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Blick zurück in Liebe: Meine erotischen Erinnerungen von Anja bis Zoé
Blick zurück in Liebe: Meine erotischen Erinnerungen von Anja bis Zoé
Blick zurück in Liebe: Meine erotischen Erinnerungen von Anja bis Zoé
eBook325 Seiten4 Stunden

Blick zurück in Liebe: Meine erotischen Erinnerungen von Anja bis Zoé

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Über dieses E-Book

Er ist der Bär. Aber sein Fell ist ergraut. Er hat sein Leben gelebt. Als Musiker, Maler, Manager und Lebenskünstler hat es ihn durch die Welt getrieben, immer auf der Suche nach der großen und einzig wahren Liebe. Viele Frauen haben sein Lager und sein Leben geteilt, jede hat auf ihre Weise Narben in seinem Herzen hinterlassen.
Erinnerungen, oft bruchstückhaft, quälen ihn und er beschließt, mit sich selbst reinen Tisch zu machen, indem er diese Reflexionen der Weiblichkeit zu Papier bringt. Chronologisch lassen sich die Gedanken nicht erfassen, aber an die Namen zu Gesichtern, Körpern und Gefühlen findet er noch Zugang. Und so beschreibt er, in teils sehr erotischen Worten, eine amouröse Wanderschaft, die ihn von der Drogistin Anja aus Wien über die Cyberliebe Brigitte aus Köln, Françoise, der Winzertochter aus dem Burgund, Larissa, der russischen Professorin, Mieko, dem Topmodell aus Japan, bis zu Zoé, der Kubanerin in Paris, führt.
Aber er ist kein Casanova, kein Frauenheld, sondern einfach ein Glückspilz, dem nicht zuletzt wegen seiner Anpassungsfähigkeit an die Situation, seinem feinfühligen Kunstsinn und seinem Verständnis für das ewig lockende Weib die Gabe eines wirklichen „womanizers“ zuteil wird.
Der Bär läßt uns in dieser fiktiven Biographie in manchmal humorvoller und manchmal trauriger Form teil haben an Stationen, die vom „ersten Mal“ bis zum Erklimmen des Ehethrons reichen und dabei sechsundzwanzig unterschiedliche Facetten weiblicher und kultureller Vielfalt aufblitzen lassen.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum14. Feb. 2012
ISBN9783941695030
Blick zurück in Liebe: Meine erotischen Erinnerungen von Anja bis Zoé

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    Buchvorschau

    Blick zurück in Liebe - Wolfgang Weninger

    Wolfgang Weninger

    Blick zurück in Liebe

    Meine erotischen Erinnerungen von Anja bis Zoé

    Verlag Thomas Biedermann

    © Copyright 2002 bei Verlag Thomas Biedermann, Hamburg info@buch-schmie.de

    Alle Rechte vorbehalten

    Schrift: RotisSerif 9/10,8

    Photos des Buchumschlags: www.lukemarvin.de

    ePub-Erstellung: Thomas Biedermann

    ISBN 978-3-941695-03-0

    Alpha und Omega … Anfang und Ende

    Die Gedanken streiten sich in meinem Kopf. Während sie ihren Kampf ausfechten, liege ich auf dem Laken, werfe mich unruhig zwischen den Polstern hin und her, im steten Versuch einerseits der aufkommenden Kälte durch Zuhilfenahme einer Decke zu entkommen und andrerseits den zyklisch auftretenden Hitzewellen durch Hinwegtreten eben dieser Decke entgegen zu arbeiten. Dem Bären in mir verlangt nach einer Tastatur, der Kopf ist voll, die Worte wollen heraus, dem Ich außerhalb des Kopfes ist der Offenba­rungs­drang nicht suspekt und es gemahnt zur Zurückhaltung.

    Wie oft habe ich den Anlauf schon genommen, all das, was mich zum Bären werden ließ, zu Papier oder doch eher zu Bits and Bytes werden zu lassen. Wie viele Anläufe wanderten bereits stapelweise in den Rundordner Numero 17 oder das virtuelle Entsorgungsicon meines Desktops? Immer wieder stellt sich die Frage, Alpha und Omega, wo begann es und wo endet es.

