Hannibals Hure: Liebe und Leidenschaft in Zeiten der Punischen Kriege
Von Olaf Clasen
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Über dieses E-Book
Hinter den Intrigen tritt der Punische Krieg, die Überquerung der Alpen mit 37 Kriegselefanten und die Schlacht von Cannae in den Hintergrund.
Olaf Clasen
Olaf Clasen ist ein Weltenbummler der 15 Jahre in Tunis gelebt hat, 12 Jahre je in Nizza und New York. Er hat häufig den Beruf gewechselt und überall Eindrücke gesammelt, die er jetzt in Köln zu Papier bringt
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Buchvorschau
Hannibals Hure - Olaf Clasen
Inhaltsverzeichnis
Astrate
3 Tage, 3 Nächte
Strand
Krieg
Vorbereitung
Seefahrt
Maskengeheimnis
Pfeilregen
Landung
Badezeit
Iberische Nacht
Pläne
Zwischen drei Bergen
Geheimniskrämerei
Hinterhalt
Die Schlucht
Frauenwunder
Massilia
Steuerfrau
Wettkampf
Überlegenheit
Attentat
Allianzen
Nachfolge
Rhodanus
Galahad
Liebesglück
Tal am Fuße der Berge
Unmöglicher Plan
Entführung
Organisation
Aufstieg
Moumouha
Jagd
Bergsee
Augusta Taurinorum
Mediolanum
Behandlung
Brixia
Gefährliche Feste
Publius, Cornelius Scipio
Cannae
Die Schlacht
Feld des Schreckens
Sind Frauen die Besseren?
Die Entscheidung
Rückkehr
Massinissa
Bitterkeit
Schlimme Wochen
Durchs Südliche Tor
Der Prozess
Verbannung
Dankbarkeit
Autorenportrait
HANNIBALS HURE
Vorwort
Die Jahre 218 v. Chr. bis 214 v. Chr. waren extrem wichtig für die Menschheit. In diesem Zeitraum entschied sich ob die europäische Zivilisation römisch, gradlinig, rechtwinklig, werden würde oder verspielt, gewunden, orientalisiert. Eines der großen Liebespaare der antiken Geschichte spielte die entscheidende Rolle in diesem Prozess.
Ich hatte das große Glück fünfzehn schöne Jahre in Karthago, direkt am Punischen Hafen wohnen zu dürfen. Dort wo Hannibal losgesegelt war, um den Römern einzuheizen.
Wenn ich auf meinen Spaziergängen, weiter oben am Hügel, durch die rue d’Astrate bummelte, wanderten meine Gedanken selbstverständlich zu dieser außergewöhnlich selbstbestimmten Frau.
Ich habe tonnenweise historische Dokumente gewälzt und zusätzlich endlose Gespräche geführt mit jenen traditionsbewussten Karthagern deren Familien die alten Legenden seit Jahrhunderten weitergeben.
Aus diesen beiden Quellen speist sich dieser Roman. Die Beschreibung der Ereignisse ist ganz nah an der Realität.
Im Oktober 2019 Olaf Clasen
1
Astrate
Astrate war die schönste Frau ihrer Zeit. Sie war attraktiv, klug, gebildet. Trotzdem gehörte sie keinem König. Sie gehörte keinem Prinzen. Sie war selbstbestimmt. Astrate lebte nach eigenen Regeln. Sie gehörte keinem Feldherrn, keinem Helden. Astrate gehörte sich selbst. Sonst niemandem.
2
Drei Tage, drei Nächte
Laut, schrill, erotisch. Drei Tage und drei Nächte. Immer bei Vollmond, feierte Karthago ein wildes Fest. Die Söldner erhielten ihren Lohn. Ausgezahlt in barer Münze in Gold, Silber und Bronze. Die Zahlmeister hatten ihre Stände hoch oben, auf dem Hügel von Byrsa, wo die Agora war. Lange Listen von Namen aus aller Herren Länder wurden verlesen. Alle wollten ihren Teil des umlaufenden Geldes haben.
