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Firefly: Grosser, verdammter Held: Roman zur TV-Serie
Firefly: Grosser, verdammter Held: Roman zur TV-Serie
Firefly: Grosser, verdammter Held: Roman zur TV-Serie
eBook424 Seiten5 Stunden

Firefly: Grosser, verdammter Held: Roman zur TV-Serie

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Über dieses E-Book

Die neue Romanserie zu Joss Whedons kultiger Sci-Fi-TV-Saga! Im Auftaktband wird Captain Malcolm Reynolds von verbitterten ehemaligen Kriegskameraden entführt und während die Crew der Serenity nach ihrem Skipper sucht, muss ein anderes Mannschaftsmitglied vor Gericht um sein Leben fürchten. Die Firefly-Fortsetzung in Romanform!
SpracheDeutsch
HerausgeberPanini
Erscheinungsdatum19. Feb. 2019
ISBN9783736799615
Firefly: Grosser, verdammter Held: Roman zur TV-Serie

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    Buchvorschau

    Firefly - James Lovegrove

    AUSSERDEM BEI PANINI ERHÄLTLICH

    Serenity – Zwischen den Welten: Bessere Zeiten

    Comicband 1 – ISBN 978-3-86607-984-7

    Serenity – Zwischen den Welten: Blätter im Wind

    Comicband 2 – ISBN 978-3-95798-228-5

    Serenity – Zwischen den Welten: Shepards Geschichte

    Comicband 3 – ISBN 978-3-95798-716-7

    Serenity – Zwischen den Welten: Keine Macht im Universum

    Comicband 4 – ISBN 978-3-7416-0282-5

    Nähere Infos und weitere Bände unter:

    www.paninibooks.de

    Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

    Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

    Titel der Amerikanischen Originalausgabe: „FIREFLY: BIG, DAMN HERO" by James Lovegrove, published by Titan Books, UK, November 2018

    FIREFLY TM AND © 2019 TWENTIETH CENTURY FOX FILM CORPORATION. ALL RIGHTS RESERVED.

    Deutsche Ausgabe 2019 by Panini Verlags GmbH, Rotebühlstraße 87, 70178 Stuttgart. Alle Rechte vorbehalten.

    Geschäftsführer: Hermann Paul

    Head of Editorial: Jo Löffler

    Head of Marketing: Holger Wiest (E-Mail: marketing@panini.de)

    Presse & PR: Steffen Volkmer

    Übersetzung: Claudia Kern

    Lektorat: Mathias Ulinski

    Umschlaggestaltung: tab indivisuell, Stuttgart

    Satz und E-Book: Greiner & Reichel, Köln

    YDFFLY001E

    ISBN 978-3-7367-9961-5

    Gedruckte Ausgabe:

    1. Auflage, Februar 2019, ISBN 978-3-8332-3771-3

    Findet uns im Netz:

    www.paninibooks.de

    PaniniComicsDE

    So sieht’s aus …

    Seit ungefähr einem Monat pfeifen wir aus dem letzten Loch. Zoë und mich hat es am schwersten getroffen; wir haben den Sarg unseres Kameraden Tracey Smith aus der Serenity durch den Schnee zu seiner Familie getragen, die stumm zusah. Wir sagten ihnen nicht, dass Tracey bei einer Bande Organschmuggler in Ungnade gefallen war und bei uns Zuflucht gesucht hatte. Oder dass er uns angelogen und beinahe Kaylee umgebracht hätte. Oder dass Zoë und ich auf ihn geschossen hatten. Als er in unseren Armen starb, erinnerte er sich an die Zeit, als wir Soldaten waren. Wir hatten auf der richtigen Seite gestanden, auch wenn es die Verliererseite war, und wir hatten unser Leben riskiert, um alle nach Hause zu bringen. Jetzt ist er tot, und wir haben seinen Verwandten erzählt, dass er ein Kriegsheld war.

    Krieg bringt eine Menge Böses. Er bringt die Leute dazu, ihren Zorn mit sich herumzutragen. Er bringt sie dazu, Rache zu schwören. Oder Geschichten darüber zu erzählen, wie die Browncoats geschlagen wurden.

    Und vieles geht bei den Nacherzählungen verloren.

    Der Vereinigungskrieg endete 2511. Jetzt haben wir 2517 und die Erinnerungen überkommen mich in Wellen. Manchmal bin ich wieder zu Hause auf Shadow und melde mich gerade mit meinen beiden besten Freunden, Jamie Adare und Toby Finn, freiwillig zu den Browncoats. Wir waren so jung, fast noch Kinder. Wir dachten, Krieg bedeutet Freiheit und Ruhm. Und manchmal träume ich von Jamies Schwester Jinny, und wenn ich aufwache, ist mein Herz so hohl wie eine Trommel.