    Der beklemmende Gedanke, dass eine solche Rückblende eines Nobodys keine Sau hinter dem Ofen hervor locken könnte, ist schon lange weit vom Tisch gefegt. Wenn ich schreibe, schreibe ich nicht für dich. Oder bilde ich mir das nur ein? Meine eigene Abrechnung mit einem Leben voller Scheiß und voller Liebe will ich machen, doch wofür? Es ändert heute nichts mehr. Manches Mal trifft mich der Aspekt, dieses Leben ist aus und vorbei, eingeschlossen in ein Korsett der Biederkeit, umhüllt von einer Kunststofffolie aus unechter Leidenschaft und zugeknüpft mit den Ketten des Familienle­bens. Da zerrt die Verantwortung für die Lieben auf der einen Seite und der Drang nach Leben auf der anderen Seite und inmitten bin ich das Kind, das sehnlichst auf die Entscheidung Salomons wartet, doch dieser schweigt, genauso von seiner Weisheit im Stich gelassen, wie ich, wiewohl es mit meiner Weisheit noch nie weit her war, denn mein Leben basiert auf Gefühlen. Emotionen aller Couleur haben mein Leben geprägt und mich vom kleinen Steirerbuben mit der Fasanenfeder am Hut zum Bären werden lassen, dessen Höhle ein virtueller Spielball voller Eitelkeiten geworden ist.

    Soll ich das Pferd vom Schwanz her aufzäumen? Soll ich bei Omega beginnen? Das Ende?

    Nein, dazu bin ich zu sehr Optimist! Das kann noch nicht alles gewesen sein, da muss es noch etwas geben, das die zweite Hälfte meines Lebens lebenswert werden lässt. Natürlich, ich habe eine Aufgabe, der ich ausgesprochen gerne nachkomme, weil ich früher schon immer meine Pflicht in der Schaffung einer geordneten Familie sah, eingebettet in ein solides Gerüst aus Liebe und Versorgung. Aber dieses Gerüst ist das störende Beiwerk, das verhindert, so zu leben, wie man es manchmal als frei empfindet.

    „Auf und davon, und versteck dich irgendwo, wo dich keiner finden kann, doch es fehlt dir die Kraft und du bist immer noch da."

    Dieser Satz ist nicht von mir. So formulierte es Reinhard Fendrich, aber es trifft doch haargenau ins Schwarze. Die Kraft, alle Ketten der Verantwor­tung zu sprengen, wird durch die Kraft, welche die Ketten der Liebe zu meiner Frau und meinen Kindern halten, egalisiert. Und ich bin immer noch da … und träume davon, dass dies noch nicht das Ende sein kann.

    Alpha, Anfang … jetzt zu wissen, wo es wirklich begann, ist das Schwers­te überhaupt. Am Tag meiner Geburt? Am Tag des ersten Ausscherens aus der Gemeinschaft, des ersten unangenehmen Auffallens, der Darstellung einer werdenden Persönlichkeit? Der erste Kuss? Die erste Nacht mit einer Frau? Das erste Aufbäumen und sich selbst vergessen? Der vermeintliche Ausbruch aus dem, was wir damals respektlos Establishment schimpften, und dem ich heute genauso angehöre, in dem ich genauso mein Mäntelchen nach dem Wind hänge, und zu dem ich heute sage, gut, dass es so ist? An welchem Tag hat mein Leben wirklich begonnen? Oder war es schon tot, bevor ich mich selbst am Schopf aus dem Sumpf zog, in dem ich heute wieder ersti­cken soll? Wie kurz darf eine Geschichte sein, ohne alles weg zu lassen, das nicht dazu gehört und wie lang soll die selbe Geschichte sein, ohne jeden warmen Furz zu beschreiben, der keinen, nicht einmal mich, noch interessiert? Fragen über Fragen, immer wieder, und die Antworten brechen über mich herein, erschlagen mich, sortieren sich nicht, sondern verlieren sich wie Mikadostäbchen in unendlich bunten, aber sinnlosen Ergebnissen, die mich nicht befriedigen, sondern weitere Fragen aufwerfen, die weitere Antworten hervor rufen, und ob nun Sisyphos oder Thantalus, die Qualen eines nicht enden wollenden Auftrages, den niemand erteilt hat, werden zu innerer Unruhe. Ich will schreiben, ich will ausmisten. Mein Augiasstall bedarf dringender Reinigung, vielleicht?