Drei Tage und drei Nächte warfen die Soldaten ihren Sold mit vollen Händen heraus. Jeder versuchte so viel wie möglich davon zu ergattern.
Hitze, nackte Haut. Vor Allem im Sommer, wenn es heiß war, gab es viel schöne, gebräunte Haut zu sehen. Die Mode in Karthago war sommers, wie winters lockerer als in anderen Teilen der damaligen Welt. Karthagische Damen teilten ihre Schönheit gern mit Bewunderern. Sie zeigten was sie hatten und was man anderswo verhüllte. Sie wussten wie man sich darstellte um möglichst reizvoll zu sein.
Für dieses wilde monatliche Fest war die ganze Stadt zugänglich. Vom Meer bis hinauf auf den höchsten Hügel. Die Reichen öffneten ihre Gärten. Die Hallen im Erdgeschoss standen jedem offen. Jeder zeigte seinen Reichtum. Dunkelhäutige Sklaven trugen riesige Schalen mit gebratenem Hammelfleisch, geschmortem Gemüse. Obst. Frisch gebratener Fisch aus dem Meer vor der Stadt. Große Amphoren randvoll mit Wein wurden herangeschleppt. Auch die Armen durften sich richtig satt essen. Jeder wurde bedient, ob reich oder mittellos. Ob Soldat, Fischer, oder Mosaikleger.
Zuckendes Licht auf zuckenden Körpern. Die Flammen der Fackeln flackerten. Große Bassins mit brennendem Pech schleuderten ein unruhiges Licht.
3 Tage und 3 Nächte gab es keine Gesetze. Es gab keine Klassen und keine Regeln. Es gab Musik. Für die meisten Ohren zu schrill. Es gab viel zu Essen. Der Wein war gut und floss reichlich. Dionisios hätte seine Freude gehabt. Man tanzte hemmungslos. Die Brüste hüpften mit. Karthago war voller Lustgestöhne Die Damen ließen sich gern in die dunklen Ecken ziehen. Manche Paare waren auch Mann und Mann oder Frau und Frau. Hauptsache jeder kam auf seine Kosten.
Die knappste Kleidung war am beliebtesten.
Vor Allem bei den Frauen. Ein leichter durchsichtiger Schleier im Haar, bis auf die Schultern. Leicht und duftig. Ein zweiter, ebenso transparenter Schleier um die Hüfte. Er sollte neugierig machen, nicht allzu viel verhüllen. Und das aufreizenste Lächeln im Gesicht.
Viel Fantasie spielte immer mit.
Kampf. Blut. Tod. Die Söldner ahnten nicht wie viele Tage ihnen noch blieben. Lieber heute feiern. Es würde wieder eine Schlacht kommen. Ein Krieg mit unsicherem Ausgang. Wann? Morgen? Übermorgen? Wer weiß wie lange es noch geht? Die Soldaten trugen die Ledersäckchen mit den Münzen am Gürtel. Aufdringliche Frauen grabschten danach. Manchmal verirrte ihre Hand sich zwischen die Schenkel des Söldners. Welcher Söldner würde einer schönen Karthagerin widerstehen? In den dunklen Ecken der Paläste, hinter den Büschen in den Parks trafen sich die Paare und gingen ihrer Lust schamlos nach. 3 Tage und 3 Nächte waren alle Regeln aufgehoben.
Während 3 Tagen vermischten sich die Patrizier und das einfache Volk. Die edlen Damen der höheren Klasse vergaßen ihr elitäres Getue. Sie ließen sich mit dem Volk ein. Einheimische Soldaten und Söldner aus aller Welt befeuerten die Orgie. Die gute Erziehung war vergessen.
3
Strand
Zauber. Magie. Auch der berühmte Feldherr Hannibal hatte sein Admiralsinselchen mitten im Kriegshafen verlassen und mischte sich unter das Volk. Hannibal war auf der Höhe seines Ruhms, obwohl er erst 28 Jahre alt war. Er hatte viele Schlachten geschlagen und damit seiner Stadt immer treu gedient. Der athletische Feldherr trug seinen Kriegshelm mit dem Federbusch und den schwarzen harten Brustpanzer.