    Doch das alles ist längst vorbei und ich habe mehr als genug mit dem Hier und Jetzt zu tun. Inara starrt manchmal so sehnsüchtig in die Ferne – keine Ahnung, was das zu bedeuten hat, aber ich weiß, dass ich sie besser nicht danach fragen sollte. Die Tams sind noch an Bord, und seit wir Medikamente und medizinische Hilfsmittel auf Osiris bekommen haben, versucht Jayne nicht mehr, sie zu verraten. Wenigstens etwas. Shepherd liest immer noch sein Märchenbuch. Zoë ist immer noch mein Erster Offizier, und ich würde auch wahrlich niemand anders wollen. Kaylee sorgt dafür, dass das Schiff funktioniert, und Wash sorgt dafür, dass es fliegt.

    Ist das ein gutes oder ein schlechtes Leben? Die Antwort spielt keine Rolle.

    Wir haben kein anderes.

    Captain Malcolm Reynolds

    Wieso kann nichts einfach sein?, fragte sich Mal Reynolds, als er die Kommunikation mit der Gilde der Schiffsbauer beendete. Nach einer Woche im Trockendock war das Shuttle fast vollständig repariert und mit dem richtigen Werkzeug hätte Kaylee den Rest selbst erledigen können. Doch dieses Werkzeug konnten sie sich nicht leisten. Und die Reparaturen waren deutlich teurer als im Kostenvoranschlag beziffert. Natürlich. Wäre trotzdem schön, das Shuttle zurückzubekommen. Bei dem Miet-Shuttle, das sie von der Gilde bekommen hatten, war der Einspritzregulator kaputt, und es schluckte Sprit wie ein Säufer Bier.

    Mal hielt sich im Laderaum der Serenity auf, und obwohl die Reparaturzahlung drohend am Horizont stand und er wochenlang verzweifelt nach einem Job gesucht hatte, irgendeinem Job, kamen ihm nun Zweifel, ob er diesen annehmen sollte. Ohrenbetäubende Alarmglocken in seinem Kopf ließen ihn um die Sicherheit und das Leben seiner Besatzung fürchten.

    Das Dröhnen rund um den offenen Laderaum der Serenity nahm bedrohliche Ausmaße an, als Frachter und private Raumschiffe gleichzeitig rechts und links von ihm starteten und landeten. Die Vibrationen waren so heftig, dass die Rampe, die zum Laderaum führte, geradezu durchgeschüttelt wurde. Die donnernden Triebwerke wirbelten Dreck und kleine Steine durch die Luft, die auf den Rumpf prasselten.

    Die Zustände auf der Eavesdown-Dockanlage von Persephone ließen sich nur mit einem Begriff beschreiben: organisiertes Chaos. Nun ja, nicht besonders gut organisiert. Ausgebrannte Schiffswracks, die in von ihnen selbst verursachten Kratern lagen, säumten die riesige Dockanlage. Es war ein gorramn Wunder, dass es in der Luft nicht häufiger zu Kollisionen kam.

    Man hätte glauben können, dass Persephone dank des zollpflichtigen Handels und der Gebühren, die die Schiffe zahlen mussten, eine reiche Welt war, aber dem war nicht so. Die Allianz besteuerte Personen und Firmen mit hämischer Gier. Und wie reagierten die Persephonianer darauf? Indem sie den Tag feierten, an dem sie ihr Leben weggeworfen und sich der Allianz angeschlossen hatten. Das Jubiläum fand an diesem Tag statt. Und wie feierte Mal ihn? Indem er einen weiteren Auftrag von Badger annahm.

    Der schmierige Anführer einer kleinen Verbrecherbande war bereit, ihnen dafür einen dürftigen Lohn zu zahlen, dass sie seine gefährliche Fracht durch die halbe Galaxie transportierten und dabei ihr Leben riskierten. Das klang verdächtig nach dem letzten Auftrag, den sie von ihm angenommen hatten. Da war es eine Rinderherde für Sir Warwick Harrow. Die Kühe waren wohlbehalten auf Jiangyin angekommen, zumindest bis die Schießerei losging, bei der Shepherd Book so schwer verletzt wurde, dass er beinahe gestorben wäre. Diese Fracht unterschied sich jedoch von der jetzigen, denn wenn mit ihr etwas schiefging, würden sie alle ihr Leben verlieren.

    Parallel zu Badgers Auftrag hatten sie noch einen kleinen Nebenjob angenommen. Mal, Jayne und Zoë würden sich um ihn kümmern, sobald Badgers Fracht verladen worden war. Dazu mussten sie Taggarts Bar aufsuchen, die wüsteste Spelunke auf Persephone, und das am wüstesten Tag des Jahres, dem Tag der Allianz.

