Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Der Weg von Atlantis: Band 2
Der Weg von Atlantis: Band 2
Der Weg von Atlantis: Band 2
eBook547 Seiten7 Stunden

Der Weg von Atlantis: Band 2

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Nachdem das atlantische Volk unter der Führung von Craibian den Menschen gerade so entkommen konnte, wartet schon ein neuer Überlebenskampf auf sie.
Die Phönix fliegt stark beschädigt und kaum weltraumtauglich durchs All und der neue Feind ist weitaus gnadenloser als die Menschen. Der Weltraum ist tödlich, und wer in einer Umgebung überleben will, die nicht für Lebewesen geeignet ist, darf sich keine Fehler erlauben.
Während die Atlantae im All gegen die Natur selbst bestehen müssen, entbrennt auf der Erde ein neuer Konflikt zwischen den Menschen, und als der Leichnam eines gefallenen Atlantae geborgen wird, eskaliert die Situation völlig.
Ein Kampf um die fortschrittliche Technologie der Atlantae steht bevor und Craibian muss entscheiden, ob Atlantis sich in diesen Konflikt einmischen sollte.
SpracheDeutsch
HerausgeberBurg Verlag
Erscheinungsdatum15. Okt. 2019
ISBN9783944370972
Der Weg von Atlantis: Band 2
Autor

Daniel Whitmore

Der Stoiker und Hobbyphilosoph Daniel Whitmore wurde im November Ende des letzten Jahrtausends in Deutschland geboren. Als leidenschaftlicher Leser von Fantasy- und Sciencefictionromanen tauchte er in die Welten von Lucas, Tolkien, Heitz, Rowling, Paolini und vielen weiteren ein und erschuf sich nach und nach eine eigene Welt, in der er die Gegensätze zwischen den beiden Genres, die ihn fesselten, zu vereinen suchte. „Der Weg von Atlantis“ ist die Fortsetzung seines ersten Werkes „Die Auferstehung von Atlantis“. Wie schon sein erstes Werk soll „Der Weg von Atlantis“ in erster Linie unterhalten, doch der Leser ist auch zum Nachdenken über Verbindungen zur realen Welt eingeladen.

Mehr von Daniel Whitmore lesen

Ähnlich wie Der Weg von Atlantis

Ähnliche E-Books

Allgemeine Belletristik für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für Der Weg von Atlantis

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Der Weg von Atlantis - Daniel Whitmore

    Daniel Whitmore

    Der Weg von Atlantis

    Für Theo und Lena

    den ersten Enkeln von Atlantis

    Entdeckt die Welt mit Kinderaugen

    und gestaltet sie nach euren Träumen

    Prolog

    „Wir müssen so viel wie möglich über die menschliche Spezies erfahren. Erst wenn wir wissen, wie sie denken, wenn wir wissen, wie sie sind, dann werden wir sie wirklich verstehen können, und wenn wir sie verstehen, können wir uns gegen sie verteidigen."

                      Eras von Atlantis, General der atlantischen Streitkräfte

    Es war spät. Kurz vor Mitternacht. Er war wieder einmal der Letzte im Labor. Seit Tagen arbeitete ihr Team nun schon daran, dem toten Körper, der da vor ihnen lag, seine Geheimnisse zu entlocken. Wer waren diese Fremden? Woher waren sie gekommen? Und was machte sie so stark? Was sein Team tat, war streng geheim und sie alle arbeiteten unter Hochdruck, doch niemand arbeitete so besessen wie er. Der Mann musterte voller Abscheu den toten Körper durch das Plastikvisier seines Schutzanzugs. Dieses Ding war mit dafür verantwortlich, dass seine Frau und seine beiden Töchter umgekommen waren. Die Flut hatte so viele unschuldige Leben ausgelöscht und die Täter waren einfach so entkommen. Nicht zum ersten Mal fragte sich der ehemalige Genetikprofessor, woher diese Wesen eigentlich gekommen waren. Der Leichnam vor ihm sah aus wie der eines ganz normalen jungen Mannes, doch das war eine Lüge, eine Täuschung. Sie mochten mit den Menschen verwandt sein, doch sie hatten genauso wenig mit ihnen gemeinsam wie Affen. Er selbst hatte die DNS ihres Subjektes mehrfach untersucht und hatte die unübersehbaren Unterschiede gefunden. Er konnte nicht sagen, ob die DNS genetisch modifiziert worden war und diese Wesen einmal Menschen gewesen waren oder ob sie immer schon unter ihnen gelebt hatten. Angeblich waren sie alle Kinder von Menschen gewesen, doch so wirklich bestätigen konnte das keiner.

    Er erinnerte sich noch genau, als er rekrutiert und in dieses Labor geführt worden war. Es war gerade mal zwei Wochen nach der schrecklichen Flut gewesen, bei der er alle, die ihm je etwas bedeutet hatten, verloren hatte. Seitdem hatte er nur noch ein Ziel: Rache. Er würde wohl kaum selbst etwas gegen diese Bestien unternehmen können, aber er konnte anderweitig bei ihrer Vernichtung helfen. Nach der großen Schlacht vor der Küste Afrikas waren die fremden Wesen mit einem Raumschiff geflohen, doch keiner wusste, wie viele noch unter ihnen weilten. Bevor die Kinder von Atlantis, wie sie sich selbst genannt hatten, den Planeten verlassen hatten, hatten sie dafür gesorgt, dass alle Hinweise auf ihre Kräfte oder Technologie vernichtet wurden. Das Erdreich hatte sich auf ihren Befehl hin einfach geöffnet und glühend heiße Lava freigesetzt, die alles unter sich begraben hatte. Beinahe alles, dachte sich der Professor. Einen der gefallenen Krieger hatten ihre Streitkräfte bergen können bevor er unter Gestein begraben worden wäre, und jetzt lag die Zukunft ihres Landes vielleicht an diesem Körper und seinen Geheimnissen, die er bisher noch nicht preisgegeben hatte.