    Vielleicht, wenn hier wieder Platz ist in meinem Inneren, wenn jeder überflüssige Ballast über Bord geworfen ist, vielleicht ist dann wieder ein Bärenherz offen für Neues, für Aufregendes, für dich und deine Welt, ohne mich und meine Welt eliminieren und vergessen zu müssen. Schublade für Schublade heraus reißen, säubern und den Inhalt recyceln oder verbrennen. Das ist ein Vorhaben, dem ich schon oft mit Optimismus gegenüber getreten bin, aber noch nie kam ich bis zur letzten Lade, denn die Müllhalde erinnert an eine Favelha in einer südamerikanischen Stadt. Müll, Müll und noch einmal Müll und zugleich ein Quell des Lebens, für die, die davon zu leben wissen.

    Vielleicht ist hier der richtige Ort? Jeder Buchstabe eine Aufforderung, jeder Buchstabe eine Erinnerung, jeder Buchstabe ein Aufhänger für die Seele.

    A wie Anfang … einen Versuch ist es wert, auch wenn es am Ende O wie Omega oder G wie gescheitert heißt.

    A wie Anja

    Und wieder stehe ich vor der Auslage des Kaufhauses und gucke durch die Scheibe ins Innere. Seit Tagen schon führt mich mein Weg zielstrebig hierher, um mich selbst von des Tages Mühe und Plagen mit diesem Blick zu belohnen. Nicht immer habe ich Glück. Aber heute ist sie wieder da. Sie, deren Anblick mir einen wohligen Schauer über den Rücken laufen lässt und die mich zum ersten Mal in meinem Leben zu einem unsicheren Trau-mich­nicht degradiert. Bis jetzt habe ich es noch nicht gewagt, hinein zu gehen und Sie anzusprechen. Aber heute habe ich mir vorgenommen, mein Glück zu versuchen.

    Sie sieht meiner Traumfrau nur zu ähnlich. Seit Jahren schwärme ich von Ornella Muti und wenn es irgendwo die Chance gibt, einen Film mit ihr zu sehen, dann ergreife ich sie. Die Kombination aus Schönheit, Eleganz, Köpf­chen und Ausstrahlung hat es mir angetan und hier durch das Schaufenster lacht mir ihr Ebenbild entgegen. Allerdings um einiges jünger und garantiert nicht so unerreichbar, vor­aus­ge­setzt ich werde meinem plötzlich auftretenden Herzklopfen Herr und schaffe es endlich einmal, meine Schritte ins Innere zu lenken.

    Ihr Arbeitsbereich ist die Drogerieabtei­lung. Dass man hier nur junge und hübsche Frauen einsetzt, ist wohl in jedem Großkauf­haus der Welt ersichtlich, aber sie überstrahlt alle anderen Kolleginnen mit ihrer Anmut und vor Allem habe ich Sie noch nie ohne dieses bezaubernde Lächeln gesehen, bei dem auch ihr blendend weißes Gebiss mit diesem breiten Spalt zwischen den oberen Schneidezähnen so stark an das Original erinnert.

    Ich nehme meinen restlichen Mut zusammen und durchbreche die Schallmauer vor meinem Kopf. Ich muss ein unheimlich dämliches Bild abgeben, wie ich mit weichen Knien durch die Stellagen mit Kosmetika und Accessoires stapfe. Rundum nur weibliche Kundinnen und ich fühle mich beobachtet und ertappt, als wäre ich gerade irrtümlich auf der Damentoilet­te gelandet.

    Wo ist sie? Gerade eben war sie noch dort vorne mit einer Kundin. Verloren besehe ich mir Verpackungen, greife hin und wieder nach einer, studiere den Preis und stelle wieder zurück.

    „Kann ich Ihnen vielleicht helfen?"