    So viel zum Thema explosive Mischung.

    Knapp zwei Meter entfernt sagte Zoë etwas zu Mal oder versuchte es zumindest, denn sie flüsterte, damit sie niemand belauschen konnte. Zoë war eine Frau, die leise sprach, aber laut schoss. Mal winkte sie heran. Sie ging mit vor der Brust verschränkten Armen zu ihm und beugte sich so weit vor, dass er spürte, wie ihr Atem über sein Ohr strich.

    „Das gefällt mir nicht, Sir", sagte sie abgehackt.

    „Ist notiert", sagte Mal. Ihm gefiel es auch nicht, aber wenn man nur die Wahl zwischen etwas Schlechtem und nichts hatte, dann lächelte man breit und bedankte sich.

    Der Gabelstapler hinter den beiden Browncoat-Veteranen ächzte unter der übergroßen Last, die er die Rampe hinauf in den Laderaum beförderte. Das Gewicht drückte so sehr auf die Vorderreifen, dass er fast auf den Felgen fuhr, und sein Auspuff stieß schwarzen Rauch aus. Die Metallkiste war so schwer, dass sich die Gabel unter ihr bog, als wäre sie aus Gummi. Die Kiste war nach vorn gerutscht und wurde nur noch von den Spitzen der Gabel gehalten.

    Zoë und Mal wichen mit grimmigem Gesichtsausdruck zurück. Zoë hatte ihre rotbraunen lockigen Haare zu einem Pferdeschwanz gebunden und trug wie immer ihre Lederhalskette über der Lederweste. Mals Haare waren etwas länger, als es die Armeevorschriften verlangten, und er trug seine Hose mit dem Streifen an der Außenseite, die üblichen Hosenträger und ein rotes Flanellhemd, das er in die Hose gesteckt hatte. Er und Zoë hatten die Daumen in ihr Waffengürtel gehakt und sahen aufmerksam zu, wie der letzte von insgesamt fünf Stahlbehältern von dem mühsam dahinkriechenden Gabelstapler über das Schiffsdeck gefahren wurde.

    Ebenso aufmerksam beobachteten zwei von Badgers Männern Mal und Zoë von der anderen Seite des Laderaumeingangs. Ihre Hände schwebten über dem Griff ihrer Waffe. Einem Geschäftspartner zu vertrauen war so, wie sich bei einer Klapperschlange darauf zu verlassen, dass sie nicht zubeißt: ehrenwert, aber einfältig.

    Hinter den kräftigen Schlägern stand der großspurige Ganove. Badgers Geschäftskleidung bestand aus einer schwarzen Melone, einer abgewetzten Anzugjacke mit Weste, einem weißen T-Shirt, einer schief sitzenden Seidenkrawatte und einem Anstecker am Revers, der wie ein Flamingo geformt war und aus falschem Gold und ebenso falschen Edelsteinen bestand. Badger, dessen Gesicht an das eines Nagetiers erinnerte, war mürrisch, stur und hart, manchmal jedoch auch irritierend herzlich. Genau das trat an diesem Tag besonders deutlich hervor, was sofort Mals Misstrauen erregte.

    Der Ganove schien seinen Teil der Abmachung zwar einzuhalten, doch Mal vermutete, dass Badger versuchen würde, ihn irgendwie zu übervorteilen. Würde alles glattlaufen, wäre es auch kein Auftrag wie üblich.

    „Schön langsam und vorsichtig neben den anderen Kisten absetzen, befahl Badger dem Gabelstaplerfahrer. Dann strahlte er Mal an und zeigte ihm seine krummen gelben Zähne. „Mit dem schwierigen Teil sind wir fast durch.

    „Was war noch mal der schwierige Teil?, fragte Mal. „Die Fracht zu verladen oder darüber hinwegzukommen, dass Sie uns immer noch nicht für die Kühe bezahlt haben, die wir nach Jiangyin gebracht haben?

    „Mal, Mal, Mal. Badger klang so liebenswürdig, dass es Mal zur Weißglut trieb und sein Zeigefinger zuckte, als berührte er den Abzug seiner Pistole. „Sind Sie immer noch sauer deswegen?

    „Ziemlich."

    „Okay, das Ding ist khazi gelaufen. Kann keiner was für. So was passiert manchmal. Geschäft ist Geschäft."

    „Ich glaub nicht, dass Sie das Wort so verstehen wie ich."