    Ihr Land stand vor dem Abgrund. Es war pleite, großflächig verwüstet und zerstört. Anarchie stand an der Tagesordnung und bisher war es der Regierung nicht gelungen, die Ordnung überall komplett wiederherzustellen. Millionen waren obdachlos und für viele war der Hunger ein täglicher Begleiter. Wenn er nur daran dachte, wie gut es ihnen allen vor dem Krieg gegangen war. Es war kaum zu glauben, wie die Fremden ihre Nation innerhalb so kurzer Zeit in den Ruin treiben konnten. Jetzt versuchte ihre Regierung zu retten, was zu retten war. Es herrschte Kriegsrecht und in der Hälfte aller Staaten konnte die Ordnung mit Gewalt zumindest teilweise wiederhergestellt werden. Der Staat hatte nach der Schlacht hart durchgegriffen und alle, die sich verdächtig gemacht hatten, kurzerhand hingerichtet. Er hatte es gar nicht glauben können, wie viele es gewesen waren, die angeblich mit den Fremden sympathisiert hatten. So viele Schuldige. Alles Verräter an ihrem eigenen Volk. Jetzt hoffte die Regierung ihr Land mit den Geheimnissen der Fremden wieder aufbauen zu können. Sie waren ihnen technologisch so weit voraus gewesen und vielleicht konnten sie noch etwas von ihnen lernen, bevor sie jegliche Erinnerung an sie auslöschen würden. Leider hatte der Tote, den sie gefunden hatten, keine dieser furchteinflößenden Rüstungen getragen, die sie auf dem Schlachtfeld so gut wie unverwundbar gemacht hatten. Auch seine Waffen waren nicht das, was sie erhofft hatten. Ein einfacher Speer. Zweifelsohne schön gearbeitet, aber keine technologische Meisterleistung. Es blieb ihnen also nur, was sie aus dem Körper gewinnen konnten.

    Sein Team hatte vor dieser Arbeit die Berichte über die letzten Untersuchungen an diesen Wesen durchgelesen und hatte große Hoffnungen in die Nanotechnologie gesetzt, die sie aus irgendeinem Grund in sich trugen. Leider waren die Naniten in diesem Körper allesamt zerstört worden. Anscheinend waren sie alle an die Lebensfunktionen ihres Wirtes gebunden. Starb der Körper, zerstörten sich die Naniten gegenseitig. Seine Idee, die DNS des Toten zu klonen und eines dieser Wesen zu Versuchszwecken zu züchten, war ebenfalls misslungen. Die geklonten Embryos starben alle innerhalb weniger Wochen. Offenbar waren sie nicht lebensfähig, was sie alle doch sehr verwunderte. Irgendwie mussten diese Wesen doch auch auf die Welt gekommen sein.

    Im Moment war er gerade dabei, das Gewebe zu untersuchen, welches sich unter ihrer Haut befand. Es hatte mehr als ein einfaches Skalpell benötigt, um den Körper das erste Mal zu öffnen. Unter der Haut befand sich ein dichtes Gewebe, welches sich als erstaunlich widerstandsfähig erwiesen hatte. Die ersten Untersuchungen hatten ergeben, dass es sich hierbei um kleine Plättchen aus Graphen handelte. Der Stoff war der Menschheit schon seit Längerem bekannt, doch eine solche Probe hatte ihr Materialwissenschaftler noch nie gesehen. Außerdem schien es nicht implantiert worden zu sein, was bedeuten musste, dass ihr Körper diese Schutzhaut von selbst gebildet hatte. Wenn man bedachte, welchen Aufwand die Menschen betreiben mussten, um genug von diesem Stoff herzustellen, damit es auch nur für eine Weste reichen würde, war das schon bemerkenswert. Gerade eben trennte der Forscher eine große Schicht dieses Gewebes von dem rechten Arm des Wesens ab, damit seine Kollegen die Widerstandsfähigkeit des Stoffes genauer untersuchen konnten. Als er die Haut und das darunter liegende Schuppengewebe entfernt hatte, fiel ihn etwas Glänzendes im Fleisch des Unterarms auf. Seine Stirn legte sich in Falten und schnell griff er nach einer Pinzette. Ist das eine Kugel, die dich getroffen hat?, fragte er sich, während er das glänzende Etwas mit der Pinzette packte. Es war keine Patrone, nur eine kleine erbsengroße Kugel aus poliertem Metall. Seine Stirn legte sich in Falten. Was ist das denn? Er legte die Kugel in eine Petrischale, die in der Nähe stand, und verschloss sie. Das sollten sich die anderen ansehen. Es war definitiv nichts Organisches, also war es nicht sein Aufgabenbereich. Danach machte sich der Mann wieder an seine vorherige Arbeit und hatte keine Ahnung, dass er soeben auf eine Goldgrube gestoßen war.

    Kapitel 1

    Durch die Wüste

    „Welche ist die höchste Mauer? Das unüberwindliche Hindernis? Die Grenzen, die uns unser Körper auferlegt? Die Mauer, die uns unseren Verstand einschränkt? Oder sind es unsere Gefühle, die uns einkerkern?"

                                                                            Talos von Atlantis, Philosoph

    Craibian stand auf der Kommandobrücke der Phönix und blickte auf den fernen roten Punkt, auf den sie seit einer gefühlten Ewigkeit zuflogen. Der Mars. Benannt nach dem Kriegsgott der alten Römer, sollte er ihnen nun eine Rast nach all dem Kämpfen bieten. Es war über zwei Monate her seit der großen Schlacht zwischen ihnen und den amerikanischen Streitkräften und doch quälten ihn immer noch Albträume. Craibian hatte eigentlich gehofft, alles zusammen mit dem Planeten, der einst seine Heimat gewesen war, zurückzulassen, doch so einfach war das nicht. Sie alle hatten ihre Familien verlassen müssen. Sie hatten fast alle in mindestens einer Schlacht gekämpft und einige hatten gute Freunde verloren. Nicht nur Craibian plagten die Erinnerungen an all das Grauen, das sie erlebt und vor allem verursacht hatten. Fast seine gesamte Mannschaft hatte regelmäßig Albträume. Zum Glück schienen jedoch alle einigermaßen damit klarzukommen und es hatte bisher keinerlei Komplikationen deswegen gegeben. Jeder erfüllte seine Aufgaben gewissenhaft und zuverlässig. Vielleicht auch deswegen, weil sie sonst alle draufgehen konnten, wenn sie sich zu viele Fehler erlaubten. Ihr Raumschiff war ein halbes Wrack. Unvollständig, notdürftig zusammengeflickt und gerade mal so dazu fähig, seine Aufgabe zu erfüllen. Eigentlich hatte Craibian gedacht, die Versorgung der Atlantae würde das größte Problem der Reise sein, doch wie sich in den letzten Wochen herausgestellt hatte, hatte er sich da geirrt. Das Essen wurde seit Beginn der Reise streng rationiert und dadurch war das Recyclingsystem des Schiffes in der Lage, sie quasi auf unbegrenzte Zeit mit Nahrung und Wasser zu versorgen. Zumindest so lange, wie ihre Energievorräte ausreichten. Die Solarfolien des Schiffs konnten gut die Hälfte ihres gesamten Strombedarfs decken, den Rest bezogen sie aus den Energiekristallen, die sie aus ihrer alten Basis gerettet hatten. Die Rationierung hielt sie alle zwar am Leben, doch sie laugte sie auch aus. Da ihre Hülle zahllose Schäden aufwies und ihr Schiff über keine Schilde verfügte, drang überall kosmische Strahlung durch die Hülle und schwächte sie zusätzlich. Zwar konnten die Naniten, die sie alle in ihrem Blut hatten, die dadurch beschädigten Zellen regenerieren, doch es kostete den Körper trotzdem Energie. Die Nanoroboter brauchten immerhin auch Material, um die Schäden zu reparieren. Was sie alle allerdings am meisten auslaugte, war das schwache Magiefeld, welches sie umgab. Magie war die größte Stärke ihres Volkes und ohne das Feld waren sie beim Wirken der Zauber auf ihre eigenen Kraftreserven angewiesen. Craibian fragte sich mittlerweile, wie er es nur ausgehalten hatte, als er noch ein ganz normaler Mensch gewesen war. Es war mittlerweile schon über ein Jahr vergangen, seit plötzlich eine Stimme in seinem Kopf ertönt war und sich als Levitas vorgestellt hatte.

