Parker bremst den Zampano: Butler Parker 173 – Kriminalroman
Von Günter Dönges
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Butler Parker ist seinen Gegnern, den übelsten Ganoven, auch geistig meilenweit überlegen. In seiner auffallend unscheinbaren Tarnung löst er jeden Fall. Bravourös, brillant, effektiv – spannendere und zugleich humorvollere Krimis gibt es nicht!
»Könnten Sie sich möglicherweise dazu durchringen, Ihre Hand von meiner Schulter zu nehmen?« erkundigte sich Butler Parker durchaus höflich und lüftete zu seiner Frage die schwarze Melone. Er befand sich in der großen, eleganten Empfangshalle eines Hotels in der Nähe von Hyde Park und war gekommen, um hier Lady Agatha Simpson von einer Aufsichtsratssitzung abzuholen. In der Nähe der Fahrstühle war er gerade von einem mittelgroßen, schlanken Mann gestoppt worden, der etwa fünfunddreißig Jahre zählte. »Nur die Ruhe«, erwiderte der Hotelgast, der einen angespannten Eindruck machte, »der Fahrstuhl ist reserviert.« »Sie dürfen den Sinn meiner ernstgemeinten Frage nicht recht erkannt haben«, sagte Josuah Parker und ... drückte die Spitze seines altväterlich gebundenen Regenschirmes nachdrücklich auf den Fuß des Mannes. Die scharfe Spitze des Schirmes drang ohne Schwierigkeit durch das weiche Oberleder seines Schuhs, worauf der Mann sich umgehend verfärbte und dann auch schon verzweifelt nach Luft schnappte. »Sie sollten sich in Zukunft der Höflichkeit befleißigen«, schlug Josuah Parker vor und betrat den Fahrstuhl, dessen Tür von dem jungen Mann förmlich bewacht worden war. Dieser Mann schien sich plötzlich entschlossen zu haben, eine kleine Tanzeinlage zu zeigen. Fast graziös hüpfte er auf dem nicht getroffenen Fuß herum und produzierte dabei hechelnde Töne. »Begabt, durchaus begabt, aber noch nicht überzeugend, was die Grazie Ihrer Tanzschritte betrifft«, urteilte Parker fachmännisch, bevor er die Tür schloß. Mit dem schwarz behandschuhten Zeigefinger drückte er dann auf einen Knopf der Etagenanzeige und ließ sich zum Dachgarten befördern. Während dieser kurzen Fahrt warf er einen prüfenden Blick in den großen Spiegel, der an einer Seite des Fahrstuhls angebracht war. Er sah vor sich einen Mann undefinierbaren Alters, etwas über mittelgroß, fast schlank und mit glattem Gesicht ausgestattet, das undurchdringlich war wie das eines professionellen Pokerspielers. Dieser Mann trug über einem schwarzen Zweireiher einen Covercoat und eine schwarze Melone.
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Parker bremst den Zampano - Günter Dönges
Butler Parker
– 173 –
Parker bremst den Zampano
Günter Dönges
»Könnten Sie sich möglicherweise dazu durchringen, Ihre Hand von meiner Schulter zu nehmen?« erkundigte sich Butler Parker durchaus höflich und lüftete zu seiner Frage die schwarze Melone.
Er befand sich in der großen, eleganten Empfangshalle eines Hotels in der Nähe von Hyde Park und war gekommen, um hier Lady Agatha Simpson von einer Aufsichtsratssitzung abzuholen. In der Nähe der Fahrstühle war er gerade von einem mittelgroßen, schlanken Mann gestoppt worden, der etwa fünfunddreißig Jahre zählte.
»Nur die Ruhe«, erwiderte der Hotelgast, der einen angespannten Eindruck machte, »der Fahrstuhl ist reserviert.«
»Sie dürfen den Sinn meiner ernstgemeinten Frage nicht recht erkannt haben«, sagte Josuah Parker und ... drückte die Spitze seines altväterlich gebundenen Regenschirmes nachdrücklich auf den Fuß des Mannes. Die scharfe Spitze des Schirmes drang ohne Schwierigkeit durch das weiche Oberleder seines Schuhs, worauf der Mann sich umgehend verfärbte und dann auch schon verzweifelt nach Luft schnappte.
»Sie sollten sich in Zukunft der Höflichkeit befleißigen«, schlug Josuah Parker vor und betrat den Fahrstuhl, dessen Tür von dem jungen Mann förmlich bewacht worden war.
Dieser Mann schien sich plötzlich entschlossen zu haben, eine kleine Tanzeinlage zu zeigen. Fast graziös hüpfte er auf dem nicht getroffenen Fuß herum und produzierte dabei hechelnde Töne.
»Begabt, durchaus begabt, aber noch nicht überzeugend, was die Grazie Ihrer Tanzschritte betrifft«, urteilte Parker fachmännisch, bevor er die Tür schloß. Mit dem schwarz behandschuhten Zeigefinger drückte er dann auf einen Knopf der Etagenanzeige und ließ sich zum Dachgarten befördern. Während dieser kurzen Fahrt warf er einen prüfenden Blick in den großen Spiegel, der an einer Seite des Fahrstuhls angebracht war.
