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VIETNAM BLACK: Horrorthriller
VIETNAM BLACK: Horrorthriller
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eBook252 Seiten3 Stunden

VIETNAM BLACK: Horrorthriller

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Über dieses E-Book

Als ein US-Informant spurlos in dem Dorf Hai Trang verschwindet, werden Sergeant Reese und Corporal Hanson zusammen mit einem Trupp Soldaten in den vietnamesischen Dschungel entsendet, um ihn aufzuspüren. Es dauert jedoch nicht lange, bis sie feststellen müssen, dass bei dieser Mission etwas nicht mit rechten Dingen zugeht. Immer wieder stoßen sie auf ihrem Weg auf mysteriös zugerichtete Leichen des Vietcong, seltsam mumifiziert und ausgetrocknet. Hai Trang selbst ist nur noch ein Geisterdorf, und die einzige Überlebende – ein junges Mädchen – berichtet von einem unheimlichen Wesen, welches alle Bewohner tötete.

Als die Soldaten auf ihrem Rückweg zur Basis über ein geheimes Tunnelsystem des Vietcong stolpern, beschließen sie, dieses näher zu erforschen. Eine folgenschwere Entscheidung, denn dort, in der klaustrophobischen Dunkelheit, lauert eine albtraumhafte Kreatur, die sich in den Tunneln eingenistet hat: Vietnam Black, ein riesiger, Gift verspritzender Tausendfüßler, bewaffnet mit einem unzerstörbaren Körperpanzer und messerscharfen Kauwerkzeugen. Tödlich und hungrig beginnt die Kreatur, die Männer durch den vietnamesischen Dschungel zu jagen, und entpuppt sich dabei als grässlicher und furchterregender als der Krieg selbst …

"Die perfekte Mischung aus 50er-Jahre-Monstern und 80er-Jahre-Actionfilm."
SpracheDeutsch
HerausgeberLuzifer-Verlag
Erscheinungsdatum18. Mai 2021
ISBN9783958353756

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    Buchvorschau

    VIETNAM BLACK - Brad Harmer-Barnes

    AUTOR

    TEIL 1

    GOING UP THE COUNTRY*

    * »Going up the Country« ist ein Song von Canned Heat (1968) und war zu Zeiten des Vietnamkriegs so etwas wie die inoffizielle Hymne des legendären Woodstock-Festivals. (Anmerkung des Übersetzers)

    KAPITEL 1

    Hansons Stiefel versanken in dem schlammigen Pfad, der zur Basis führte. Füße und Reifen hatten den Boden zu einer widerlichen Pampe aufgeweicht, die kein noch so großes Maß an Sonne jemals austrocknen würde. Gelegentlich wehte durch die Luft ein Willkommensgruß zum Trupp herüber und obgleich der Großteil der Worte im Motorenlärm der Jeeps und dem Rotorenheulen eines Helikopters unterging, war es schön, ihre Stimmen zu hören. Natürlich war das Wetter in Vietnam immer heiß, doch heute schien die Hitze noch schlimmer zu sein als gewöhnlich. Nachdem sie drei Tage lang marschiert waren, ohne auch nur den geringsten Feindkontakt gehabt zu haben, lastete das Gewicht ihrer Rucksäcke und Waffen doppelt so schwer auf ihnen. Das Aufregendste, das ihnen auf dieser Patrouille begegnet war, war ein Laster voller Hühner gewesen, der an ihnen vorbeifuhr.

    Er lächelte bei sich. Der Lastwagen war wirklich bis in den letzten Winkel mit den Viechern vollgestopft gewesen. Es hätte ihn nicht überrascht, zu sehen, dass ein Huhn am Steuer der verdammten Karre saß.

    Warum lächelte er? Das Ganze war überhaupt nicht witzig.

    Kacke, offenbar war er sogar noch erschöpfter, als er geglaubt hatte.