    „Wissen Sie, was das hier ist?, sagte Badger und zeigte in Richtung der Kisten. „Wiedergutmachung. Falls es Ihnen nicht aufgefallen ist: Ihr Honorar liegt deutlich über dem, was man normalerweise für so ’nen simplen Transport von einem Planeten zum nächsten bekommt, Reynolds. Wenn das erledigt ist, sind wir quitt.

    „Wäre mir lieber gewesen, wir wären damals schon quitt gewesen."

    „Was soll ich sagen? Es gab einen finanziellen Engpass."

    „Den hatte ich auch, noch mehr, nachdem ich mein Geld nicht bekommen hab."

    „Aber das ist Vergangenheit. Jetzt sind wir wieder Kumpel, richtig?"

    Mal knurrte. Er war sehr wählerisch, wenn es um seine „Kumpel" ging, und Badger würde er nie in diesen erlesenen Kreis aufnehmen.

    „Sir, flüsterte Zoë Mal energisch ins Ohr. „Ich will nicht die Pferde scheu machen …

    „Dann lass es, Zoë."

    „Aber ich sag’s noch einmal, das ist keine gute Idee. Die Fracht ist zu explosiv."

    „Ich weiß, ich weiß", erwiderte Mal.

    Die Kisten waren nicht riesig, vielleicht einen Meter fünfzig mal einen Meter fünfzig, aber sie waren bis zum Rand mit Chemikalien vollgestopft, die man beim Bergbau benötigte.

    Sprengstoff.

    Hochspezialisierter, hochexplosiver Sprengstoff.

    Um genau zu sein, handelte es sich bei der Substanz in den Kisten um eine Kristallverbindung namens HTX-20, eine Abkürzung, die laut Badger für einen langen und komplizierten wissenschaftlichen Namen stand. Als Shepherd Book hörte, welchen Auftrag ihnen Badger anbot, erklärte er Mal, dass er wisse, worum es sich bei HTX-20 handle, und sein Gesichtsausdruck machte deutlich, was er von diesem Zeug hielt.

    „Das nennt man nicht umsonst Satans Schneeflocken", hatte Book hinzugefügt, und Mal hatte sich einmal mehr gefragt, woher ein Mann Gottes solche Dinge wusste.

    Badger hatte Mal versichert, dass das HTX-20, solange es in der feuerfesten Styroporisolierung verblieb, mit der die Kisten ausgekleidet waren, keinerlei Gefahr darstellte. Außer natürlich, wenn es mit Wasser in Berührung kam. Oder zu heiß wurde. Oder herumgestoßen wurde. Aber abgesehen davon würde es garantiert nicht explodieren.

    Mal ging davon aus, dass Badger die Gefahren, die mit dem Auftrag verbunden waren, nicht untertrieb. Schließlich profitierte er am meisten davon, wenn die Fracht ihr Ziel erreichte, die Rhodium-Mine auf Aberdeen. Trotzdem hielt er inne, als er die schwarz-gelben Gefahrengutstreifen sah, die die Kisten wie ein Hornissenschwarm bedeckten, und darüber die zahlreichen Aufkleber mit Warnhinweisen wie:

    ACHTUNG – HOCHEXPLOSIV

    INHALT DARF NICHT MIT FLÜSSIGKEITEN IN BERÜHRUNG KOMMEN

    ACHTUNG – NICHT TEMPERATUREN ÜBER

    100 GRAD AUSSETZEN

    ACHTUNG – ZERBRECHLICH

    Anders gesagt: Behandle diese Kisten wie neugeborene Babys, sonst wird das Leben schnell uninteressant werden, weil es dann vorbei ist. Mal hasste nichts mehr als Überraschungen, und eine plötzliche Explosion zählt zu den schlimmsten Überraschungen, die man sich vorstellen konnte. Ungefähr so wie eine unerwartete Ehe.

    Er schüttelte die negativen Gedanken ab und sah, wie Zoë zusammenzuckte, als der Gabelstapler ihren improvisierten Basketballkorb nur knapp verfehlte. Die Gabel des Fahrzeugs hielt noch, aber es war offensichtlich, dass die Kisten eigentlich zu schwer für sie waren. Mal konnte diesen Auftrag nicht schnell genug hinter sich bringen.