Er sah vor sich einen Mann undefinierbaren Alters, etwas über mittelgroß, fast schlank und mit glattem Gesicht ausgestattet, das undurchdringlich war wie das eines professionellen Pokerspielers.
Dieser Mann trug über einem schwarzen Zweireiher einen Covercoat und eine schwarze Melone. Am angewinkelten linken Unterarm hing ein Schirm, dessen Bambusgriff beachtliche Größe besaß.
Josuah Parker, Bediensteter der Lady Agatha, war das Urbild eines hochherrschaftlichen englischen Butlers alter Schule. Er maß dem kleinen Zwischenfall in der Halle keine besondere Bedeutung bei. Wahrscheinlich hatte man es mit einem übereifrigen Angestellten zu tun, der seine Kompetenzen weit überschritt.
Der Fahrstuhl schnaufte leicht, als er hielt. Die Tür öffnete sich. Parker trat hinaus, schritt würdevoll den Korridor hinunter und erreichte eine wattierte Doppeltür. Er hatte sie noch nicht ganz erreicht, als sie sich fast stürmisch öffnete.
Agatha Simpson erschien.
Sie war eine stattliche Dame, die das sechzigste Lebensjahr mit Sicherheit überschritten hatte. Sie zog jede Aufmerksamkeit auf sich. Die kräftige Nase, die grauen Augen und das energische Kinn verrieten Dynamik und Ungeduld. Lady Agatha, mit dem Blut- und Geldadel der Insel verschwistert und verschwägert, schon seit vielen Jahren Witwe, verfügte über ein großes Vermögen. Berüchtigt wegen ihrer ungenierten Offenheit, konnte sie geizig sein wie drei sprichwörtliche Schotten.
»Das reicht mir jetzt, Mr. Parker«, sagte sie und rückte ihre pikante Hutschöpfung auf dem fast weißen Haar zurecht. »Stellen Sie sich vor, man wollte mich mit dem Geschäftsbericht langweilen.«
»Ein Thema, das man nur als ungemein interessant bezeichnen kann, Mylady.«
»Papperlapapp, Mr. Parker, sollen Mr. Rander und Miß Kathy sich damit abgeben. Unter uns, Mr. Parker, ich glaube, die Herren des Aufsichtsrates sind froh, daß ich gegangen bin.«
»Myladys Sachkenntnis sind gefürchtet«, antwortete Parker höflich und ließ offen, wie er es gemeint hatte.
»Zudem ist mein Kreislauf zusammengebrochen«, redete Agatha Simpson weiter, wobei ihre bereits sonore Stimme sich noch zusätzlich verstärkte, »ich brauche unbedingt eine kleine Erfrischung.«
»Handelt es sich um einen akuten Zusammenbruch, wenn man fragen darf?« Josuah Parker langte in die Innentasche seines schwarzen Covercoats und zog eine lederummantelte Taschenflasche hervor.
»Bringen Sie mich in die Hotelbar«, gab die ältere Dame zurück, »solange werde ich hoffentlich durchhalten.«
Sie hatten inzwischen die Fahrstühle erreicht. Die Leuchtanzeige kündigte gerade eine Ankunft an. Parker trat zur Seite und wartete auf das Öffnen der Tür. Lady Agatha ließ ein wenig ungeduldig ihren perlenbestickten Pompadour am Handgelenk pendeln. Dann aber blickte sie interessiert auf einen etwa fünfunddreißigjährigen Mann, der den Fahrstuhl gerade verließ und dabei nachhaltig hinkte.
Dieser Mann war nicht allein.
In seiner Begleitung befand sich ein gleichaltriger, der kompakt und muskulös wirkte.
»Das ist die Type«, sagte der Hinkende und zeigte wütend auf Josuah Parker, »und die ist jetzt reif!«
*
»Was geht hier vor?« fragte Agatha Simpson grollend und baute sich halb vor ihrem Butler auf. Ihre grauen Augen funkelten erfreut. Die ältere Dame witterte eine kleine Abwechslung. Unter Kreislaufschwäche schien sie keineswegs mehr zu leiden.
»Hau ab, altes Fossil«, sagte der Kompakte dummerweise und wollte Lady Agatha mit einer jähen Armbewegung zur Seite schieben. Er ahnte nicht, was er sich damit einhandelte.
Agatha Simpson trat ungeniert zu und traf das linke Schienbein des Kompakten, der daraufhin aufjaulte und das getroffene Bein unwillkürlich hochriß. Dabei verließ er sich eindeutig auf sein Standbein. Die Lady setzte nun ihren Pompadour ein und ließ ihn auf der Nase des Mannes landen. Der sogenannte Glücksbringer im Handbeutel, nämlich ein echtes Pferdehufeisen, drückte das Riechorgan des Unhöflichen nachhaltig zur Seite und sorgte auf diese Art für eine Tränenflut in den aufgerissenen Augen des Getroffenen.