    Sergeant Reese hielt am Tor, um rasch zu melden, dass sie es ohne Zwischenfälle zurückgeschafft hatten, ehe er sich umdrehte, um sich dem Trupp zuzuwenden. Gerade, als er zu sprechen begann, wurde er vom Dröhnen eines gepanzerten M113-Mannschaftstransporters übertönt. Hanson versuchte sich auf das zu konzentrieren, was der Sergeant sagte, und nach ein paar weiteren Worten gelang es ihm, den Faden aufzugreifen.

    »… duscht euch und pennt 'ne Runde. Ich rede unterdessen mit dem Lieutenant, um ihn zu verklickern, dass diesmal tote Hose war, und um zu sehen, ob ich uns 'n bisschen Aufschub verschaffen kann, bevor wir wieder raus auf die Piste müssen.«

    Der Sergeant hielt inne, um sich die Stirn abzuwischen und eine Marlboro aus seiner Hemdtasche zu ziehen. »Mit etwas Glück ist dieser Krieg vorbei, ehe wir das nächste Mal ausrücken.«

    »Ihr Wort in Gottes Gehörgang«, murmelte Private Turner, ein riesiger Afroamerikaner aus Georgia. Hanson mochte Turner. Verflucht noch eins, er mochte alle, die dem Trupp angehörten, sogar Private Bradley.

    »Haut euch hin und ruht euch aus.« Mit einem beifälligen Winken entließ Sergeant Reese sie und machte sich auf den Weg zum Büro des Captains.

    »Soll ich Sie begleiten, Sarge?«, fragte Hanson. Er hoffte, zum Sergeant befördert zu werden, sobald Reese' aktuelle Dienstzeit hier durch war, und bis dahin waren es bloß noch fünf kurze Wochen. Vorher wollte er sich so gut auf den neuen Posten vorbereiten, wie möglich.

    »Wenn Ihnen daran mehr gelegen ist, als an 'nem Happen zu Essen und 'ner Mütze Schlaf, dann tun Sie sich keinen Zwang an. Teufel, wenn ich könnte, würde ich Sie an meiner Stelle hinschicken, um mir ein wenig Ruhe und Erholung zu gönnen.«

    »Hier ist nicht allzu viel mit Ruhe und Erholung, Sarge.«

    »Aber doch immerhin mehr als draußen auf Patrouille, oder?«

    »Ja, Sir.«

    »Dann halten Sie verdammt noch mal die Klappe.«

    Als sie das Zelt betraten, saß Lieutenant Nelson Talley schreibend am Tisch. Die Basis war noch relativ neu und die Offiziere schliefen entweder in ihren Büros oder arbeiteten in ihren Schlafzimmern, je nachdem, aus welcher Perspektive man das Ganze betrachtete. Ein elektrischer Ventilator mühte sich kraftlos, die muffige, warme Luft in dem Raum umzuwälzen, ohne dass es auch nur ein bisschen kühler wurde. Vor der vietnamesischen Hitze gab es kein Entkommen. Sie war überall. Man schwitzte immer. Man stank immer. Man hatte immer Durst.

    Talley blickte nicht einmal auf, als Reese und Hanson eintraten und salutierten. Er ging einfach weiter seinen Papierkram durch. »Berichten Sie.«

    »Der Echo-Trupp ist von der Patrouille zurück, Sir. Sergeant Reese und Corporal Hanson melden sich zum Rapport, Sir.«

    »Ich sagte, berichten Sie.«

    »Es gibt nichts zu berichten, Sir. Kein Feindkontakt. Nichts Ungewöhnliches.«

    »Sie sind in einem Kampfgebiet und haben nichts Ungewöhnliches gesehen?«, fragte Talley.

    »Hier is' keiner außer uns Schissern, Sir«, sagte Hanson. Er spürte, wie der Sergeant neben ihm ein Lächeln zu unterdrücken versuchte.