    Levitas war der alte König von Atlantis gewesen, ein Reich, welches vor über 10.000 Jahren untergegangen war. Er hatte sein Bewusstsein in einen kleinen Computerkern transferiert und dieser steckte nun in Craibian. Fast sofort, nachdem eine Drohne den Kern in Craibians Arm geschossen hatte, hatte sein Körper angefangen sich zu verändern. Seine DNS war von den Naniten, die immer noch durch seine Adern trieben, transformiert worden und er hatte nichts davon mitbekommen, bis ihm die ersten Symptome aufgefallen waren. Doch erst Levitas hatte ihm sagen können, was gerade wirklich mit ihm geschah. Er war in einen Atlantae transformiert worden, damit das atlantische Volk wieder auferstehen konnte. Craibian war zuerst skeptisch und misstrauisch gewesen, doch bald schon hatte er die Vorteile erkannt, welche die atlantischen Gene mit sich brachten. Er war immer stärker und schneller geworden, seine geistigen Fähigkeiten hatten sich ebenfalls immens gesteigert, und als Craibian seinen ersten Zauber gewirkt hatte, war für ihn sicher, dass er all das nicht mehr hergeben wollte. Die Kraft, die in ihm gewachsen war, war berauschend gewesen. Danach hatte er mit Levitas’ Hilfe weitere Freiwillige gefunden, denen ebenso einer dieser Speicherkerne implantiert wurde. Jeder Kern enthielt das Bewusstsein eines der alten Atlantae. Nach und nach war so ihre Anhängerschaft immer größer geworden und sie hätten wohl noch eine ganze Weile unentdeckt so weitermachen können, wenn Arieana, die einzige neue Atlantin, die nicht von Craibian oder seinen Anhängern rekrutiert worden war, damals nicht vom CIA entdeckt worden wäre. Levitas, der die Atlantin, die sich in Arieana befand, sehr mochte, hatte Craibian dazu gedrängt, sie zu befreien, und Craibian hatte sich nicht zweimal bitten lassen. Nach seiner und Arieanas nicht gerade unauffälliger Flucht waren die Menschen alarmiert und verängstigt. Sie wurden zusehends misstrauischer und paranoider. Craibian und Arieana hatten sich nach ihrer Flucht in dem alten Bunker versteckt, der den Untergang des alten Atlantis überdauert hatte, und nach und nach waren immer mehr Atlantae zu ihnen gestoßen.

    Als bald offensichtlich wurde, dass die Menschen sie alle auslöschen wollten, hatte Craibian seinem Freund Talon aufgetragen, mit dem Bau des Raumschiffs zu beginnen, auf dem sie sich nun befanden. Es hatte viele Tote gefordert, bis sie schließlich mit der Phönix den Orbit der Erde verlassen konnten. Millionen Menschen waren gestorben und 54 Atlantae mussten in der letzten Schlacht ihr Leben lassen. Craibian hätte sich gerne eingeredet, dass seine Krieger sich des Risikos bewusst gewesen wären oder dass es ein kleines Opfer für ihre Sicherheit gewesen wäre. Die Wahrheit jedoch war, dass sie alle praktisch noch halbe Kinder waren. Niemand von ihnen hatte am Anfang wirklich gewusst, auf was er sich da einließ. Der Älteste unter ihnen war vor einer Woche 22 geworden und die jüngste Atlantin zählte gerade mal 13 Jahre. Er hatte Kinder in die Schlacht geschickt und er hatte dabei keine andere Wahl gehabt. Doch nun waren sie alle in Sicherheit, zumindest vor den Menschen. Jetzt blieb nur noch die Gefahr von Asteroiden, Sonneneruptionen oder einem Versagen der strukturellen Integrität. Sie flogen mit ihrem Schiff durch eine Wüste des magischen Flusses, in der Hoffnung, auf dem Mars eine Oase zu finden, die ihnen neue Energie und neue Ressourcen geben würde. Der Plan war, dort eine vorübergehende Basis zu errichten und sich für die wirklich große Reise zu wappnen.

    „Wie lange noch bis zum Zielpunkt?", fragte Craibian den Steuermann, der gerade Dienst hatte.

    „Noch 52 Tage, 17 Stunden und 42 Minuten", gab dieser seufzend zurück. Craibian hatte die Angewohnheit, diese Frage häufiger zu stellen. Es gab so nicht viel für ihn zu tun. Da er das Bewusstsein des alten Königs von Atlantis in sich trug, hatte er nun sein Amt übernommen und war verantwortlich für alle Atlantae, die ihm folgten. Genauer gesagt, für alle, die es gab, denn auf der Erde lebten jetzt keine Atlantae mehr. Alle Menschenkinder, die sich für die Transformation entschieden hatten, waren ihm gefolgt.

    Die ersten Tage ihrer Reise hatte er damit verbracht, dabei zu helfen, das Schiff so gut wie möglich zu reparieren. Danach hatte er mit seinem Regierungsstab alle möglichen Pläne gemacht, wie es von nun an weitergehen sollte. Das Problem bei diesen Plänen war jedoch, dass vieles davon erst kurz vor der Ausführung richtig planbar war. Also war er momentan zur Untätigkeit verdammt und so stand er auf der Brücke und sah zu, wie ihr Ziel langsam näher rückte.