    Persephone, ein mittelgroßer Planet am Rand des Sonnensystems der Weißen Sonne, fungierte der Serenity als Art Basis bei manchmal notwendigen persönlichen Treffen. Hier schüttelte man Hände und nahm Fracht auf, schmuggelte hin und wieder auch mal versehentlich ein wahnsinniges, kryogenisch eingefrorenes Genie. River Tam, ein mittlerweile vollständig aufgetautes wahnsinniges Genie lebte sogar an Bord beziehungsweise hüpfte meistens wie ein Gummiball zwischen den Wänden umher. Ihr Bruder Simon fühlte sich auf dem Planeten gelinde gesagt unwohl und nahm seine Schwester noch mehr in Schutz als sonst. Selbst draußen in der Schwärze rechtfertigte er die unberechenbaren Gefühls- und Gewaltausbrüche seiner Schwester gerne damit, dass die Allianz ihr den Verstand geraubt hatte. River konnte also nichts dafür. Mit dieser seltsamen Strategie wollte er anscheinend erreichen, dass Mal River weiterhin erlaubte, an Bord zu bleiben. Doch Mal war es ziemlich egal, warum River wahnsinnig war. Ihn interessierte nur, dass sie wahnsinnig war.

    Mal hatte Simon empfohlen, River zu verstecken, solange Badger in der Nähe war, und Simon hatte den Rat nur zu gerne angenommen. Die Allianz verbreitete hin und wieder durch den Cortex, dass sie auf der Suche nach einem geflohenen Geschwisterpaar sei. Bisher schien Badger jedoch nicht zu ahnen, dass er mit der Auslieferung der Tams wesentlich mehr Geld verdienen könnte als mit dem Transport von Kühen oder Sprengstoff.

    Das Leben war ziemlich kompliziert geworden. Allein deshalb zog Mal das All vor. In der stillen schwarzen Leere fühlte er sich wohl. Doch es war nicht immer praktikabel. Er musste wenigstens ab und zu landen, um Vorräte aufzustocken und Geld zu verdienen.

    Persephone war noch nie eine besonders behagliche Welt, doch seit der Niederlage der Browncoats hatten sich die Zustände drastisch verschlimmert. Die Slums hatten sich ausgebreitet wie Fäulnis in einem überreifen Pfirsich und mit ihnen der Gestank, der über den baufälligen, verwahrlosten Hütten hing. Die Stromversorgung war in diesen Vierteln eingestellt worden, weil ihre Bewohner nicht mehr dafür bezahlen konnten. Nun kochten sie über offenem Feuer und wärmten sich auf an brennenden Fässern. Stinkender Rauch vernebelte den Himmel und verlieh ihm eine blassgelbe Farbe. Um zu überleben, mussten viele Menschen alles stehlen, was sie nicht durch Tausch bekommen konnten. Anständige Bürger schlurften mit eingefallenen Wangen und ängstlich zu Boden gerichtetem Blick neben unerträglich selbstgefälligen, in Satin und Seide gehüllten Reichen her, die ihren Überfluss zur Schau stellten, als hätten sie ihn von Gott persönlich bekommen – nicht, dass es einen Gott gab, jedenfalls nicht für Mal, nicht mehr.

    Und wenn es ihn gibt, ist er auf meinem Schiff nicht willkommen, dachte Mal.

    Diese planetenweite Gesetzlosigkeit hatte jedoch auch Vorteile; sie erleichterte Mal die Suche nach Aufträgen, die zu ihm passten – hauptsächlich der Schmuggel von Waren, die in der Allianz verboten waren oder unverhältnismäßig hoch besteuert wurden, so etwas in der Art –, und ermöglichte ihm dank einer korrupten, unmotivierten Polizei eine schnelle Flucht, wenn ein Geschäft einmal in die Hose ging.

    Vor dem offenen Laderaum breitete sich die Eavesdown-Dockanlage in all ihrer verrosteten, grimmigen Schönheit aus. Die gelbstichige Atmosphäre stank so sehr, dass man fast schon auf diesem unverdaulichen dicken Eintopf aus Raketenabgasen, verbranntem Müll, vergossenem Raketentreibstoff, ungewaschenen Menschen und Tieren und Bergen von gekochten Proteinriegeln kauen konnte. Schiffe, die hier landeten oder in die Schwärze zurückkehrten, wirbelten vergilbte Zeitungen und Styroporteller mit Essensresten auf. Am Rand der Dockanlagen drehten sich bunte Papierschirme. Hunde in den verschiedensten Größen, die zu unbestimmbaren Rassen gehörten, liefen in Rudeln durch die von Schlaglöchern übersäte Straße. Ständig wurde gehupt, oder war das vielleicht ein Esel, der iahte? Hier und da bestachen zwielichtige Schiffskommandanten ganz selbstverständlich Zollbeamte, und Horden verdreckter Menschen krochen wie Ameisen über die Trümmer der Zivilisation. Manche wollten Arbeit, andere Ärger. Mal gestand sich ein, dass er selbst nicht genau wusste, was er im Moment bevorzugte.