    Schließlich beendete Talley seinen Papierkram, lehnte sich in seinem Stuhl zurück und spielte mit seinem Kugelschreiber. Für einen befehlshabenden Offizier war er noch recht jung – kaum in den Dreißigern −, doch andererseits ließen noch jüngere Männer als er im Dschungel ihr Leben. »Ich hab einen Frischling für Sie. Er wartet draußen.«

    Hanson entsann sich, eine Nullnummer vor Talleys Zelt stehen gesehen zu haben, ohne dem Burschen jedoch weitere Beachtung geschenkt zu haben. Es war noch nicht allzu lange her, seit sie Private Jacobs verloren hatten. Er war auch ein Neuer gewesen, doch zumindest hatte er lange genug durchgehalten, dass die anderen sich die Mühe gemacht hatten, sich seinen Namen zu merken.

    Reese verzog keine Miene. »Ja, Sir. Danke, Sir.«

    Talley nickte beiläufig, ehe er sich auf den Ellbogen vorbeugte. »Sie haben neue Befehle.«

    »Sir? Noch eine Patrouille?«

    »Nicht wirklich. Eher so was wie 'ne Such- und Rettungsmission.«

    Reese und Hanson wechselten einen Blick.

    Talley fuhr fort: »Schon seit einer ganzen Weile bekommen wir von einem Kontaktmann im Dorf Hai Trang Informationen über Charlies Bewegungen. Der dortige Doktor, ein Typ namens Bo Xuan, hält uns mittels eines Funkgeräts in seiner Hütte auf dem Laufenden. Natürlich sind die Infos, die er uns liefern kann, begrenzt, aber wir nehmen, was immer wir kriegen.«

    Hanson wusste, dass es dem Lieutenant ernst damit war. Die Nordvietnamesische Armee war eine Sache – ihre Leute sahen wie richtige Soldaten aus und verfügten über die entsprechende Ausrüstung. Der Vietcong hingegen – allgemein als »Victor Charlie« oder, häufiger, einfach als »Charlie« bezeichnet – war ein völlig anderes Kaliber. Das war eine Rebellenstreitmacht ohne Uniform. Jeder konnte ein Vietcong-Spitzel sein: Die Nutte, die man in Saigon aufgabelte, oder selbst die kleine alte Lady, der man auf Patrouille begegnete. Ob dem so war, erfuhr man erst, wenn es bereits zu spät war. Sie waren imstande, sich direkt vor aller Augen zu verbergen, und genau das machte sie so furchteinflößend. Einige der Männer fanden, Charlie sei schlimmer, andere plädierten für Nathaniel Victor (die NVA). Hanson hielt sich aus solchen Diskussionen raus. Soweit es ihn betraf, waren sie alle gleich übel.

    »Sie wollen, dass wir nach diesem Xuan suchen, Sir?«, fragte Reese.

    Talley nickte und warf ein Foto auf den Tisch. Reese nahm es auf und Hanson studierte es über seine Schulter hinweg. Das Bild zeigte einen unscheinbaren Vietnamesen Ende vierzig.

    »Genau darum geht's«, fuhr Talley fort. »Mittlerweile haben wir seit zwei Wochen nichts mehr von ihm gehört – das ist doppelt so lange wie die längste Funkstille davor. Möglich, dass sein Funkgerät kaputt ist oder er einfach nichts zu berichten hat, doch, na ja, einfach ausgedrückt, müssen wir mit dem Schlimmsten rechnen.«

    »Wir werden der Sache nachgehen, Sir«, sagte Hanson. »Wann rücken wir aus?«

    Talley reichte Hanson eine zusammengefaltete Karte. »Hier drauf ist die Position von Hai Trang verzeichnet. Wann können Sie baldmöglichst wieder aufbrechen?«

    Reese verzog seine Mundwinkel zu einer Grimasse. »Wir sind gerade erst zurückgekommen, Sir, nach drei Tagen auf der Piste.«

    »Dann ruhen Sie sich etwas aus und machen Sie sich morgen früh auf den Weg. Wegtreten.«

    »Ja, Sir.«

    Hanson folgte Reese nach draußen. Talley hatte sich bereits wieder seinem Papierkram zugewandt, bevor die Tür hinter ihnen auch nur zugefallen war.

