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Pandurenloch
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eBook152 Seiten2 Stunden

Pandurenloch

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Über dieses E-Book

Kriminalkommissar Frieser ist in Pension.
In Sulzbürg kursiert das Gerücht, dass im Pandurenloch hoch oben auf dem Schlossberg der Pandur umgeht. Seltsame Geräusche kommen aus dem Fels. Frieser verspürt keine Lust dem Gerede nachzugehen. Doch es will nicht verstummen.
Zunächst ist es nur eine Ahnung, dann eine Idee, und plötzlich weiß Frieser, was er tun muss.
SpracheDeutsch
HerausgeberSpielberg Verlag
Erscheinungsdatum16. Apr. 2018
ISBN9783954520879
Pandurenloch

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    Buchvorschau

    Pandurenloch - Hans Regensburger

    hin.

    1.

    Alfred hatte sich am Abend auf die Couch gelegt und war eingeschlafen. Er erwachte spät in der Nacht. Erst nach einer Weile dämmerte ihm, dass ihn ein Traum gebeutelt hatte.

    In Alfred machte sich Erleichterung breit. Statt wie in diesem Traum Sklave seines Schicksals zu sein, war er Herr seiner selbst. Auch der Ort, wohin ihn sein Traum entführt hatte, und die Leute, denen sich Alfred dort ausgeliefert sah, waren wieder in weite Ferne entrückt. Er atmete auf. Statt im Würgegriff eines finalen Schreckens, ohne einen Funken Hoffnung seinem drohenden Ende ausgeliefert zu sein und vor Angst aufzuschreien, herrschte Ruhe, und Alfred sah Gegenstände, die ihm vertrauter nicht hätten sein können.

    Der Leuchter über dem Couchtisch erhellte das Wohnzimmer. In diesem Licht schimmerte wie eh und je das Kirschbaumrot des Schranks und es glänzte das Graubraun des Fußbodens. Wie immer aus diesem Blickwinkel, sah Alfred auch das Bild neben der Tür. Kaum, dass er all das wahrgenommen hatte, verflogen die Einzelheiten seines Traums. Doch der Streit mit Dagmar, seiner Frau, der seinem Schlaf und Traum vorausgegangen war, lebte in ihm auf. »Weshalb ist sie so unzufrieden und giftig?«, fragte er sich. »Sie hat doch alles! Und was hatte sie zuvor? Einen Haufen Schulden, eine Wohnung in einer Bruchbude, eine Rostlaube mit abgelaufenem TÜV und keinen Vater für Katja! Für sie hatte Vater Staat die Alimente vorgestreckt. Ja, mit offenem Herzen habe ich das Mädchen adoptiert, weiß Gott, ja. Ich spürte schon am ersten Tag, dass es zwischen ihr und ihrer Mutter nicht stimmte, umso mehr zwischen ihr und mir.«

    Alfred erinnerte sich, dass Katja und er sich vom ersten Augenblick an mochten. Mit Dagmars aufkeimender Launenhaftigkeit, die sich gegen ihn und Katja richtete, war das Mädchen für ihn im Haus zum einzigen Lichtblick geworden. Das jedoch habe ihm Dagmar nicht gegönnt. »Glaubst du, ich habe es auch dieses Mal nicht bemerkt, dass du deinem Adoptivvater schöne Augen machst.« Mit dieser Bezichtigung stieß sie die eigene Tochter vor den Kopf, als diese ihm ein Bier eingeschenkt hatte, ihm noch eine Bratwurst vom Grill holen und auf seinen Teller Gurkensalat nachlegen wollte. Eine seiner Leibspeisen, die er in den warmen Jahreszeiten besonders schätzte. »Neulich, als du ihm die Haare geschnitten hast, ist mir ein Licht aufgegangen. Von da an musste ich nicht länger rätseln, weshalb du jeden deiner Verehrer schon nach kurzer Zeit wieder den Laufpass gegeben hast.« Im Nu löste sich das Beisammensein im Garten auf. Schließlich saß Dagmar alleine am Tisch. Katja war in ihr Zimmer geflüchtet und Alfred ins Wirtshaus. Nicht einmal die laue Sommernacht hatte beide zurückhalten können; sie nahmen die Schwüle in Kauf, vor der sie am Abend Reißaus genommen hatten.

    Nach ihrer Friseurinnenlehre und bestandener Gesellenprüfung mietete sich Katja in Neumarkt eine Wohnung. Alfred wäre es lieber gewesen, wenn sie bei ihm im Haus geblieben wäre oder wenigstens ihre Möbel dagelassen hätte. Doch diese Wünsche behielt er für sich. Weder ihren Namen noch Fragen zu ihrem Befinden noch den Grad seiner Sympathie zu ihr, wagte er in Gegenwart seiner Frau in den Mund zu nehmen. Trotzdem glaubte sie zu wissen, was Katja ihm bedeutete. Darüber hatte sich Dagmar immer wieder in Behauptungen verstiegen, zuletzt wenige Tage vor Katjas Umzug nach Neumarkt.