    Hoban Washburne, Pilot der Serenity und Zoës Ehemann, war nach Schiffszeit am frühen Morgen auf der Dockanlage gelandet. Doch auf Persephone war es bereits halb sechs Uhr abends. Das ohnehin kränklich und traurig wirkende Tageslicht ließ langsam nach und die einsetzende Dämmerung hatte die Farbe eines Blutergusses. Sie waren erst seit einer Dreiviertelstunde auf dem Planeten, aber Mal kam jede Minute, die er mit Badger verbringen musste, wie eine Ewigkeit vor. Er wusste nicht, welcher Aspekt dieses Mannes ihm am meisten auf die Nerven ging – die aggressive Prahlerei, die engstirnige Dummheit oder das fröhliche Auftreten, hinter dem sich eine Persönlichkeit verbarg, die schlichtweg durch und durch verlogen war. Jedenfalls wurde Mal zunehmend dünnhäutiger. Mühsam wandte er den Blick von Badger ab.

    „Sir, drängte Zoë. „Die ganzen Warnaufkleber, Sir?

    „Was für Warnaufkleber? Ich sehe keine."

    „Die, auf die Sie böse Blicke richten, seit die erste Kiste hier abgeladen wurde."

    „Ach, die Warnaufkleber. Leute übertreiben es manchmal. Wegen der Haftbarkeit und so. Die müssen sich absichern." Mal versuchte, überzeugend zu klingen, kaufte sich das aber selbst nicht ab.

    „Ja, Sir, sagte Zoë. „Aber was die Flüssigkeiten angeht, Sir. Wenn der Inhalt der Kisten mit Wasser in Kontakt kommt, fliegt er in die Luft. Steht da. Und letzte Woche war doch die Toilette oben beim Freizeitbereich verstopft …

    „Darum hat sich Kaylee doch längst gekümmert, rief er ihr ins Gedächtnis. „Und nichts ist in die Nähe des Laderaums gelangt.

    „Das stimmt, aber trotzdem …"

    „Und die Kisten sehen stabil und wasserdicht aus", unterbrach sie Mal. Er klang immer noch nicht sehr überzeugend.

    „Ganz langsam", sagte Badger warnend, als der Gabelstapler über das Deck kroch mit seiner Last, die der Radaufhängung nicht guttun konnte.

    Alles lief planmäßig und dann auf einmal nicht mehr.

    Vielleicht war der Stahl der rechten Gabel schon vor dem Transport der Kisten beschädigt gewesen, vielleicht war er dabei beschädigt worden, jedenfalls gab er plötzlich nach und knickte mit einem haarsträubenden Kreischen nach unten weg. Diese Seite der Kiste sackte ebenfalls herab und rutschte von der noch intakten Gabel. Sie krachte mit einer Kante auf das Deck und kippte dann mit einem gewaltigen Knall, den Mal bis in die Knochen spürte, um. In Panik sprang der Gabelstaplerfahrer aus seinem Gefährt, während Badger in die Hocke ging, die Augen zukniff und sich die Hände auf die Ohren presste.

    „Tā mā de!", brüllte Mal.

    Sekunden vergingen.

    Und noch ein paar weitere.

    Nichts geschah.

    „Ups, tut mir leid, sagte Badger unbekümmert und ließ die Hände von den Ohren sinken. „Lassen wir sie doch einfach da liegen. Währenddessen warte ich darauf, dass sich mein Schließmuskel wieder entspannt. Er nickte dem Fahrer scharf zu, der daraufhin in den Gabelstapler stieg, den Rückwärtsgang einlegte und rasch zurücksetzte. Badger zog etwas unter seiner Jacke hervor, das wie eine Warenliste aussah, und blätterte sie durch.

    Zoë seufzte.

    „HTX-20 explodiert doch erst, wenn man es zu sehr herumstößt, richtig?", hakte Mal nach.

    „Das stimmt. Oder wenn es nass oder heiß wird oder all das andere Zeug. Das sind wir doch durchgegangen, oder? Brauchen Sie einen Auffrischungskurs?"

    „Nein, aber die Kiste hat einen ziemlich schweren Schlag abbekommen. Woher wissen wir, dass da drin noch alles in Ordnung ist?"

    Badger sah ihn an, als wäre Mal nicht der Hellste. „Wir leben noch."

    Dem ließ sich nur schwer widersprechen.

    Als hätte Mal noch nicht genug Probleme, tauchte in diesem Moment River Tam auf dem Laufsteg oberhalb des Laderaums auf.

    „Die Kiste will tanzen", verkündete sie, während sie die Stufen hinunterschlurfte. Sie trug ihren pinken Pullover, einen zerknitterten Rock und wadenhohe Stiefel. In einer Hand hielt sie eine Bambusflöte.