    Du raubst Luca noch den letzten Nerv, ertönte Levitas’ Stimme in seinem Kopf. Craibian fragte sich nicht zum ersten Mal, wie ein Psychologe wohl diese ganze Sache mit den zwei Persönlichkeiten sehen würde, die sich nun in jedem Atlantae befanden. Zumindest in jedem der ersten Generation, wie sie sie mittlerweile bezeichneten. Die erste Generation bestand aus ehemaligen Menschen, die jene Seelen in sich trugen, welche im alten Atlantis gelebt hatten. Die Atlantae der zweiten Generation hatten kein richtiges Bewusstsein implantiert bekommen, sondern nur eine künstliche Intelligenz, die ihnen alles Nötige beibringen sollte, aber nicht über eine eigene Persönlichkeit verfügte. Erstere, zu denen auch Craibian gehörte, waren mit etwa eins zu fünf in der Unterzahl. Craibian selbst hatte die Idee gehabt, zusätzliche Atlantae zu erschaffen, indem sie weitere Speicherkerne ausgaben, die nur mit einer KI ausgestattet waren. Ohne diese Maßnahme hätte es bei der letzten Schlacht gerade mal 150 Atlantae gegeben, die sich dem Feind entgegen hätten stellen können. So waren es über 800 gewesen. Leider waren die Atlantae der zweiten Generation bei Weitem nicht so stark wie die der ersten. Sie hatten durch die KI keinen anständigen Lehrer für die Magie gehabt und sie taten sich deutlich schwerer damit, auf das magische Feld zuzugreifen. Luca, der gerade das Schiff steuerte, war einer dieser Atlantae. Er beherrschte kaum Magie, doch er war intelligent und er lernte schnell. Aus diesem Grund war er auch einer von nur drei Personen, die die Phönix fliegen konnten. Du könntest doch wenigstens in dein Quartier gehen, da störst du wenigstens keinen, fuhr Levitas fort.

    Das geht im Moment nicht und du weißt auch, warum, erwiderte Craibian unwirsch.

    Warum gehst du ihr aus dem Weg?

    Weil ich wegen dir nicht klar denken kann, wenn sie in der Nähe ist. Craibian teilte sein Quartier unter anderem mit seinem Regierungsstab, zu dem auch Arieana gehörte. Arieana trug das Bewusstsein von Sylvana in sich, für die Levitas zu Lebzeiten starke Gefühle gehegt hatte, auch wenn diese sie nie erwidert hatte. Craibian und Levitas waren miteinander verbunden, sodass er von seinen Gefühlen nicht unberührt blieb. Als Craibian sie zum ersten Mal gesehen hatte, hätte er schwören können, dass er verliebt war.  Er hatte jedoch mittlerweile genug Zeit zum Nachdenken gehabt und war sich nicht mehr so sicher, ob es wirklich seine Gefühle waren. Er und Arieana waren, seit er sie befreit hatte, Freunde geworden und er war glücklich damit. Solange er sich nicht hundertprozentig sicher war, dass es nicht nur Levitas’ Gefühle waren, würde er auch nichts unternehmen, was diese Freundschaft gefährden könnte.

    Wieso glaubst du, dass das nur meine Gefühle sind?, griff Levitas seine Gedanken auf, der sehr gut um seine Zweifel wusste.

    Weil ich sie nur habe, wenn ich an deine Erinnerungen von Sylvana denke und nicht an Arieana.

    Sylvana ist ein Teil von ihr.

    Aber es sind trotzdem zwei verschiedene Personen und ich glaube, nicht einmal du liebst sie wirklich, stellte Craibian trocken fest. Er konnte Levitas’ Empörung über diese Behauptung deutlich spüren.

    Wie kommst du dazu, das zu denken?

    Du hast dir damals ein Idealbild von ihr gemacht, in das du dich verliebt hast, aber die jetzige Sylvana ist nicht mehr so, wie du sie dir vorstellst, fuhr Craibian schonungslos fort.

    Ich glaube kaum, dass du das beurteilen kannst, konterte Levitas wütend. Craibian seufzte.

    Genauso wenig wie du, schloss er und verließ nun doch die Brücke.

    Es hatte wenig Sinn mit Levitas darüber zu streiten. Wie auch Craibian musste Levitas mit der jetzigen Situation leben. Craibian war nicht mehr allein mit seinen Gedanken und Levitas hatte keinen Körper mehr. Sollte er doch denken und fühlen, was er wollte, Craibian würde seinen eigenen Weg gehen. Er musste Levitas’ Meinung akzeptieren und Levitas die seine. Craibian würde nicht versuchen, Arieana näher zu kommen, und dabei blieb es. Es war sowieso nicht die Zeit für eine Romanze. Er würde bald schon genug Probleme damit haben, sein Volk zu führen.

    Auf den Gängen des Schiffs war nicht viel los. Die meisten Atlantae waren in ihren Quartieren und vertrieben sich die Zeit. Zeit ... Auf der Erde war sie ständig knapp gewesen und jetzt war sie das, was sie im Moment im Überfluss besaßen. Auf dem Schiff gab es nicht viel zu tun. Eigentlich genügte eine Besatzung von zwölf Atlantae, um das Schiff zu fliegen und zu warten, und selbst in seinem jetzigen Zustand hätten fünf mehr genügt, um die ausgefallenen oder nicht installierten Systeme zu kompensieren. Die restlichen 800 Atlantae hatten nicht besonders viel zu tun.

    Wenigstens haben sie so genug Zeit, das Geschehene zu verarbeiten, dachte Craibian. Als er vor fast zwei Wochen ein knutschendes Pärchen auf dem Gang überrascht hatte, war es ihm fast wie ein Stück Normalität vorgekommen. Die beiden hatten ihn sofort bemerkt und waren auseinandergesprungen, als wenn sie gerade bei etwas Verbotenem erwischt worden wären. Sie hatten sich entschuldigen wollen, aber Craibian hatte ihnen versichert, dass dies nicht erforderlich wäre. Die beiden glaubten wahrscheinlich, dass wir uns immer noch im Kriegszustand befänden, dachte er schmunzelnd. Auf der Erde hätte er das Ganze vielleicht kritischer gesehen, da jede Ablenkung für die Krieger katastrophal hätte enden können, aber in ihrer jetzigen Situation war etwas Ablenkung wahrscheinlich genau das Richtige. Vielleicht sollten wir mal irgendwelche gemeinsamen Abende organisieren. Eine kleine Party oder so was, überlegte Craibian.