    »Du hast nur meine Tochter im Kopf, die immerhin deine Adoptivtochter ist, du alter Bock, du, und das von Anfang an. Sag, schämst du dich gar nicht?« Es hatte ihm auch diesmal die Sprache verschlagen. Gezeichnet von einer Tränenattacke war er zu mehr als einem Kopfschütteln nicht imstande gewesen, denn er fühlte sich so unschuldig wie ein kleines Kind. Und obwohl ihm auf der Zunge lag, er sei doch nicht wie jener Prominente…, brachte er kein Wort über die Lippen. Stattdessen erinnerte er sich an seine letzte Begegnung mit Katja; für ihn ein untrüglicher Beweis, dass sie seit ihrer ersten Begegnung miteinander verschworen waren.

    Er hatte in Neumarkt einen Zahnarztbesuch hinter sich gebracht, und sie wollte an ihrem freien Montag, angelockt von der Wärme und Pracht der Frühjahrssonne, in der Stadt ein bisschen bummeln. Im Schatten des Münsters kreuzten sich ihre Wege, und die Nachwirkungen von Alfreds Backenzahnbehandlung waren wie weggeblasen. Er schmunzelte. Es bedurfte keiner Absprache zu einer Einkehr beim Gottfried. Im Nu standen sie vor dessen Laden und Imbiss. »Wir haben Glück«, kommentierte Katja ihren Blick durchs Fenster, »schau, an dem Tisch dort sind noch zwei Plätze frei – wie für uns geschaffen, wir können sogar gegenübersitzen.«

    Die 23-Jährige ergriff Alfreds Hand und zog ihn ins Innere des Lokals. Auf Barhocker gezwängt stießen sie an. Katja hatte an der Theke einen Weißwein bestellt und Alfred ein Wasser. »Gibt´s die Maunzi noch?«, eröffnete Katja die Unterhaltung.

    »Ja!«, antwortete Alfred.

    »Ich vermisse sie und nicht nur sie«, meinte Katja vielsagend und fügte hinzu: »Verwöhnst du sie noch mit Leckerbissen aus dem Kühlschrank, bevor du ins Bett gehst?«

    »Ab und zu, Katja, ja, ab und zu!«

    »Soll ich dir dabei einmal helfen?« Alfred holte Luft und wollte erwidern, dass es ihm lieber wäre, wenn sie darauf verzichten würde, doch er äußerte: »Nichts lieber als das!«

    »Zuvor schreib ich dir eine SMS«, brachte Katja ihre Freude zum Ausdruck. Alfred lag auf der Zunge, dass er so gut wie nie sein Handy eingeschaltet habe und so gut wie nie seine Mitteilungen kontrolliere, doch nichts davon erreichte Katjas Ohr. Ihm war bewusst, wie belastend seine Zustimmung für ihn werden konnte. »Ach, wer weiß«, tat er diese Ahnung ab. Im Bann dieser Beschwichtigung verringerte er seine Nähe zu Katjas Gesicht keinen Fingerbreit. Denn sie hatten ihre Köpfe zusammengesteckt und redeten und redeten und lachten und redeten. Um sie herrschte Geschäftigkeit. Die Unterhaltungen der Leute an den Tischen, der Gläser- und Porzellanklang und das Kommen und Gehen der Gäste summierte sich in einem Grundrauschen, garniert von den Düften aus der Küche. Doch Katja und Alfred schienen davon nichts wahrzunehmen.

    »Das Mädchen teilt meinen Geschmack und auch meine Ansichten über Gott und die Welt«, sinnierte Alfred, »doch ihre Mutter kann nicht einmal tolerieren, dass ich nicht will, dass in mein eigenes Haus ein Fremder einzieht, ein Fremder von weit, weit her – schon gar nicht in Katjas Zimmer, wie es meiner Angetrauten vorschwebt. Jene Zeitungsberichte über manche dieser Leute, die ich ihr unter die Nase rieb, riss sie mir aus der Hand und zerfetzte sie.« Alfred neigte seinen Kopf zur Seite. »Tatsächlich«, raunte er, »sie ließ das Ergebnis ihres Wutanfalls unter dem Couchtisch liegen: Das ist ein unverkennbares Zeichen.«

    Den Schrank, den Fußboden und das Bild neben der Tür vor Augen schüttelte Alfred über Dagmars Geschmack den Kopf und murmelte: »Doch ich ertrage diesen Gelsenkirchener Barock, dieses Klickparkett, diese pseudoerotische Bizet-Carmen und deren Rahmung, die Gold vorspiegelt und die Zeit des Rokoko. Und meine Frau hat nur noch diese fremden Leute im Kopf und wirft dafür mit meinem Geld um sich; von ihren Mittelmeerkreuzfahrten ganz zu schweigen. Doch sie denkt nicht einmal im Traum daran, meine Ecken und Kanten hinzunehmen.« Die Vertiefung dieses Urteils war Alfred weder ein weiteres Wort noch einen weiteren Gedanken wert und die Dinge, die sein Auge beleidigten, keinen weiteren Blick.