    Gemeinheit, sich von hinten an mich heran zu pirschen. Als ich mich zu der Stimme in meinem Nacken wende, muss mir der Schrecken wohl gehörig die Gesichtszüge entgleisen haben lassen, aber da stand sie.

    Es ist immer wieder erstaunlich, wie viele Details man sich im Bruchteil einer Sekunde einprägen kann Während ich mir noch diesen wunderbaren, zart rauchigen Unterton ihrer Stimme auf der Zunge zergehen lasse, wie einen Schluck milden Single Malt Whisky, konstatieren meine Augen Blick­kon­tak­te zu einem Augenpaar, dessen Pupillen unterschiedliche Färbung aufweisen. Aus dem linken Auge blickt es mir kastanienbraun entgegen und aus dem rechten Auge werde ich mit graugrüner Pupille betrachtet. Irgend­wie sieht das anders aus. Ich bin gezwungen, ihr in die Augen zu sehen. Es hat den Effekt, als würde sie schielen, doch es wirkt nicht störend, sondern anziehend und während ich mir ihr Gesicht verinnerliche und fotografisch einpräge, versucht mein irritiertes Gehirn gleichzeitig, eine halbwegs vernünftige Antwort auf ihre Frage zu finden.

    „Ich suche einen Duft!", viel mehr kann ich jetzt nicht stammeln, krampfhaft bemüht, mich von ihrem Antlitz mit den langen braunen Haa­ren, die im Neonlicht der Vitrinen rötlich schimmern, los zu reißen.

    „Dame oder Herr?"

    „Für mich!"

    „Dann muss ich Sie ein Stück weiter bitten", fordert sie mich mit einer einladenden Handbewegung auf, ihr zu folgen. Während sie in ihrem hell­beigen Hosenanzug kehrt macht und vor mir her wandelt, habe ich Muse, ihren schlanken Körper mit den wohlgerundeten Formen aus der Nähe zu bewundern. Mit einer natürlichen Eleganz streift sie die Haare über die Schulter, ihre zierlichen, langen Finger sind ohne Ring.

    „Was haben Sie sich denn so vorgestellt? Soll es ein junger, sportlich dynamischer Duft sein? Oder ein leicht herber, dezent männlicher Geruch?"

    „Na ja. Wenn Sie mich so fragen, dann sollte der Duft wohl eher eine romantische, verträumte, aber auch eine spitzbübisch, agile Note haben. Aber ob es so was überhaupt gibt?"

    Sie musterte mich eingehend, auf ihrer Stirn erschien eine leichte Denkerfalte und sie legte ihren Zeigefinger nachdenklich an den rechten Nasenflügel.

    „Ja, irgendeinen passenden Duft gibt es wohl für jeden Charakter, aber das, was Sie suchen, scheint ein beschwingter Duft zu sein, der dennoch eine starke, sinnliche Komponente enthält. Das schließt sich irgendwie gegenseitig aus. Bei Frauen ist diese Kombination eigentlich gang und gäbe, aber den Männern traut man sichtlich nicht zu, beides zu sein. Aber ich glaube, ich habe das Richtige für Sie. Allerdings ist das Produkt noch gar nicht richtig auf dem Markt, wir haben bis jetzt nur kleine Musterserien hier, die aus einem Komplettset bestehen, das Duschgel, After Shave Balsam und Eau de Toilette enthält. Ich habe nicht einmal eine Duftprobe hier, aber ich könnte mir vorstellen, dass das etwas für Sie wäre. Und das Probierset hat auch einen stolzen Preis, also wenn Ihnen das zu viel ist?"

    Sie hält mir ein kleines, kardinalrotes Päckchen hin, auf dem sich zwei gold-schwarze Buchstaben ineinander schlingen und der Preis, den sie mir verschämt errötend zeigt, ist nicht nur kräftig gesalzen, sondern sprengt auch den Rahmen des Budgets, das ich eigentlich veranschlagt hatte, gewaltig. Offensichtlich hat sie mein krampfhaftes Schlucken bemerkt, denn sie sieht mich mit leicht geneigtem Kopf fragend an.

    „Wir finden aber auch sicher etwas Billigeres?"

