Friede den Menschen auf Erden
Von Bruno Emil König
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Buchvorschau
Friede den Menschen auf Erden - Bruno Emil König
GESCHICHTE DER AUTO-DA-FÉS
Es sind unzertrennliche Zwillingsgeschwister, die Hexen- und die Ketzerverfolgungen und bilden beide den größten Schandfleck in der Geschichte der christlichen Kirchen, weil sie dem Wesen des Christentums geradezu widersprechen. Christus Gebot, der Geist der Religion, die er gestiftet, sind:
„Liebe Gott über alles und deinen Nächsten als dich selbst!"
Und die frohe Botschaft bei der Menschwerdung des Weltheilands lautete:
„Und Friede den Menschen auf Erden!"
Duldung, Versöhnung, Liebe sind die Grundzüge der Christenlehre und nirgends verlangt sie gewaltsame Bekehrung Andersgläubiger oder gar deren Verfolgung und Bestrafung. Leider aber ist das Verfolgen und Martern Andersdenkender ganz so wie der Hexen- und Teufelswahn aus dem Heidentum in die christliche Kirche übergegangen. In den ersten Zeiten des Christentums freilich, als dieses selbst noch schwere Verfolgungen auszustehen hatte, dachte kein christlicher Priester daran, Mitglieder der Gemeinde, deren Meinungen von den allgemein geltenden abwichen, deshalb zu bestrafen.
Die Christen galten ja selbst unter den Völkern in dieser Geschichtsperiode als Ketzer. Sie waren in den Augen der Heiden Abtrünnige.
Die heidnische Volksmeinung war gegen die Christen gerichtet wie später die Meinung der christlichen Pfaffen, d. h. Geistliche im verächtlichen Sinne, gegen die Ketzer. Und was die Heiden den Christen nachredeten, dessen schämten später die Ketzerriecher sich nicht, ihre Opfer ebenfalls zu beschuldigen.
Die Christen galten anfangs namentlich den Römern als eine verworfene, verzweifelte, lichtscheue Partei, zusammengesetzt aus verdorbenem Gesindel und leichtgläubigen Weibern, die gegen das Göttliche wüte, gegen das Wohl der Menschen sich verschwöre und der Welt d. h. den damaligen Verhältnissen, Verderben drohe. Sie genossen in ihren nächtlichen Versammlungen angeblich unmenschliche Speise, verachteten die Tempel, spien die Götter an und verspotteten die heiligen Gebräuche. Ihr eigener Kult sei nicht Gottesdienst sondern Ruchlosigkeit. Sie erkannten sich an geheimen Zeichen, nannten sich untereinander Brüder und Schwestern und entweihten diesen heiligen Namen durch Gemeinschaft der Unzucht. Sie beteten einen Eselskopf an oder wie andere behaupten, die Genitalien des Oberpriesters an.
Ein Kind, mit Mehl bedeckt, hieße es, wird dem Aufzunehmenden vorgesetzt. Derselbe muss wiederholt in das Mehl stechen und tötet das Kind. Fließendes Blut wird von den Christen gierig aufgeleckt, die Glieder des Kindes werden zerrissen und so wird durch dieses Menschenopfer ein Pfand hergestellt, welches der Gesellschaft die Verschwiegenheit der Einzelnen verbürgt.
Am Festtage versammeln sich alle mit ihren Schwestern, Müttern und Kindern zum gemeinschaftlichen Mahle. Wenn bei demselben durch unmäßiges Essen und Trinken die Wollust gereizt ist, so werden die Lichter ausgelöscht und nun gibt sich die Gesellschaft, wie eben der Zufall die Personen zusammenfügt, der abscheulichsten Unzucht hin.
Man sieht, heidnische Pfaffen verbreiteten über die Christen die unglaublichsten Lügen und verwirrten damit die Begriffe des Volkes, ganz ebenso, wie es später von herrschsüchtigen christlichen mit den Ketzern geschah.