    Wir haben nur ziemlich wenig Ressourcen für ein Fest, gab Levitas zu bedenken.

    Es muss ja nichts Pompöses werden. Einfach nur etwas, wo wir alle zusammenkommen und uns etwas ablenken können.

    Und wo soll so etwas stattfinden?, fragte Levitas skeptisch. Die meisten Räume auf dem Schiff waren Mannschaftsquartiere und die waren viel zu klein für so etwas.

    Vielleicht in der Kantine?, überlegte Craibian. Da passen zwar auch nicht alle rein, aber vielleicht die Hälfte. Wir könnten ja zwei Feiern machen, einmal für die eine Hälfte und einmal für die andere.

    Und was schwebt dir für die Feier so vor? Da musste Craibian passen. Er hatte noch nie eine Party organisiert und hatte dabei sowieso einen merkwürdigen Geschmack.

    Das überlasse ich lieber Filki, meinte er lächelnd. Die kennt sich da besser aus als ich. Filki war ihre Quartiermeisterin und hielt die ganze Truppe seit Wochen bei Laune. Craibian erinnerte sich noch, wie schüchtern sie gewesen war, als sie aufgenommen wurde. Damals war sie ein Menschenmädchen gewesen, das sich in einen Atlantae verliebt hatte und ihn begleiten wollte. Jetzt war sie eine von ihnen und hielt die Ordnung in den Quartieren aufrecht. Ihr Freund Aiden war einer von den Technikern, die Talon unterstellt waren und der beim Bau des Schiffes Glanzleistungen vollbracht hatte. Soweit Craibian wusste, hatten die beiden ihr Einjähriges schon hinter sich. Damit waren sie ihr ältestes, aber bei Weitem nicht mehr das einzige Paar. In den letzten Wochen hatten sich einige Pärchen auf dem Schiff gefunden und Craibian freute das zwar, aber gleichzeitig machte er sich Gedanken, zu was das führen könnte. Streng betrachtet waren die meisten hier noch minderjährig und er fühlte sich für sie verantwortlich. Hätten die meisten nicht schon in der Schlacht getötet und damit sowieso schon Dinge getan und gesehen, die kein Kind hätte tun oder sehen sollen, hätte er wohl versucht, Regeln für körperlichen Kontakt aufzustellen. So hoffte er einfach, dass alle reif genug waren, um sich zurückzuhalten. Zudem war es auf dem völlig überfüllten Schiff schwierig, genug Privatsphäre für mehr als ein paar Küsse zu bekommen. Nicht zum ersten Mal fragte sich Craibian, ob sein Volk überhaupt in der Lage war, Kinder zu bekommen. Immerhin waren sie genetisch transformierte Menschen. Ihre DNS wich etwas von der der alten Atlantae ab und daher konnte es gut sein, dass sich daraus Komplikationen ergaben. Craibian wusste auch nicht, ob all die radioaktive Strahlung, die sie nach dem ersten Nuklearangriff auf der Erde und dem zweiten im Orbit abbekommen hatten, trotz der Naniten nicht doch ihre Spuren hinterlassen hatte. Selbst wenn diesbezüglich alles klappen sollte, war noch die Frage, wie fruchtbar sie überhaupt waren. Bei den alten Atlantae hatte ein Paar manchmal ein ganzes Jahrhundert auf ein Kind warten müssen. Craibian hoffte zwar, dass sie in den nächsten Jahren keinen Zuwachs bekommen würden, aber auf Dauer war ein Volk ohne Nachwuchs ein sterbendes Volk.

    Du denkst schon wieder über Dinge nach, die im Moment noch gar kein Problem darstellen, wenn sie es denn überhaupt einmal tun, wies ihn Levitas zurecht. Craibian seufzte. Levitas hatte recht, es hatte im Moment keinen Sinn, sich darüber den Kopf zu zerbrechen.

    In der Zwischenzeit war Craibian einmal durch das gesamte Schiff gelaufen und stand nun wieder vor dem Eingang zur Brücke. Wenn du da jetzt reingehst und Luca wieder fragst, wann wir endlich da sind, wird er dich umbringen, bemerkte Levitas trocken.

    Und womit?, dachte Craibian lächelnd. Mit Recht. Er drehte um und ging die paar Meter zu seinem Quartier. Auf Knopfdruck öffnete sich die Tür und Craibian trat ein. Drinnen standen acht Betten, von denen zwei belegt waren. In dem einen schlief Cyran, in dem anderen Arieana. Bei ihrem Anblick spürte Craibian wieder Hitze in sich aufsteigen, aber es war nicht mehr als ein warmes Lüftchen. Wann immer die Gefühle in ihm aufstiegen, versuchte Craibian sie sofort niederzuringen, mittlerweile sogar mit Erfolg. Und doch waren sie immer noch da. Erst jetzt fiel Craibian auf, dass Ranora an dem einzigen Tisch in ihrem gemeinsamen Quartier saß und ihn anblickte. Auf dem Tisch lag ein Pad, in dem sie anscheinend gerade noch gelesen hatte. Er ging zu ihr und setzte sich neben seine alte Freundin.

    „Und wie geht’s voran?", fragte Craibian sie leise, damit er die beiden Schlafenden nicht weckte. Ranora war wohl eine der wenigen Personen auf dem Schiff, denen nicht so schnell langweilig werden würde. Viele der Atlantae hatten in der letzten Schlacht einen Kampfanzug getragen, der von Surya entwickelt worden war, und Suryas Bewusstsein wohnte nun in Ranora. Bei der Schlacht waren die meisten dieser hochmodernen Rüstungen mehr oder weniger stark beschädigt worden. Ranora war bisher die Einzige, die sich mit diesen Anzügen auskannte und sie reparieren konnte. Jetzt, da die meisten alle Zeit der Welt hatten, hatte sie sich zwei Lehrlinge genommen und versuchte ihnen alles, was sie wusste, beizubringen, während sie die kaputten Anzüge wieder reparierte. Craibian glaubte zwar, dass die Gefahr, die von den Menschen ausging, nun kaum noch vorhanden war, aber es war besser, wenn sie auf der Hut blieben. Diese Anzüge hatten vielen Atlantae das Leben gerettet, und falls sie noch mal kämpfen mussten, würden sie sie brauchen.

    „Mühsam, aber die beiden machen sich, seufzte Ranora. „Ich werd’ sie in ein oder zwei Tagen selbst an die Anzüge ranlassen, dann bekommen die beiden etwas Praxiserfahrung.

    „Nur keine Eile, ihr habt noch mehr als genug Zeit", meinte Craibian und lächelte gequält.