    „Nein, nein, das geht schon in Ordnung. Ich habe nur nicht genügend Bares bei mir. Sie nehmen aber doch sicher auch Kreditkarte?"

    „Selbstverständlich! Und wenn es Ihnen nichts ausmacht, dann reiße ich schnell die Verpackung etwas ein und kann Ihnen für die beschädigte Ware noch zehn Prozent Nachlass geben", fügt sie verschmitzt hinzu und geht vor mir zur Kasse, wo ich die Kreditkarte zücke und ihr überreiche.

    „Oh, Sie haben aber einen netten Namen, der passt ja geradezu genial zu Ihnen. Ich habe noch nie einen Mann gesehen, der Bär heißt und auch so aussieht."

    Dabei kichert sie leise, wie ein kleines, neckisches Schulmädchen und sieht dabei noch jünger und bezaubernder aus, als zuvor. Am Liebsten würde ich sie in die Arme nehmen, so warm wird mir ums Herz, aber statt dessen nehme ich nur meine Karte wieder in Empfang und ein Säckchen mit dem neuerworbenen Herrenpflegeprodukt.

    „Ja, mit diesem Namen bleibt ja keine andere Wahl, als bärig auszusehen, und kein Mensch nennt mich bei meinem Vornamen, ich bin nun mal für alle der Bär", schmunzle ich mit ihr.

    „Wenn Sie einmal Zeit haben, kommen Sie doch vorbei und erzählen Sie mir, was Sie davon halten. Ich bin wirklich neugierig, denn ich kenne den Duft auch noch nicht. Eigentlich sollte ich Ihnen das ja nicht gestehen, aber auf Grund der Produktbeschreibung könnte das wirklich etwas für Sie sein."

    „Ich hätte da eine Idee. Wenn Sie heute mit mir zu Abend essen gehen, komme ich frisch geduscht und eingehüllt in diesen Duft und dann dürfen Sie testschnuppern. Wie wäre es mit einem griechischen Abend an der Copa Cagrana unter Lampions und Laternen mit Blick aufs Wasser?"

    Da reitet mich wieder einmal der Teufel, denn so draufgängerisch wollte ich doch gar nicht sein und irgendwie verblüfft bleibt ihr der Mund für eine Sekunde offen. Der Blickkontakt wird für Sekundenbruchteile intensiv und schwer. ihre Lider senken sich und es hat den Anschein, als würde eine leichte zartrosa Färbung über ihre Wangen huschen.

    „Ich habe heute noch bis 18 Uhr Dienst. Danach muss ich kurz nach Hause, meine Katze versorgen, aber so gegen 20 Uhr können wir uns treffen. Wie wäre es an der U-Bahn-Station Kagran?"

    Sie sagt wirklich zu! Damit hatte ich eigentlich nicht gerechnet, eher hat­te ich an eine massive Abfuhr gedacht. Ganz perplex bestätigte ich Uhrzeit und Ort und machte auf dem Absatz kehrt.

    „Ich heiße übrigens Anja!", rief sie mir noch lachend nach, als ich mit noch wackligeren Knien hinaus trottete, als ich vor wenigen Minuten herein gekommen war.

    Wer je gesehen hat, wie tollpatschig sich ein glücklicher Tanzbär dreht, der kann ermessen, wie ich mich fühle. Kaum bin ich in meiner Wohnung, reiße ich mir die Kleider vom Leib, fetze die Verpackung auf und schwinge mich unter die Dusche. Das Tubchen mit dem Duschgel wird geöffnet und während ich meinen nassen Körper damit einschäume, ergießt sich ein Duft durchs Bad, den ich als ausgesprochen erotisch definiere. Anklänge an Sandelholz und Moschus, mit einem leichten Hauch Limone und Meersalz strömt in meine Nasenlöcher, und vielleicht ist auch ein Hauch Vanille oder Veilchen dabei. Nicht zuviel, als das es süß wirken könnte, aber doch genug um den säuerlich frischen Fruchtduft zu mildern.