Als die Verfolgungen des Christentums nachließen und zuletzt ganz aufhörten, als dasselbe Staatsreligion wurde, verschwand die Duldung mehr und mehr aus der christlichen Kirche. Es machte sich immer mehr die Ansicht geltend, die Einheit der Kirche in Glauben und Lehren müsse durch jedes Mittel, selbst durch weltliche Zwangsmaßregeln erhalten werden und man nannte diejenigen Christen, deren Anschauungen von den allgemein geltenden Grundbegriffen abwichen, Ketzer (Haeretici). Je mehr und bestimmter sich nun die staatsartige Verfassung er christlichen Kirche ausbildete, desto mehr wurde die Ketzerei als ein Verbrechen betrachtet, verfolgt und bestraft. Es entstanden geistliche Gerichte zur Aburteilung der Ketzer, die anfangs noch milde in ihrer Wirksamkeit und in ihren Urteilssprüchen waren, dann jedoch schärfer wurden und sich des Armes des weltlichen Richters zur Vollstreckung der Urteile bedienten.
Als aber das Papsttum die Höhe seiner Macht erreichte und als der Bischof von Rom, der Papst, nicht bloß das sichtbare Oberhaupt der Kirche, sondern – nach seiner Lehre wenigstens – auch der ganzen Erde wurde, da sollte die ganze Erde nur ein einziges Gottesreich und der Papst, welchen der Heilige Geist zu untrüglichen Aussprüchen erleuchtete, dessen unbeschränkter Herrscher sein.
Wer an dieser päpstlichen Macht zweifelte oder gar daran zu rütteln wagte, der versündigte sich an Gott selbst, der den Papst zu seinem Stellvertreter auf Erden eingesetzt haben sollte. Da die Päpste indessen trotz dieser Stellvertreterschaft Gottes doch nur schwache sündige und mit menschlichen Neigungen und Leidenschaften behafteten Menschen blieben, so war Willkür in jeder seltsamen Vermischung der höchsten Geistlichen mit der Weltengewalt unvermeidlich. Es wurde allmählich immer gefährlicher, Ansichten laut werden zu lassen, die von denen der herrschenden Kirche abwichen. Dazu kam – bei der Schwäche und dem Stolze der menschlichen Natur – dass die Beherrscher der Kirche je nach ihren persönlichen Anschauungen bestimmte, äußere Sätze feststellten und zu Glaubenssätzen (Dogmen) erhoben, so dass diejenigen, nunmehr auch als Feinde des Glaubens, als Verächter göttlicher Gebote betrachtet wurden, wodurch der Begriff von Ketzerei bedeutend an Ausdehnung gewann.
Wesentlich trug dazu die Einführung des Kirchenrechtes bei und, um ihr Ansehen bei den Völkern behaupten zu können, stand den Päpsten die Verhängung des Kirchenbannes und des Interdiktes zu. Durch den Ersteren wurden einzelne Personen, durch das Letztere ganze Völker und Staaten von der Kirche und vom Genuss aller kirchlichen Gnaden ausgeschlossen. Sehr wichtig wurde um die Befestigung der Kirchenherrschaft außerdem die Einführung der Ehelosigkeit der Geistlichen. In Folge dieser Maßregel Papst Gregors VII wurden die Priester gewissermaßen zu Mönchen gemacht und ausschließlich an die Interessen des Papstes und der Kirche gebunden. Auf der anderen Seite nahm mit dem Wachsen des Ansehens und der Macht des Papstes, das Ansehen und der Einfluss der Bischöfe ab, die nunmehr diesem alle untergeordnet wurden, während sie ihm früher gleichstanden.
Die Päpste benutzten ihr Ansehen als Oberherr der ganzen Christenheit mit großer Schlauheit, Ausdauer und Kühnheit. Wer sich ihnen nur etwas widersetze – ob hoch oder niedrig, Priester oder Laie – den taten sie als