhepunkte seiner Entwicklung als Redner erreicht hatte, ein Redner, der zutiefst durch seine körperliche Schwäche behindert wurde, haben doch seine Geschichten und Gedichte soviel von der Persönlichkeit des Mannes, diese erfrischende, ehrliche und herzliche Persönlichkeit, dass es ein guter Gedanke war, wenigstens eine Handvoll seiner vielen Veröffentlichungen in irischen Zeitungen zu retten, die sich über eine Anzahl von Jahren erstreckten.

    Er hatte nicht die Muße, sich gänzlich zum Literaten zu machen. Er war immer mittendrin im Kampf; es hätte ihm das Herz gebrochen, wenn es anders gewesen wäre. Aber die Arbeit, die er hinterlassen hat, insbesondere seine Märchen und dramatischen Geschichten, mit ihrer Fülle an Farbigkeit und Einfallsreichtum, geben einen ehrlichen Eindruck von der Arbeit, die er möglicherweise geleistet hätte. Sein Buch der Irischen Märchen, das seit Langem nicht mehr gedruckt wurde, ist in angemessener Weise neu aufgelegt worden; und ich bin sicher, dass der vorliegende Band, der seine Fantasie auf eine andere Art und Weise zeigt und eine Reihe von Geschichten enthält, die zuvor noch nicht zusammengestellt wurden, auch von seinen Landsleuten willkommen geheißen wird. Würde ich sein Epitaph schreiben, wäre es so: 'Hier liegt eine reine Seele!'; und wenn ich die höchste Tugend in ihm nennen müsste, wäre es: 'Nächstenliebe, die bei ihm Glaube und Hoffnung beinhaltete'.

    Katherine Tynan [irische Schriftstellerin und bedeutende Vertreterin des irischen Widerstands], St. Patrick's Day, 1907.

    Yours faithfully Edmund Leamy

    AM BARROW RIVER

    'Es gibt einige, die sehen können, aber nicht hören, und einige die hören können, aber nicht sehen, und dann einige, die weder sehen noch hören können. Du bist einer von diesen Letzteren, Dermod, Sohn des Carroll.'

    Derjenige, der das sagte, war ein Mann von ungefähr vierzig Jahren, etwas über der mittleren Körpergröße, mit einem gut proportionierten Körperbau und einer lebendigen Gesichtsfarbe. Seine buschigen Brauen und schattierten, nachdenklichen Augen, würde man eher bei einem Dichter oder Träumer vermuten, als bei einem Soldaten. Doch Cathal, Sohn des Rory, war ein Soldat und einer der Wachen von Cobhthach Cael, dem Usurpator [Thronräuber], der über Leinster regierte. Im Wachraum in der Außenmauer der Befestigungsanlage von Dun Righ richtete er diese Worte an einen seiner Gefährten, ein Knabe von zwanzig Jahren, der aber furchtlos in seinem Verhalten war.

    'Aber was hast du gesehen oder gehört, O Cathal?', sagte ein anderer aus der Garde, von denen es etwa sechs oder sieben gab. 'Sie sagen von dir, dass die weise Frau aus dem Feenreich zu dir gekommen ist, in der Nacht, als du geboren wurdest. Sie hat deine Augen und Ohren berührt, und nun kannst du sehen und hören, was andere nicht sehen oder hören können.'

    'Was macht es, was ich sehen oder hören kann? Was macht es, was man sehen oder hören kann, Domhnall, Sohn des Eochy, wenn der König blind und taub ist, wie auch diejenigen, die um ihn herum sind?', antwortete Cathal.

    'Warum sagst du blind oder taub, O Cathal?'

    'Es war so, während der letzten Nacht', antwortete Cathal, 'als die Männer von Leinster beim Bankett versammelt waren und sich der König von Offaly erhob und der Schrei des Slainthe [Trinkspruchs auf die Gesundheit] durch die Halle dröhnte, wie der Donner der Wellen am Ufer von Carmen. Dabei ächzte das Schild des Königs an der Wand und fiel mit einem mächtigen Knall herunter. Und dennoch hörten und sahen sie nichts und fuhren fort mit ihrer Orgie. Als ich das sah, und auch, dass sie das nicht bemerkt hatten, erhob ich mich und befestigte das Schild wieder an seinem Platz an der Wand.'