    Von diesem Geruch bin ich regelrecht begeistert und stehe länger als gewöhnlich im Bad herum. Aber ich habe ja noch mehr als genug Zeit und so pflege ich mein schulterlanges Bärenfell, rasiere und faconniere meinen Bart, um auch gleich After Shave und Eau de Toilette zu testen. Entgegen meiner Gewohnheit verbringe ich Stunden vor dem Kleiderschrank, um von Unter­wä­sche bis Oberbekleidung perfekt gestylt zu sein. Ich komme mir zwar vor, wie eine weibliche Witzzeichnung, die den ganzen Kasten voll mit Nichts zum Anziehen hat, entscheide mich dann aber doch für weinrote Boxershorts, ein weinrotes Seidenhemd und den silbergrauen Seidenanzug, den mir ein Schneider in Thailand auf den Körper gebastelt hat.

    Fragt mich besser nicht, wie viele Blicke ich im Spiegel riskiert habe, bis ich einigermaßen mit mir zufrieden war. Eitelkeit ist eben doch nicht nur eine Sache für Frauen, aber wer Eindruck schinden will, dem bleibt die Prozedur nicht erspart.

    Schon eine Stunde vor dem vereinbarten Zeitpunkt schwinge ich mich ins Auto, fahre nach Kagran und stelle den Wagen auf dem Park & Ride-Platz ab. Jetzt heißt es warten, warten, warten und die Nervosität wird immer größer, aber auf die Beruhigungszigarette verzichte ich, denn ich weiß ja noch nicht, ob es sie stören würde.

    Je näher der Minutenzeiger sich der Zwölf nähert, umso aufgeregter wandere ich auf und ab, blicke pausenlos auf die Uhr und lasse die Türen zur U-Bahn-Station nicht aus den Augen, genauso wenig, wie die Rolltrep­pen, die vorbeifahrenden Straßenbahnen und Autobusse. Ich habe ja leider in meiner Hektik vergessen zu fragen, von wo sie eigentlich kommt und der Platz hier ist ob seiner Personenfrequenz denkbar ungünstig. Und dann kommt ja noch die Frage, ob sie wirklich erscheinen wird. Es wäre nicht das erste Mal, dass ich sitzen gelassen werde, aber mit so etwas lernt man zu leben.

    Und dann tippt mir von hinten jemand auf die Schulter.

    „Hallo, du guckst in die falsche Richtung!"

    Sehe ich aus wie ein Mondkalb? Sie ist da, sie duzt mich und ihr Ge­schmack hat offensichtlich die selbe Wahl getroffen, wie ich. In ihrem silbergrauen Zweiteiler und der weinroten Bluse steht sie vor mir, als hätten wir auch die Bekleidungsvorschrift verabredet. Sie muss genauso lachen, wie ich, kein Wunder, denn damit konnte wirklich niemand rechnen, dass wir in der Kleidung wie eineiige Zwillinge aussehen.

    „Ich packe es nicht!, kichert sie vor sich hin, hakt sich bei mir unter und meint jovial: „Also, dann, los geht’s! Ich habe Hunger, wie ein Bär! Ach nein, das klingt aber jetzt wirklich dumm.

    „Nein, das passt genau, denn mir hängt der Magen auch schon in den Kniekehlen. Lass uns schleunigst die U-Bahn nehmen, damit wir dem Hun­ger ein Ende bereiten."

    Es sind ja gottlob nur drei Stationen und nach fünf Minuten Fußmarsch haben wir schon den Griechen erreicht und suchen uns einen Tisch im Frei­en, nahe am Wasser, wo sich die Lampions und Laternen spiegeln, aber auch nicht zu weit von der elektrischen Stechmückenfalle entfernt. Aus dem In­neren des Lokals ertönt Musik von Georges Moustaki unter Bouzoukiklän­gen. Leise summt Anja mit, während uns ein südländischer Kellner die Karte bringt.

    „Ich habe noch nie griechisch gegessen. Kannst du mir etwas empfehlen?", fragt mich Anja etwas unsicher.

    „Was isst du denn gerne? In der griechischen Küche ist eigentlich alles zu Hause, was in einen Topf passt, von Gemüse über Fleisch, Geflügel, Fisch, bis hin zum süßen Nachtisch."

