Im Zeichen des Lotus: 16 - Untergrund
Von Valerie Loe
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Über dieses E-Book
Jede Nacht, ungesehen, unbemerkt von den Menschen, wird ein Krieg gefochten. Seit mehr als tausend Jahren treffen sich in den Schatten zwei Mächte, Chaos und Ruhe, Feuer und Eis, die ihre Schlachten schlagen bis zum Ende aller Zeit.
Drei Fremde betreten den Unterschlupf der Silver. Sie werden den Untergrund verlassen, um an einem anderen Ort einen Neuanfang zu wagen. Wenn die Geschichten von einst nicht mehr zählen und die Heldentaten längst nur noch geflüsterte Mythen sind, dann wird es Zeit, ein neues Kapitel zu beginnen. Doch sind die Geschwister nun ein gutes Omen für diesen Plan oder kündigen sie den Untergang an?
Valerie Loe
Seit ich als Kind das Schreiben und Lesen gelernt habe, faszinieren mich Geschichten aller Art. Ich wusste mit dem ersten Satz, den ich je selbst las, dass ich das auch wollte. Geschichten und Welten erfinden, Menschen dorthin zu entführen und sie für eine Weile aus der Realität zu locken, um mit meinen Figuren Abenteuer zu erleben. Im letzten Jahr wurden Kurzgeschichten von mir veröffentlicht und gaben mir die Chance, zu lernen und zu wachsen. Und nun bin ich glücklich und stolz, meine Urban-Fantasy-Serie in die Welt zu entlassen und bin gespannt, was die LeserInnen davon halten werden.
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Im Zeichen des Lotus - Valerie Loe
Im Zeichen des Lotus
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Impressum
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Pat schielte zu Derek, dieser brachte sich gerade neben der Tür in Position. Stumm deutete der Empath Mary, sich auf der anderen Seite bereitzuhalten. Diese nickte mit verkniffenem Mund. Mit verkrampften Händen umklammerte sie die Schusswaffe, sie wirkte so fremd an der Silver, genauso gut hätte sie eine Rose zum Kampf mitbringen können. Nicht, weil sie damit nicht umgehen könnte - mit Sicherheit war sie damit so tödlich, wie mit jeder anderen Waffe auch - sondern weil sie diese so selten benutzte. Doch auch wenn die Waffe in ihrer Hand fremd wirkte, nahm sie ihren Platz ein, selbstsicher, mit breitem Stand und durchgestreckten Schultern. Sie nickte. Tief atmete Patrick ein, hielt die Luft an. Zu seiner linken Schulter bezog Charles Position, den Säbel bereits aus der Scheide gezogen, die feinen Stoffe seines Anzuges spannten an seiner Brust und im Schulterbereich, so groß war die Anspannung in seinen Muskeln. Die drei Jüngeren konnte Patrick nicht sehen, aber er spürte sie. Er konnte ihre Blicke in seinem Nacken fühlen, aber auch ihre Gefühle drangen zu ihm durch. Gerade in solchen Situationen bekam der Empath seine anhaltende Verletzung zu spüren. Unsichtbar nahm sie ihm doch die Fähigkeit, vollkommen klar zu denken und zu handeln. Genau darum hatte er Derek auch gedeutet, dass er die Tür aufmachen wollte. Das war die gefährdetste Position. Wenn jemand da draußen stand und sie angreifen würde, wäre er das Schild, das die ersten Kugeln abfing, bevor seine Familie zum Angriff überging. Doch immerhin war das etwas, das er tatsächlich tun konnte. Das würde er hinbekommen, auch mit dem Hurrikan zwischen seinen Schläfen, der mit jedem weiteren Gefühl wuchs und wuchs, ihn langsam um den Verstand brachte. „Nicht mehr lange, vielleicht endet es hier, dachte Patrick in dem Versuch, sich mit Galgenhumor zu erheitern. „Bitte lass es hier nicht enden
, flüsterte es in ihm. Wie gerne hätte er nun Sandro neben sich gehabt. Der Italiener wusste in solchen Situationen immer das Richtige zu sagen.