    »So viel zu Ruhe und Erholung, Sarge«, murmelte Hanson.

    »Was Sie nicht sagen. Die Jungs werden ziemlich angepisst sein.«

    »Worauf Sie einen lassen können.«

    Sie traten vor das Zelt und musterten den Private, der dort auf sie wartete. Hanson hatte alle Mühe, sich ein Lachen zu verkneifen. Der Junge – ihn als Mann zu bezeichnen, wäre reichlich übertrieben gewesen – war etwas über eins-achtzig groß, schien jedoch keinen einzigen Muskel am Leib zu haben. Natürlich war ihm die Redewendung »nur Haut und Knochen sein« geläufig, doch er konnte sich nicht erinnern, jemals jemandem begegnet zu sein, auf den das so sehr zutraf, wie auf diesen Burschen. Sein blondes Haar war beinahe transparent, und Hanson wusste, dass er binnen einer Woche krebsrot sein würde. Das i-Tüpfelchen jedoch war der dünne, fast unsichtbare Oberlippenbart, den sich der Private stehen ließ. Hätte er nicht gewusst, dass das US-Militär seinen Papierkram extrem ernst nahm (worüber es mehr als einen schlechten Witz gab), wäre es ihm schwergefallen, zu glauben, dass der Bengel schon fünfzehn war.

    »Okay, bringen wir's hinter uns«, sagte der Sergeant zu dem Private. »Ich bin Sergeant Vincent Reese und das ist Corporal Michael Hanson. Sind Sie Private Falconer?«

    »Ja, Sir. Ausgesprochen Faulk-ner, Sir.«

    »Wie auch immer, Sie können trotzdem davon ausgehen, dass der Trupp Sie fürs Erste nur Frischling nennen wird.«

    »Ähm, wie Sie meinen, Sir.«

    Reese wedelte ein fliegendes Insekt vor seinem Gesicht fort. »Ja, das meine ich. Ich sage nicht, dass ich derselben Ansicht bin oder diese Bezeichnung sonderlich höflich ist − ich sage Ihnen bloß, dass der Rest des Trupps das tun wird. Habe ich mich klar ausgedrückt?«

    »Ja, Sir.«

    »Ist Ihre Ausrüstung vollständig?«

    »Ja, Sir.«

    »In Ordnung. Dann lassen Sie uns zu den Baracken gehen. Sie können Jacobs' alte Pritsche haben.«

    »Ähm, ja, Sir. Danke, Sir.«

    »Es heißt Sarge oder Sergeant Reese. Nicht Sir

    »Ja, Sir – Sergeant Reese.«

    Reese und Hanson marschierten geradewegs zu den Baracken. Falconer hob sein Gepäck vom Boden auf und lief ihnen nach. Hanson stieß die Tür auf und das Gebrabbel des Trupps spülte über ihn hinweg, begleitet vom Klang von Jimi Hendrix, der aus blechernen Lautsprechern klang. Keiner wusste mit Gewissheit, wie Turner es geschafft hatte, einen Plattenspieler zu besorgen, oder woher, doch letzten Endes scherte es auch niemanden, solange er da war. Turnier spielte gerade Karten mit Bradley, dem anderen Schwarzen des Trupps. Turner war ein großer, unbekümmerter Bursche, während Private Darterrius Bradley auch abgesehen von der Hautfarbe in so ziemlich jeder Hinsicht das genaue Gegenteil von ihm war. Bradley war hyperaktiv, dürr und ein Unruhestifter. Jeder wusste, dass er auf der Basis Gras und Acid vertickte, doch entweder kümmerte das den Captain und die Lieutenants nicht, oder auch sie gehörten zu seinen Kunden, da keiner irgendwas dagegen unternahm.

    Private Walton, der M60-Maschinengewehrschütze des Trupps, lag wie erschlagen auf seiner Pritsche und schlief. Hanson hatte vor, es ihm gleichzutun, sobald es ihm möglich war. Draußen auf der Piste zu pennen war immer ein Problem. Die Aussicht darauf, acht – verdammt, selbst nur fünf – Stunden am Stück auf einer Matratze zu schlafen, versetzte ihn schier in Hochstimmung.