    'Und was hast du noch gesehen, O Sohn von Rory?'

    'Was ich noch gesehen habe? Ich hatte Wache auf dem Schutzwall gehalten, als der junge Mond über die Wälder kam und sich selbst im Wasser des Barrow betrachtete. Ich habe dort Lady Edain gesehen, in ihrer runden Festung, wo sie ihren weißen Arm schwenkte – weißer als der Mond. Ich habe sie stöhnen gehört – leise wie der Wind, der in einer Sommernacht durch das Schilf am Ufer stöhnt. Als ich hinhörte und hinsah, habe ich eine Frau ans Ufer des Flusses kommen sehen, in einem Umhang aus grüner Seide über ihren Schultern. Sie setzte sich gegenüber dem Fort hin, wo sie mit einem Banner winkte. Und das, mit dem sie das Banner schwenkte, war ein Schwert aus Bronze.'

    'Und was hast du darin erkannt, O Cathal, Sohn des Rory?'

    'Was ich darin erkannt habe? Krieg und Zerstörung habe ich darin erkannt, Domhall, Sohn des Eochy – Krieg und Zerstörung. Denn wenn ein Schild des Königs von der Wand fällt, bedeutet es, dass sein Haus fallen wird, und die Frau, die mit dem Schwert winkte, war die Frau mit dem langen, goldenen Haar aus dem Feenreich. Gefährlich anzuschauen ist sie, Domhnall, Sohn des Eochy, denn weißer als der über Nacht gefallenen Schnee leuchtet ihre Gestalt durch ihr Kleid, und ihre grauen Augen funkeln wie die Sterne. Rot sind ihre Lippen und dünn, und ihre Zähne sind wie ein Perlenregen, und gefährlich ist es, wenn man ihr zuhört, denn die Saiten einer Harfe sind weniger süß als der Klang ihrer Stimme. Sie kommt am Vorabend der Schlacht, und sie winkt denjenigen mit dem Schicksal, die fallen werden; und sie saß am Ufer des Barrow, der hell leuchtend unter dem jungen Mond dahinfloss, und wenn man sie dort wiedersieht, wird alles rot von Blut sein.'

    'Aber die Lady Edain, hat sie zur Frau aus dem Feenreich gesprochen, Cathal, Sohn des Rory?'

    'Böses soll dir geschehen für deine böse Zunge, Sohn des Eochy; erwähne niemals wieder den Namen der Lady Edain zusammen mit der Frau aus dem Feenreich, oder ich werde dir, an diesen Steinen hier, die Spitze meines Speers durch den Rücken in dein Herzen stechen', und Cathals sanfte Augen funkelten vor Ärger.

    'Es liegt mir fern, etwas Böses über Lady Edain zu sagen oder zu denken, Cathal', sagte Domhnall, 'aber du sagtest, dass die Lady Edain von ihrer Festung herunterschaute, als die Frau aus dem Feenreich mit dem grünen Umhang ans Ufer des Barrow kam?'

    'Aber sie hat sie nicht gesehen, Domhnall. Nein! Nein!, sie hat die Frau mit dem grünen Umhang nicht gesehen, denn wer sie ihren Fluch winken sieht, dessen Stunde ist gekommen. Nein! Nein! Mein kleines Prinzesschen hat sie nicht gesehen, Domhnall, und wenn sie gestöhnt hat, dann war es wegen des Jungen, der sie verlassen hat – wegen des jungen Helden, Ebor, der mit Prinz Labbraidh fortgegangen ist, dem rechtmäßigen König, aber wir sind heute Nacht die Wachen von König Cobhthach Ceal.'