Kein Licht brannte. Lediglich von der Straße her fiel ein einzelner Strahl durch halb geschlossene Vorhänge. Niemand innerhalb des Raums rührte sich mehr. Sie waren still und starr, Schatten unter Schatten. Draußen vernahmen sie das Brummen von Motoren, das Säuseln des Windes, das Rascheln des trockenen Grases. In den Nebenhäusern liefen Fernseher, jemand lachte, ein Kinderweinen drang durch die Nacht. Ein passenderes Geräusch konnte sich Patrick nicht vorstellen. Er nickte erneut Mary und Derek zu, dann schob er sich nach vorne. Mit jedem Schritt, den er machte, legte er seine Angst ab. Sie verschwand nicht, sie blieb Teil von ihm, doch er bezwang sie. Mit jedem Schritt wurde sein Körper geschmeidiger, nicht mehr steif und in Schockstarre, sondern weich und bereit. So war es immer gewesen. Damals, als er auf Titus traf, umgeben von Feuer und Rauch, und bei jedem weiteren Kampf. Zuerst kamen die Angst und die Zweifel, danach Ruhe und Gewissheit. Diese behielt er nicht einfach für sich, er strahlte sie aus, ließ sie die Grenzen seiner Haut übertreten und überlaufen, bis sie den Raum ausfüllten und seine Freunde erfüllten. Er griff nach der Türklinke. Die Rune, die Derek in das Metall geritzt hatte, reagierte auf ihn und öffnete das Schloss. Kurz war silbrig-blaues Licht über ihre Gesichtszüge gehuscht, bevor wieder Schatten ihre Mienen verbargen. In der linken Hand hielt Pat seine Waffe, mit der rechten zog er die Tür auf, sie schwang nach außen. Er legte Schwung in die Bewegung, sollte jemand direkt davor stehen, würde er vielleicht ein wenig Unruhe stiften - und dann schießen. Mit seinem vollen Gewicht ließ er die Tür nach außen schwingen, er spürte einen Widerstand, der nur kurz bestand, bevor ein Schrei erklang. Der Empath riss die Waffe nach oben, bereit in die Angreifermenge zu schießen. Er spürte Derek und Mary direkt hinter sich, sie hatten ebenfalls angelegt. Doch kein Schuss löste sich. Die drei erfahrenen Silver starrten zunächst mit grimmiger Miene auf die Fremden, doch nach und nach löste Verwunderung diesen Gesichtsausdruck ab, bis sie schließlich ihre Waffen sinken ließen und vor die Tür traten.
„Was ist denn jetzt los?", hörte man Lani verwirrt fragen. Schnell ließ Patrick positive Gefühle entstehen, um der Situation die Anspannung zu nehmen und nicht einen dummen Fehler zu riskieren. Nur zu leicht konnten sich Schüsse lösen.
„Alles in Ordnung, Lani. Geh bitte und sag Sandro, dass wir nicht angegriffen werden. Cole und Alessa, geht bitte mit ihr und macht weiter mit dem Packen", sagte er, den Blick nicht von den Fremden nehmend. Er übernahm automatisch das Sprechen, da Derek dieses Gesicht machte, sein fokussiertes, in die Seele blickendes Gesicht.
„O-okay", antwortete Lani, hörbar irritiert und neugierig. Doch sie hinterfragte nicht, auch sie wusste, wann es Zeit war, einfach zu handeln. Schritte erklangen, dann undeutliches Murmeln. Nun trat auch Charles vor die Tür. Er hatte den Säbel zurück in die Scheide gesteckt, doch seine rechte Hand tanzte nach wie vor über dem Griff, ganz so, als traue er der Situation nicht. Erst, als auch er die Fremden eingehend gemustert hatte, entspannte er sich.
„Wir… Der junge Mann in der Mitte räusperte sich. „Wir haben einen Brief von Daria. Wir sind dem Ruf des Anführers der Silver gefolgt und wollen euch beitreten
, sprach er schließlich mit weitaus festerer Stimme. Dies wäre nun Dereks Part gewesen, zu antworten, doch dieser starrte die drei nach wie vor an. Daher seufzte der Empath leise und meinte: „Nun kommt erst einmal herein, die Menschen sollen euch nicht sehen. Wir reden unten weiter." Neben ihm drehte Mary bereits ab und schritt voran, dicht gefolgt von Charles. Patrick glaubte nicht eine Sekunde lang, dass die beiden der Sache bereits vollkommen trauten, viel eher würden sie nun jede Bewegung beobachten und über jedes Wort urteilen, sie würden angreifen, wenn es sein musste. So wie sie alle. Die Silver hatten noch nie jeden in ihre Reihen gelassen. Immerhin trainierten und lernten sie, wie kein anderer Solani, sie wurden stärker und mächtiger - und Macht war nichts, was man jedem anvertrauen konnte. Derek neben ihm wandte sich nun auch ins Innere.
„Ja, kommt. Erzählt uns bei einem Getränk, wie ihr hierher gekommen seid", meinte dieser. Nur wenn man ihn gut kannte, hörte man den leicht grollenden Unterton, der verriet, dass Derek noch an etwas zu nagen hatte. Etwas gefiel ihm nicht, er traute der Sache nicht, doch das war nicht verwunderlich, nach allem, was geschehen war. Nach den drei Fremden ging Patrick zurück ins Haus und verschloss die Tür hinter sich. Er fühlte Erleichterung, dass sie keiner Armee von Nim hatten entgegen treten müssen, dennoch war es ihm, als luden sie erneut Gefahr in ihre eigenen vier Wände. Die Solani, die hier hinter Derek her schlichen, konnten gar nichts dafür, das Leben hatte ihnen übel mitgespielt und die Silver überempfindlich gemacht. Niemand sollte sagen, sie lernten nicht aus ihren Fehlern.
Wenige Minuten später saßen sie an dem runden Tisch. Die drei Fremden versuchten die Schultern zu straffen und allen Blicken offen zu begegnen, doch sanken sie mit jeder verstreichenden Minute in sich zusammen und rückten näher aneinander. Sie gaben ein faszinierendes Bild ab, glichen Nichts,