    Auch das letzte Mitglied des Trupps, Private Liam Winters, nahm seine Pritsche in Beschlag, doch er schlief nicht. Stattdessen lehnte er mit dem Rücken am Kopfteil und las einen reichlich stockfleckigen Science-Fiction-Roman. Hanson war sich ziemlich sicher, dass Winters das Buch schon mal gelesen hatte, aber wenn ihm das dabei half, zu entspannen, war schwerlich etwas dagegen einzuwenden. Winters war ihr Funker, und sein Job konnte mitunter verdammt stressig werden; glücklicherweise schien Winters vollkommen unerschütterlich zu sein. Es gab keinen gelasseneren Mann in diesem Krieg. Nichts – weder gut, noch schlecht – konnte ihn aus der Ruhe bringen.

    »Okay, mal herhören«, sagte Reese. »Das ist unser Neuer. Seid nett zu ihm, dann wird er garantiert auch nett zu euch sein. Frischling, das ist dein Bett. Ruht euch alle 'n bisschen aus. Wir haben Befehl, morgen früh wieder auszurücken.«

    Von Bradley und Turner kam Seufzen, Ächzen und Fluchen. Winters schien sich nichts weiter aus dieser Neuigkeit zu machen und Walton schnarchte einfach weiter.

    »Allerdings gibt's auch gute Nachrichten, Sarge«, sagte Hanson.

    »Und welche genau wären das, Corporal?«

    »Wenigstens hat er nicht gesagt, als Erstes am Morgen. Was bedeutet, wir können noch in der Basis frühstücken, bevor wir aufbrechen.«

    »Ausgezeichnet. Pampige Eier, kalter Speck und ungenießbarer Kaffee. Da will man doch am liebsten vor Begeisterung abspritzen. Wie auch immer, ich schieb mir jetzt was hinter die Kiemen. Möchten Sie mir Gesellschaft leisten, Corporal?«

    »Nein, danke, Sarge. Ich denke, ich folge Waltons Beispiel. Momentan kann ich mir nichts Schöneres vorstellen, als eine Mütze Schlaf.«

    »In Ordnung. Dann machen wir Schluss für heute und sehen uns morgen früh um sieben beim Frühstück.«

    »So viel zum Thema Auspennen, hm, Sarge?«

    »Schaffen Sie Ihren Arsch ins Bett, Hanson.«

    Mittlerweile hatte Falconer seine Taschen in der Truhe am Fußende seiner Pritsche verstaut. Seine Koje war die neben Winters, und er versuchte, einen Blick auf den Umschlag des Buches zu erhaschen, um zu sehen, was der Funker las. Das Cover war in kräftigen Farben gehalten und zeigte so eine Art Raumschiff.

    »Hey, ich bin Alex. Alex Falconer. Was liest du da?«

    Winters schien überrascht, dass der Neuling mit ihm redete. »Oh, ähm … H. G. Wells' Die ersten Menschen auf dem Mond. Kennst du das Buch?«

    »Nein, leider nicht. Geht's darin um die Mondlandung?«

    »Oh, nein. Wells hat das im 19. Jahrhundert geschrieben. Da kann man nicht erwarten, dass es besonders zutreffend ist. Heutzutage wissen wir schließlich einiges mehr über den Mond, als die Menschen damals.«

    »Hast du das Buch schon mal gelesen?«

    »Öfter, als ich zählen kann. Als Kind hab ich es geliebt, und jetzt … na ja … jetzt erinnert es mich daran, wie es war, ein Kind zu sein.«

    Falconer lächelte. »Das macht Sinn, Mann.«

    Winters wandte sich wieder seinem Buch zu. Es war offensichtlich, dass er die Unterhaltung als beendet ansah, und Falconer wusste nicht, wie er sie wieder in Schwung bringen sollte. Zumal er sich nicht völlig sicher war, ob er das überhaupt wollte.