    „Ich bin überhaupt nicht heikel. Mal abgesehen von Innereien, wie Hirn und Nieren usw., esse ich alles gerne."

    „Dann lass uns doch auch alles essen. Wir futtern einfach die Speisekarte von oben bis unten durch, was Küche und Keller gerade frisch hergeben."

    Ich deute dem Ober und bestelle ein mehrgängiges Degustationsmenu mit verschiedenen Speisen und den passenden Getränken dazu. So etwas habe ich hier schon einmal gemacht, damals war allerdings ich der Gast eines Geschäftsfreundes und musste nicht bezahlen. Heute sieht dies anders aus und als mir der Kellner leise den Preis pro Person flüstert, überschlage ich kurz in meinem Gehirn, dass ich mich mit dem Betrag normalerweise locker vierzehn Tage gut genährt über die Runden bringe. Aber so ein Abend, wie heute, ist es wert, und diese Frau an meinem Tisch würde ich auch für das Fünffache bewirten und es wäre mir wahrscheinlich in dieser Situation überhaupt kein Preis zu hoch gewesen.

    Während wir also die diversen Vor-, Haupt- und Nachspeisen in einem stundenlangen Szenario mit verschiedenen griechischen Weinen und Spirituosen und einem abschließenden Kaffee in uns füllen, wird das hervorragende Essen immer mehr zur Nebensächlichkeit. Zu sehr sind wir damit beschäftigt, uns zu beschnuppern und dies sogar im wahrsten Sinn des Wortes.

    „Ist dir eigentlich der Duft aufgefallen, den du mir heute so sündhaft teuer verscherbelt hast?"

    Sie beugt sich zu mir, schnuppert an meiner Wange und haucht mir ein Küsschen darauf.

    „Aber sicher doch! Schon in der U-Bahn, als ich neben dir saß, habe ich darauf geachtet. Nur hier, wo der Geruch vom Grill so intensiv ist, wird der Hauch übertüncht. Aber ich finde es gut, dass du nicht in der Parfumflasche gebadet hast. Die meisten Männer nehmen entweder Billigwasser oder zuviel, oder noch schlimmer, sie schütten sich zuviel Billigduft über ihren Körper und das ist noch schlimmer, als gar kein Geruch. Für mich ist das dann immer wie eine Ohrfeige, denn ich habe ja tagtäglich damit zu tun. Doch dieser Duft wirkt auf mich anziehend, denn er hüllt dich nicht in eine Wolke, sondern verstärkt einfach das Gefühl, dass du gewaschen, sauber und frisch bist. Und dann passt er auch noch großartig in die Nacht, weil er leicht exotisch und geheimnisvoll wirkt, wie das Versprechen, dass etwas Zauberhaftes passiert. So als würde ich in der Wüste sitzen, unter einem sternenklaren Himmel und dann schwebt aus dem Mondlicht ein fliegender Teppich herab, auf dem ein Prinz sitzt, der mich mitnimmt und mir alle Geheimnisse aus tausend und einer Nacht erzählt. Quatsch, ich rede Unsinn, das liegt wohl an dem tollen Essen und den starken Getränken."

    „Aber nein, du redest keinen Unsinn! Das zeigt mir nur, wie viel Romantik und Phantasie in dir steckt. Ich finde es ausgesprochen schön, wenn du deine Empfindungen auch in Worte fassen kannst. Es ist doch langweilig, wenn man auf die Frage, wie etwas riecht oder schmeckt oder aussieht, als Antwort nur ein gut, schön oder megaaffenobergeil zu hören bekommt."

    Einen Moment schweigt Anja, dann legt sie ihre Hand auf meine und sagt: „Mir wäre jetzt nach einem Spaziergang zumute. Ich habe einfach zuviel gegessen und getrunken. Was hältst du davon?"

    Und ich bin ganz ihrer Meinung. Ich zahle und dann brechen wir auf. Wie selbstverständlich nehme ich ihre Hand und wir schlendern am Ufer entlang, entfernen uns von der lauten und grellen Restauration- und Disco­zo­ne. Schweigend spazieren wir Hand in Hand unter immer seltener werdendem Laternenlicht und immer stärker schimmerndem Mondschein da­hin. Keiner von uns beiden sieht auf die Uhr und irgendwann ist der Weg zu Ende und zwingt zur Umkehr.