    „Wie lange dauert es noch mal, bis wir endlich da sind?"

    „Etwa zwei Monate." Ranora schnaufte laut auf. Sie war sichtlich frustriert.

    „Geht das nicht irgendwie schneller?"

    „Talon meinte, wenn wir schneller fliegen, könnte jedes noch so kleine Steinchen da draußen unsere Hülle durchschlagen. Wir haben keine Schilde und die Panzerung ist stark beschädigt", erinnerte sie Craibian an Talons Bericht kurz nach ihrer Flucht von der Erde.

    „Ich weiß, seufzte Ranora, „aber wenn wir nicht bald auf ein stärkeres Magiefeld stoßen, gehen wir noch alle ein.

    „Wir können auch ohne das Magiefeld überleben, stellte Craibian klar. „Es ist nur schwierig, damit klarzukommen. Ranora ballte frustriert ihre Faust und hätte vermutlich damit auf den Tisch geschlagen, wenn sie damit nicht Arieana und Cyran geweckt hätte.

    „Ich fühl mich so schwach und schutzlos", gab sie ohne Umschweife zu.

    „Wie wir alle. Wir haben uns wohl zu sehr an das starke Feld um Atlantis gewöhnt."

    „Und jetzt haben wir alle Entzugserscheinungen?", fragte Ranora und lachte leise. Craibian war so viel Frust von ihr gar nicht gewöhnt. Ranora war für ihn bisher immer das verträumte, fröhliche Mädchen gewesen. Der fehlende Magiefluss schien ihr wirklich zuzusetzen.

    „Du solltest bei deiner Arbeit mal einen Gang zurückschalten, schlug Craibian vor, „etwas mehr Entspannung könnte dir vielleicht guttun.

    „Vielleicht hast du recht." Craibian blickte auf ihr Pad, das auf dem Tisch lag.

    „Was liest du da?"

    „Leifs Forschungsunterlagen zu den Hyperantriebstests. Nicht gerade leichte Lektüre."

    „Warum liest du es dann? Bist du nicht schon ausgelastet genug?"

    „Erinnerst du dich noch an unsere Gespräche über intergalaktische Reisen, die wir vor alldem immer hatten?", fragte Ranora und ihr Gesicht nahm wieder den vertraut verträumten Ausdruck an.

    „Natürlich." Ranora und er hatten viel über die Zukunft philosophiert, bevor Levitas sich mit Craibian verbunden hatte. Sie hatten sich darüber unterhalten, was vielleicht irgendwann einmal möglich sein konnte und wie es sich auf die menschliche Zivilisation auswirken würde. Es waren damals nicht mehr als die Träumereien zweier Kinder gewesen, doch jetzt waren sie beide tatsächlich auf einem Raumschiff und planten, das Sonnensystem zu verlassen.

    „Da drin stehen so viele Antworten auf so viele unserer Fragen. Ich wollte das Universum verstehen, und seit ich eine Atlantae bin, kann ich das vielleicht auch."

    „Du hast zumindest jetzt alle Zeit der Welt", stellte Craibian lächelnd fest. Ranora lachte leise und wandte sich wieder ihrer Lektüre zu. Bisher hatte es noch nie einen Atlantae gegeben, der an Altersschwäche gestorben war. Ihre Körper alterten nur, bis sie völlig ausgewachsen waren, und verharrten dann in der Form eines jungen Erwachsenen. Sie waren quasi unsterblich. Auf der Erde hatte sich Craibian darüber noch keine allzu großen Gedanken gemacht, doch in den letzten Wochen hatte er sich vermehrt gefragt, was er in all der Zeit machen wollte, die er nun vor sich hatte. Sicher, das Universum zu erforschen und zu verstehen, wie alles zusammenhing, klang verlockend, aber es gab auch andere Dinge, die er sich zur Aufgabe machen wollte.

    Als Levitas ihm gesagt hatte, dass er der neue König von Atlantis werden sollte, war er damit überhaupt nicht einverstanden gewesen. Mittlerweile hatte er sich an die Verantwortung gewöhnt und war außerdem der Ansicht, dass er im Moment von ihnen allen am besten dazu geeignet wäre. Er wollte eine Heimat für sein Volk finden und wollte dazu beitragen, dass sie zu der blühenden Zivilisation werden würden, die sie geworden wären, wenn das alte Atlantis vor 10.000 Jahren nicht untergegangen wäre. Früher oder später aber wollte er die Führung abgeben. Die Monarchie war vollkommen überholt und Atlantis sollte ein demokratisches Reich werden. Im Moment brauchten sie aber noch eine klare Führung, die schnell Entscheidungen treffen konnte.

    Craibian?, ertönte Levitas’ fragende Stimme in seinem Kopf.

    Was ist denn?

    Talon meint, er hat die Pläne der neuen Basis fertig und möchte mit dir darüber sprechen.

    Endlich wieder was zu tun, dachte sich Craibian erleichtert. Sag ihm, ich bin gleich bei ihm. Er stand auf und wandte sich an Ranora. „Ich muss los. Talon ist fertig mit seinen ersten Blaupausen."

    „Klingt interessant, meinte Ranora und legte ihr Pad weg. „Ich komm mit. Craibian nickte und machte eine ausladende Geste.

    „Na dann, nach dir."

    Craibian folgte Ranora über zwei Decks bis hin zu einem Lagerraum, in dem sich einer der wenigen Holoprojektoren auf dem Schiff befand. Talon wartete dort schon auf sie und auch Nigel war anwesend. Talon hatte die Hauptverantwortung über alle Systeme des Schiffes und nach ihrer überstürzten Flucht hatte er alle Hände voll zu tun gehabt, damit alles am Laufen blieb. Mittlerweile hatten er und seine Technikercrew genug der Neulinge unterrichtet, so dass diese sich um viele der Kleinigkeiten kümmern konnten. Seitdem arbeitete er unermüdlich an einem Plan, wie sie auf dem Mars eine vorübergehende Basis errichten konnten. Nigel war wohl nur aus Interesse hier, da er als Anführer der Streitkräfte nicht besonders viel mit dieser Aktion zu tun hatte. Sie vier waren alle bereits vor ihrer Transformation zu Atlantae gute Freunde gewesen und mittlerweile waren auch Arieana und Cyran ein Teil des Freundeskreises. Zusammen bildeten sie den größten Teil des Führungsstabes. Nigel als oberster General, Talon als Ingenieur, Ranora als Biotechnikerin, Arieana als Magietechnologin und Cyran als KI-Experte. Der restliche Stab bestand aus Filki, der Quartiermeisterin, und drei Personen, die das Volk der Atlantae vertraten, um deren Interessen bei den gemeinsamen Besprechungen zu wahren.