    Von der Pritsche gegenüber von Winters richtete Hanson das Wort an ihn. »Mach dir keine Gedanken wegen Winters, Frischling. Er ist unser ganz persönlicher Robbie der Roboter. Ein gottverdammtes Genie, aber mit ihm zu quatschen, ist nicht immer ganz einfach, wenn du verstehst, was ich meine?«

    »Ja, Corporal.«

    »Hanson genügt.«

    »Ähm … okay, Hanson.«

    Nur Augenblicke später schnarchte Hanson bereits, in einem Rhythmus, der ein bisschen schneller war als der von Walton in der Ecke. Da er sich ein bisschen wie das fünfte Rad am Wagen vorkam, ging Falconer rüber zu Bradley und Turner, die immer noch Karten spielten. »Hey. Ich bin Falconer.«

    »Ich weiß, Mann, ist ja auf dein Hemd gestickt«, sagte Turner, der einige weitere Zigaretten auf den Stapel in der Mitte des Tisches warf, der den Pott bildete. »Bist du Vogelführer oder so was?«

    Ȁhm, nein. Wie schon gesagt, es spricht sich Faulk-ner

    Turner zündete sich eine Zigarette an und musterte ihn skeptisch. »Es spricht sich Frisch-ling, es sei denn, du legst Wert drauf, dass wir dich stattdessen den Vogelmann nennen?«

    »Nicht besonders, nein.«

    »Dann halt verdammt noch mal die Fresse, Frischling. Wir versuchen, hier zu zocken«, warf Bradley mit schriller, übermütiger Stimme ein.

    »Hey, ich will doch bloß nett sein, Leute.«

    »Wenn du nett sein willst, geh rüber zu Walton und mach mit ihm Löffelchen. Aber lass uns in Ruhe.«

    Falconer spürte, wie ihm das Blut ins Gesicht stieg, doch er war klug genug, nicht gleich an seinem ersten Tag einen Streit in der Baracke vom Zaun zu brechen – ganz zu schweigen in seinen ersten fünfzehn Minuten. Er schluckte seinen Unmut runter und lehnte sich auf seiner Pritsche zurück. Nach einigen Minuten holte er Block und Kugelschreiber hervor und beschloss, einige Briefe nach Hause zu schreiben.

    Hi Mom,

    ich bin gerade hier angekommen und habe schon einige neue Freunde gefunden. Bislang hatte ich noch keine Gelegenheit, mit dem Sarge zu reden, aber der Corporal unseres Trupps (das ist der Stellvertreter des befehlshabenden Offiziers) scheint sehr freundlich zu sein. Der Typ in der Pritsche neben mir wirkt auch recht nett. Wir haben uns über ein Buch unterhalten, das er gerade liest.

    Wir rücken morgen zu einer Mission aus, was sehr aufregend ist. Ich weiß noch nicht, worum es dabei geht, aber keine Sorge, ich bin sicher, dass sie mich an meinem ersten Tag nicht gleich irgendwo hinschicken, wo es gefährlich ist.

    Hier ist es unvorstellbar heiß. In jedem Raum gibt es einen Ventilator, doch der bringt überhaupt nichts. Das Einzige, das hilft, ist, sich das Hemd auszuziehen, im Schatten zu sitzen und Wasser zu trinken. Mach dir keine Gedanken, ich werde kein Bier anrühren, bevor ich einundzwanzig bin, wie ich es versprochen habe. Bis dahin sind es ja ohnehin nur noch ein paar Monate.

    Ich vermisse dich und die kleine Marianne. Doch ich hoffe, dass dies alles noch vor Weihnachten zu Ende ist und wir zuhause gemeinsam das neue Jahr begrüßen können.

    Ich liebe dich von ganzem Herzen,

    Alex

    Er wusste, dass er Audrey eigentlich ebenfalls schreiben sollte, aber er wusste nicht, was. Ohnehin war die Gefahr groß, dass sie ihn bereits vergessen hatte. Er bettete seinen Kopf aufs Kissen und versuchte, nicht daran zu denken, was

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