»Wagen Sie es nicht noch mal, eine hilflose Frau anzugreifen«, dröhnte danach Myladys sonore Stimme.
Der Hinkende griff mit Verspätung unter sein Jackett, eine Geste, die Josuah Parker sofort mißverstand. Mit dem Bambusgriff klopfte er auf die verschwindende Hand, die daraufhin sofort erlahmte. Dies hing mit der Bleifüllung im Schirmgriff zusammen, was der Butler allerdings nicht besonders erläuterte. Der Mann, der eine Schußwaffe hatte ziehen wollen, ging augenblicklich von der Tatsache aus, daß seine Handknochen angebrochen sein mußten.
»Sie neigen eindeutig zu vorschnellen Reaktionen«, stellte Parker fest, »Sie sollten Ihr Ungestüm in Zukunft ein wenig mäßigen, wenn meine bescheidene Wenigkeit sich erlauben darf, Ihnen diesen Rat zu geben.«
Während der Butler sich um den völlig irritierten Mann kümmerte, entwickelte er dabei die Fähigkeiten eines Taschendiebes. Der stöhnende Mann bekam gar nicht mit, daß seine Automatik aus der Halfter gezogen wurde.
»Nun reißen Sie sich mal gefälligst zusammen«, raunzte Agatha Simpson die beiden Männer an, »benehmen Sie sich nicht wie Waschlappen!«
Parker, der an einer Vertiefung der Situation nicht interessiert war, deutete höflich in den Fahrstuhl, eine Geste, die für seine Herrin bestimmt war.
»Wollen Sie mich etwa zur Flucht animieren, Mr. Parker?« erkundigte sich Lady Agatha ungnädig.
»Keineswegs und mitnichten«, erwiderte der Butler, »aber für Mylady dürften die beiden Männer wohl kaum satisfaktionsfähig sein.«
»Richtig«, bestätigte sie sofort, »genau das wollte ich gerade auch sagen, Mr. Parker. Die beiden Subjekte müssen ja schließlich einen Arbeitgeber haben, nicht wahr?«
»Sehr wohl, Mylady, er dürfte sich in der Hotelhalle aufhalten.« Das gab den Ausschlag. Agatha Simpson stieg in den Fahrstuhl und machte dabei einen sehr angeregten Eindruck. Sie prüfte den Sitz ihrer Hutkomposition, die eine Kreuzung aus einem mißglückten Napfkuchen und einem Südwester darstellte.
»Dieser Angriff galt natürlich mir, nicht wahr?« fragte sie Parker.
»Davon könnte man ausgehen, Mylady.«
»Die Unterwelt will mich eben um jeden Preis aus dem Weg räumen«, freute sie sich, »ich bin ihr einfach zu gefährlich geworden.«
»Mylady sind in der Tat gefürchtet«, lautete Parkers Antwort.
»Nun, ich werde auch diese Kampfansage annehmen, Mr. Parker«, redete sie munter weiter, »ich habe im Augenblick sowieso nichts zu tun. Und das Fernsehprogramm für den Rest der Woche ist langweilig.«
»Mylady werden auch den anstehenden Krimifall zu lösen wissen.«
Agatha Simpson bildete sich ein, eine einmalig begabte Kriminalistin zu sein. Dazu hielt sie sich auch noch für eine perfekte Schriftstellerin, die eine gewisse Agatha Christie in den Schatten stellen wollte. In beiden Fällen überschätzte sie sich maßlos, wie Eingeweihte wußten.
»Wer möchte mich wohl diesmal ins Jenseits befördern?« fragte sie mehr als nur halblaut.
»Mylady denken sicher bereits an die Mafia«, antwortete der Butler.
»Natürlich«, redete sie weiter, »die Mafia haßt mich seit Jahren, Mr. Parker!«
»Eine Tatsache, die Mylady als Kompliment auffassen.«
»Selbstverständlich.« Sie nickte nachdrücklich. »Ich bin einfach zu gut. Ich sage das in aller Bescheidenheit.«
»Mylady neigen leider zur Untertreibung, falls meiner Wenigkeit diese Beurteilung erlaubt ist.«
»Nein, nein, bleiben Sie ruhig bei der Wahrheit«, gab sie zurück.
Inzwischen war das Ziel der Fahrt erreicht, und Parker verließ den Fahrstuhl. Er lüftete seine schwarze Melone und überwachte den Ausstieg seiner Herrin.
Lady Agatha schaute sich sofort kriegerisch um. Sie war wieder mal bereit, alles auf die sprichwörtlichen Hörner zu nehmen, was ihren Verdacht auch nur andeutungsweise erregte.
»Nun, wo ist das Subjekt, das die beiden Lümmel nach oben geschickt hat?« fragte sie dann leicht gereizt, als