    'Oh, nein, Domhnall, Sohn des Eochy, mein kleines Prinzesschen hat die Frau aus dem Feenreich nicht gesehen, denn ihr Leben ist noch jung und liegt noch vor ihr. Ich erinnere mich gut, Domhnall, Sohn des Eochy, als das Fort angegriffen wurde. Ich war so jung wie Dermod, dem Sohn des Carroll, der neben dir sitzt, und als ich das kleine Mädchen aus den Flammen holte und sie in der Kuhle meines Schildes lag – genau in diesem Schild, das dort an der Wand lehnt, Domhnall. Es leuchtete wie Gold, nun, wie der goldene Knauf an des Königs eigenem Schild, wegen der goldenen Locken, sanfter als Seide, die wie Sonnenstrahlen um ihr kleines Gesicht tanzten. Sie hat zu mir hochgeschaut und gelächelt, Domhnall, Sohn des Eochy, während die Festung voll in Flammen stand. Und seitdem war sie mir lieber als ich selbst. Ich habe sie bewacht, und nun willst du mir erzählen, sie habe die Frau aus dem Feenreich gesehen?'

    'Das meinte ich nicht so, Cathal, Sohn meines Herzens', sagte Domhnall, 'aber du hast die Frau aus dem Feenreich gesehen', sagte er, 'und was bedeutet das für dich?'

    'Den Tod', sagte Cathal, 'den Tod. Domhnall, habe ich dir nicht gesagt, dass es den Tod für jeden bedeutet, der sie gesehen hat? Ich bin aber ein Soldat, wie du einer bist, und mein Vater vor mir, und sein Vater, und wiederum dessen Vater, starben alle in der Schlacht. Warum also nicht auch ich, und kein Mann kann seinem Schicksal entkommen, Domhnall? Aber das Mädchen mit den Locken! – warum sollte sie jetzt sterben, Domhnall, warum sollte sie jetzt sterben?'

    Und Cathal sprach erbittert. Was für ein Elend ist das, wenn sie heute Nacht hier sein muss, wo sie für viele Jahre wie ein Vogel im Käfig saß. Es gab sicher niemals einen Vogel, der eine so süße Stimme hat. Verderben und Zerstörung kommen so schnell, wie der traurige Märzwind über die Hügel kommt.'

    'Der König wird sie hierbehalten, Domhnall' fuhr er fort und antwortete sich dann selbst, 'denn hat ihm nicht der Druide Dubthach gesagt – der tot und gegangen ist und den das Böse verfolgen und dem die Sorgen sein Herz zerfressen sollen, wo auch immer er ist – dass das Fort sicher ist gegen jeden Überfall, so lange wie Lady Edain dort als Gefangene gehalten wird und unverheiratet bleibt – ja, eine Gefangene ist sie in diesem steinernen Fort.'

    'Die Liebe hat aber ihren Weg in das Fort gefunden, Domhnall, und die Lady Edain hat ihr Herz an Ebor gegeben, dem Sohn von Cailté, obwohl sie nie ein Wort mit ihm gesprochen hatte, aber er ist weggegangen, weggegangen mit dem verbannten Prinzen. Er, der heute hier sein müsste, wenn das schwarze Verderben gegen das Fort marschiert, ist gegangen! Aber sie hat die Frau aus dem Feenreich nicht gesehen, Domhnall. Nein! Nein! Sage nicht, dass sie die Frau aus dem Feenreich gesehen hat!' Cathal beugte seinen Kopf in seine Hände, und für einen Moment war es still.

    Dann fuhr er fort:

    'Hörst du nicht, Domhnall – hörst du nicht?', und all die Wachen strengten ihre Ohren an.

    Durch die Steinmauer des Wachzimmers hindurch, schlich sich ein Klang, fast so weich wie ein Seufzer. Dann schwoll er an, und eine Melodie fiel auf ihre Ohren, die so einschläfernd war, wie ein Wasserfall im Herzen der tiefen Wälder. Die Lauschenden schlossen ihre Augen, einer nach dem anderen. Sie lehnten sich zurück an die nackten Steinbänke und fielen in einen angenehmen Schlaf.

    Plötzlich schreckte sie ein metallischer Klang hoch. Cathals Schild war von der Wand auf den steinernen Fußboden gefallen. Die verhexende Musik hatte aufgehört, und sie erschraken, als sie bemerkten, dass die Kerze auf dem Halter, die dem Raum Licht spendete, schon einen halben Zoll heruntergebrannt war.

    Sie mussten für mindestens eine halbe Stunde geschlafen haben. Cathal sprang auf, bat seine Kameraden, sich ihre Ohren zuzustopfen, wenn sie die Musik wieder hören sollten, und kletterte nach oben auf den Schutzwall.