    „Also, dann zeig uns mal, was du dir ausgedacht hast", rief Craibian seinem alten Freund zu, während er sich zusammen mit Ranora zu dem Holoprojektor begab. Talon nickte und aktivierte den Projektor. Kurz danach erschien ein perfektes, sich langsam drehendes Abbild des Mars vor ihnen.

    „Also, begann Talon, „unser Ziel ist es, eine Basis auf dem Mars zu errichten, auf der wir alle sicher unterkommen und versorgt werden, die Hyperantriebstechnologie weiter erforschen und von der aus wir uns ein neues interstellares Raumschiff bauen können.

    „Wissen wir", rief Nigel dazwischen. Talon verdrehte die Augen, ignorierte Nigel aber ansonsten.

    „Das heißt, wir müssen dort genug Wohneinheiten für alle, ein Sauerstoffrecyclingsystem und einen Biomasserecyceler errichten, zählte Talon auf. „Wir brauchen einen Schutz gegen die Strahlung und gegen Asteroiden und Meteoriten. Also wäre ein Schutzschildgenerator von Vorteil. Außerdem bräuchten wir eine funktionierende Energieversorgung, wenn wir nicht alle unsere Energiekristalle aufbrauchen wollen, und wir brauchen eine Anlage, die Rohstoffe aus der Erde extrahieren kann, damit wir die Basis erweitern und unser neues Schiff bauen können.

    „Klingt nach viel Arbeit", stellte Craibian fest. Talon nickte.

    „Fürs Erste sollten wir uns auf die Versorgung unserer Leute konzentrieren. Wenn wir das Schiff gelandet haben, können wir es nach und nach ausschlachten und damit einen Teil der Basis aufbauen."

    „Können wir nicht weiterhin auf dem Schiff leben?, wollte Nigel wissen. „Dann hätten wir notfalls noch eine Fluchtmöglichkeit. Talon schüttelte den Kopf.

    „Wenn wir die Phönix gelandet haben, werden wir sie wohl kaum noch in einem Stück wieder in den Orbit bekommen. Die Nuklearexplosionen bei unserer Flucht haben die Hülle so stark beschädigt, dass sie unter den rauen Bedingungen auf dem Mars nicht lange standhalten würde." Nachdem sie damals mit der Phönix gerade so die Erdatmosphäre verlassen konnten, hatten die Menschen einen letzten Versuch unternommen, sie zu vernichten, und drei Langstreckenraketen auf sie abgefeuert. Sie hatten zwar mit einem magischen Angriff auf die Raketen die Sprengköpfe frühzeitig zur Detonation bringen können, aber die Phönix war immer noch zu nah dran gewesen. Die Explosionswucht hatte ihr unfertiges Schiff stark mitgenommen und es konnte danach nur notdürftig repariert werden.

    „Also sind wir da gestrandet, bis wir ein neues Schiff bauen können?", fragte Nigel und klang dabei wenig begeistert.

    „Ist das ein Problem?, wollte Ranora mit hochgezogener Augenbraue wissen. „Wir sind hier quasi unerreichbar für die Menschen.

    „Es gefällt mir nur nicht besonders", gab Nigel zu.

    „Wie lange wird es dauern, bis wir unsere Reise fortsetzen können?", fragte Craibian Talon.

    „Das kann ich jetzt unmöglich voraussagen. Es hängt davon ab, wie schnell wir ausreichend Rohstoffe für ein neues Schiff auftreiben können und wie lange wir brauchen, bis wir uns mit dem Hyperantrieb sicher sein können. Immerhin wurde er noch nie mit Lebewesen an Bord getestet."

    „Wenn wir erst mal auf dem Mars sind, haben wir doch genug Zeit, meinte Ranora. „Dort gibt es wahrscheinlich wieder ein stärkeres Magiefeld und wir sind sicher vor den Menschen.

    „Wir wissen nicht, ob das Magiefeld sich auf jedem Planeten so konzentriert wie auf der Erde. Es könnte dort genauso schwach sein wie im Weltall, stellte Craibian fest. „Es ist nur eine Theorie, dass die Felder sich von der Schwerkraft beeinflussen lassen.

    „Im Übrigen dachten wir auch bei unserer letzten Basis, dass wir da sicher vor den Menschen wären", fügte Nigel an.

    Ranora runzelte ungläubig die Stirn. „Sicher, aber auf dem Mars sind wir mehrere Millionen Kilometer von der Erde entfernt. Wenn die Raumfahrt der Menschen keinen Technologiesprung von ein paar hundert Jahren hinlegt, werden sie uns hier nie mit einer schlagkräftigen Armee erreichen können."

    „Wir sollten trotzdem nicht länger hier bleiben als unbedingt nötig, stellte Craibian klar. „Unser Volk braucht einen bewohnbaren Planeten, auf dem es wieder aufblühen kann. Er wandte sich wieder an Talon. „Wenn du schätzen müsstest, wie lange, würdest du sagen, brauchen wir, bis wir weiterziehen können?" Talon atmete tief ein und ließ die Luft in einem langen Seufzer wieder entweichen.

    „Ein, zwei Jahre, vielleicht auch drei. Craibians Augen weiteten sich überrascht. So lange hatte er eigentlich nicht auf dem Mars bleiben wollen. „Höchstens vier, fügte Talon noch an.

    „Das ist sehr lang", stellte Craibian fest. „Der Bau der Phönix hat doch auch nur ein paar Monate gebraucht, warum jetzt so viel länger?"

    „Beim Bau der Phönix haben wir auf sehr viele Systeme verzichtet, die eigentlich notwendig gewesen wären. Waffen, Schilde, Generatoren, einige Triebwerke ...", zählte Talon auf. Craibian winkte ab.

    „Hab schon verstanden, aber verlängern diese Systeme wirklich die Bauzeit so extrem?"

    „Es sind nicht nur diese Systeme, zu denen übrigens auch der Hyperantrieb gehört, stellte Talon klar. „In unserer alten Basis hatten wir so gut wie alle Materialien griffbereit und im Reinzustand, hier müssen wir diese erst fördern und veredeln. Außerdem möchte ich, wenn wir schon mal nicht unter Druck stehen, lieber gleich richtige Arbeit abliefern.

    „Dann sollten wir uns auf jeden Fall auf einen längeren Aufenthalt vorbereiten", stellte Ranora fest.