    „Geh lieber wieder rauf", sagte Mal, wobei er darauf achtete, ihren Namen vor Badger und seinen Leuten nicht zu erwähnen. „Der Laderaum ist gerade geschlossen. Dāng ma?"

    River schob schmollend die Unterlippe vor. Mal nahm an, dass das Leben auf einem Raumschiff für einen Teenager langweilige Momente haben konnte. Oder langweilige Tage. Oder langweilige Wochen. Doch sie war nicht nur ein Teenager. Sie war eine Jugendliche, die sich selbst Beschäftigung suchte, doch diese war oftmals weder sicher noch harmlos. Meistens reagierte man darauf mit Sätzen wie „Was zur heiligen Hölle ist da gerade passiert?".

    Mal warf Badger einen kurzen Blick zu. Der beobachtete den Austausch sichtlich amüsiert, während er sich den Dreck unter den Fingernägeln rauspuhlte.

    „Die Kleine hat ’n Dyton-Akzent so wie ich, sagte Badger. „Hör ich doch richtig, oder?

    „Worauf Sie einen lassen können, erwiderte River mit genau diesem Akzent. „Hab Sie ja schon seit ’ner Ewigkeit nich mehr gesehn, alter Sack. Passen Sie auf den Dreck auf, fügte sie hinzu und deutete mit dem Kinn auf Badgers Hand. „Wir mögen hier keinen Schmutz."

    „Ey, riskier nich so ’ne dicke Lippe, schmetterte Badger sie ab, aber in Wirklichkeit hatte er seit ihrer letzten Begegnung, als er die Besatzung festgehalten hatte, eine Schwäche für River. „Hab mich heute gewaschen. Sogar hinter den Ohren.

    „Nee, ich meine Ihre DNA, sagte River. „Wenn wir untersucht werden, finden die Sie.

    „Nett von dir, darauf zu achten, sagte Badger leise lachend. „Aber meine Seite des Geschäfts ist völlig legal.

    Mal wandte sich an Badger. „Sie wissen, wie’s läuft. Die Hälfte jetzt, den Rest bei Lieferung." Mal streckte die Hand aus. Badger ließ einen Beutel mit klimpernden Münzen auf seine Handfläche fallen.

    „Fühlt sich ein bisschen leicht an", sagte Mal. In Wirklichkeit fühlte er sich genau richtig an. Schwierige Kunden wie Badger erwarteten, dass man Stress machte, auch wenn das unnötig war.

    „Ist alles drin", sagte Badger und plusterte sich empört auf.

    „Vielleicht sollte ich nachzählen, nur zur Sicherheit, erwiderte Mal. „Jeder macht mal einen Fehler. Er schüttete die Münzen nicht aus. Er starrte Badger nur an. Der Gangsterboss blinzelte zwar nicht, aber nach rund fünfzehn Sekunden zuckte ein Muskel in seiner linken Wange.

    Da dieser Punkt an Mal ging, steckte er den Beutel zufrieden in seine Tasche, ohne das Geld zu zählen.

    Badger grinste und zeigte dabei wieder seine verfärbten, krummen Vorderzähne. „So, sagte er. „Wenn wir hier fertig sind, mache ich mich wieder auf den Weg in die Stadt. Heute ist der Tag der Allianz, da werde ich eine Menge Schwarzgebrannten, Engelstränen und anderes nettes Zeug umsetzen. Ich nehme an, Sie haben zu viel zu tun, um in die Stadt zu gehen.

    „Wie kommen Sie denn auf die Idee?", fragte Mal. Er hatte den Eindruck, dass Badger ihn ausfragen wollte. Es war besser, ihm keine unnötigen Informationen zu geben.

    „Hab ich mir halt so gedacht." Badger stopfte die Warenliste zurück in seine Tasche.

    „Kümmern Sie sich lieber um Ihren Schnaps, sagte Mal. „Und um Ihre eigenen Angelegenheiten.

    Unbeeindruckt schlenderte Badger zum Rand der Rampe und winkte den Staplerfahrer heran. Der Gabelstapler gehörte zur Serenity und verblieb an Bord. Dann verließ Badger mit seinen beiden Schlägern das Schiff. Einer der Männer setzte sich ans Steuer eines verbeulten Landspeeders, der neben der Rampe stand. Badger stieg neben ihm ein und winkte Mal und Zoë zu, als wäre er der König von Londinium.

    „Vielleicht sehen wir uns ja in der Stadt, rief Badger, als der Motor des Speeders laut aufheulte. „Dann können wir auf einen völlig unnötigen, aber letztendlich unfassbar profitablen Krieg anstoßen.

    „Oder es lassen", sagte Mal.