    Innen war alles ruhig und außerhalb auch. Der Mittsommernachtsmond, mit seinem Gefolge von Sternen, ließ ein Licht herunterfallen, fast so hell wie das am Tag. Der Barrow River erstrahlte wie ein silberner Spiegel und floss so langsam dahin, dass man fast glauben könnte, er stünde still. Es gab auch nicht genug Bewegung in der Luft, um die geringste Delle auf seiner Oberfläche zu hinterlassen.

    Cathals Blicke folgten seinem Verlauf, bis er sich im Wald verlor, der sich, eine gute Strecke unterhalb, für einige Meilen auf beiden seiner Seiten, erstreckte.

    Zwischen dem Wald und dem Fort, etwas näher an Letzterem gelegen, war die kleine Freistadt mit ihren strohgedeckten Häusern, in denen die Handwerker des Königs wohnten. Auch dort war alles ruhig, und so weit wie die Augen von Cathal sehen konnten, gab es in keiner Richtung irgendwelche Bewegungen.

    Er machte seinen Rundgang auf dem Schutzwall und hielt nur inne, wenn immer er zur befestigten Anlage von Lady Edain kam. Es war in solch einer anderen Nacht, nur der Mond war nicht so voll, dass er sie an ihrem offenen Fensterflügel gesehen hatte. Und es war auch an einer solchen Nacht, als er die Frau aus dem Feenreich gesehen hatte, die am Ufer des Barrow saß.

    Der Fensterflügel war heute geschlossen und es gab keinerlei Anzeichen von Lady Edain. Aber was war das für eine leuchtende Gestalt, die aus den Wäldern entlang des Ufers kam? Cathal musste sich das nicht erst fragen. Es war die Frau aus dem Feenreich, und nun sitzt sie am Ufer und beginnt mit ihrem Werk des Winkens, und er bemerkte das Funkeln der Spitze des Schwertes, als sie es bei ihrer Arbeit schwenkte.

    Und als er hinschaute, sah er, oder dachte, dass er sah, wie der Barrow Fluss einen purpurnen Farbton annahm, aber der Mond schien noch von dem wolkenlosen Himmel und er wusste, dass er ein Opfer seiner Einbildung geworden war und dass das Gewässer silbrig hell dahinfloss.

    Er wusste aber auch, dass dieses zweite Erscheinen der Frau aus dem Feenreich anzeigt, dass sich der Fluss purpurrot mit dem Blut der Helden färben wird, bevor der Mond wieder verschwindet – vielleicht sogar noch bevor dessen Untergang. Und trotzdem schläft König Cobhthach und wiegt sich in Sicherheit in seinem Fort, und es gibt niemanden der Cathals Warnungen oder Visionen beherzigen würde, ausgenommen, vielleicht, einige seiner Kameraden im Wachraum.

    Und wenn der Mond wieder aufgegangen ist, was würde das Schicksal von Lady Edain sein – seinem kleinen Prinzesschen?

    Ein Stöhnen kam über Cathals Lippen, als ihm die Frage in den Kopf kam.

    Er konnte mit seinem Speer den Fensterladen berühren, hinter dem sie schlief und vielleicht von dem so weit entfernten Liebhaber träumte. Für einen Moment kam ihn der Gedanke in den Sinn, dass er das Fort hinaufklettern und den Fensterladen aufbrechen sollte, um dann die Lady Edain irgendwohin von dem verfluchten Ort wegzutragen, aber ihre Dienstmägde, die neben ihr schliefen, würden sich zu Tode erschrecken, laut aufschreien und sein Vorhaben verderben. Auch könnte die Lady Edain die Frau aus dem Feenreich sehen, und nichts könnte sie retten.

    Mit schweren Herzen ging er die Schritte zurück, und als er zum Wachhaus kam, stieg er hinunter und betrat den Wachraum. Seine Gefährten schliefen fest. Er versuchte sie zu wecken, aber es gelang ihm nicht. Ein Bann war über sie gekommen, und sogar während er seine Anstrengungen unternahm, wurde er selbst von dem Verlangen nach Schlaf übermannt. Seine Augenlider schlossen sich, als wären sie mit Blei beschwert. Er sank nieder auf die steinerne Bank neben Domhnall, dem Sohn des Eochy, und mit einer schwachen Wahrnehmung von seltsamer Musik in seinen Ohren, fiel auch er in einen tiefen Schlummer.