„‘Tschuldigung. Schöner Mann, wohin so eilig?" Fragte Astrate als sie direkt vor dem Baal Tempel mit Hannibal zusammen stieß.
Hannibal: „Bin unterwegs um dich zu treffen."
Ein Abschätzen von oben nach unten und wieder nach oben. Zufriedenes Lächeln auf beiden Seiten:
„Passt." Sagte Astrate.
Sie umarmten sich. Drückten die Wangen aneinander. Und die Körper. Ein erster Blick in die Augen und schon war etwas Unbeschreibliches geschehen. Eine banale Zufallsbekanntschaft? Was könnte es anderes
sein?
Er sagte:
„Mein Name ist Hannibal."
„Oh, wie der Held?"
„Jaa, ganz ähnlich."
„Was machst Du beruflich?"
„Dies und das. Hauptsächlich reise ich. Wer bist Du?"
„Astrate."
„Ich habe von deiner Schönheit gehört. Jetzt sehe ich, dass die Wirklichkeit alles übertrifft."
Hannibal war vollkommen uneitel. Daher kannten die wenigsten Karthager sein Gesicht. Es gab keine Büste von dem großen Feldherren, weder in Marmor gehauen, noch in Bronze gegossen. Es war auch keine Münze mit Hannibals Abbild im Umlauf. Hannibal konnte in der Menge der Bürger anonym spazieren. Nur die Soldaten kannten den charismatischen Anführer von seinen Reden vor der Schlacht und seinem Trost für die Verletzten danach.
Strand. Meer. Vollmond. Sie gingen Hand in Hand, die schnurgerade Straße hinunter zum Meer. Die war mit glatten Steinen gepflastert. Hannibal schnappte sich, im Vorbeigehen, eine Amphore, randvoll mit gutem Wein aus Mornag.
Es war die perfekte Nacht um sich am Strand kennenzulernen. Astrates Schönheit war sagenhaft. Die große Frau war körperlich trainiert mit festen Schultern, einem geraden Rumpf mit zwei runden mittelgroßen Brüsten, schmalen Hüften und stark gewölbten Po. Ihre Schritte waren kraftvoll. Die Beine lang und sehnig.
Ihr hauchdünner Schleier war in hellem Purpur gefärbt. Die großen grünen Augen hatte Astrate schwarz umrandet. Das tiefschwarze Haar war in einer komplizierten Knotenfrisur hoch aufgetürmt. Eine feine Perlenkette und dünne Goldstreifen waren in das Haargeflecht eingearbeitet.
Astrate hätte eine Königin sein können. Bisher hatte sie alle Anträge einflussreicher Männer abgelehnt. Sie war selbstbestimmt, ein wenig spröde und sicher, auch allein ihren Weg zu machen. Astrate blieb ihre eigene Herrin.
Emanzipation war im antiken Karthago kein Thema. Männer und Frauen hatten gleiche Rechte. Dafür brauchte es keine besonderen Gesetze. Das war eine Selbstverständlichkeit. Ihr verstorbener Vater hatte der einzigen Tochter ein gutes Vermögen hinterlassen, das ihr ein komfortables Leben nach eigenen Regeln ermöglichte.
Sie setzten sich in den, von der Nachmittagssonne noch erwärmten, Sand. Schwache Wellen schwappten schmatzend an den Strand.
Hannibal war bewegt wegen der Schönheit seiner attraktiven Begleiterin. Astrate sah nicht nur fantastisch aus. Sie sprach auch die gepflegte Sprache der elitären Oberschicht. Und sie war selbstbewusst.
„Was hälst Du von Aristoteles Idee, die Logik sei eine selbstständige Wissenschaft?" Fragte Astrate. Sie fuhr fort:
„Ich beginne gerade seine Werke zu studieren."
Obwohl Hannibals Gedanken noch bei ihrer Schönheit waren, antwortete er:
„Mir ist Aristoteles „Politik lieber. Dort vergleicht er unsere Verfassung und die anderer Länder. Er gibt uns Bestnoten.