    „Und wir sollten die Menschen im Auge behalten, fügte Nigel an. „Vier Jahre wären genug Zeit für sie, um einen Angriff auf uns vorbereiten zu können.

    „Sie bringen doch niemals genug Männer hierher, um uns ernsthaft bedrohen zu können."

    „Es sind nicht immer Soldaten erforderlich, um jemanden anzugreifen, Ranora", erinnerte Nigel sie höflich.

    Damit hatte Nigel recht. Während des kurzen Krieges zwischen den Atlantae und den Vereinigten Staaten hatte es nur zwei Angriffe mit Nuklearwaffen gegeben. Das hatte größtenteils daran gelegen, dass diese Waffen eine ziemlich große radioaktive Verseuchung mit sich zogen. Die Menschen hatten immer noch genug Sprengköpfe, um den gesamten Mars einzuebnen, und dort würde die Verseuchung die Menschheit nicht betreffen.

    „Wir sollten auf jeden Fall wachsam bleiben", stimmte Craibian ihm zu.

    „Wie wollen wir die Basis aufbauen, wenn wir erst mal gelandet sind?", fragte Ranora Talon.

    „Mit der Hilfe von etwas Magie und Droiden dürfte die Errichtung der Wohneinheiten relativ schnell vorangehen", meinte dieser.

    „Auf Magie würde ich mich nur ungern verlassen, meinte Craibian. „Wir haben keine Ahnung, wie stark das magische Feld da unten wirklich ist.

    „Und Droiden haben wir auch keine, die haben wir auf der Erde zurückgelassen", fügte Ranora an.

    „Ich bin sicher, Cyran könnte uns ein paar neue konstruieren, bis wir auf dem Mars angekommen sind, stellte sich Talon zuversichtlich. „Und wenn es mit Magie nicht klappt, müssen wir halt mit konventionellen Werkzeugen ran.

    „Dann sollte ich besser die Kampfanzüge etwas modifizieren, wenn wir selbst auf der Marsoberfläche Hand anlegen müssen", stellte Ranora fest.

    „Was stimmt denn mit der bisherigen Variante nicht?, wollte Nigel wissen. „Die sind doch luftdicht, oder? Ranora schaute ihn ungläubig an.

    „Das schon, aber Temperaturen von minus 80 Grad halten sie nicht ab und die Strahlung auch nicht. Du würdest entweder erfrieren oder von der Strahlung gebraten werden."

    „Oh. Ok, das wäre in der Tat nicht so gut", gab Nigel zu.

    „Kannst du die Anzüge denn so einfach daran anpassen?", wollte Craibian wissen.

    „Einfach wird es nicht, aber es geht. Ich installiere einfach auf jedem einen kleinen tragbaren Schildgenerator und bringe an der Oberfläche noch etwas Isolationsmaterial an. Die werden zwar dann etwas schwerer und unbeweglicher, aber das dürfte bei den Arbeiten hoffentlich kein Problem darstellen."

    „Auf die Gefahr hin, dass ich mich lächerlich mache, aber warum hatten die bisher denn keine Schilde, wenn das so einfach ist?, fragte Nigel irritiert. „Wir hätten die gut bei unseren Kämpfen auf der Erde gebrauchen können.

    „Weil Energieschilde sehr viel Energie benötigen, wenn man mit Gewehren auf sie schießt, erwiderte Ranora und betonte dabei jedes Mal das Wort Energie. „Die internen Energiespeicher wären ziemlich schnell leer gewesen.

    „Aber jetzt nicht?"

    „Strahlung abzuhalten ist wesentlich einfacher."

    „Also dann rüstet Ranora ein paar der Anzüge auf und Cyran baut ein paar Droiden, fasste Craibian zusammen. „Ist sonst noch was zu tun, während wir noch durchs All fliegen?

    „Nichts, was für den Aufbau der Basis von Bedeutung wäre und wir jetzt schon machen können", meinte Talon, nachdem er kurz überlegt hatte. Craibian seufzte innerlich. Er hatte gehofft, irgendeine Aufgabe für die restlichen 50 Tage zu haben, doch so wie es aussah, würde er so weitermachen müssen wie bisher.

    „Ich glaube, du verstehst nicht, was sie durchgemacht haben", unterbrach Kira Craibian aufgebracht. Er saß im Konferenzraum der Phönix, zusammen mit dem halben Führungsstab. Nur Ranora, Talon und Cyran fehlten. Sie waren alle zu sehr mit ihren Aufgaben beschäftigt, als dass sie bei den Sitzungen teilnehmen konnten. Zumindest sagten sie das und Craibian wünschte sich, er könnte das Gleiche behaupten. Doch leider war es seine Aufgabe, bei allen Treffen des Führungsstabes anwesend zu sein.

    „Wir haben alle das Gleiche durchgemacht, Kira, ich glaube, ich weiß ganz gut, wie’s ihnen geht", teilte er Kira, einer der drei Sprecherinnen, die die Atlantae gewählt hatten, mit. Sie und ihr Bruder Halef vertraten bei den Sitzungen die Atlantae der zweiten Generation.

    „Nein, das weißt du nicht. Sie sind nicht wie du, widersprach Kira und machte sich im Gegensatz zu Craibian nicht die Mühe, ihre Lautstärke auf ein normales Maß zu reduzieren. „Du hattest nach all dem Blutvergießen einen Freund, der dir beistehen konnte, der dich ganz genau kannte und dir geholfen hat, das Grauen zu verarbeiten.

    „Wir alle haben Freunde, konterte Craibian. „Wir sind immerhin alle erst durch diese zu den Atlantae gestoßen.

    „Ich rede von Levitas", fuhr Kira ihn an.

    „Reiß dich zusammen, Kira, wies Nigel, der rechts neben Craibian saß, sie scharf zurecht. „Du redest immer noch mit dem König. Kira wurde rot und schaute betreten zu Boden.

    „Schon gut, Nigel", flüsterte Craibian seinem alten Freund zu. Er wollte nicht, dass ihn die Leute mit Samthandschuhen anfassten, nur, weil er Levitas’ alten Platz übernommen hatte. Kira holte tief Luft und setzte erneut an, diesmal jedoch wesentlich beherrschter.

    „Wir Zweitler haben nur eine einfache KI in unserem Kopf, die uns einiges beibringen konnte, aber sie kann uns nicht helfen, diese traumatischen Erfahrungen zu überwinden. Sie kann uns nicht sagen, was richtig und was falsch ist, oder uns zurechtweisen. Wir müssen selbst mit unseren Taten klarkommen und

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1