    Die Lady Edain warf sich unruhig auf ihrem handbestickten Bett hin und her, genau in dem Moment, als Cathal in Richtung ihres Fensterladens geblickt hatte. Ihre Dienstmädchen lagen schlafend um sie herum. Sie hatte geträumt – geträumt, dass sie mit ihrem Liebhaber durch einen moosbedeckten Weg wandern würde, beleuchtet vom Mondlicht, inmitten der Wälder.

    Und als ihr Herz voller Freude war und sie – wie sie dachte – der Musik seiner Stimme lauschte, brach plötzlich eine bewaffnete Bande aus dem Wald auf den Weg heraus, und Ebor hatte kaum Zeit seinen Speer zu erheben, als er, ins Herz getroffen, zu Boden fiel. Sie wachte mit einem Schrei auf. Es gab genug Licht, das durch die Spalten im Fensterladen kam, und ihr erlaubte, zu sehen, dass ihre Dienstmädchen friedlich schliefen. Dennoch war sie nur halb zufrieden damit, dass sie nur geträumt hatte.

    Sie erhob sich von dem Bett, warf sich einen grünen Mantel über und befestigte ihn mit einer silbernen Spange. Dann ging sie leise zum Fensterladen, öffnete ihn, und lehnte sich heraus. Ihre goldenen Haare fielen herunter, einige auf ihre Brust, andere über ihre Schulter; und als sie so dasaß, im vollen Glanz des Mondes, hätte mancher durchaus glauben können, dass sie selbst die wunderschöne, goldhaarige, grün bekleidete Frau aus dem Feenreich sei, die in der Kemenate der Maid Platz genommen hat.

    Die sanfte Wirkung des Mondes kroch hoch ins Herz der Lady Edain und unterdrückte dessen Unruhe. Sie blickte auf das schillernde Wasser des ruhigen Flusses und entlang seines grünen Ufers, aber sie konnte die Frau aus dem Feenreich nicht sehen, denn die Liebe hatte ihre Augen für diesen Anblick blind gemacht, sonst wäre sie verloren gewesen.

    Dann schaute sie hoch zum Mond, der nun langsam über die Ecke des Waldes zog, und der Gedanke kam in ihr Herz, der zu Liebenden allen Alters und in allen Ländern kommt, dass der gleiche Mond auf ihn herabschaut, der so weit weg war, und vielleicht – sogar in diesem Moment – blickte auch er ihn an und dachte daran, wie er auf den Barrow River scheint. Dann ruhten ihre Augen auf dem Landstrich, welcher den Wald von den Feldern trennte, die zwischen diesem und dem Fort lagen, und sie sah den Pfad, über den ihr Liebhaber in den Wald gegangen war, an diesem unheilvollen Tag, als er sich mit Prinz Labraidh in die Verbannung begab.

    Und gerade als sie hinblickte, dachte sie, dass etwas aus dem Wald herausgekommen war und in Richtung der Festung ging. Nach einer Weile erfasste sie das Glitzern von Waffen und sah, dass es ein Reiter war, der herankam – irgendein Krieger, ohne Zweifel, welcher wohl die Gastfreundschaft von Dun Righ suchte. Sie beobachtete beide, Pferd und Reiter, als sie sich näherten und ihre Schatten auf das Gras warfen. Sie kamen direkt unter den Schutzwall des Forts, am weitesten entfernt von der Stelle, wo sie war, und in der Nähe der Tür, die zum Wachraum führte.

    Während sie darüber nachdachte, wer er sein könnte, hörte sie eine verzerrte Musik, die entlang des Schutzwalls kroch, wie ein träger Wind über die Oberfläche eines Flusses. Sie schaute in die Richtung, aus der sie zu kommen schien, und dann sah sie eine eingehüllte Gestalt, etwas gebeugt, und bemerkte eine kleine Harfe, die in seinen Händen strahlte, und zwei Speere über seinen Schultern.

    Sofort kam ihr der Gedanke an den Harfenspieler Craiftine in den

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