    Weil der Fernseher schwarz und stumm war, musste Alfred nicht lange überlegen. Ohne es gesehen und gehört zu haben, wusste er, dass Dagmar das Gerät ausgeschaltet hatte, bevor sie zu Bett gegangen war. Doch noch steckte Schlaftrunkenheit in ihm; sie hemmte seine Schritte – sein Gang war schleppend und seine Haltung gebückt. Als Alfred das Wohnzimmer verließ und hinter sich das Licht löschte, schlug der Regulator elf Uhr. Diese Wanduhr, deren Verbleib im Wohnzimmer Alfred und Katja zu Dagmars Verärgerung behauptet hatten, hatte bereits in der guten Stube seiner Urgroßeltern gehangen. Alfred hatte sie einst aus einem Berg alten Zeugs gerettet, bevor sein Vater aus dem Uhrkasten und dessen Schnitz- und Drechselwerk Brennholz machen und das Uhrwerk in die Eisenschrotttonne schmeißen konnte. »Und trotz aller Unkenrufe habe ich diese Uhr eigenhändig restauriert und wieder zum Schlagen und Laufen gebracht«, murmelte er von Trotz und Stolz geleitet vor sich hin.

    Der 66-Jährige wollte ins Schlafzimmer hinaufgehen und sich neben Dagmar ins Bett legen, doch seine Schritte führten ihn von der Toilette nicht ins Schlafzimmer, sondern zur hinteren Haustür. Durch sie trat Alfred in den Hof und Garten hinaus. Da der Mond sich über den First des Hauses neigte, lag der halbe Hof in dessen Schatten.

    In der kühlen Nachtluft lösten sich in Alfred auch die letzten Fesseln seines Schlafs. Die Nachwehen der Auseinandersetzung mit Dagmar blieben ihm auf den Fersen. »Es tut gut, dass ich hier draußen erst einmal zu mir komme, bevor ich mich neben sie ins Bett lege, wenn überhaupt«, sagte er sich.

    Die Katze kam in den Schein des Lichts, der vom Flur nach draußen fiel. Sie begann zu betteln – lautstark. »Na, Maunzi«, raunte Alfred, »glaubst du, für dich finde ich im Kühlschrank noch etwas?« Mit einer Handvoll Schweinebraten, den er in der Küche in Streifen geschnitten hatte, kehrte er zu ihr zurück. »Gott sei Dank habe ich am Abend noch eine Scheibe übriggelassen«, atmete er auf. Doch wo war die Katze? Trotz des Vollmonds am Nachthimmel machte Alfred das Hoflicht an und schnalzte mit der Zunge. Von Maunzi war nichts mehr zu sehen und zu hören. Aus Erfahrung wusste er, dass ihn Maunzi jeden Augenblick wieder vor die Füße laufen konnte, außer sie hatte am Komposthaufen, im Holzstoß oder in der Hecke dahinter Beute gewittert. Sein Blick schweifte über den Rasen und die Hecke entlang. Dieser mannshohe Liguster begrenzte an der Ost- und Südseite das Grundstück. Auch dort war von Maunzi weder etwas zu hören noch zu sehen. Nicht ohne einen Schuss Wehmut bedauerte Alfred das. Denn nun kam er vor dem Schlafengehen nicht mehr zu dem Vergnügen, dass Maunzi gierig zu ihm emporschaute und miaute oder sich auf ihren Hinterbeinen aufrichtete, um endlich die Leckerbissen in seiner Faust fressen zu können. Daran hätte er Maunzi schnuppern lassen, bevor er den kalten Braten vor ihr aufs Pflaster gelegt hätte.

    2.

    Als es dämmerte erwachte Dagmar. Vergeblich tastete sie im Bett neben sich nach Alfred. »Warum habe ich ihn auf der Couch schlafen lassen, als ich ins Bett gegangen bin?«, haderte sie mit sich. »Typisch«, grummelte sie, als sie das Schlafzimmer verlassen hatte und ins Parterre hinuntergegangen war. Dort schien das Küchenlicht durch die offenstehende Tür in den Flur. Sie betrat die Küche, und ihr Herz begann zu rasen. »Alfred, bist du hier?« Mit diesem Pfeifen im Wald hatte Dagmar ihre Angst um ihn zu unterdrücken versucht. Doch

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