    „Der Krieg ist vorbei, Captain, rief ihm Badger ins Gedächtnis. Er grinste Mal an. „Zumindest offiziell.

    Mal antwortete nicht. Leute neigten dazu, ihn an Dinge zu erinnern, die er längst wusste.

    Dann tuckerten Badger und seine Lakaien davon und hinterließen graue Abgaswolken, die in die trübe Luft aufstiegen. Mal wusste, dass er dazu neigte, Badger zu unterschätzen, weil der so gorramn dumm war. Aber dumm und gefährlich schlossen einander nicht aus.

    Wie man an Jayne sehen konnte.

    „Das hätten wir, sagte Zoë spürbar erleichtert. „Kümmern wir uns um den anderen Job.

    „Wir werden nichts tun, was zu Ermittlungen oder einer Verhaftung führen könnte, wies Mal Zoë streng an. „Wir werden keine Aufmerksamkeit erregen.

    „Natürlich nicht, Sir", sagte Zoë.

    „Gut, sagte Mal. „Dann gehen wir jetzt in die Stadt und zerlegen eine Bar.

    Sie hob die Augenbrauen.

    „Kleiner Scherz, sagte er. „Jayne, bist du so weit?

    Jayne Cobb schlenderte in den Laderaum. Er zog die Ohrenklappen seiner gelb-orange gestreiften Pudelmütze herunter und zupfte die Bommel zurecht. Seine Mutter, die kaum lesen und schreiben konnte und Jayne abgöttisch liebte, hatte ihm diese hübsche Kopfbedeckung gestrickt, und sie gehörte zu den wenigen nicht todbringenden Dingen, die er über alle Maßen schätzte. Die Waffe, die in einem schwarzen, an seinem Oberschenkel festgezurrten Nylonholster steckte, fiel in die andere Kategorie seiner Lieblingsdinge. Jayne gab all seinen Waffen Namen. Seine großkalibrige Callahan mit Autolock hatte er Vera getauft, und den schweren 38er-Revolver, der einer Waffe aus dem Bürgerkrieg nachempfunden war, nannte er liebevoll Boo. Jayne ging um River herum und stellte sich neben Zoë und Mal an die Laderampe der Serenity.

    „Ich hab keine Ahnung, was ihr beide gegen den Tag der Allianz habt, sagte er. „Ohne diesen Krieg wären wir nicht hier.

    Mal kommentierte das nicht. Wenn er versuchte, Jayne Ironie zu erklären, konnte er auch gleich versuchen, einem Fisch das Bellen beizubringen.

    „Macht uns stolz, Leute!", rief ihnen eine fröhliche Stimme vom Laufsteg zu. Sie gehörte Kaylee, dem Sonnenschein der Serenity, der zudem eine verblüffend talentierte Mechanikerin war. Dann weiteten sich ihre Augen. „Gāu shā! Wie viele gorramn Warnhinweise kleben denn auf diesen Dingern?"

    „Die Kisten sind beschäftigt", erklärte River sachlich.

    Kaylee sah Mal besorgt an, dann die Kisten, dann wieder ihn. „Äh, Captain?", sagte sie.

    „Wir achten drauf, dass alles kühl und trocken bleibt, dann wird nichts passieren, okay?", entgegnete er.

    Kaylee nickte, warf den Kisten aber noch einen Blick zu. Mal nahm an, dass sie die Aufkleber zählte. Und über die Summe nicht erfreut war.

    Sie wandte sich River zu, als wollte sie sich von ihren Gedanken ablenken. „Hey, River, Shepherd und ich machen einen Auflauf zum Abendessen. Willst du uns helfen?"

    „Okay, sagte River erfreut und hüpfte die Stufen zu Kaylee hinauf. „Ich schneide alles. Sie machte schnelle, hackende Bewegungen mit ihrer Handkante.

    „Lasst sie nicht einmal in die Nähe einer Klinge, warnte Mal. Er nickte Jayne und Zoë zu. „Die Pflicht ruft. Wir müssen in weniger als einer halben Stunde in Taggarts Bar sein. Beeilen wir uns.

    „Genau. Wenn wir früher dort sind, können wir ja zuerst ein bisschen Spaß haben", sagte Jayne.

    Mal schüttelte den Kopf. „Ich weiß genau, was du unter Spaß verstehst, Jayne, und den kannst du vergessen. Wir wollen dort arbeiten, keine Leute verprügeln."

    „Nicht mal ein bisschen?"

    „M-mh."

    „Manno. Jayne klang wie ein bockiges Kind. „Warum willst du mich bei diesen Ausflügen eigentlich dabeihaben?

    „Weil du so verdammt gut aussiehst."

    Jayne dachte darüber

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