    „Ich möchte noch viele Abende so mit dir durch die Nacht laufen", höre ich mich sagen.

    „Wenn du mich nicht bald in den Arm nimmst und küsst, war es dein letzter Abend mit mir", ist ihre Antwort und sie drängt sich an mich, hebt mir ihr Gesicht entgegen und ihre Lippen leuchten mir einladend entgegen. Ich lege meine Arme um ihre Schultern, ziehe sie fester an mich, lege zart meine Lippen auf ihre und liebkose leicht mit meiner Zungenspitze ihre Un­ter­lippe. Aber jetzt sind keine Halbheiten gefragt. Ihre Brust schmiegt sich an meine und ihr Mund öffnet sich, dass sich unsere Zungen treffen können und ihr Spiel in einem langanhaltenden Kuss einmal forsch und verlangend, dann wieder zart und hingebungsvoll, treiben. Als wir beide keinen Atem mehr haben, lösen wir unsere Münder und sehen uns, so gut es in dieser Dunkelheit geht, in die Augen, beide mit einem wissenden Lächeln.

    Als ich sie noch einmal an mich ziehen will, legt sie mir ihre Hand vor den Mund.

    „Laß diesen Kuss erst einmal wirken. Du bist mit deinem Teppich gelandet, aber wir wollen die Reise nicht überstürzen. Komm, gehen wir. Wir haben uns ganz schön weit von der U-Bahn entfernt."

    Arm in Arm schlendern wir in zügigem Tempo zurück. Fahren an unseren Ausgangspunkt zurück und als ich ihr anbiete, sie nach Hause zu füh­ren, lehnt sie ab.

    „Nein, versteh’ mich nicht falsch, aber ich möchte jetzt gerne alleine sein. Ich muss diesen Abend erst einmal richtig verdauen und vielleicht auch ein wenig mit mir ins Reine kommen. Danke, für diesen wunderbaren Abend, aber sei mir nicht böse, wenn ich es für heute dabei belassen will. Ja?"

    „Natürlich! Aber ich gebe dir meine Karte. Ruf mich bitte an, wenn du zu Hause bist. Ich will nur wissen, ob du auch wirklich gut daheim landest. Oder ist das zuviel verlangt?"

    „Bär, aber nur ein ganz kurzes Telefonat, denn ich muss morgen wirklich früh aus den Federn und kann heute garantiert nicht so schnell einschlafen."

    Und dann stellt sie sich auf die Zehenspitzen, haucht mir einen Kuss auf die Wange und springt in die soeben einfahrende Straßenbahn. Jetzt brauche ich doch eine Zigarette. Während ich zu meinem Wagen gehe, inhaliere ich in tiefen Zügen den Rauch und das Gefühl, dass ich durch diesen Kuss in mir aufgebaut habe.

    Lange bin ich noch nicht in meinen vier Wänden, als das Telefon läutet.

    „Ich bin’s, Anja. Ich wollte dir nur sagen, dass ich gut nach Hause gekommen bin und nochmal vielen Dank für diesen traumhaft schönen Abend. Morgen mache ich um sechs Schluss, holst du mich ab?"

    „Ich bin pünktlich dort und freue mich schon auf dich!"

    „Ich auch, gute Nacht und schlaf gut."

    Und dann legt sie auf.

    Plötzlich kommt mir meine Wohnung so leer vor. Ich lege mich ins Bett und meine Gedanken drehen sich nur noch um sie. Ich sehe ihr Gesicht vor meinen Augen, spüre ihren Körper an meinem und schmecke ihre Lippen, ihre Zunge und irgendwann schlafe ich mit dem Gedanken an sie ein. Oh, Anja, da hat es mich aber ganz schön erwischt.

    Ein neuer Tag beginnt zumeist wie der Vortag, indem ich meine Schritte in Richtung Büro lenke und den PC einschalte. Eine der Kolleginnen geht vorbei, schnuppert und konstatiert:

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