Astrate sprang aus Hannibals Frauenbild. Er war überwiegend an die rauen Marketenderinnen gewöhnt, die seine Armee auf den Kriegszügen begleiteten. Eine Frau, die durch ihre Persönlichkeit und Wissen seinen Respekt herausforderte war neu für ihn. Der berühmte Befehlsgeber war ein wenig scheu. Trotzdem war Hannibal ganz nah an die elegante Frau heran gerückt. An Selbstbewusstsein mangelte es ihm nicht. Er hatte seine Hand auf ihren warmen Schenkel gelegt. Zuvor hatte er den dünnen Schleier weggeschoben.
„Vollmond überm Meer, sagte Hannibal, „schöner könnte es nicht sein…
„Jetzt bitte keinen Kitsch."
Antwortete Astrate und zog die Augenbrauen zusammen. Zwei strenge Falten auf der Stirn über der Nase. Es war ein holperiger Anfang. Dann lehnte sie sich doch an den gestählten Körper des Kriegers. Ihre Hand gelangte dabei, nicht unabsichtlich, unter seinen ledernen Kriegsrock. Vielleicht tut ein bisschen Kitsch gut?
„Fühlt sich nicht unbedeutend an, Hannibal."
Hannibal fühlte sich in diesem Augenblick bedeutender als nach dem Sieg bei einer großen Schlacht.
Entsprechend schwoll sein Selbstbewusstsein.
Griechische Philosophie hin oder her.
4
Krieg
Sie lehnten sich zueinander. Blickten aufs Meer auf das der Mond silberne Muster schüttete und wieder einander in die Augen. Nochmal Meer, nochmal Augen. Sie senkten die Lider gleichzeitig. Öffneten sie wieder. Senkten sie noch einmal. Nach leichtem Zögern trafen ihre Lippen aufeinander. Die Zungen konnten gut miteinander tanzen. Alles war perfekt in dieser Vollmondnacht. Genau in diesem einzigartigen Moment, kam ein Soldat mit Geschrei und einer Fackel an den Strand gerannt:
„Achtung. Nachrichten: Es gibt Krieg. Angriff in Iberien. Der Senat ruft das Heer zusammen. Am Morgen ist Aufbruch!"
„Astrate, Liebling, entschuldige mich. Ich muss weg. Wir sehen uns schnell wieder. Wir haben viel zu bereden."
„Worte, Worte, Worte. Wie alle anderen. Wo, wann, wie sehen wir uns?" fragte Astrate.
"Das war unbefriedigend. Eine Frau wie ich hat mehr Aufmerksamkeit verdient. AUFMERKSAMKEIT. Verstehst du das Wort? Ich lasse mir nicht auf der Nase herumtanzen.
Aus uns wird wohl nichts."
„Ich gebe dir Bescheid." Mehr hatte Hannibal nicht zu sagen. Er fluchte lautlos vor sich hin. Er stampfte verärgert in den Sand. Ausgerechnet jetzt, wo seine Liebesgefühle in Wallung geraten waren, musste der römische Feind wieder aufmüpfig werden? Ein bisschen Sentimentalität würde dem Heerführer nicht schaden. Da war Hannibal sicher.
Der starke Mann eilte auf dem kürzesten Weg zum Vorplatz des Baal Tempels. Er nahm die Abkürzung durch das Viertel der Diebe. Zwei gut bewaffnete Kerle versuchten ihm den Geldbeutel zu entreißen. Hannibal zögerte nicht. Mit einem gut gezielten Schlag trennte er einem den Arm vom Rumpf. Der Zweite ergriff die Flucht. Auf die Schärfe seines Schwertes war immer Verlass.
Die Senatoren und Priester versammelten sich auf den Stufen des Baal Tempels wenn große Entscheidungen getroffen werden mussten.
Hastrubal ergriff als erster das Wort:
„Katastrophe! Rom bleibt unerträglich. Schon wieder Vertragsbruch. Das Heer muss sofort ausrücken und den Feind bestrafen."
Er